Erfahrungen VOR und NACH der Aderlasstherapie

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12.04.14
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Liebe Forumteilnehmer

Ich möchte gerne die Erfahrungen zusammentragen von den Hämochromatose-Patienten, die bereits erfolgreich eine Aderlass Therapie durchgeführt haben.

Es geht mir dabei nicht um Informationen, die sowieso bereits im Internet stehen, sondern um spezielle Erlebnisse. Beispiele dazu sind:

  • Hat sich in Bezug auf das Wohlbefinden etwas verändert? Sind z.B. andere Beschwerden verschwunden? Gab es neue Beschwerden nach der Therapie?
  • Stimmen im Internet behaupten, dass der hohe Eisenwert im Blut zu einer Beeinträchtigung der Hirnleistung führen, gibt es Erfahrungen wonach sich die Hirnleistung merklich verbesserte?
  • Welche Hürden gab es mit der Aderlasstherapie (Vereinbarkeit von Beruf, Senkung der Kosten, Blutspenden)?

Die Themen sind sehr offen und es sind alle Erfahrungen willkommen.
 
Liebe Forumteilnehmer

"Ich möchte gerne die Erfahrungen zusammentragen von den Hämochromatose-Patienten, die bereits erfolgreich eine Aderlass Therapie durchgeführt haben.

Es geht mir dabei nicht um Informationen, die sowieso bereits im Internet stehen, sondern um spezielle Erlebnisse."

Hallo Mirco83 und liebe ForumteilnehmerInnen

Meiner Antwort möchte ich vorausschicken, dass ich mit 66 Jahren kerngesund bin, jedoch die Mutation „C282Y-H63D Compound Heterozygot“ habe, die vor 6 Jahren per Zufall (Check-up) herausgefunden wurde. Doch Genotyp ist nicht gleich Phaenotyp.

Auf Anraten der Aerzte habe ich mit Aderlässen begonnen, und mein Anfangsferritin von ca. 1100 ng/ml auf Ferritin 500 ng/ml gesenkt.
Ich hatte vorgängig nie Beschwerden und auch keine HH-Symptome. Bei Ferritin 500 habe ich mit den Aderlässen aufgehört, weil ich weniger lang schlafen konnte und mich agressiver fühlte. Vielleicht habe ich mich auch darüber aufgeregt, dass mein Blut im Kanton Zürich einfach weggeworfen wurde. Im Kanton Luzern soll es angeblich verwendet werden können…

Somit habe ich begonnen, sämtliche Studien über HH im pubmed zu durchforsten und meine Gehirnleistungen auf die Probe zu stellen. Meine Gehirnfunktionen schätze ich als unverändert hoch ein, mit oder ohne Aderlass.
Hürden habe ich keine erlebt, da ich die Aderlässe stets bestens „überlebt“ habe und keine Einschränkungen in meinen Aktivitäten feststellen konnte.

In einem Selbstversuch protokolliere ich alle zwei bis drei Monate meine Blutwerte, um zu schauen, wie lange es geht, bis ich wieder auf meinem Anfangswert, respektive „Wohlfühlwert“ bin. Diesen Tipp habe ich von einem Eisenspezialisten aus Basel erhalten. Meine Erfahrungen mit meinem Selbstversuch habe ich in meinem Thread "Haemochromatose Compound Heterozygot" ausführlicher beschrieben.

Meine Hypothese ist, dass es nicht nur das EISEN alleine sein kann, welches HH-Symptome verursacht. Die Penetranz bei dieser Mutation ist sehr gering und viele Menschen mit erhöhten Eisenwerten erkranken NICHT an Haemochromatose, wie ich von zahlreichen Individuen erfahren konnte.

Daher glaube ich, dass ich Zukunft die oberen Grenzwerte von Ferritin nach oben korrigiert werden könnten. Und nach Prof. Welch (Bestseller: „Die Diagnose-Falle“) könnten auch zahlreiche verordnete Aderlässe der Vergangenheit angehören.
 
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Liebe Forumteilnehmer

"Ich möchte gerne die Erfahrungen zusammentragen von den Hämochromatose-Patienten, die bereits erfolgreich eine Aderlass Therapie durchgeführt haben.

Es geht mir dabei nicht um Informationen, die sowieso bereits im Internet stehen, sondern um spezielle Erlebnisse."

Hallo Mirco83 und liebe ForumteilnehmerInnen

Meiner Antwort möchte ich vorausschicken, dass ich mit 66 Jahren kerngesund bin, jedoch die Mutation „C282Y-H63D Compound Heterozygot“ habe, die vor 6 Jahren per Zufall (Check-up) herausgefunden wurde. Doch Genotyp ist nicht gleich Phaenotyp.

