Selbstfindung - ein Versuchsballon

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Wir lassen hier in der neuen Rubrik Selbstfindung Selbstfindung einen Versuchsballon steigen.

Es gilt abzuwägen, ob die Rubrik im Grundsatz funktioniert, weil genügend Mitglieder diese privaten Antworten eintragen und ob sie dadurch in irgendeiner Weise inspiriert werden.

Gruss, Marcel
 
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Wer möchte als erstes? ;)

Gruss, Marcel
 
Hallo Marcel,

alle gestellten Fragen tauchen ja immer mal im Verlauf eines Threads auf und werden dann beantwortet und besprochen.
So, wie sie hier "nackt" stehen, hätte ich selbst keine Lust, darauf zu antworten. Aber das ist nur meine persönliche Meinung ;).

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Oregano

Es ginge vor allem darum, hier hochkonzentriert und ohne weitere Ablenkung diese Fragen zu thematisieren.
Das könnte helfen, dran zu bleiben und über die Antworten in verschiedenen Threads Erkenntnisse abzuleiten.

Gruss, Marcel
 
einen Versuchsballon steigen (lassen).

Es gilt abzuwägen, ob die Rubrik im Grundsatz funktioniert, weil genügend Mitglieder diese privaten Antworten eintragen und ob sie dadurch in irgendeiner Weise inspiriert werden.


Hallo Marcel,

einen Versuchsballon steigen lassen heißt, mal vorfühlen, ob sich überhaupt Interessenten finden für diese Rubrik?

Ich für menen Teil finde diesen Versuch schon interessant, weil es mich dazu anregen würde jetzt endlich meine vor Jahren begonnene Eigenbiografie wieder aufzunehmen und wenn mein Leben lang genug ist, auch zu vollenden.

Ich erhoffte mir viele Beispiele zu finden, mit denen ich mich auf meinem Weg spiegeln könnte, entweder, weil der/die Teilnehmer auch Kriegskinder waren und eventuell ohne Vater aufwachsen mußten oder/und viel zu früh den Ernst einer Nachkriegszeit durchleben mußten.

Die Ideale die ich da in anderen Menschen fand, haben vornehmlich damit zu tun, daß sie mir über die Runden geholfen haben und deren Ideale waren wieder die, wo finde ich Mithelfer, daß alles wieder in die Reihe kommt.

Ich finde den Ansatz für diese Rubrik in einer Überlegung - einerseits - wie könnte ich verhindern, daß das wieder passiert, anderseits wie können die Tugenden, die in so einer Biografie gewachsen sind für die Zukunft gesichert werden. Könnte mein Beispiel wieder ein Beispiel für die jungen Menschen sein, die hier mitlesen und diskutieren.

Ich würde gerne in diesem Versuchsballon sitzen und mitfliegen.

Liebe Grüße
Rota
 

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Hallo Marcel,:)

mir geht es auch so ähnlich wie Oregano. All diese Fragen in einer Rubrik zu beantworten, dass ist für mich persönlich nicht so interessant, weil viele Lebensabschnitte für mich abgeschlossen sind und ich mich mit den Themen befasse, die im Moment eine Wichtigkeit für mich haben.
Trotzdem hoffe ich, dass sich noch andere melden und die gerne von sich hier schreiben.

Grüsse von Juliette
 
Danke Oregano, Juliette und Rota für Eure Meinungen.

Ja, Juliette. Die Rubrik muss nicht für jedermann etwas sein. Manch einer steht sicherlich auch gefestigt, da wo er jetzt ist. Andere suchen den Wegweiser in ihrem Leben und sind dankbar, wenn sie etwas erkennen, das ihnen auf den Weg hilft. Für diese Menschen könnte die Rubrik vielleicht etwas sinnvolles darstellen.

Ja, Rota, so hab ich mir das in etwa vorgestellt.
Es geht vor allem drum, dass die Fragen aufgeworfen werden und sich jeder damit beschäftigen kann. Ob nun andere darauf eingehen, ist m.E. sekundär. Am ehesten spürst Du selbst wohl anhand der Aufarbeitung und Deiner Antworten heraus, was sich zwischen den Zeilen verbirgt ... und ob Du evtl. (in Deinem Fall) die Beeinflussung durch Deinen Grossvater irgendwie beenden möchtest/kannst und was Dir dies bringen könnte.

Es ist also mehr ein "Gefäss", als ein Dialog.

Gruss, Marcel
 
Hallo Marcel,

jetzt hab ich erst bemerkt, daß in Deinen Versuchsballon keiner mehr eingestiegen ist seit längerer Zeit. Das ist schade und ich möchte das ändern.

Zu meiner Selbstfindung ist mir nach langem Nachdenken eingefallen, daß ich eigentlich seit meiner Kindheit ein Objekt war für meine Familie, das man hin und herstellt wie man es braucht und daß ich mich nicht darüber beklagte ist dem Umstand zuzuschreiben, daß ich von Klein auf Angst hatte, wenn ich nicht spure, fliege ich raus.

Ich habe hier schon mehrmals aus meiner Kindheit etwas eingestellt, und immer waren es Begebenheiten die mir die Tränen ins Auge trieben.

