Nach Selye bezeichnet man Streß als eine komplexe Reaktion des menschlichen Organismus auf unspezifische Einwirkungen der Umgebung. Dabei unterscheidet er drei Phasen:
1. Die Phase der Alarmreaktion (auch: Schockstadium). Schwere Streß auslösende Faktoren können hier in Stunden oder Tagen zum Tode führen.
2. Die Anpassungs- oder Widerstandsphase. Die anfänglichen Symptome verschwinden. Der Organismus paßt sich an die veränderte Umgebung an und entwickelt eine erhöhte Widerstandskraft. Bleibt jedoch die Einwirkung der Streß auslösenden Faktoren, oder erhöht diese sich sogar noch, führt das schließlich zur
3. Phase der Erschöpfung. Die Anpassungsreserven des Körpers sind verbraucht, und es treten Krankheiten auf (z.B. erhöhter Blutdruck, Magengeschwüre, Rheumatismus, Asthma, allergische Reaktionen, Herz- und Nierenleiden). Selye bezeichnete diese Krankheiten als Anpassungs-Krankheiten, was zum Ausdruck bringen soll, daß diese Einflüsse nur potentiell schädlich sind und die Krankheiten durch unzulängliche Anpassungsversuche des Körpers verursacht oder verschlimmert werden.
WAS VERURSACHT STRESS?
Streß ist eine Begleiterscheinung aller Anforderungen, die an einen Organismus gestellt werden. Dabei ist unwichtig, ob diese Anforderungen als unangenehm oder angenehm empfunden werden und ob sie physikalischer, biologischer, psychologischer oder sozialer Natur sind. "Streß ist also nicht nur die Folge physischer Schädigung oder psychologischer Spannung oder sozialer Belastung; er begleitet jede Handlung unseres Lebens - ja, ein bestimmtes Ausmaß von Stimulation und Reaktion ist sogar lebensnotwendig. Zu wenig oder zu viel sind gleichermaßen schädlich" (Uexküll, 1979, S. 10).
Es besteht eine Notwendigkeit von Streß für jede körperliche und seelische Aktivität. Die Grenze zwischen zu viel und zu wenig ist individuell verschieden. Je nach individueller Verarbeitung kann jede Situation Streß auslösen. Was für den einen eine lebensnotwendige Abwechslung darstellt, kann für einen anderen unerträglichen Streß bedeuten. Diese Unterschiede hängen zusammen mit den unterschiedlichen Anlagen (Dispositionen), die die Menschen mit sich bringen.
Im Rahmen des Streßkonzeptes läßt sich die Anlage als "Ausmaß des Angepaßtseins an die Umgebung" definieren. Das Ausmaß der Streß auslösenden Wirkung hängt von der Intensität der Anforderung ab und davon, ob die Anpassungsfähigkeit des Einzelnen (auf seelischer, geistiger und/oder körperlicher Ebene) dieser Anforderung gewachsen ist.
Andere Ansätze betonen die Bedeutung der persönlichen Bewertung und Einschätzung der gegebenen Situation für das Ausmaß des Streßempfindens. "Janis (1958) stellte fest, daß die Intensität der Angst bei Patienten, denen eine Operation bevorstand, nicht mit dem objektiven Schweregrad der Operation korrelierte, sondern abhängig war von der individuellen Einschätzung der Operation" (Uexküll, 1979, S. 173). Ansatz soll