Lichen ruber

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Lichen ruber ist eine Hauterkrankung, wahrscheinlich eine Auto-Immunerkrankung, deren Ursachen nicht wirklich klar sind.

"Woran erkennt man Lichen ruber?"
Lichen ruber kann vielfältige Formen annehmen. Im häufigsten Fall zeigen sich zahlreiche kleine, rötliche oder bräunliche Knötchen an charakteristischen Körperstellen:
Handgelenkbeugen, Unterarme, Po, Halsseiten, Intimbereich. Die millimetergroßen Knötchen sind von einem weißlichen Netz überzogen ("Wickham-Phänomen"). Häufig finden sich netzartige Streifen auch auf der inneren Wangenschleimhaut. Auch Nagelveränderungen sind möglich und manchmal sogar das einzige Symptom. Dabei kann die Nagelplatte einreißen, Längsstreifen entstehen, die Nagelplatte wird ev. dünner (Koilonychie), Nagelplatte und Nagelhaut können verwachsen.

Es gibt einige besondere, seltene Verlaufsformen der Krankheit:

- Lichen ruber follikularis: Knötchen nur an Haarbälgen
- Graham little Syndrom: gleichzeitig Narbenbildung am Kopf
- Lichen ruber verruccosus: an den Schienbeinen größere, juckende feste Schuppenknoten
- Lichen ruber älterer Menschen: wenig juckende Knötchen über dem Steißbein
- Lichen ruber artige Medikamentenallergie: sieht ähnlich aus, hat aber gänzlich andere Ursachen
- eruptiver Lichen ruber: ausgedehnter Befall, symmetrisch an Armen, Beinen und Körper, selten an Kopf/ Händen/ Füssen.

Bei 75% heilen die Erscheinungen innerhalb von 1 Jahr ab, in 90% innerhalb von 2 Jahren. In schweren Fällen kann fast die ganze Körperhaut betroffen sein (Erythrodermie)
- Lichen ruber linearis: selten, bandförmige Anordnung der Knötchen zB an den Armen
- Lichen ruber atrophicans: narbenartige Hautverdünnung
- Lichen ruber pemphigoides: selten, mit Blasen
- Lichen ruber actinicus: va bei Menschen aus Nahem Osten, Tropen, Subtropen. Sonne als Auslöser
- Lichen ruber genitalis, analis: bei etwa 20% der betroffenen Männer finden sich Knötchen auch am Penis, etwas seltener in der Scheide der Frauen. Befall der Afterhaut juckt meist sehr stark.
- Lichen ruber follicularis: Knötchenbildung um die Haarwurzeln

"Wie entsteht die Knötchenflechte?"
Die genaue Ursache der Krankheit ist unbekannt. Unter dem Mikroskop sieht man ganz typische Hautverdickungen und Entzündung. Die Wissenschaft vermutet einen Zusammenhang mit sogenannten Autoimmunkrankheiten: hier attackiert das Immunsystem aus unbekannten Gründen die eigenen Hautzellen (Keratinozyten).
Manchmal beginnt die Krankheit in Zusammenhang mit starkem Streß oder Leberproblemen, Rheuma, Gelbsucht, Tod eines Angehörigen, Malariamittel, Goldbehandlung, Organtransplantationen. Recht häufig tritt Lichen ruber im zeitlichen Zusammenhang mit Leberkrankheiten auf (Virushepatitis ua). Kontaktallergien durch Metall, Amalgam, Kunststoff, Gewürze ua wurde beschrieben. (Wissenschaftlicher Hintergrund: Apoptose von basalen Keratinozyten und unspezifische Ablagerungen vonC3, IgM und IgG ist beschrieben. Die Apoptose wird durch CD8-positive zytotoxische Zellen vermittelt und läuft über den Perforin-Granzym-Weg oder den Fas/Fas-L-Weg ab. Bei Hepatitis-C assoziierten Fällen scheinen Keratinozyten von HCV infiziert zu sein. Auch Zytokine spielen eine Rolle)

"Handelt es sich um Krebs?"
Lichen ruber ist kein Krebs; die Krankheit ist auch in keiner Weise ansteckend. Nur in seltenen Fällen tritt Lichen ruber mehrfach in einer Familie auf.