Wer ich war, ist also so etwas gewesen wie ein Spielball, mit dem je nachdem gespielt wurde, oder den man in eine Ecke gelegt hat bis man ihn wieder brauchte.

Erst mein Mann hat mich erlöst aus diesem Zustand. Er hat mir geholfen aus mir herauszugehen, mich zu entwickeln, Selbstwertgefühl zu entwickeln, stolz auf mich zu sein und meine Arbeit an mir und mit meiner Familie zu schätzen und zu lieben. Alles in Allem bin ich dem Schicksal dankbar für alles was ich erlebt habe. Ich habe gelitten und genieße jetzt meine neue Freiheit. Mir geht es gut mit meiner Selbsterkenntnis. Was ich an Schmerzen und sonstigem Unbill am Körper auszuhalten habe sehe ich als Reststoffe an, die mein vergangenes Leben hinterlassen hat. Langsam aber sicher werde ich damit auch noch fertig. Ich bin auf dem besten Weg dazu.

Wenn ich mich jetzt morgens in den Spiegel schau, dann frage ich nicht mehr:
wer bist Du denn?, sondern, hallo, guten Morgen mein liebes Ich, was fangen wir heute an ?

In diesem Sinn mit lieben Grüßen
Rota
 

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Hallo Marcel,

was mir von Anfang an bei dem Wort "Selbstfindung" in den Sinn kam, was ich aber nicht so richtig zu formulieren wusste, ist die Frage, w a s wir da so finden können oder könnten, wenn wir uns auf eine solche Suche begeben.

Und ob wir das bewusst oder unbewusst tun.

Also ob man wirklich direkt und bewusst sagt "Ich möchte mich selbst finden, verwirklichen, ausleben o.ä.", oder ob man durch irgendwelche "Zufälle" - die sicher auch ein interessantes Thema sein können, was einem eben so alles "zufällt" im Leben - auf einen Weg kommt, der einen vielleicht (näher) zu sich selbst führt, ohne dass man das eigentlich so w o l l t e. Und das könnte durch einen Partner, Freund, Lehrer oder andere Begegnungen, Erlebnisse, Situationen sein, durch Bücher, oder aber auch, und nicht zuletzt, durch eine Krankheit. Später fragt man sich vielleicht, wie und warum man gerade an dies, das oder die oder den gekommen ist, und erkennt je nachdem für sich, dass es alles n i c h t so ganz zufällig war.

Dass wir vielleicht sogar auf die Suche nach uns selbst "geschickt" wurden, obwohl wir uns gar nicht so recht ge-schickt fühlten, aber vielleicht ein wenig geführt - es muss ja nicht gleich "berufen" sein, aber etwas in der Art mag auch dazu kommen, nicht nur im beruflichen Sinne (gerade merke ich, im Beruf steckt auch schon ein "Ruf" drin).

Na ja, wer oder was "schickt" oder "führt" oder "ruft" da, wenn man es denn so empfindet oder erlebt?

Ist das auch schon das eigene Selbst - von dem wir ja erstmal nicht so genau wissen, was es ist - oder doch? Wissen wir, als Menschen, was wir da finden werden, und brauchen es also "nur" zu finden? Oder werden wir auch über die Frage(n) stolpern, was das eigentlich ist, Selbst, Ich, Selbst-Bewusstsein, Seele, Geist in uns? Und dem "Sinn" von alledem? Ja, und woher das vielleicht alles kommt und stammt?

Irgend ein "Image", das wir vielleicht vorher von uns und unserem Leben hatten, oder gerne gehabt hätten, werden wir wohl, je ernsthafter wir suchen, um so weniger finden. Und ob das neue Nicht-Image so unbedingt alltagstauglich ist, wird sich auch erst zeigen müssen. Oder es stellt sich auch umgekehrt die Frage, ob sowas wie "normaler Alltag" (was immer das ist und sein kann) überhaupt zu diesem "Selbst" passt, das wir suchen und finden (wollen).


Das erstmal allgemein dazu. Da gibt es natürlich eigene Erfahrungen, die mich eher unbewusst dazu gebracht haben, mich überhaupt so manches zu fragen, zu suchen, von dem ich vorher nämlich so gar nicht(s) wusste, dass das irgendwas von "Selbstfindung" hat, ja und auch nicht, was man da vielleicht so finden könnte.



Herzliche Grüße, Gerd
 
G R A B S C H R I F T E N

"Er hat vernünftig gehandelt
und, was er wollte, erreicht."

"Er ist bei seiner Liebe geblieben,
wie aussichtslos die auch war."

Was willst du? was
soll gelten
im letzten
Moment?


Herzlich.
Windpferd​
 
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Guten Abend,

in der Schule hatte ich katholischen Religionsunterricht. Der orientierte sich am Katechismus, der m.W. aus der Zeit des Tridentinischen Konzils stammt. Er bestand aus - geschätzten 200 - knappen, klaren Fragen mit - etwas ausführlicheren - Antworten.

1. WOZU IST DER MENSCH AUF ERDEN?​

Diese Frage hat sich mir am tiefsten eingeprägt; die einzige, die ich behalten habe. Sie taucht immer wieder auf - und stellt sich mir. Und hat immer, in jedem Fall, eine klare Antwort. (Wenn nicht, so weiß ich, daß ich irgendwas falsch machen, vor irgendwem oder -was ausweiche.)

