Themenstarter
- Beitritt
- 10.01.04
- Beiträge
- 73.484
Die Macht des UnterbewusstseinsFreiwillige Probanden sahen auf einem Computerbildschirm ein geometrisches Muster entweder vor einem milden Stromschlag (Vorwärtslernen), oder aber erst nach Abklingen des Stroms (Rückwärtslernen). Dann wurde die Schreckhaftigkeit der Probanden getestet:
Es wurde plötzlich ein sehr lautes Geräusch eingespielt, während die Probanden das geometrische Muster betrachteten. Es zeigte sich, dass die Schreckhaftigkeit nach Vorwärtslernen viel stärker, nach Rückwärtslernen aber deutlich abgeschwächt ist. „Das ist sinnvoll, denn nach Vorwärtslernen fürchten die Probanden, dass gleich der Stromschlag wieder einsetzen könnte. Nach Rückwärtslernen aber dürfen sie hoffen, dass der Stromschlag eben gerade nicht gleich erneut auftreten wird“, erläutert Fendt.
Eine Überraschung ergab sich aber, als die Forscher die Probanden nach dem Experiment befragten. Auf einer Skala von „sehr unangenehm“ bis „sehr angenehm“ beurteilten die Probanden die Figuren allesamt als unangenehm! Die unterbewusste Schreckreaktion und das bewusste Beurteilen benutzen also womöglich unterschiedliche ‚Wertesysteme’, vermuteten Fendt und seine Kollegen. Hier liefert nun die neue Studie einen ersten wichtigen Anhaltspunkt:
Es wurde die Gehirnaktivität der Probanden während des oben beschriebenen Tests gemessen. Tatsächlich aktiviert das geometrische Muster nach Vorwärtslernen das Furchtzentrum, nach Rückwärtslernen aber das Belohnungszentrum. In Folgeexperimenten an Laborratten ging Fendt dann einen entscheidenden Schritt weiter: Wurde das Furchtzentrum der Ratten betäubt, kann das unangenehme Gedächtnis an das Vorwärtslernen nicht mehr abgerufen werden– wurde aber das Belohnungszentrum betäubt, erinnerten sich die Ratten nicht mehr an die angenehmen Gedächtnisse des Rückwärtslernens!
Fliegen, Ratten und Menschen bilden offenbar immer zwei Arten von Gedächtnis für schmerzhafte Erlebnisse: eine ‚negatives’ und ein ‚positives’. „Das Gleichgewicht zwischen diesen Gedächtnissen ist entscheidend“, sagt Fendt, „und es wird spannend sein zu untersuchen, ob Störungen dieses Gleichgewichts zu post-traumatischen Belastungsstörungen, Angsterkrankungen, hochriskantem Verhalten, oder zur Spielsucht beitragen. Und für die Therapie ist es wichtig zu verstehen, wie bewusste und unbewusste Wertesysteme miteinander in Beziehung stehen- und wie eine Störung in dieser Beziehung behoben werden könnte“.
...
Wenn es dem Menschen gelingen könnte, nur noch rückwärts zu lernen, wäre das ein Riesenfortschritt bei traumatischen Erlebnissen.
Hypnose könnte hier ein Weg sein, das Amygdala-Retraining ein anderer, und sicher gibt es hier noch mehr Möglichkeiten.
Grüsse,
Oregano