Ich kann dir nur erklären, wie es bei mir war. Ist leider etwas lang geraten, aber es schien mir, dass dich die Problematik wirklich interessiert. Daher bin ich etwas genauer geworden.
Ich habe Hashimoto, diese Autoimmunkrankheit der Schilddrüse. Diese Krankheit haben sehr viele Menschen, ohne dass sie oder die Ärzte es wissen. Die Schilddrüse ist ja für sehr viele andere Hormone auch wichtig, für den gesamten Stoffwechsel.
Um festzustellen, ob die Schilddrüse ok ist, muss man 1. Ultraschall zu machen, 2. die freien Schilddrüsenwerte zu nehmen (Ft3 und Ft4) und 3. auch die Antikörper testen. DAS GESCHIEHT FAST NIE!!! Meistens wird nur der TSH-Wert genommen mit seiner Riesen-Norm.
Dazu kommt das Problem, dass manchmal Hashimoto besteht, obwohl keine Antikörper zu finden sind. Die waren dann mal irgendwann zu finden oder sie kommen erst später dazu.
Nun ist es so: Der Körper glaubt, dass die Schilddrüse ein Fremdkörper ist und zerstört sie ganz langsam. Du kannst dir ja vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man grippig ist. Weil die Antikörper halt im Körper toben.
Bei Hashimoto haben die meisten Ärzte mal gelernt, dass sie KEINE Probleme macht. Erst die Unterfunktion, die irgendwann zwangsläufig kommt, verursache ihrer Meinung nach Probleme. Und dagegen könne man ganz einfach eine Tablette nehmen.
Das klappt so natürlich nicht, denn man hat nicht aus irgendeinem "Jodmangelgrund" eine Unterfunktion der Schilddrüse, sondern weil man eine Autoimmunerkrankung hat.
Selbst um den TSH-Wert, das ist der, den die meisten Ärzte als einziges machen, wird gestritten. Gültig ist noch der Wert bis ca. 4, aber viele neue Forschungen haben bestätigt, dass schon ab 2,5 Verdacht auf Unterfunktion ist. Und noch fieser wird es dadurch, dass bei Hashimoto der Wohlfühlwert häufig unter 1 ist.
Jetzt stell dir vor, da kommt jemand zum Arzt mit Gliederschmerzen, ständigen Erkältungen, Augen tun weh, der Magen spinnt, ständig Durchfall oder Verstopfung, Müdigkeit, die nicht normal ist, ständige Erschöpfung, Leukozyten zu niedrig, vielleicht chronische Nebenhöhlenentzündung und und und... Wenn man Glück hat, kommt ein Arzt auf die Idee „Schilddrüse” :idee:, lässt den TSH-Wert testen, der ist „in der Norm” (Was IST Norm?). Also heißt es, die Schilddrüse ist ok.
Findet er allerdings heraus, dass die Schilddrüse Hilfe braucht, dann weiß er :idee: „Jodmangelgebiet”, also muss Jod her!
Schade, Jod ist für die Schilddrüse schlecht, wenn du Hashi hast. Die Schilddrüse arbeitet zwar mehr (NOCH mehr als sie ohnehin schon ackert, wenn sie totgemacht werden soll...), aber die Antikörper werden dadurch auf sie aufmerksamer und schlagen stärker auf sie ein. Sie geht weiter und schneller kaputt, die Antikörper lassen den Patienten leiden, der wieder unter einem heftigen Schub leidet.
Man geht von Arzt zu Arzt und jeder sagt einem, dass die Schilddrüse ok ist (wenn sie denn darauf überhaupt kommen). Die Ärzte machen meistens nicht mal Ultraschall.
Man schätzt, dass zwischen 5 und 10 % der Bevölkerung Hashi haben. Mit unterschiedlichen Symptomen. Viele denken, sie haben keine Symptome, denn es sind ja schlechte Leberwerte, es ist der Magen, die Nase etc.
Dadurch rennt man jahrelang rum und ist verzweifelt. Denn für sich selber weiß man, dass man krank ist. Aber im Laufe der Zeit zweifelt man an sich selbst.
Als ich von Hashi erfuhr, da habe ich Tatsache gedacht „Hurra, ich bin krank!!!”, nur weil ich so glücklich war, dass ich nach 20 Jahren endlich wusste, was los ist.
Dadurch, dass bei mir alles verschlampt wurde, habe ich eine Nasen-OP hinter mir, die nichts gebracht hat. Außerdem musste ich viele Jahre gegen Hormonstörungen kämpfen, bis meine Myome so groß waren, dass meine Gebärmutter wegen Nierenstau raus musste. Ich habe viel zu wenig Leukozyten, seit Jahren täglich Fieber, kann vor lauter Allergien nur noch sehr wenig essen, trinke täglich statt Tee heißes Wasser, und was alles besonders schwer macht – ich habe mittlerweile eine vollständige Medikamenten-Unverträglichkeit. Spuren von Nahrungsergänzungsmitteln hauen mich um.