Und irgendwie, merkwürdigerweise, lächelt diese Frage. Freundlich und streng. Wie ein uralter Freund.


Herzlich
Windpferd​
 
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Hallo Windpferd:)

eine gute Frage die sich jeder von uns stellen sollte.Mir fällt es oft schwer darauf eine klare Antwort zu finden,die mich auch innerlich gelassen und zufrieden macht.
Theoretisch wüsste ich Antworten.

Liebe Grüße von Wildaster
 
Für N.N.​

N A I K A N

D r e i__F r a g e n__z u m__T h e m a​

Früh am Morgen. Allein, hinter einem durchscheinenden Wandschirm sitzend, vergegenwärtige ich die Beziehung zu meiner Mutter bis zum Alter von vier Jahren. Drei Fragen: 1) „Was hat sie mir Gutes getan?“ -- 2) „Was habe ich ihr Gutes getan?“ -- 3) „Welche Schwierigkeiten habe ich ihr gemacht?“ -- Nach ein bis zwei Stunden erscheint der Anleiter, verneigt sich, öffnet den Wandschirm, hört kurz eine Stichprobe meiner Erinnerungen, dankt, verneigt sich, geht. Vereinzelt erinnert er an die Instruktionen oder gibt Ermutigung. In den folgenden Zeitabschnitten gehe ich weiter zum Alter vier bis sieben, sieben bis zehn . . . bis zur Gegenwart. Danach Vater, Geschwister, Lehrer, Partnerinnen, Kinder usw. Die Beziehung mit der Mutter wird mindestens zweimal durchgearbeitet. Dies geht täglich vom Aufwachen bis zum Einschlafen, mindestens sieben Tage lang. Der Anleiter bringt die Mahlzeiten. Kein Kontakt mit anderen, auch kein Blickkontakt. Jedoch ist die Gegenwart der anderen – jeder hinter seinem Wandschirm im selben Raum – spürbar.

Leichter Akzent auf der dritten Frage. (Die vierte – leicht zu erraten! – bleibt außer Betracht!) Im Brennpunkt das eigene Verhalten, nicht die Absichten. Dieses wird nie bewertet oder interpretiert, z.B. als Schuld, Verdienst. Erinnerungen werden einfach angesehen, gefühlt – und als Stufe zu weiterer Vergegenwärtigung benutzt. Für Beziehungen, die noch bestehen, gibt es in der letzten Periode eine vierte Frage: „Was will ich ändern?“ Es werden nur Erinnerungen an einzelne konkrete Verhaltensweisen in Betracht gezogen (zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort), keine Verallgemeinerungen. Es kommt nicht auf die Vielzahl der Erinnerungen an sondern auf die Haltung des Suchens. „Sei nicht stolz, wenn du dich an die Vergangenheit erinnern kannst; sei nicht deprimiert, wenn nicht. Praktiziere einfach Naikan mit ganzem Herzen!“

Zu Beginn fließen die Erinnerungen quälend spärlich. Etwa vom dritten Tag an gibt es eine wahre Flut. Überwältigendes Bewusstsein meiner alltäglichen Unachtsamkeit, Destruktivität, Kommunikationslosigkeit, Lieblosigkeit. Die Gewohnheiten der Selbstbewertung, Selbstkritik führen nahe an Verzweiflung. Ich bin versucht, abzubrechen – wie viele. (Kulturelle Unterschiede: In Europa hört man, dass man natürlich abbrechen könne, dass es aber vielleicht besser sei, weiterzumachen. In Japan fliegt sofort raus, wer von Abbruch spricht.) Es wird geweint – auch ich weine. Die letzten beiden Tage: Schmelzen, Entspannung, Fließen – Wertschätzung der Beziehungen, wie sie eben waren; Dankbarkeit: Die Verbindung reichen tiefer als meine verwirrten Handlungen. Sie sind kostbar, auch wenn sie durch mich gescheitert sind. Eine begrifflich kaum erklärbare Wandlung. Am Ende gemeinsames festliches Essen: die Gesichter verändert, strahlend.

Die Beziehung zur Mutter wird mindestens zweimal durchgearbeitet. Ganz am Ende nochmal Mutter: „Und nun seid ihr Embryos!“ (In Japan wird angeordnet, nicht begründet. Auf Grund fühlbarer Autorität, nicht diktatorisch.) Ich dachte natürlich: In was für einen New-Age-Kult bin ich denn hier geraten! Aber es GING einfach, mit für mich damals unvorstellbarer Durchlässigkeit, ganz selbstverständlich. In der tiefstmöglichen Verbundenheit. "Mama" - fast ein Mantra. Später erfuhr ich, dass das eine uralte japanische Idee und Praxis ist – lang vor jedem New Age, vor jeder Psychotherapie. Die „Mutterbauch-Übung“.

