Hallihallo in die Runde,
das ist auch ein Thema, das mich immer wieder an meine Grenzen bringt und auch zwingt bei mir näher hinzuschauen.
Generell ist diese "Spaltung" ja nicht neu. Ich denke zB an Vegetarier/Veganer mit denen man essen geht oder sie zum Essen einlädt oder eingeladen wird.
Mit den einen kann man gut "Co-Existieren" mit anderen geht dann nur mehr eingeschränkter Kontakt, mit anderen lebt man sich dann aufgrund dessen ev. komplett auseinander...
Auch immer die Frage, wie missionarisch das Gegenüber ist.
Ich hab diesbezüglich die ganze "Rollenvielfalt" durchlebt im Verlauf der letzten 30 Jahre- ich war lange vegetarisch, hab in meinen Anfängen auch gerne und oft mein Gegenüber belehrt und zu missionieren versucht (die armen Tiiiiieeeereeee!). Konnte mich aber auch problemlos damit arrangieren für meinen Lebensgefährten Fleisch zu kochen. (kenne aber auch genug, die sich keine Partnerschaft mit einem nicht Vegetarier/nicht Veganer vorstellen können).
Muss Herrn Togi mal fragen, ob ich damals sehr nervig war (ich vermute ja.... - so gut kenn ich mich inzwischen...
)
Ich bin mir sicher, es war die reinste Freude für nicht Vegetarier mit mir essen zu gehen
So oder so - im Laufe der Jahrzehnte hat mein missionarischer Eifer sich in Luft aufgelöst.
Wenn ich mir die Situation "von außen" anschaue, macht der Ablauf auch Sinn: wenn ich was Neues mache/in einer neuen Situation bin, viel darüber lese, will ich mich auch mitteilen, andere daran teilhaben lassen, darüber diskutieren und mich über das Thema mit jemandem verbinden, den anderen auch "was Gutes tun" indem ich sie überzeuge auch GESUND zu leben usw.....
Irgendwann wird es zur Gewohnheit, man hat andere Themen, nicht mehr das Bedürfnis die Welt zu bekehren..... (ich denke mir so läuft es für die Meisten...)
Shift.
Nun bin ich bei den "Fleischessern" gelandet, und finde nichts nerviger, als jemandem am Tisch sitzen zu haben, der mir ein Referat über Massentierhaltung halten will, während mein köstliches - nicht vegetarisches/nicht veganes - Essen vor mir steht.
(und ja, ich versuchts heroisch/freundlich zu ertragen, weil ich mir denke, dass ist der Ausgleich für "damals")
Eine Freundin ist nach Jahrzehnten vegetarisch mit Fisch zu vegan gewechselt. War für mich unerträglich. Sie stand dann tatsächlich mit Gummihandschuhen vor meinem Kühlschrank und hat begonnen mit Spitzen Fingern "Leichenteile" zu entsorgen....
Wir konnten es dann so lösen, dass ich kategorisch das Thema "verboten" haben und wir eben nicht mehr gemeinsam zum Running Sushi sind, sondern halt ins Kind (Popcorn ist ja vegan ;-)
Auch diese Phase ging bei ihr vorbei... (und sie ist generell einer der tolerantesten Menschen die ich kenne. Also denke ich mir das "vegan" hat einfach was in ihr getriggert - die Bilder der Massentierhaltung, "Leichenteile" überall (für sie) usw.)
Auch interessant in dem Kontext: ich schaue immer, dass auch Veganer/Vegetarier was passenden zum Essen bekommen (also nicht nur Beilagen, sondern auch ein gutes, pflanzliches Eiweiß), wenn sie bei uns zum Essen sind. Umgekehrt hab ich noch nie erlebt, dass Veganer/Vegetarier extra für mich/uns ein Fleisch gekocht hätten. Ich sage vorab immer dazu, dass Soja für mich gar nicht geht. Stelle aber fest, dass das fast immer dennoch irgendwie "drinnen" ist... (ach, Sojamilch geht auch nicht? Aber Tofu?..)
So, ich gleite grad zu sehr ab...
