Gedächtnis / Lernstörung + dadurch Angst, niedergschl.+depressiv
Hallo Thomas,
eigentlich wollte ich hier im Forum auch noch mal genauer meine Gedächtnisdefizite darstellen, aber diese Arbeit hast du mir nun weitgehend abgenommen…
Was du da beschreibst kenne ich in der Grundtendenz seit frühester Kindheit, wobei es bei mir neben schleichendem Abbau zu zwei markanten Verschlechterungsschüben kam (einer davon auch mit ca. 14J., da dies insgesamt ein kritisches Alter zu sein scheint, indem sich bestehende gesundheitliche Probleme sowohl bessern als auch verschlechtern können).
Nach meiner bisherigen Datenlage beruhen diese Gedächtnisprobleme auf einer Fehlversorgung des Gehirns und einer Art Teufelskreis, im Zusammenhang mit chronischer Überlastung.
Scheint bei mir seit Geburt so eine Art Schock ähnlicher Zustand zu sein, bei dem tiefere Schichten des Bewusstseins, bis auf wenige sensorische Ausnahmen, nie wirklich wach, präsent und "am Netz" sind.
Jemand unter Schock (also einer akuten, temporären Fehlversorgung des Gehirns) kann äußerlich noch relativ normal wirken und abgespeicherte Funktionen ausagieren, jedoch gibt es Probleme, die Dinge im nach hinein zu erinnern, es fehlt die zeitliche Einordnung und vor allem der emotionale und damit auch persönliche Bezug zum Geschehen. (was in diesem Zusammenhang ja auch oft eine emotionale Schutzfunktion darstellt)
Besteht nun ein chronisch derealer Zustand, wird Erlebtes anscheinend ähnlich oberflächlich abgespeichert wie im akuten Notprogramm des Organismus.
Das Funktionieren der Fassade im Hier und Jetzt ist dann zwar unter enormer innerer Anstrengung noch gegeben, aber dem Bewusstsein fehlt quasi die dritte Dimension und vor allem die emotionalen "Gewürze", die dem Leben "Geschmack" verleihen und auch entscheidenden Anteil an der Tiefenspeicherung (speziell des episodischen Gedächtnisses) haben.
Diese neuronalen Stoffwechselanomalien können die unterschiedlichsten Ursachen haben und einige gute Tipps hast du inzwischen ja schon bekommen.
Du schreibst, dass du bereits in Richtung Depression behandelt wurdest. Hattest du mehrere Antidepressiva ausprobiert und gab es unter der Medikation echte Verbesserungen?
Wie sieht es bei dir aus mit der Traumerinnerung? Bei chronischem Stress kommt es häufig zu Zinkmangel. Neben weißen Flecken auf den Fingernägeln ist u.a. eine fehlende Traumerinnerung Anzeichen dafür. Eine Substitution kann eventuell schon etwas Erleichterung bringen.
Auch Magnesium und speziell die B Vitamine sind bei Langzeitbelastungen häufig erniedrigt, was entsprechend abgeklärt werden sollte.
Vieles was du (außerhalb der Gedächtnisprobleme) beschreibst, trifft auch auf das Asperger Syndrom zu. (teilweise auch auf ADS, das häufig als Doppeldiagnose hinzukommt)
Einige Symptome davon sind u.a. der Mangel an Zentralkohärenz (abdriften in Kleinigkeiten und Überforderung von Komplexitäten), Schwierigkeiten mit Multitasking, Augen- und Körperkontakt, Smalltalk, emotionalen sozialen Situationen, Vorlieben für Routinen (z.B. immer dasselbe Essen, Kleidung, Wegstrecken), Schwierigkeiten bei Wechseln aller Art, mangelndes Körperbewusstsein (u.a. Körperhygiene und allgemeine Selbstfürsorge), Grobmotorik, tendenziell wird autodidaktisches Lernen bevorzugt ( z.B. auch bei Bewegungsabläufen im Sport etc. ).
Um das genauer abzuklären, müsste aber speziell die frühe Kindheit näher beleuchtet werden, weil später bereits vieles durch Kompensationsstrategien kaschiert sein kann (du deutest ja auch die "Tarnung" an…) und mehr die sekundären Folgen (z.B. Depressionen, Phobien) im Vordergrund stehen.
Am hinderlichsten scheint bei dir derzeit aber die allgemeine Gleichgültigkeit zu sein. Flexibilität in Sachen Meinungsbildung ist eigentlich ein positiver Zug, was auf apathische Indifferenz jedoch kaum zutrifft.
Andrerseits kann diese Gleichgültigkeit vielleicht auch als Schutzreflex betrachtet werden.
Ich hatte beispielsweise bis vor ca. einem Jahr noch massiv mit Autoaggressionen zu kämpfen, weil ich trotz allem noch Interessen habe und nicht damit klar komme, mir in Sisyphos-Manier alles immer wieder neu erarbeiten zu müssen.
Die von dir beschriebenen Probleme bei (geschichtlichen) Ereignissen
oder (politischen) Fakten, führen bei mir leicht zu inneren Amokläufen, weil ich es in Auseinandersetzungen nur schlecht ertrage, wenn ich kaum Argumentationsfläche bzw. keinen Zugriff auf zig Mal gehörte Fakten habe.
Als positiv solltest du deine vorhandene Leistungsfähigkeit im Beruf ansehen und die Suche nach Ursachenforschung ist schon mal der wichtigste Schritt in die richtige Richtung.
Deine körperliche Fitness scheint glücklicherweise auch noch intakt zu sein, was sehr viel wert ist.
Vielleicht solltest du aber noch mal die Wahl deiner Sportart überdenken. Falls sich bei dir was in Richtung Wirbelsäule ergeben sollte, wäre z.B. Kiesertraining eine gute Option für dich oder allgemein Sportarten, wo es nicht so sehr auf schnelle Reaktionen und Erfassen von (zu) komplexen Situationen ankommt.
viele Grüße
Iris