Zu den „Nachwirkungen“: Ca. 4 Jahre vor meiner ersten Naikan-Woche hatten meine Frau und ich uns scheiden lassen. 4 Wochen nach Naikan fiel mir urplötzlich ein, dass ich sie bei der Scheidung um mehrere tausend Mark betrogen hatte. Viel, damals. Ich kochte drei Tage in meinem Saft: was sollte ich machen? Anonym überweisen? Geld in ihren Briefkasten? Alles unmöglich, lächerlich. Schließlich – sie lebte in einer anderen Stadt – rief ich sie an; maximal einfaches Geständnis, Versprechen der Erstattung mit Zinseszinsen. Sie war überrascht; allerdings sei ihr damals etwas schon komisch vorgekommen. Das Geständnis lohnte sich: unsere Restfreundschaft war wesentlich offener, lebendiger, konstruktiver. (Wir hatten auch gemeinsame Kinder, denen das zugute kam.) -- Und, was dazugehört: Noch etwas später fiel mir ein, dass ich seinerzeit einen „guten“ Grund für meinen Betrug gehabt hatte: Ich hatte in die Ehe etliches Geld mitgebracht, was ich aber nicht mehr beweisen konnte. (Die Aufbewahrungsfrist der Bank überschritten.) Ich wollte kein Gespräch, keinen Konflikt riskieren sondern mir mein „Recht“ per Betrug verschaffen. Geht nicht. Der Punkt: Ich erlebte keinen Impuls mehr, auf dieser Schiene zu bleiben. Theoretisch hätte ich sie ja noch mal anrufen können: „Du, mir ist eingefallen, dass ich ja damals einen guten Grund hatte, dich zu betrügen und eigentlich solltest Du mir das Geld wieder zurückzahlen – es gehört ja mir usw.“ Die Vorstellung bringt mich jetzt noch zum Lachen. Naikan hatte mir „den Kopf zurechtgesetzt“. ( Auf bayrisch: "D'Wadln vieri g'richt".) Es kommt nur ganz nebenbei auf Geldbeträge an, sondern – hier – z.B. auf direkte Kommunikation, auf den dazu notwendigen Mut. Auf die Primärtugenden – und auf deren Verletzung.

Das ist Naikan („Innenschau“), eine in Japan verbreitete Psychotherapie und kontemplative Praxis, die einer (christlich beeinflussten) Zen-Tradition (Jodo Shin) entstammt.

Im Lauf der Jahre praktizierte ich Naikan insgesamt 10 Wochen lang (einmal als Assistent des Anleiters, 3 Wochen in einem Zen-Kloster in Japan, sozusagen an der Quelle). Wozu ist es gut? 1) „Reue und Bekennen“ sind befreiend – Entschuldigen, Tadeln, Ignorieren waren das nie. -- 2) Verallgemeinerungen, Selbstverdammung sind schmerzhaft, jedoch blockierend, eine Form des Ausweichens, eine Sackgasse. -- 3) „Spirituelle“ Ausreden („Ist doch nur Denken!“) wird bloßgelegt: die relative Realität muß auf der relativen Ebene bereinigt werden. Darum hatte ich mich mit „fortgeschrittenen“ Praktiken herumgemogelt. -- 4) Die Intensität der Erfahrung („Ausbrennen“) führt dazu, daß die betrachteten Muster weniger wahrscheinlich werden. Sehr zu empfeh¬len vor dem Beginn neuer Lebensabschnitte, neuer Lieben. -- 5) Naikan stellt mich bloß und kommt teuer: manchmal „muß“ ich anschließend bislang Verschwiegenes mitteilen oder „vergessene“ Schulden erstatten – und bin glücklich, wenn das noch möglich ist. -- 6) Starker Transfer in den Alltag: die Naikan-Fragen tauchen immer wieder spontan – leider immer noch zu selten - auf: Ich kann den Folgen meines Handelns nicht entgehen. In gewisser Weise werden die Fragen ein Teil meines sog. "Selbst".

Manches sehr Ernstes hat auch eine heitere Seite: Unter den Teilnehmerinnen an jenem japanischen Naikan war eine junge Frau, leise strahlend, rotwangig, bodenständig, kräftig. Ich fühlte mich verliebt, aber mir wurde schnell klar, dass es keinerlei Möglichkeit gab, mich ihr zu nähern; keinerlei Schleichweg. Also gab ich den Gedanken auf. Am Morgen meiner Abreise schrieb ich auf ein Zettelchen „I appreciated your discipline and your beauty.“ (Gefällt mir immer noch, dieser Satz. Vielleicht ein Krümelchen meines glorreichen "Selbst?) Dann stahl ich drei rote Rosenknospen aus dem Garten des Roshi = Meisters (es war Januar) und legte Beides auf ihr Sitzkissen. Darauf ging ich zum Wagen (der Roshi und seine Frau hatten versprochen, mich zum Bahnhof zu bringen). Als ich einstieg, fand ich die vergeblich Begehrte dort bereits sitzend; zufällig reisten wir am selben Tag ab. Ein Moment von Sprachlosigkeit. Erste Feststellung: wir hatten kein gemeinsames Wort in keiner Sprache. So erzählte ich dem Roshi von meiner Romanze, einschließlich Rosendiebstahl. Er lachte: am Ende schlug er auf seinen Schenkel: „That’s good practice!“ Seine Frau übersetzte die Story für die junge Japanerin. Die errötete – aber gar nicht mit Scham oder sonst was; sie freute sich einfach. Ich erfuhr, dass sie alljährlich einen Teil ihrer Ferien – sie war Lehrerin – Naikan praktizierte. Dann Nagoja, der Bahnsteig; ich wusste natürlich nicht, welches Verhalten für mich angemessen war. Die Frau des Roshi instruierte mich in Zeichensprache, die junge Lady zu umarmen. Die freute sich, erwiderte die Umarmung mit Wärme. Dann, fast gleichzeitig ihr Shinkansen (eine Art Super-ICE) nach Süden, der meine, am Fuji vorbei, nach Norden. Ein Stück Leben im Zeitraffer.

