Kryptopyrrolurie (KPU) und Hämopyrrolaktamurie (HPU), was ist das?
Noch ungefähr vor 10 Jahren konnte kaum ein Therapeut – auch nicht in der alternativen Szene – mit diesen Begriffen etwas anfangen. Dies hat sich im Laufe der Zeit glücklicherweise geändert. Diese beiden Formen der Störung im Stoffwechsel sind „salonfähig“ geworden. Sie haben das Interesse soweit geweckt, dass sogar immer mehr Labore in Deutschland bereit sind, den Urin von Patienten auf KPU und/oder HPU zu testen.
Erfreulich – wie wir finden, denn somit können viele Patienten, die häufig eine jahrelange Odyssee durch Praxen und Kliniken hinter sich haben, endlich die wirkliche Ursache für ihr Leiden finden und dadurch endlich auch erfolgreich behandelt werden.
Die Symptome einer unerkannten und somit unbehandelten Kryptopyrrolurie oder auch Hämopyrrolaktamurie können unter anderem sein:
- Müdigkeit, CFS (Chronic Fatigue Syndrome), Erschöpfung
- Depressionen
- Angststörungen
- Essstörungen
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Histaminose
- Schilddrüsenstörungen, insb. Hashimoto Thyreoiditis und Morbus Basedow
- Fertilitätsstörungen
- Osteoporose
- Arthrose
- und weitere
Was ist der Unterschied zwischen KPU und HPU?
Der größte Unterschied liegt in der diagnostischen Betrachtung. Es gibt zwei Anhängerseiten, die jeweils auf ihrer Meinung beharren. Wer sich mit dem Thema „Pyrrole“ näher befasst, wird erkennen, dass es zwischen diesen beiden Formen der Pyrrolurie keine nennenswerten Unterschiede gibt.
In den Symptomen bzw. Auswirkungen auf den Menschen verursachen beide Monopyrrole das Gleiche. Sie haften sich an bestimmte Vitalstoffe und können so für einen Mikronährstoffmangel im Körper sorgen. Da jeder Organismus anders ist und auch jeder individuell auf einen Mangel reagiert, sind die Symptome in ihrer Ausprägung so unterschiedlich und breit gefächert.
Der Unterschied liegt allein in der Struktur der Pyrrole. Man könnte auch sagen, dass Hämopyrrole eine andere Form oder Aussehen als Kryptopyrrole haben. Sie entstammen aber alle dem Häm-Molkül bzw. sind die Abbauprodukte von ihm.
Die Auswirkung der Häm-Stoffwechselstörung, ist für die KPU und HPU sehr ähnlich. Hieraus können sich dann im Laufe der Zeit die verschiedenen typischen KPU/HPU bedingten Erkrankungen entwickeln.
So viele und weitreichende Symptome sollen nur EINE Ursache haben?
Ja, das trifft in den meisten Fällen zu, denn die Störung bei einer KPU/HPU findet an einer ganz zentralen Stelle in der Zelle statt – in der inneren Membran der Mitochondrien.
Was sind Mitochondrien?
Der menschliche Körper besteht aus ca. 70 bis 100 Billionen Körperzellen, die in ihrem Aussehen und ihrer Grundstruktur ziemlich alle ähnlich aufgebaut sind. Sie bestehen aus einer Zellmembran, einem Zellkern und verschiedenen Zellorganellen. Zu den bedeutendsten Zellorganellen gehören nach dem heutigen Wissensstand die Mitochondrien. Der Anteil an Mitochondrien pro Körperzelle beträgt – abhängig vom jeweiligen Zelltypus – zwischen 1.500 bis 5.000. Die weibliche Eizelle besitzt sogar 120.000.
Die Mitochondrien haben verschiedene Aufgaben. Ihre wichtigste Funktion ist es, die körpereigene Energie, das ATP (Adenosintriphosphat) kontinuierlich bereit zu stellen. ATP kann nicht gespeichert werden. Die Synthese gelingt ihnen unter Verbrauch von diversen Mikronährstoffen und Verbrennung von Sauerstoff. Mitochondrien haben ein eigenes Erbgut (mitochondriale DNA) und sind von einer doppelwandigen Zellmembran umschlossen.
Neben der ATP-Bereitstellung sind weitere Aufgaben der Mitochondrien:
- Hämsynthese (Innere Mitochondrienmembran)
- Regulation des Kalziumgleichgewichts
- Produktion von Pregnenolon (Vorstufe aller Steroidhormone)
Werfen wir mal einen Blick auf das, was hier genau passiert.
Die Mitochondrien sind Ihnen sicher als Ort der Energiebildung bekannt. Hier wird am Ende der Atmungskette das universelle Energiemolekül Adenosintriphosphat (ATP) hergestellt. Auf die Bedeutung dessen möchten wir an dieser Stelle nicht näher eingehen und verweisen auf die einschlägige Literatur.
