Für mich läuft das in die falsche Richtung. Begibt man sich in ein ADS-Forum und befragt die Mitglieder über die Präsenz von ADHS in ihren Familien, hört man von über 90%, dass sie mindestens einen weiteren ADSler in der nahestehenden Verwandtschaft haben. Sprich, dass Geschwister, Mutter, Vater, Oma oder Opa ähnliche "Eigenarten" aufweisen.
Als ich zur Physiotherapie ging und nebenbei von meinem ADS berichtet habe, wurde der Physiotherapeut nicht müde, mir zu erzählen, ich sei mit sicherheit mit einer Zange heraus gezogen worden (was nie der Fall war). Daher käme mein ADS. Und mit der richtigen Chiropraxis zu beheben. Ich bin nie wieder hingegangen, weil ich mir solchen Unsinn nicht mehr länger reinziehen möchte. Leider haben viele Nicht ADSler noch immer nicht begriffen, was ADS eigentlich bedeutet. Dass es sich nicht auf ein Konzentrationsdefizit und Zappelei reduzieren lässt. Menschen mit ADS haben eine völlig andere, reizoffene Wahrnehmung, außerdem denken sie vielmehr in vernetzter, assoziativer Form, weniger linear und abschließend. Es handelt sich dabei um eine Disposition, eine Art zu sein, die auch viele Vorteile, Stärken und Begabungen mitbringt und ist definitiv genetisch bedingt. Sie kommt nicht von Sturzgeburten, Zangengebrauch, Gummibärchenkonsum oder ähnlichen Unsinnigkeiten!
Es mag Einzelfälle geben, bei denen o. g. Zwischenfälle zu einer defizitären Hirnentwicklung, bspw. mit Konzentrationsproblemen oder starker Unruhe, geführt haben. Das hat aber nichts mit dem herkömmlichen ADS zutun. Leider wird der Name ADHS häufig für alle möglichen Zustände benutzt, die mit Konzentrationsstörungen oder Hyperaktivität einhergehen. Das ist falsch. Nicht jede Hyperaktivität bedeutet = ADHS - dafür gibt es zig Gründe. Und nicht jeder ADSler ist automatisch Hyperaktiv. Ganz im Gegenteil, es wiegen sogenannte Mischformen vor und es gibt ADSler, die sehr unter ihrer HYPOaktivität (gegenteilig Hyperaktivität) leiden müssen.
Leider ist das Verständnis von ADS, der Umgang der Gesellschaft und der Medien mit diesem Thema von Fehlinformationen, Ignoranz, Bagatellisierung, Vorurteilen geprägt. Die wenigstens setzen sich wirklich auf seriöse Art mit dem Thema auseinander, sondern stützen und begrenzen ihre Kenntnisse auf Vorurteile, die dadurch entstehen, nachdem sie zu dem Thema irgendwo mal irgendwann was aufschnappen und es ungeprüft und unkritisch übernehmen.