In Tokyo hatte ich Kontakt mit Akira Ishii, Professor für Strafvollzug. (Er hat den größten Teil seiner Zeit und Energie für die Verbreitung von Naikan weltweit aufgewandt. Bei ihm werden an der Uni nur Studenten zugelassen, die Naikan kennen: man müsse mit den drei Naikan-Fragen gearbeitet haben, ehe man sich mit Strafvollzug beschäftige.) Er zeigte mir ein Gefängnis, in dem die Gefangenen (nach Zufall aufgeteilt) entweder Naikan machten oder intensive bioenergetische Analyse (nach Lowen, japanisch adaptiert) oder irgendwas anderes. Die Ergebnisse hochsignifikant: Die Wirkungen (v.a. Rückfallquoten, konstruktives Sozialverhalten u.a.) abnehmend in der o.g. Reihenfolge. -- Auch viele Drogenabhängige unterziehen sich Naikan.

Wenn ich mich erinnere, was in fast allen westlichen Psychotherapien so läuft. Ich war immer, immer Opfer. (Klar, daß das nicht hilft.) Während der Schwangerschaft verlor Mama ihre Eltern. Dramatisch verzögerte Entbindung. Sepsis im Anschluß an eine eitrige Mastitis. Trennung von Mama. Ich: ein überängstliches, fast autistisches Kind. Sexuell missbraucht. Koa richtiga Bua. Der brüllende, sadistische Vater. Extremer Nazi, Antisemit. In diesem Stil geht’s noch einige Jahrzehnte weiter. Will ich denn, daß es bis zu meinem Tod so weitergeht?

Ist das „Selbstfindung“? Ist das „privat“? Bin ich, darüber schreibend, „nackt“? (Ach was, ich bin dekoriert mit Trauerfahnen in allen Farben.) Nicht einmal „persönlich“ ist’s. Dann das würde ein Du voraussetzen - aber in diesem Forum gibt es, von seltenen Ausnahmen abgesehen, nur Pseudonyme. Die über ihre Pseudonymität wachen wie über ein Heiligtum. Die immer wieder mal kurz die Illusion erzeugen, es sei ein Mensch dahinter. Der nie inkarniert. -- Jeder hat eine derartige Opfer-Autobiographie. Nur: die ist falsch. In Wirklichkeit war, bin ich Täter. Und es gibt Wichtigeres zu tun als meine eigenen Wunden zu lecken. Auch wenn ich noch so eingeschränkt war: ich hatte immer noch Optionen – kleine, entscheidende. (Ich erinnere mich an eine Studentin, die mit unvorstellbarer Grausamkeit von ihrem lieben Papi jahrelang sexuell missbraucht worden war (während Mami wegguckte wie die meisten Mütter.). Sie war befreit nach ihrer ersten Naikan-Woche, wiederholte Naikan noch zweimal – und wurde lebensfreudig, arbeitsfähig. (Ihre Eltern baten sie um Verzeihung. Diese verweigerte sie – solange die Beiden nicht Naikan gemacht hätten. Das verweigerten sie. Der Vater starb bald danach.)

Selbstfindung? Ja, man findet etwas. Nein, kein „Selbst“. (Was sollte das überhaupt sein! Ein Hirngespinst ist’s. Eine Erfindung der Philosophen und Psychologen.) Schwer darüber zu reden; ich hab keine Lust, etwas in Wörter zu pressen. Die immer schräg wären. Mit einer geliebten Liebenden könnte man vielleicht – nicht „darüber reden“, aber sie würde das Entscheidende merken.

Naikan spricht nicht von „Schuld“ – das ist ein metaphysischer Begriff, dafür hat man in Japan nichts übrig. Dennoch, zusammenfassend:

Das Leben ist der Güter höchstes nicht.
Der Übel größtes aber ist die Schuld.

(Friedrich Schiller, Die Braut von Messina)

Sollte jemand interessiert sein: Neue Welt Institut - Home [Franz Ritter ist Urgestein – der beste mir bekannte Naikan-Anleiter in Europa]; Home [Josef Hartl – er war auch Urgestein; Helga Hartl und Johanna Schuh führen die Arbeit fort]; Naikan Zentrum Stammhaus [Gerald Steinke, der Begründer und langjährige Leiter, bei Bremen. Jetzt ist da ein großes Team, das ich kaum kenne; dem Vernehmen nach sind sie gut.] Akira Ishii ist auch fast jedes Jahr in Mitteleuropa – maximal zu empfehlen.

Alles Liebe,
Windpferd
 
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Für N.N.