Auf Anraten der Aerzte habe ich mit Aderlässen begonnen, und mein Anfangsferritin von ca. 1100 ng/ml auf Ferritin 500 ng/ml gesenkt.
Ich hatte vorgängig nie Beschwerden und auch keine HH-Symptome. Bei Ferritin 500 habe ich mit den Aderlässen aufgehört, weil ich weniger lang schlafen konnte und mich agressiver fühlte. Vielleicht habe ich mich auch darüber aufgeregt, dass mein Blut im Kanton Zürich einfach weggeworfen wurde. Im Kanton Luzern soll es angeblich verwendet werden können…

Somit habe ich begonnen, sämtliche Studien über HH im pubmed zu durchforsten und meine Gehirnleistungen auf die Probe zu stellen. Meine Gehirnfunktionen schätze ich als unverändert hoch ein, mit oder ohne Aderlass.
Hürden habe ich keine erlebt, da ich die Aderlässe stets bestens „überlebt“ habe und keine Einschränkungen in meinen Aktivitäten feststellen konnte.

In einem Selbstversuch protokolliere ich alle zwei bis drei Monate meine Blutwerte, um zu schauen, wie lange es geht, bis ich wieder auf meinem Anfangswert, respektive „Wohlfühlwert“ bin. Diesen Tipp habe ich von einem Eisenspezialisten aus Basel erhalten. Meine Erfahrungen mit meinem Selbstversuch habe ich in meinem Thread "Haemochromatose Compound Heterozygot" ausführlicher beschrieben.

Meine Hypothese ist, dass es nicht nur das EISEN alleine sein kann, welches HH-Symptome verursacht. Die Penetranz bei dieser Mutation ist sehr gering und viele Menschen mit erhöhten Eisenwerten erkranken NICHT an Haemochromatose, wie ich von zahlreichen Individuen erfahren konnte.

Daher glaube ich, dass ich Zukunft die oberen Grenzwerte von Ferritin nach oben korrigiert werden könnten. Und nach Prof. Welch (Bestseller: „Die Diagnose-Falle“) könnten auch zahlreiche verordnete Aderlässe der Vergangenheit angehören.

Hallo Ironman,

die Kombination C282Y und H63D hat auch mein Bruder.
Er hatte bei seiner Diagnose deutlich erhöhte Leberwerte und fühlte sich stets so müde und konzentrationslos, dass er fast sein Studium abgebrochen hat.
Allerdings gibt es in unserer Familie noch die Kupferspeicherkrankheit und ich vermute, dass mein Bruder zumindest auch Überträger für diese Krankheit ist.
In unserer Familie sind sehr viele leberkrank, nicht bei allen wurde nach Eisen- oder Kupferspeicherkrankheit gesucht, weil das die Ärzte in aller Regel nicht in ihrem "Programm" haben.

Wenn bei Dir so hohe Ferritinwerte bestanden haben, so würde ich nach meinem Verständnis aber davon ausgehen, dass die Leber nicht mehr ganz gesund sein kann.

Bei einer Aderlasstherapie wurde damals meinen Bruder von einer führenden dt. Uniklinik geraten, das Ferritin auf ca. 20 zu senken.
Mein Bruder hatte zum Diagnosezeitpunkt ein Ferritin zwischen 330 und 450.
Er war damals noch keine 30 Jahre alt.
Allerdings vernachlässigt mein Bruder diese Sache ziemlich...

Einen Ferritinwert von 1100 halte ich für sehr hoch.
Man sollte evtl. noch prüfen, ob dieser Wert nicht im Rahmen einer akute-Phase-Reaktion aufgrund anderer Ursachen entstanden war.

Die Kombination 282/63 gilt als eine Form einer milderen HH.
Viel schlimmer ist es, wenn man 282/282 homozygot hat.

Wie stark eine HH wird, soll auch von anderen Faktoren noch abhängen. Jeder Mensch hat noch weitere andere Gendefekte, die einen haben mehr davon die anderen weniger. Das spielt sicher auch noch eine Rolle, wie krank dann wirklich wird.

lg
margie
 
Hallo Ironman,

die Kombination C282Y und H63D hat auch mein Bruder.
Wenn bei Dir so hohe Ferritinwerte bestanden haben, so würde ich nach meinem Verständnis aber davon ausgehen, dass die Leber nicht mehr ganz gesund sein kann.

Einen Ferritinwert von 1100 halte ich für sehr hoch.
Man sollte evtl. noch prüfen, ob dieser Wert nicht im Rahmen einer akute-Phase-Reaktion aufgrund anderer Ursachen entstanden war.

Die Kombination 282/63 gilt als eine Form einer milderen HH.
Viel schlimmer ist es, wenn man 282/282 homozygot hat.
lg
margie

Hallo Margie
Vielen Dank für Deine persönlichen Anregungen und Deine Sorge um meine Leberwerte – auch zu den Angaben Deines Bruders mit gleicher HH-Mutation wie meiner.
Geht es ihm nach den Aderlässen besser? Meine Mutter und meine Tochter haben die gleiche Mutation, doch sind beide sehr vital.

