Windpferd
Hallo -
zur "Anatomie" und zur "Technik" (die kommt ja dann meistens) eine "wahre Geschichte". David Schnarch erzählte sie, der wohl gegenwärtig führende Paartherapeut. ("Existentielle Sexualtherapie" nennt er seinen Ansatz; z.T. ins Deutsche übersetzt.)
Er ließ sich mit dem Taxi nach einem Vortrag in Australien zum Flughafen fahren. Der Fahrer, jung, frisch verheiratet mit einer Australierin, interessierte sich für Sexualität. Sein "Problem": er hatte keinerlei voreheliche sexuelle "Erfahrungen", seine Frau aber durchaus. Ob Schnarch ihm nicht schnell ein paar Tricks, Techniken sagen könne, mit denen er sie besser befriedigen könne? Schnarch lapidar, prinzipientreu: "I don't teach technique." Tut er tatsächlich absolut nie. - "But what do you teach then?" - "Well, if couples want I teach them to look into each others' eyes during intercourse. Including during orgasm." Die Reaktion des Pakistani berichtet Schnarch mit Erstaunen und hohem Respekt: "You mean . . . they don't?" (Sie meinen, das tun die Paare nicht ohnehin?) Eine andere Kultur, noch nicht so ruiniert wie wir.
Nein, das tun wir nämlich nicht. Nach Umfragen "schlafen" ca. 85 % der Paare im Dunklen miteinander, stellen diese sogar eigens her. Extrem selten verwenden sie Aufmerksamkeit darauf, halbwegs intelligent Lichte mit langer Brenndauer um ihr Liebeslager herum zu positionieren. Zum Thema wird dies bei exakt 0 % der Paartherapeuten; viele reagieren irritiert. (Eine Gynäkologin vertrat die Auffassung, mit Blickkontakt sei aus anatomischen Gründen kein Orgasmus möglich.)
Eng verwandt: Natürlich haben wir dauernd Phantasien. Auch während des Zusammenseins. "Schätzchen, ich bin natürlich immer bei dir" auf die Frage "Was denkst du denn gerade?" ist schlicht gelogen. Und jeder weiß, daß der andere lügt. Über 80 % der Männer und über 70% der Frauen phantasieren während des Zusammenseins sexuelle Aktivitäten, jedoch andere als die, die tatsächlich stattfinden oder / und solche mit anderen PartnerInnen. Nun sind Phantasien ja kreativ. Ist's nicht erstaunlich, daß wir sie verschweigen? Das Aussprechen wäre tatsächlich eine eheliche Revolution. (Die Ausreden liegen auf der Straße, klar. Billig auch. Resultieren alle aus unserer Faulheit, unserer "Feigheit vor dem Freunde".) Die noch größere Revolution: Die Fantasien zu inszenieren, zu spielen, real. Dann ist jedenfalls die Langeweile beseitigt. Schnarch erzählt funkelnde Fallgeschichten zum Thema. Wenn wir uns entschließen, vor dem anderen "aufrecht" zu uns selber zu "stehen", ist - z.B. - "erektile Dysfunktion" (süßer Terminus, nicht?) kein Problem mehr. "Love is Not for the Faint of the Heart", eine seiner Kapitelüberschriften.
Zusammenfassend: wir wollen nicht "gesehen" werden als die, die wir gegenwärtig sind - nicht mit den Augen und nicht von innen. Oder nur ein klein bißchen? Nicht so, daß es peinlich wird. Peinlich = spannend? persönlich? (Es scheint übrigens, daß Frauen eher als Männer bereit sind, die notwendigen "Sprünge" zu riskieren - je älter sie sind, desto mehr.)
(Natürlich können wir uns und einander mit allerlei Tricks, Anatomiekenntnissen, Techniken, "Kompromissen" usw. eine Weile über die Runden helfen, mit dem - alles unterminierenden - Wissen, daß wir einander was vormachen. Inzwischen ist ja schon ein Teil des Alphabets verbraucht, um angeblich superwichtige "Punkte" des weiblichen Genitales zu etikettieren. Wofür eigentlich auch eher Poesie zuständig wäre.)