Nun, dieser Thread scheint wieder im Orkus zu verschwinden. Fände ich schade.

Es gibt eine Menge Inspiration, ja Anleitung. Zum Beispiel bei Freunden, die es wagen, uns die richtigen (d.h. in der Regel unbequeme) Fragen zu stellen. Oder in der Literatur.


Hänge ich am Leben?

Ich hänge an einer Frau.

Ist das genug?

(Max Frisch: "Entwürfe zu einem dritten Tagebuch", Berlin 2010)

Klingt wie ein Haiku. Aber Frisch war kein Lyriker. Sein Werk lebt von seiner rückhaltlosen Selbstbefragung.

Die hat er zum ersten Mal ganz explizit gemacht in seinem zweiten Tagebuch ("Tagebuch 1966 - 1971, Frankfurt 1972). Zusammengefaßt in Fragebögen - über Freundschaft, Hoffnung, Frauen, Humor, Ehe, Geld, Liebe, Heimat, Eigentum u.a. (Die Fragebgen sind auch separat erschienen.)



"Lieben Sie jemanden?" - "Und woraus schließen Sie das?" - "Halten Sie sich für einen guten Freund?" - "Möchten Sie Ihre Frau sein?" - Kennen Sie Freundschaft mit Frauen: a) vor Geschlechtsverkehr? b) nach Geschlechtsverkehr? c) ohne Geschlechtsverkehr? - Sind Sie sich selber ein Freund? - Hätten Sie der standesamtlichen oder der kirchlichen Formel für das Eheversprechen irgendetwas beizufügen: a) als Frau? b) als Mann? (Bitte um genauen Text) - Falls Sie sich schon mehrere Male verehelicht haben: worin sind ihre Ehen ähnlicher gewesen, in ihrem Anfang oder in ihrem Ende? - Was bekräftigt Sie in ihrer persönlichen Hoffnung: Zuspruch? Die Einsicht, welchen Fehler Sie gemacht haben? Alkohol? Ehrungen? Glück im Spiel? Ein Horoskop? Dass jemand sich in Sie verliebt? - Wenn Sie einen Toten sehen: Welche seiner Hoffnungen kommen Ihnen belanglos vor, die erfüllten oder die unerfüllten? - Was gefällt Ihnen am Neuen Testament? - Wissen Sie, was Sie brauchen? - Wenn Sie auf der Straße stehen bleiben, um einem Bettler etwas auszuhändigen: warum machen sie es immer so flink und so unauffällig wie möglich? - Können Sie sich eine Frauenwelt vorstellen? - Möchten Sie von einer Frau ausgehalten werden: a) durch ihre Erbschaft? durch ihre Berufsarbeit? - Und warum nicht?

Dir meisten Fragen (hier sind ziemlich zufällig welche ausgewählt) stoppen mein gewohntes Denken - ein leichter Schwindel, Gefühl von Abgrund. Und eine gewisse Ratlosigkeit. Mit nahe liegenden konventionellen Sätzen komme ich nicht weiter - oder ich stehle mich davon.

Nun, Max Frisch hat seine Fragen oft selber beantwortet. In der Regel durch Erzählen einer erkennbar realen oder erkennbar fiktiven Geschichte. Manchmal brauchte er einen ganzen Roman dazu oder eine Erzählung. Am direktesten wohl in einem späten - nach Meinung eines Kritikers "seinem intimsten und zartesten, seinem bescheidensten und vielleicht eben deshalb seinem originellsten" - Buch: "Montauk. Eine Erzählung" (Frankfurt, 1975). Er greift einige Fragen aus den früheren Fragebögen auf, antwortet auf die Fragen der Begleiterin, mit der er ein Wochenende in USA verbringt: "Max, you are a liar." - "Max, are you jealous?" - "Max, what is your state of mind?" Er beschreibt seinen Ehebruch. (Eine Beschreibung, derentwegen seine Frau die Scheidung erwog; die Beiden versöhnten sich aber.) Und seine Potenzstörung - lapidar, ohne Interpretation. Wie überhaupt durchwegs: ohne jedes Gramm Speck, ohne jede Sentimentalität. Er beschreibt seine Beziehung mit Ingeborg Bachmann; seine Schuld in diesem Zusammenhang ließ ihn lebenslang nicht mehr los. Lapidar wieder: "Ich habe getan, was man nicht tun darf: Ich habe ihre Briefe gelesen, die in einer Lade verschlossen waren. Sie erwogen die Ehe." Und Sätze, die man nicht vergisst: "Das Ende haben wir nicht gut bestanden. Beide nicht."

Die Episoden sind so persönlich, dass sie schon wieder überpersönlich sind. Das eine bedingt merkwürdigerweise das andere. (Das Konzept "Privatheit" wird irrelevant. Das Konzept "Selbstfindung" fragwürdig. Wer ist dieses "Selbst"? Wie ein Lichtstrahl, in einem Prisma gebrochen - wieder in Fragen zerlegt, denen wieder in Erzählfragmente antworrten.) "Viel nackter als unbekleidet", schrieb ein anderer in ähnlichem Zusammenhang.

So könnten wir auch fragen. Und erzählen. Vielleicht, u.a., als Antwort auf die Frage "Sind Sie sich selber ein Freund?"

