Guten Morgen Whitney,
ein Nachtrag: Die verbreitete Frage
"Paßt der andere zu mir" führt selber in die Irre. Sie verführt mich dazu, die Ursache für Schwierigkeiten, "Unglück" usw. beim Partner zu suchen. ("Hat eben nicht zu mir gepaßt.") Die fruchtbarere Frage, scheint mir, lautet:
"Passe ich zu mir selber?" Ungewohnt, nicht? Genauer: "Möchte ich mich - meinen Charakter, mein Denken, Verhalten - als Partner (mal vom Geschlecht abgesehen)? :schock: Bin ich mit mir selber wirklich einverstanden?" Fruchtbarer u.a. deshalb, weil ich der einige Mensch bin, an dem ich - mit einiger Mühe - etwas ändern kann. (Partner geben sehr bereitwillig Anregungen dazu

- nicht immer allzu willkommen.) Und weil ich dann den Clich mit dem anderen nicht brauche. Bloß Einsicht in mich selber.
Parallel vielleicht beim "Kennenlernen". Ich lerne doch nicht nur den kennen, mit dem ich zusammen bin, sondern mich selber. Wilhelm Raabe, ein Romanschriftsteller im 19. Jahrhundert, schrieb:
"Der Mensch erkennet nur im Menschen sich; / das Leben lehret jeden, wer er sei." - Es gibt eine berühmte Passage in dem "Tagebuch 1946 - 1949) von Max Frisch:
"Du sollst dir kein Bildnis machen!". Sobald ich ein Bild von anderen habe, bin ich "fertig" mit ihm. Dann ist die Liebe zu Ende. Ich liebe nur, sofern, solang ich offen, neugierig bin auf das Unbekannte im anderen. Eine heftige Zumutung, nicht? - Überhaupt scheint mir, daß man bei manchen (man muß ein bißchen suchen) der großen Dichter tausenmal mehr über Liebe lernen kann als bei den Psychos.:idee:
Und zum Titel dieses Thread.
"Nur wer weiß, was er will, findet zu dem, was zu ihm paßt?" Hm. Ich krieg leichte Herzbeklemmung.

Der Satz, wie er formuliert ist, kann sich nur auf Sachen, benennbare Objekte, auf "Was" beziehen. Paßt vielleicht in manche Einstellungsprozeduren in der Wirtschaft. Aber Dir geht es doch um Liebesbeziehungen, um Personen. Personen - Liebende, Geliebte - sind aber nie bloß Lieferanten von "was", nie bloße Bündel von Eigenschaften (die günstigstenfalls "passen"). Personen - sofern halbwegs lebendig - sind Quellen von Überraschungen, Herausforderungen; man kann sie nie definitiv "kennen". (Die "Kennenlernphase" dauert lebenslang.) Ich gestehe, daß der zitierte Satz als Aussagesatz für mich Grund wäre, dem Sprecher lieber aus dem Weg zu gehen. Ich bin Dir sehr dankbar, daß Du ein Fragezeichen dahinter gesetzt hast.
Vielleicht sind, wo es um Liebe geht, Fragen einfach wichtiger als Antworten? Sind sie nicht mindestens spannender? Öffnen nicht Fragen den Raum, das Herz? Und stellen nicht Antworten immer etwas Festes in den Weg? das Weitergehen, Weiterentwicklung behindern kann?
Bin in Versuchung, Deinen so sachbezogenen Leitsatz umzuformulieren, so daß er sich auf Personen bezieht, auf Liebende. Scheint mir gut möglich. Aber ich überlaß das lieber Dir.
Jedenfalls: Dir alles Liebe! :hexe:
Windpferd
PS: Mein Eindruck ist - hab ja auch beruflich viel mit Paaren zu tun - daß die Verliebten viel zu früh miteinander "schlafen". (Aus Übermut? aus Furcht, für "verklemmt" gehalten zu werden?) Dann fühlen sich die meisten gebunden; denken, sie seien jetzt ein "Paar" - wozu sie noch gar nicht bereit oder fähig sind. Das Bett kann eine Falle sein.
PS: Nicht, daß ich für Partnerwechsel plädieren würde. Aber ist es wirklich sooo schlimm, wenn eine Liebe nur eine begrenzte Zeit hält? Sie kann trotz Vergänglichkeit unglaublich wertvoll gewesen sein. Und dann muß eben getrauert werden; auch das kann man lernen. Kann das katholische "Bis daß der Tod euch scheidet" nicht un- oder übermenschlich sen? (Die Buddhisten sind weiser: Sie geloben, "einander zu helfen auf dem Weg". Und anderen natürlich auch.)
PS: Ich finde es wichtig, nach Trennungen Freundschaft zum ehemaligen Partner zu erhalten, zu nähren. Wenn's eben möglich ist.