Ciao,
Windpferd
zur "Anatomie" und zur "Technik" (die kommt ja dann meistens) eine "wahre Geschichte". David Schnarch erzählte sie, der wohl gegenwärtig führende Paartherapeut. ("Existentielle Sexualtherapie" nennt er seinen Ansatz; z.T. ins Deutsche übersetzt.)
Er ließ sich mit dem Taxi nach einem Vortrag in Australien zum Flughafen fahren. Der Fahrer, jung, frisch verheiratet mit einer Australierin, interessierte sich für Sexualität. Sein "Problem": er hatte keinerlei voreheliche sexuelle "Erfahrungen", seine Frau aber durchaus. Ob Schnarch ihm nicht schnell ein paar Tricks, Techniken sagen könne, mit denen er sie besser befriedigen könne? Schnarch lapidar, prinzipientreu: "I don't teach technique." Tut er tatsächlich absolut nie. - "But what do you teach then?" - "Well, if couples want I teach them to look into each others' eyes during intercourse. Including during orgasm." Die Reaktion des Pakistani berichtet Schnarch mit Erstaunen und hohem Respekt: "You mean . . . they don't?" (Sie meinen, das tun die Paare nicht ohnehin?) Eine andere Kultur, noch nicht so ruiniert wie wir.
Nein, das tun wir nämlich nicht. Nach Umfragen "schlafen" ca. 85 % der Paare im Dunklen miteinander, stellen diese sogar eigens her. Extrem selten verwenden sie Aufmerksamkeit darauf, halbwegs intelligent Lichte mit langer Brenndauer um ihr Liebeslager herum zu positionieren. Zum Thema wird dies bei exakt 0 % der Paartherapeuten; viele reagieren irritiert. (Eine Gynäkologin vertrat die Auffassung, mit Blickkontakt sei aus anatomischen Gründen kein Orgasmus möglich.)
Eng verwandt: Natürlich haben wir dauernd Phantasien. Auch während des Zusammenseins. "Schätzchen, ich bin natürlich immer bei dir" auf die Frage "Was denkst du denn gerade?" ist schlicht gelogen. Und jeder weiß, daß der andere lügt. Über 80 % der Männer und über 70% der Frauen phantasieren während des Zusammenseins sexuelle Aktivitäten, jedoch andere als die, die tatsächlich stattfinden oder / und solche mit anderen PartnerInnen. Nun sind Phantasien ja kreativ. Ist's nicht erstaunlich, daß wir sie verschweigen? Das Aussprechen wäre tatsächlich eine eheliche Revolution. (Die Ausreden liegen auf der Straße, klar. Billig auch. Resultieren alle aus unserer Faulheit, unserer "Feigheit vor dem Freunde".) Die noch größere Revolution: Die Fantasien zu inszenieren, zu spielen, real. Dann ist jedenfalls die Langeweile beseitigt. Schnarch erzählt funkelnde Fallgeschichten zum Thema. Wenn wir uns entschließen, vor dem anderen "aufrecht" zu uns selber zu "stehen", ist - z.B. - "erektile Dysfunktion" (süßer Terminus, nicht?) kein Problem mehr. "Love is Not for the Faint of the Heart", eine seiner Kapitelüberschriften.
Zusammenfassend: wir wollen nicht "gesehen" werden als die, die wir gegenwärtig sind - nicht mit den Augen und nicht von innen. Oder nur ein klein bißchen? Nicht so, daß es peinlich wird. Peinlich = spannend? persönlich? (Es scheint übrigens, daß Frauen eher als Männer bereit sind, die notwendigen "Sprünge" zu riskieren - je älter sie sind, desto mehr.)
(Natürlich können wir uns und einander mit allerlei Tricks, Anatomiekenntnissen, Techniken, "Kompromissen" usw. eine Weile über die Runden helfen, mit dem - alles unterminierenden - Wissen, daß wir einander was vormachen. Inzwischen ist ja schon ein Teil des Alphabets verbraucht, um angeblich superwichtige "Punkte" des weiblichen Genitales zu etikettieren. Wofür eigentlich auch eher Poesie zuständig wäre.)
Ciao,
Windpferd