Alles Liebe
Windpferd
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wir lassen hier in der neuen Rubrik Selbstfindung Selbstfindung einen Versuchsballon steigen.
alle gestellten Fragen ...
Zufällig nochmal hier reingelesen....ich erinner mich, da gabs mal eine Reihe von Fragen zu Anfang, die aber in dem Eingangs-Link nicht mehr zu finden sind, damit landet man nur bei der Themenübersicht der Rubrik "Selbstfindung".

Irgend ein "Image", das wir vielleicht vorher von uns und unserem Leben hatten, oder gerne gehabt hätten, werden wir wohl, je ernsthafter wir suchen, um so weniger finden. Und ob das neue Nicht-Image so unbedingt alltagstauglich ist, wird sich auch erst zeigen müssen. Oder es stellt sich auch umgekehrt die Frage, ob sowas wie "normaler Alltag" (was immer das ist und sein kann) überhaupt zu diesem "Selbst" passt, das wir suchen und finden (wollen).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Schwierig , auf dieses Thema einzugehen, wenn man die Anfangsfragen nicht mehr lesen kann ;) ...

Vielleicht tun es erst einmal diese 30 Fragen?:
...

1. Was war dein größter Erfolg?

Kenne deine Stärken und gratuliere dir ruhig selbst dazu. Das macht selbstbewusst und ebnet den Weg für weitere Erfolge.

2. Was magst du an dir besonders?

Man ist nicht immer unbedingt ehrlich, wenn man diese Frage gestellt bekommt. Zu dir selbst kannst du es aber ruhig sein – du wirst dabei ein bisschen was über Selbstliebe lernen.

3. Wofür bist du dankbar?

Oder: Wem bist du dankbar? Die Antwort lässt dich die wichtigen Dinge und Menschen im Leben schätzen.

4. Wann hast du das letzte Mal jemandem geholfen?

Das ist keine Frage nach gutem oder schlechtem Menschen, sondern ein kleiner Anreiz, stolz auf sich selbst und auch in Zukunft für andere da zu sein.

5. Wie belohnst du dich?

Und noch viel wichtiger: Wofür belohnst du dich?

6. Was sind deine moralischen Grundsätze?

Für die Selbsterkenntnis unbedingt losgelöst von gesellschaftlichen oder religiösen Grundwerten antworten.

7. Welche Erlebnisse haben dich bisher geprägt?

Die Antwort schafft Klarheit darüber, was dir wichtig ist und woraus du gelernt hast. Egal ob negativ oder positiv.

8. Was sind deine Ziele?

Jetzt nicht wie beim Bewerbungsgespräch antworten und einen zehn-Jahres-Plan aufzählen. Viel wichtiger: Reflektieren, was du aktuell für deinen Lebenstraum tust.

9. Wann bist du neugierig?

Erinnere dich, wie du als Kind durch die Welt gegangen bist – es wird sie schöner machen und lässt negative Gedanken schneller verschwinden.

10. Wie möchtest du deine Persönlichkeit entwickeln?

Schafft Klarheit über die Frage: Was möchtest du als Nächstes lernen?

11. Wann hast du besonders viel Disziplin?

So findest du heraus, was dich wirklich motiviert – und wann sich Disziplin für dich richtig anfühlt.

12. Wem vertraust du blind?

Die ehrliche Antwort kann – oder: sollte – die Beziehung zu den Menschen in deinem Leben verändern.

13. Kannst du das Schicksal akzeptieren?

Kleiner Hinweis: Diese Frage ist auch ein allgemeiner Indikator für Gelassenheit und Zufriedenheit.

14. Wie wichtig ist dir Besitz?

Von gar nicht wichtig bis sehr wichtig: Es gilt die eigene Einstellung zu akzeptieren und trotzdem wertfrei gegenüber der deiner Mitmenschen zu sein.

15. Auf wen bist du neidisch?

Aufgabe: Die Antwort finden und entweder Unterschiede akzeptieren oder an einem neuen Ziel arbeiten.

16. Bist du geduldig?

Vermutlich nicht immer. Wichtig ist die Antwort aber, wenn du dich fragst, auf was oder wen es sich für dich lohnt, zu warten.

17. Wie oft erlebst du einen Tag bewusst?

Ruhig einatmen, ausatmen, Frage beantworten und ab jetzt eventuell dem Stress weniger Platz einräumen.

18. Warum soll sich jemand in dich verlieben?

Gibt Antwort darauf, was dir in einer Beziehung wirklich wichtig ist.

19. Brichst du gerne Regeln?

Hier geht es nicht um kriminelle Energie (die solltest du an dir übrigens immer anzweifeln, sorry), sondern um gutes Benehmen und Mut.

20. Stellst du die gleichen Regeln für dich wie für andere auf?

Die Antwort ist eine wunderbare Selbstreflexion deines zwischenmenschlichen Verhaltens.

21. Warum lügst du?

... was du jetzt nicht machen solltest, um dein Verhalten zu reflektieren.

22. Nimmst du Verantwortung an oder gibst du sie ab?

Eine Grundsatzfrage, die alles verändern kann, weil sie dich (noch) stärker macht.

