Folgende Schlussfolgerungen sind aus dieser Auswertung gezogen worden:
Vorläufige Ergebnisse aus den Studien des MEDAL-Programms weisen darauf hin, dass das Thromboserisiko im Zusammenhang mit der Anwendung von Diclofenac und Etoricoxib vergleichbar hoch ist. Allerdings wird mit diesen Auswertungen der Einfluss von Risikofaktoren in Patientengruppen mit erhöhtem Risiko für derartige Ereignisse und zu Dosiseffekten nicht hinreichend beantwortet. Wenn die endgültigen Ergebnisse aus dem MEDAL-Programm verfügbar sind, werden diese erneut bewertet werden. Insgesamt kann der Schluss gezogen werden, dass die Anwendung von Diclofenac, insbesondere in hoher Dosierung (150 mg/Tag) mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten thrombo-embolischer Ereignisse, z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden ist.
Die weiteren Studiendaten lassen den Schluss zu, dass Ibuprofen in hohen Dosierungen (2400 mg/Tag) ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten thrombo-embolischer Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden ist, während dies für die Anwendung geringerer Dosen von Ibuprofen (weniger als 1200 mg/Tag) aber offenbar nicht der Fall ist.
Die Daten aus klinischen und epidemiologischen Studien mit Naproxen (1000 mg/Tag) zu thrombo-embolischen Ereignissen zeigen, dass die Anwendung dieses NSAID möglicherweise mit einem geringeren Risiko für das Auftreten solcher Ereignisse im Vergleich zu Coxiben verbunden ist. Insgesamt kann aus den Studienergebnissen aber kein kardioprotektiver Effekt von Naproxen abgeleitet werden.
Weiterhin liegen für alle anderen nicht-selektiven NSAID keine oder unzureichende Daten vor, die einen Aufschluss über das Thromboserisiko bei systemischer Anwendung dieser Substanzen geben. Insgesamt liegt es nahe, dass mit der Anwendung aller nicht-selektiven NSAID ein erhöhtes Thromboserisiko verbunden ist.
Neue epidemiologische Untersuchungen und fortgeführte bzw. abschließend bewertete Daten aus epidemiologischen Studien oder klinischen Prüfungen mit Coxiben bestätigen, dass mit deren Anwendung ein erhöhtes Thromboserisiko im Vergleich zu Patienten ohne NSAID-Anwendung oder solchen mit einer Placebo-Gabe verbunden ist. Es wird geschätzt, dass bei der Anwendung der untersuchten Coxibe (Rofecoxib, Celecoxib) drei zusätzliche Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall oder periphere Gefäßverschlüsse) pro 1000 Patientenjahre auftreten. Insgesamt ist die Erhöhung des absoluten Risikos gering, und für Patienten, für die ein erhöhtes Risiko für das Auftreten thrombo-embolischer Ereignisse bereits besteht, ist es bei der Anwendung eines Coxibs zusätzlich erhöht.
Der CHMP hat auf der Grundlage dieser Daten und Bewertungen einige Schlussfolgerungen gezogen. Diese sind:
Die nicht-selektiven NSAID sind wirksame Arzneimittel und von Bedeutung bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen oder Schmerzzuständen. Das Nutzen-Schaden-Verhältnis für nicht-selektive NSAID wird weiterhin als günstig angesehen, wenn sie entsprechend den Angaben in den Produktinformationen und dem jeweiligen Risikoprofil des nicht-selektiven NSAID, vor allem aber unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren des Patienten angewendet werden.
Auf der Basis der vorliegenden Daten kann nicht ausgeschlossen werden, dass nicht-selektive NSAID mit einem gering erhöhten absoluten Risiko für das Auftreten thrombo-embolischer Ereignisse verbunden ist, besonders wenn sie in hohen Dosierungen und über einen langen Zeitraum angewendet werden.
Es wird für notwendig gehalten, dass die Produktinformationen der nicht-selektiven NSAID dem neuen Kenntnisstand angepasst werden und dabei die Ergebnisse aus den vorhandenen Studien dargestellt werden.
Da weiterhin Ergebnisse aus noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen ausstehen, werden die Pharmakovigilanz-Arbeitsgruppe des CHMP und der CHMP selbst weitere Auswertungen vornehmen, wenn die endgültigen Ergebnisse vorliegen. Außerdem werden die Möglichkeiten geprüft, ob und wie in zusätzlichen epidemiologischen Untersuchungen oder Auswertungen Daten zur Beurteilung der kardiovaskulären Risiken derjenigen nicht-selektiven NSAID erhoben werden können, für die zur Zeit keine veröffentlichten Studiendaten vorliegen.
Aus den Schlussfolgerungen des CHMP können einige Empfehlungen für die Anwendung nicht-selektiver NSAID gegeben werden. Ärzte sollten die nicht-selektiven NSAID in der niedrigsten wirksamen Dosierung verordnen und nur für einen Zeitraum, der für die Linderung der Beschwerden notwendig ist. Patienten sollten nicht-selektive NSAID auch nur in der niedrigsten wirksamen Dosis und nur so lange wie nötig anwenden. Dabei ist die Auswahl des geeigneten nicht-selektiven NSAID unter Berücksichtigung des Risikoprofils des jeweiligen Wirkstoffes, vor allem aber unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren des Patienten vorzunehmen. Ärzte sollten nicht ohne Berücksichtigung der Eigenschaften des einzelnen nicht-selektiven NSAID und nicht ohne Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren des Patienten einen Wechsel des nicht-selektiven NSAID vornehmen. Ebenso sollten auch Patienten nicht ohne Gründe einen solchen Wechsel vornehmen, wenn sie die bisherige Behandlung vertragen.
Das BfArM wird unverzüglich nach Vorliegen der in der EU abgestimmten Änderungen der Produktinformationen für die nicht-selektiven NSAID entsprechende Änderungen der Produktinformationen veranlassen.
Die beschriebenen Bewertungen gelten für folgende nicht-selektive NSAID:
Diclofenac, Etodolac, Ibuprofen, Indomethacin, Ketoprofen, Ketorolac, Meloxicam, Nabumeton, Naproxen, Nimesulid und Piroxicam.www.bfarm.de/DE/Pharmakovigilanz/risikoinfo/2006/nsaid-bewert-kardiovask-2.html