TABAKPOLITIK
EU kritisiert schlechten Nichtraucherschutz in Deutschland
Während Nichtraucher in anderen EU-Staaten vor dem blauen Dunst per Gesetz geschützt werden, hält sich die Bundesregierung mit vergleichbaren Maßnahmen zurück. Die EU-Kommission droht Deutschland wegen dieser Versäumnisse nun mit rechtlichen Schritten.
Berlin - Deutschland lasse sich mehr Zeit als andere Länder, um rauchfreie Zonen zu schaffen, kritisierte EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou in der "Berliner Zeitung". Er forderte Berlin auf, endlich das europäische Werbe- und Sponsorenverbot für Tabak in nationales Recht umzusetzen. Deutschland hat die dafür gesetzte Frist Anfang April verstreichen lassen.
Die Tabakwerbung ermutige vor allem Kinder und Jugendliche, mit dem Rauchen anzufangen, sagte Kyprianou. Er hoffe, dass die deutsche Regierung rasch wirksame Maßnahmen ergreift, um Rauchen an allen Arbeitsplätzen und in allen frei zugänglichen Räumen zu untersagen. Als Vorbild nannte Kyprianou Irland, wo das öffentliche Rauchen auch in allen Kneipen und Bars seit zwei Jahren verboten ist. Er sei entschlossen, den Fall unverzüglich vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen, drohte der EU-Kommissar.
Deutschland und Luxemburg sind die einzigen EU-Staaten, die das Tabakwerbeverbot noch nicht gesetzlich geregelt haben. An den Folgen des Tabakkonsums sterben in der EU jährlich 650.000 Menschen. "Weil das Kosten von bis zu 100 Milliarden Euro verursacht, ist Nichtraucherschutz auch eine gute Investition", sagte der Gesundheitskommissar.
Lobby soll Nichtraucherschutz blockieren
Damit erhöht sich der Druck auf die Bundesregierung. Eine Studie der University of California im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums und der WHO kam jüngst zum Schluss, dass die Tabakbranche bis heute deutlichen Einfluss auf die Gesundheitspolitik in Deutschland habe. Der effektive Schutz von Nichtrauchern werde mit Lobbyarbeit verhindert, heißt es.
"Obgleich Deutschland im Umweltschutz international eine Führungsrolle einnimmt, hat es die Tabakindustrie in Deutschland erfolgreich verstanden, die Umsetzung der Erkenntnisse über die Schädlichkeit des Passivrauchens in wirksame Gesundheitspolitiken zu verhindern", heißt es in der Untersuchung. Die Tabakindustrie habe dazu mit Wissenschaftlern und Entscheidungsträgern zusammengearbeitet und in den siebziger Jahren "ein ausgeklügeltes PR-Programm" eingeleitet, das seitdem still arbeite und Regierungshandeln zum Schutz der Bürger verhindere.