Worauf ich raus will: für uns alle ist die Situation sehr neu. Das Kernelement ist aus meiner Sicht, dass etwas nicht gleichzeitig RICHTIG und FALSCH sein kann.
Wenn ich also nach langer Überlegung feststelle, dass die Pandemie nur durch Impfung ALLER besiegt werden kann und man deshalb wenn schon nicht aus Eigennutz, dann aus Solidarität (damit deckt man ja 100% ab
) impfen lasse, MÜSSEN natürlich alle, die es nicht tun/anders sehen FALSCH liegen...
Umgekehrt, wenn ich zur Überzeugung gelange, Impfung schadet mehr als sie hilft ist das RICHTIG und somit alles andere falsch... usw.
Mich hat schon sehr beruhigt, dass Menschen nach den Impfungen nicht tot umfallen wie Eintagsfliegen. Damit konnte ich meinen missionarischen Eifer sie retten zu wollen, wieder gut in den Griff bekommen. Somit bin ich jetzt in der Phase, in der ich das Thema von mir aus auch schon eine Zeit lang gar nicht angeschnitten habe/nicht ins Gespräch gebracht habe.
In meinem Umfeld wollen die meisten auch gar nicht mehr darüber reden. Man wird einfach müde/gesättigt...
Da ich doch laufend das Bedürfnis verspüre mich diesbezügl. Auszutauschen, bin ich schon sehr froh dieses Forum zu haben.
Massiven "Missionarshift" gab es bei mir aber wieder bei den Kinderimpfungen. Da tue ich mir immer noch schwer, nicht "militant" zu werden im Gespräch. Hatte da einen interessanten Diskussionsabend mit einer Freundin. Die dann (rückblickend ganz richtig, für mich aber in dem Moment nicht nehmbar) festgestellt hat, dass sie gegen die Impfpflicht ist aber auch dagegen, dass ihr laufend Leute (Wink mit dem Zaunpfahl in meine Richtung) einreden wollen, dass sie ihr Kind nicht impfen lassen soll sondern in endlose Grundsatzsiskussionen (die sie nicht führen will) verstricken wollen... Sie hat sich entschieden. Und Punkt.
So. Da hat sie mich voll erwischt. Ich bin an dem Punkt, an dem ich zwar rational sage "jeder wie er/sie mag". Es ist deren Leben/deren Entscheidung (das will ich ja auch für mich in Anspruch nehmen).
Aber emotional bin ich im "sie liegt ja sowas von falsch und muss überzeugt werden" Modus unterwegs....
Das "Leben und Leben lassen" wurde leider durch die Impfzwangplficht abgelöst. Nun sind die Diskussionen auch - leider wieder - reicht hitzig.
Und ja, ich hab auch tlw. Treffen und Gespräche bei denen ich schlucken muss. zB bei meinem Lieblingsbruder, super gscheit, sehr gebildet und reflektiert, der mehr und mehr dazu tendiert alles was ich sage auf Biegen und Brechen zu relativieren (Tendenziöse Medienberichte? A geh, das war schon immer so... Fehlende Zahlen? Aber geh, die werden schon wissen, was sie rechnen... Mrd. verimpft, wird schon passen. Schuld an Maßnahmen? MFG und FPÖ - ohne die wären schon genug geimpft und wir wären alle frei usw...)
Und ja, ich schlucke, denke mir aber - er ist auch seit ein paar Jahren vegan. Am Anfang war er diesbezügl. auch enorm anstrengend. Mittlerweile können wir punkto Essen auch wieder friedlich Co-Existieren, also mal sehen, wo wir in ein paar Jahren stehen. (und ich weiß das Jucken in meinen Augen vergeht, nach ein paar Stunden, nachdem ich bei ihnen gegessen habe. Und so vergeht auch mein schlechtes Gefühl ein paar Stunden nach unseren diesbezüglichen Diskussionen...)
(zum Glück dürfen wir lernen und uns weiter entwickeln... Alle miteinander und jede/r für sich).
Wird interessant sein, was wir in 5, 10, 15 Jahren rückblickend über diese Zeit sagen werden. (wird auch spannend sein, wieder die alten Einträge hier zu lesen).
Nachdenkliche Grüße
Togi