Meine Leberwerte verfolge ich seit 6 Jahren kontinuierlich und kann Dich beruhigen, dass alle Werte normal sind. Auch eine von mir verordnete Leberbiopsie hat eine gesunde Leber ergeben ohne Fibrose oder Zirrhose.
In der Tat habe ich meinen letzten Ferritinwert 1 Monat nach einer Madagaskar-Reise gemessen, nachdem ich mich beim Rückflug stark erkältet hatte: Ferritin 1215 ng/ml. Eine Nachmessung bei einem anderen Labor hat den Ferritin-Wert von 850 ng/ml ergeben. Eine Abweichung von über 30 %, was man in einem neuen thread thematisieren und diskutieren könnte.

Von über 200 Kontakten im 23andMe mit HH-Mutationen weiss ich, dass die Penetranz sehr gering ist bei heterozygoten UND homozygoten Trägern des HFE-Genes. Nur 2 davon haben leichte HH-Symptome.

Deinen Bruder kann ich beruhigen mit einer Studie aus Australien:

1. HFE C282Y/H63D compound heterozygotes are at low risk ...
HFE C282Y/H63D compound heterozygotes are at low risk of hemochroma... - PubMed - NCBI
von LC Gurrin - ‎2009 - ‎Zitiert von: 49 - ‎Ähnliche Artikel
Hepatology. 2009 Jul;50(1):94-101. doi: 10.1002/hep.22972. HFE C282Y/H63D compound heterozygotes are at low risk of hemochromatosis-related morbidity.

"CONCLUSION:
For male compound heterozygotes, mean iron indices do not change during middle age but for female compound heterozygotes menopause results in increased mean SF. Although compound heterozygotes might maintain elevated iron indices during middle age, documented iron overload-related disease is rare."

Auch für Homozygote besteht auch ein viel kleineres Risiko als bisher in der medizinischen Literatur angegeben wird. Hier wird eventuell demnächst ein Umdenken stattfinden.

1. HFE Cys282Tyr homozygotes with serum ferritin ...
HFE Cys282Tyr homozygotes with serum ferritin concentrations below ... - PubMed - NCBI
von KJ Allen - ‎2010 - ‎Zitiert von: 24 - ‎Ähnliche Artikel
HFE Cys282Tyr homozygotes with serum ferritin concentrations below 1000 microg/L are at low risk of hemochromatosis. Allen KJ(1), Bertalli NA, Osborne NJ, ...

"CONCLUSION:
Previously undiagnosed C282Y homozygotes with SF concentrations that remain below 1000 microg/L are at low risk of developing HH-associated signs and symptoms at an age when disease would be expected to have developed. These observations have implications for the management of C282Y homozygote."

Zusammenfassung auf Deutsch

Unsere Resultate werfen die Frage auf, ob C282Y Homozygote mit Ferritinwerten kleiner als 1000 ng/ml aggressiv behandelt werden sollten oder einfach regelmässig überwacht.
Weitere Untersuchungen über den klinischen Nutzen von therapeutischen Aderlässen sollten unternommen werden, um unsere Hypothese zu bestätigen, dass eine sorgfältige Ueberwachung eine Alternative zu Aderlässen sein könnte.
Wenn in einer solchen angestrebten Studie herauskäme, dass Aderlässe nicht überlegen sind zu einem „wait and watch approach““, würden viele Tausende von C282Y Homozygoten weltweit von unnötigen Phlebotomien bewahrt."

Dies tönt für Dich eventuell nach Zukunftsmusik, doch ist es eine Tatsache, dass viele Menschen überdiagnostiziert und überbehandelt werden. Prof.Gilbert Welch (Die Diagnose-Falle) hat in seinem Besteller auf 5 Seiten interessante Ueberlegungen zur Haemochromatose zusammengestellt, die auch Dich interessieren könnten.

1. "Die Diagnosefalle: Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden
https://books.google.ch/books?isbn=3864134099
H. Gilbert Welch, ‎Lisa M. Schwartz - 2013 - ‎Political Science
Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden H. Gilbert Welch, Lisa M. Schwartz ... Eine Überdiagnose ist also die Folge der Begeisterung für die Früherkennung."

Nach seiner Analyse werden ¾ der Menschen mit HH-Genbefund überbehandelt. Dies ist ja auch ein Grund, warum weltweit das Screening abgelehnt wird, da der potentielle Nutzen für einige Personen in keinem Verhältnis steht mit dem Schaden, den man vielen anderen anfügen könnte.

Meine Zahlen beruhen auf statistischen Angaben, die natürlich niemandem helfen, der von der Haemochromatose leider betroffen ist.

Freundliche Grüsse und gute Lektüre
André Ironman
 
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