23. Wie viel Bestätigung brauchst du?

Wichtig: Wie viel brauchst du von anderen? Noch wichtiger: Wie viel bekommst du von dir selbst?

24. Wann fühlst du dich minderwertig?

Und was können du oder andere dagegen machen? Anschließend offen ansprechen.

25. Denkst du oft an die Vergangenheit oder mehr an die Zukunft?

Finde die Vorteile der beiden unterschiedlichen Gedanken.

26. Bist du ordentlich?

Nicht schlimm, wenn nicht – solange sich dein Leben für dich geordnet anfühlt.

27. Worin bist du wirklich gut?

Bei dieser Antwort bitte nicht zu hoch greifen, schon ganz einfache Dinge können sehr viel wert sein.

28. Kannst du loslassen?

Oder machst du dir zu viele Gedanken über Dinge, die es gar nicht mehr wert sind?

29. Bist du zufrieden?

Und finde heraus, was das für dich bedeutet.

30. Bist du glücklich?

Das wäre die nächste Stufe nach Frage 29. Definiere, was dich wirklich glücklich macht, und gib allem anderen weniger Raum in deinem Leben.

Viele Fragen - und viele mögliche Antworten !
Was mir hier vor allem auffällt: Diese Fragen + Antworten gelten doch größenteils nur für diesen Augenblick und können sich jederzeit ändern.
Dabei spielt die jeweilige Situation eine Rolle, die Vergangenheit wie das Elternhaus, die Sozialisation usw. sowieso. Besteht nicht auch durch eine momentane Antwort die Gefahr, daß man sich damit auf ein Selbstbild festlegt, das sich später durch irgendwelche einschneidenden Erlebnisse aber auch durch das Leben an sich verändern? So nach dem Motto: einmal sich selbst gefunden, bleibt für immer so?

Ich denke, daß sich die Selbstfindung durch viele Faktoren ergibt, daß aber auch viele Faktoren die Selbstfindung verändern können. Je offener der Mensch für neue Eindrücke, desto häufiger wird sich seine Selbstfindung verändern. Die Frage nach der Selbstfindung stellt sich wohl vor allem dann, wenn kritische Lebenssituationen eintreten und man nach Lösungen sucht?

Nun noch die Frage, um die es hier im Thread gehen soll:
...

Was bedeutet Selbstfindung?

Selbstfindung kann auf verschiedene Weise geschehen. Die Entwicklungspsychologie beschreibt das Zu-sich-selbst-finden als einen mit Umbrüchen verbundenen Prozess, in dem Pubertierende ihre Ziele, Chancen und Fähigkeiten herausfinden. In der Selbstfindungsphase grenzen sich junge Erwachsene von der Familie ab, probieren sich aus und stellen traditionelle Werte infrage. Selbstfindung kann aber auch im späteren Leben in Form von Selbstreflexion stattfinden. Wer bin ich wirklich? Was will ich? Was fange ich mit meinem Leben an? Termindruck, Hektik im Job, immer mehr Aufgaben – es gibt viele Gründe, warum Menschen auf eine Selbstfindungsreise gehen, etwa beim Wandern auf dem Jakobsweg.

Erfolgreiche Selbstfindung bedeutet, persönliche Freude wiederfinden, Verwirklichung von Lebenszielen, Wahrnehmen innerer Bedürfnisse und Entwicklung eines bejahenden Wertesystems. Die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte ist in der Selbstfindungsphase ein guter Weg in eine optimistische Zukunft. Aus spiritueller Sicht führt der Prozess der Selbstfindung in die Tiefe des inneren Wesens hin zur wahren Natur. Realisiert sich das unbewusste Sein, entstehen Freude, Empathie, Dankbarkeit und Achtsamkeit. Entscheiden Sie sich für eine innere Selbstfindungsreise, lernen Sie genau hinzuschauen, kommen in Kontakt mit Ihrer Bauchstimme und nehmen Gefühle bewusster wahr. ...

Grüsse,
Oregano
 
Irgend ein "Image", das wir vielleicht vorher von uns und unserem Leben hatten, oder gerne gehabt hätten, werden wir wohl, je ernsthafter wir suchen, um so weniger finden.
Und ob das neue Nicht-Image so unbedingt alltagstauglich ist, wird sich auch erst zeigen müssen. Oder es stellt sich auch umgekehrt die Frage, ob sowas wie "normaler Alltag" (was immer das ist und sein kann) überhaupt zu diesem "Selbst" passt, das wir suchen und finden (wollen).
.....vielleicht so ähnlich, wie manche nach sogenannten Nahtoderlebnissen berichten, dass sie ihr altes Leben nicht einfach so weiter wie vorher leben können, da sie etwas erlebt haben, dass nicht mehr zu dem alten, "normalen" Leben passt - weil sie eine neue Qualität, vielleicht sogar eine neue "Dimension im Leben" erfahren und gespürt haben, nicht nur hautnah, sondern tief innen drin gespürt haben, dass es einen nicht mehr loslässt. So ähnlich, denke ich, ist es, wenn man sich dem eigenen Selbst nähern kann, sowas wie Seele, Geist, Selbst-Bewusstsein und Ich-Bewusstsein.
 
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