...7 Jahre lang ohne Chemo gelebt hat. Das ist nicht wenig.
Ob sie mit Chemo so lange gelebt hätte, kann man nicht sagen.
Ich persönlich kenne jedenfalls keinen.
Ja, Sieben Jahre sind nicht wenig, und mit einer späten, palliativen
Chemotherapie wäre wohl nicht viel mehr dazugekommen.
(ImZitat oben hab ich Pünktchen verwendet, weil das Folgende
allgemeine Erwägungen sind zur Ablehnung der Chemo.)
Chemotherapien werden
adjuvant im Frühstadium einer Krebserkrankung
zur Heilung eingesetzt, oder
palliativ im Spätstadium.
Damit sind die Therapieziele und -chancen sehr unterschiedlich.
Die Frage ist, ob eine neoadjuvante oder adjuvante Chemotherapie
vor sieben Jahren bereits gestreute Krebszellen und daraus
entstandene Micrometastasen vernichtet hätten, sodass das
Rezidiv gar nicht erst aufgetreten wäre.
Das schwierige an einer solchen frühen Chemo ist, dass das
Vorhandensein von Micrometastasen nicht nachgewiesen werden kann,
und auch dass es keine Garantie gibt, dass damit alle Krebszellen
zerstört werden.
Es ist also nun statistisch nachweisbar, dass diese frühe Chemo
Heilungschancen gibt und es besteht auch eine gewisse Gefahr,
dass man Patientinnen therapiert, die gar keine Krebszellen mehr
in sich haben. Ein ausgesprochen schwieriger Entscheid, denn es
erscheint absurd, nach einer überstandenen OP bei subjektiv guter
Gesundheit sich einer nebenwirkungsreichen Therapie zu unterziehen,
die man vielleicht gar nicht braucht.
Selbst wenn man nach der adjuvanten Chemo kein Rezidiv erleiden sollte,
bleibt es ungewiss, ob dies auf die Therapie zurückgehe, oder ob man
nach der primären OP oder Bestrahlung nicht ohnehin geheilt war.
Später, wenn dann das Rezidiv eingetreten ist, ist Heilung durch eine
Chemotherapie nicht mehr möglich. Krebs wächst exponentiell, nach dem
Muster 1 2 4 8 16 32 64 125 250 500 1000, wobei jeder dieser
Verdoppelungsschritte gleich lange dauert. Bei gering aggressivem Krebs
kann diese Verdoppelungszeit viele Monate oder sogar Jahre dauern,
bei hochaggressiven Krebsen wenige Wochen oder gar nur Tage.
Selbst wenn eine Therapie die Hälfte aller Krebszellen vernichten würde,
und damit Schmerzen gelindert wären, würde diese Tumormasse in
einer einzigen Verdoppelungszeit wieder nachwachsen.
Wer wie ich eine Tumor-Verdoppelungszeit von etwa 18 Tagen hat,
hätte ohne Therapien innert 26 Wochen bereits eine tausendmal
grösseren Tumormasse, in einem Jahr wäre der Tumor millionenfach
gewachsen. Das geht aber gar nicht, weil ein Tumor von einem Gramm
Gewicht dann auf eine Tonne angewachsen wäre. Offensichtlich
wäre das nicht zu überleben. Mit einer Chemotherapie, die den Krebs
nicht nur halbieren würde, sondern auf einen Zehntel reduzieren,
wäre der Tumor nach einem Jahr nicht eine Tonne schwer, sondern eben
'nur' 100kg. Auch dies wäre offensichtlich nicht zu überleben.
Das ist der Grund, warum die späte, also palliative Chemo niemals
heilt, sondern lediglich vorübergehend den Tumor verkleinern und
damit Schmerzen, Blockaden etc. vorübergehend verringern kann.
Dass fortgeschrittene Patienten trotz Chemo nach einem Jahr nicht
mehr leben, ist also normal. Der Verzicht auf die Chemo lässt den Tumor
natürlich weiterwachsen, was man dann mit zunehmend heftigen
Schmerzmitteln versucht, erträglicher zu machen.
Der Entscheid, eine Chemo zu beanspruchen oder eben nicht, ist individuell
und absolut zu respektieren. Was aber gar nicht geht, ist, dass Laien
versuchen, Krebskranke von Therapien abzuhalten oder sie dazu zu drängen.
Da hatte Anomar absolut recht mit ihrem Hinweis, dass jeder seiner
Gesundheit Schmied sei. Wie das dann rauskomme, weiss der Schmied
aber erst hinterher und niemand kann wissen, wie es bei einem anderen
Entscheid rausgekommen sei.
Puistola