"Ist Lichen ruber heilbar?"
Glücklicherweise heilt die Krankheit meist im Laufe der Zeit (meist nach vielen Monaten) von selbst. Wegen des starken Juckreizes behandelt man den Betroffenen aber vorher. Der Befall der Mundschleimheit kann viele Jahre bestehen bleiben. Auch sind noch Jahre nach der Abheilung Rückfälle möglich. Gerade bei starkem Juckreiz, ausgedehntem Befall und entstellendem Aussehen ist eine frühzeitige und intensive Behandlung angezeigt. Betroffene sollten sich nicht mit Verweiss auf den angeblich "harmlosen" Charakter der Krankheit abspeisen lassen. Therapie ist möglich und sinnvoll.

"Die Behandlung des Lichen ruber"
Die Behandlung des Lichen ruber ist oft schwierig und langdauernd. Trotzdem ist Resignation nicht nötig. Wir versuchen, vor jeder Behandlung die möglichen Ursachen und Auslöser zu finden. Viele verschiedene Therapieverfahren stehen uns zur Verfügung. Ein 100% sicher wirksames, "optimales" Heilverfahren gibt es leider nicht. Es gibt auch keinen Beweis, dass eine schulmedizinsche oder naturheilkundliche Behandlung besser oder schlechter wirksam wäre. Daher ist nach unserer Ansicht oft eine Kombination der Verfahren sinnvoll. Behandeln kann man beispielsweise mit ........
Knötchenfleche, Lichen ruber planus: Ursache und Behandlung von Hautarzt Dr. Bresser, München

Grüsse,
Oregano
 
Hier wird ein neuer Behandlungsansatz beim Lichen ruber follicularis vorgestellt:

Lichen ruber follicularis
Antidiabetikum gegen Alopezie?
Quelle: Wolf R. Lichen ruber. Plenarvortrag „Die tägliche Herausforderung“ im Rahmen der 23. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie, München, 25. Juli 2012Quellendetails

Vernarbende Alopezie am Capillitium

Die genauen Ursachen eines Lichen ruber sind nach wie vor ungeklärt. Dementsprechend kann die chronisch entzündliche Erkrankung bisher nur symptomatisch behandelt werden. Insbesondere beim Lichen ruber der Haarfollikel sind die Heilungsaussichten jedoch äußerst gering. Hoffnungen, die vernarbende Alopezie bald erfolgreicher aufhalten zu können, leiten sich aus neuen Erkenntnissen zur Pathogenese ab. PD Dr. Ronald Wolf aus München präsentierte sie bei der 23. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie.
Beim Lichen ruber follicularis ist in den Talgdrüsen die Bildung von PPAR (peroxisome proliferator-activated receptor)-gamma vermindert. Der aus der Diabetologie wohlbekannte nukleäre Rezeptor reguliert die Synthese von Transkriptionsfaktoren , die unter anderem für die Lipidhomöostase benötigt werden. Durch einen Mangel an PPAR-gamma in den Talgdrüsen kommt es dort zu einer toxischen Lipidansammlung und dadurch zu einer Entzündung – die Folge ist der Verlust des Haarfollikels, erklärte Wolf.

Das orale Antidiabetikum Pioglitazon, ein sogenannter Insulin-Sensitizer, wirkt als PPAR-gamma-Agonist. Durch die Stimulierung des Rezeptors kann in den Talgdrüsen eine Normalisierung des Lipidstoffwechsels erreicht und damit die Entzündung verhindert werden. Diese Wirkung lässt sich auch klinisch beobachten, wie Wolf berichtete. Zunächst hatte man das Antidiabetikum probeweise bei einem Patienten eingesetzt, der unter einem therapieresistenten Lichen ruber der Kopfhaut litt. Bereits nach zwei Monaten Therapie war eine deutliche Befundbesserung zu beobachten gewesen. Dieser Einzelfall wurde inzwischen auch durch Ergebnisse einer Studie bestätigt: Von 24 Patienten, die mit Pioglitazon behandelt wurden, hatten 50% eine Verbesserung der Symptome erfahren, und bei 25% war sogar eine Remission eingetreten.

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Die Standardtherapie beim Lichen ruber follicularis besteht immer noch in der topischen Applikation von Glukokortikoiden, als Tinktur oder auch als intraläsionale Unterspritzung. Bei Therapieversagen kommen systemische Glukokortikoide zum Einsatz, Vitamin-A-Säure-Derivate können ebenfalls wirksam sein.
Antidiabetikum gegen Alopezie? - SpringerMedizin

Was an dieser Meldung für mich irritierend ist, ist, daß Pioglitazon teilweise vom Markt genommen worden ist, nicht mehr von den Kassen übernommen wird und einige Risiken birgt. Deshalb ja auch der Rückzug.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/46215

Grüsse,
Oregano
 
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