DHZ: Cholesterin ist ein Reizwort für Sie. Warum?
Jörgensen: Das Zeugs heißt korrekt Cholesterol, und das meiste davon erzeugt der Körper selbst. Ich kenne keinen Stoff im Körper, der so vielschichtig und wichtig ist, wie Cholesterol. Alle Hormone, die Geschlechtshormone, das Cortisol für die Immunlage, das Aldosteron für den Blutdruck, werden aus Cholesterol gemacht. Ebenso das Vitamin D3, das ja eigentlich ein Hormon und kein Vitamin ist. Da senken wir ein Leben lang den Cholesterolspiegel und später behandeln wir die Osteoporose. Alle Zellmembranen, z.B. der Phagozyten, werden aus Cholesterol aufgebaut und repariert. Cholesterol ist der Rohstoff für den Gallensaft, und da wir ja kein Fett essen dürfen, produziert die Leber keine Galle. Was Wunder, wenn der Rohstoff vor den Toren der Fabrik, nämlich im Blut, angereichert wird.
Welche Arroganz legen wir doch an den Tag, wenn wir ehrfurchtvoll unser Haupt neigen und sagen: "Ich danke Dir, lieber Schöpfer, dass Du mich über viele Entwicklungsstufen und durch immer optimal austarierte Anpassungsstrategien vom Pantoffeltierchen zur Krone der Schöpfung hast werden lassen. Aber an einer Stelle hast Du gepfuscht: Mein Cholesterolspiegel entspricht nicht der Leitlinie!"
Nur 2% unseres Gesamtcholesterols schwimmen im Blut und versetzen uns in Panik wenn es 2,01% werden. Die anderen 98% stecken im Gehirn, in den Drüsen, in den Zellen. Die Homöostase ist stets bemüht, jenen Spiegel im Blut zu erhalten, den unser Körper für richtig hält. Essen wir weniger, erzeugt er selbst mehr und umgekehrt.
Auch die Mär vom guten und bösen Cholesterol ist Unsinn. Cholesterol hat eine klar definierte chemische Formel und ist nicht 'mal gut und 'mal gefährlich. Damit es nicht als Fettauge im Blut obenauf schwimmt, ist es in Eiweiß verpackt: Lipoprotein. Und da gibt es gut mit hoher Dichte verpacktes (HDL), und schlampig mit niedriger Dichte verpacktes (LDL), und letzteres wird schneller ranzig. Tun wir nun mit Diät und Medikamenten alles, um den Spiegel zu senken, dann sorgt die Homöostase dafür, dass auf Teufel komm' raus neues produziert wird. Arbeitet eine Fabrik auf Hochtouren, kommt die Verpackungsabteilung nicht nach und verpackt schlampig.
Sie sehen, wie schnell gut gemeinte Empfehlungen ins Gegenteil umschlagen können.
Ist denn wirklich bei extrem hohen Werten eine Therapie nötig, muss sie nicht mit 70 Jahren erfolgen sondern in den 40 Jahren davor. Und da wir alle wissen, dass Diät nicht viel bringt, bleiben nur Lipidsenker, die im Dauergebrauch wiederum die Leber belasten. Ich kenne ein paar Methoden, die Leber kaputt zu kriegen, die viel fröhlicher sind.