Niemand ist jemals auf die Schilddrüse gekommen. Ich habe jetzt herausgefunden, dass die Diagnose schon 1998 schriftlich vorlag. Davon wusste ich nichts, und die Ärzte, die es wussten, wussten nicht, was eine Autoimmun-Thyreopathie ist.
Auch heute wissen selbst die meisten Schilddrüseärzte nicht, was an Hashimoto alles dranhängt.
Vermutet wird anhand von einigen Studien, dass der viele Jodzusatz mit Schuld daran ist, dass Hashimoto so eine Volkskrankheit geworden ist. Man muss eine genetische Veranlagung dazu haben, aber Jod scheint einer der Auslöser zu sein. In meinem engsten Kollegen- und Freundeskreis kenne ich außer mir 6 Leute, die Hashimoto haben.
Als ich meine Kollegin damit zum Arzt geschickt habe, hat er ihr mit einem Zentimetermaß den Hals abgemessen und gesagt, sie hätte nichts an der Schilddrüse.

Später zog sie nach Berlin und kam zu einer neuen Ärztin. Die stellte Hashimoto fest mit einem TSH-Wert, von dem ich nicht wusste, dass er möglich ist. Er lag bei 70!!!
Ihre Mutter wurde im Krankenhaus auf Hashi diagnostiziert und ihr wurde für 2 Wochen Aspirin verordnet (!!!), weil Hashimoto ja eine Entzündung der Schilddrüse ist und Aspirin gegen Entzündungen hilft. Die arme Frau hat sich jahrelang geschleppt, bis sie durch mich das Hashimotobuch bekam. Danach wurde dann alles besser.
Mein Hausarzt hat mich sogar zur
xxxx (den Namen schreibe ich nicht öffentlich, es handelt sich um eine bekannte Hochschule) geschickt, um Immunkrankheiten abzuchecken. Die haben tatsächlich geschrieben, dass es keine Anhaltspunkte für eine Autoimmunkrankheit gibt. Dabei hatte ich schon seit Jahren Antikörper, die in den Tausenden lagen.
Im Hashimoto-Forum gibt es verschiedene Phasen. Erst ist man froh, endlich zu wissen, was man hat. Dann kommt der Kummer, wenn man sich klar macht, was man alles aushalten musste, bis man hier gelandet war, dann laufen die Tränen, bis es endlich gut ist. Dann kommt eine Riesenwut auf alle Ärzte. Danach sucht man dann nach einem guten Arzt, der sich mit Hashi auskennt. Das ist sehr schwer. Dann geht es an die Einstellung mit Hormon. Selbst wenn man noch genügend Hormon produziert, ist es besser, schon mit Tabletten anzufangen, da die Schilddrüse dann nicht so kämpfen muss. Dann merken die Antikörper nicht so sehr, dass sie da ist (einfach ausgedrückt) und bekämpfen sie nicht so. Dadurch bleibt sie dann auch länger erhalten.
Aber die Feinabstimmung mit Hormon ist nicht so leicht. Entweder der Körper hat schon sehr lange Entzugserscheinungen gehabt, dann stellt er sich sehr an, Hormone anzunehmen, denn er hat sich irgendwie auf den Mangel eingestellt. Zweite Erschwernis ist, dass die Schilddrüse ja kontinuierlich jeden Moment des Tages so viel Hormon ausstößt, wie gerade gebraucht wird. Auf einmal soll das eine tägliche Tablette machen. Wie hoch soll das sein? Und wie schleicht man ein, damit man die richtige Dosis findet?
Da hat man dann wieder Probleme mit dem Arzt. Der schaut nur wieder auf Normwerte, statt auf des Befinden des Patienten. Dann heißt es wieder: Das kann nicht von der Schilddrüse sein.
Das Hashi-Forum ist voll von Personen, die verzweifelt durch die Arztpraxen gerannt sind und Hilfe suchten. Jeder hat gesagt, das könne nicht die Schilddrüse sein, und sie war es DOCH! Wir sind nicht nur Norm-Wesen, jeder ist anders. Und bei Hashi ist die Welt noch mal ganz „anderser”.
DAS ist der Grund, warum man immer an die Schilddrüse denken sollte, wenn bestimmte Symptome zusammenkommen. Und das ist auch der Grund, warum man den Leuten dann erklären muss, dass sie sich unbedingt einen vernünftigen Arzt suchen müssen und auch selber über die Laborwerte Bescheid wissen müssen.
Sollte sich dann rausstellen, dass es nicht die Schildi war, na gut! Aber es ist eine Chance, VON DER SYMPTOMBEKÄMPFUNG wegzukommen!
Mein Leben war 20 Jahre ein schrecklicher Kampf. Das will ich anderen ersparen. Selbst meine im Schlaflabor festgestellten gestörten Tiefschlafphasen und ein Karpaltunnelsyndrom hatten angeblich nichts mit der Schilddrüse zu tun. Ich musste selber forschen und herausfinden, dass es schon Studien gibt, die genau das bestätigen.
Hoffentlich konnte ich dir einigermaßen deutlich machen, warum es so wichtig ist, die Schilddrüse im Auge zu haben, wenn Symptome dafür sprechen!