An der inneren Membran der Mitochondrien, wird regelmäßig ein wichtiges Molekül hergestellt, das an vielen Stellen des Körpers wichtige Aufgaben erfüllt: Das Häm-Molekül.
Es wird unter anderem an folgenden Stellen im Organismus benötigt:
- Entgiftung der Leber Phase 1 (Cytochrom P 450)
- Schilddrüsenhormonbildung (Thyreoperoxidase)
- Blutbildung (Hämoglobin)
- ATP-Energiebildung (Cytochrome der Atmungskette)
- Vitamin D3-Speicherung (Cytochrom P450)
- Muskelstoffwechsel (Myoglobin)
Bei einer Störung der Produktionsstelle für Häm an der inneren Mitochondrienmembran, wird Häm dann nicht mehr in physiologischer Form synthetisiert. Dieser Aufbaufehler hat gravierende Folgen für den Betroffenen:
- Die Häm-abhängigen Prozesse können mitunter funktionell gestört sein, z.B.
Entgiftung der Leber Phase 1 (Cytochrom P 450) (Schwermetalle- und andere Noxen reichern sich an) - Schilddrüsenhormonbildung (gestörte Thyreoperoxidase): Hashimoto Thyreoiditis und weitere Schilddrüsenstörungen (Knoten, Zysten ect.)
- Blutbildung (Hämoglobin): Anämieneigung
- ATP-Energiebildung (Cytochrome der Atmungskette): Müdigkeit, Erschöpfung
- Vitamin D3-Speicherung (Cytochrom P450): Vitamin D3-Mangel auch bei hohen Dosen
- Muskelstoffwechsel (Myoglobin): Muskelschwäche
- Die Häm-Abbauprodukte (Pyrrole) werden über den Urin statt über den Stuhl ausgeschieden und reißen Zink, Mangan und Vitamin B6 mit sich.
Häm
Häme sind Komplexverbindungen mit einem Eisenion als Zentralatom, was in einem Porphyrinring eingebettet ist. Porphyrine sind organisch-chemische Farbstoffe, die aus vier Pyrrol-Ringen bestehen. Bei einer KPU/HPU werden Komplexe ausgeschieden, die dem Abbau des Häm entstammten. Pyrrole werden im Regelfall über die Gallenwege und somit über den Stuhl ausgeschieden und nur bei einem fehlerhaften Aufbau des Häms in den Mitochondrien kommt es zu einem zweiten Ausscheidungsweg über die Nieren.
Diese Aussagen zeigen, dass eine KPU und HPU in erster Linie Störungen der Mitochondrien sind!
Um eine KPU oder auch HPU effektiv nachhaltig zu behandeln, muss der Fokus in der Therapie in erster Linie auf die Häm-Störung bzw. Mitochondropathie gelegt werden.
Erst in zweiter Linie kommt es unter Umständen (auch nicht in jedem Fall, je nach Versorgungslage des Organismus) zu einem Nährstoffdefizit an Zink, Mangan und Vitamin B6 und u. U. auch an Chrom III.
Der KPU- bzw. HPU-Test
Eine KPU oder eine HPU können nur über ein spezielles Testverfahren, bei dem der Morgenurin getestet wird, aufgezeigt werden. Herkömmliche Urintests sind dafür nicht geeignet. Eine Reihe Labore in Deutschland und in der Schweiz bieten diese Tests mittlerweile an. Wir haben gute Erfahrungen mit Sension und Biovis. Von Testsets, die man über das Internet kaufen kann, raten wir persönlich ab.
Im Austausch mit Kollegen erfahren wir häufig, dass sich die Therapie der KPU und HPU oftmals nur auf die Gabe von Mikronährstoffen beschränkt. Aus unserer Sicht sollte die Behandlung viel weiter gefasst werden. Wichtige Punkte sind Ernährungsumstellung, Entgiftung (vor allem von toxischen Metallen), Ergänzung fehlender Mikronährstoffe und Entstressung. Wir haben die Therapie entsprechend der gerade genannten Punkte das 4-E-Programm genannt. Ziel dieses Programms ist es, möglichst die Störung der Häm-Synthese zu beheben oder zumindest deutlich zu verbessern.
Glycin und Taurin
Die zentralen Wirkstoffe, die wir in der Therapie der KPU und HPU einsetzen, sind die Aminosäuren Glycin und Taurin, die beide einen stabilisierenden Effekt auf die innere Mitochondrienmembran haben. Wir verabreichen sie oral und in Form einer Infusion (KPU-/HPU-Infusion).
Der Mit-Entdecker der Kryptopyrrolurie, Dr. Carl Pfeiffer sagte einst „Die KPU kann zu einer lebenslangen Erkrankung werden“. Wir sind der Meinung, dass man mit der richtigen Behandlung diese Dauer nicht zu seiner machen muss.
Für Therapeuten bieten die Autoren regelmäßig Fortbildungen an.