Antidepressiva versus Aminosäurenbehandlung

Huhu,
ich durchschau es auch nicht wirklich.
Das finde ich widersprüchlich: Fördern Antidpressiva nun einen "Reizdarm" (was auch immer man darunter versteht, die Diagnose ist ja etwas ins Gerede gekommen bzw. war schon immer ein "Syndrom", d.h. symptombasiert definiert) oder verbessern sie die Darmfunktion (und in der Folge die Stimmung)?
Antidepressiva fördern lt. Beipacktext(en) eher Verstopfung. Da macht die Erklärung Sinn, dass Serotonin fehlt/andocken im Darm verhindert wird und dadurch Verdauung langsamer wird.

Im 2ten Artikel scheint ja Serotonin "alle" Darmprobs positiv zu beeinflussen, also regulierend zu wirken. Das lese ich so auch nicht aus dem ersten Artikel raus.

Ich denk mir: wenn jemand ein Thema hat (Depression + Verstopfung) - ist L-Tryptophan ein Ansatz den er/sie genauer recherchieren könnte. Viel mehr kann ich nach dem Lesen der Artikel auch nicht sagen.

Für mich war vor allem neu, dass 95% der Serotoninrezeptoren im Darm sind. Das halte ich für die "eigentlichen News".

Ich hab Tryptophan noch nie probiert. Lass aber jemanden in der Familie die im Artikel erwähnten 20 Tage probieren. Mal sehen, ob sich Darm verbessert.(Ernährung ist Sau-graust :schock:, also ein gutes Testobjekt ;))
Ich glaub aber nicht, dass er Serotoninmangel hat - ist eher eine Frohnatur. Schlafstörungen hat er auch keine. Aber Darm wechselt zwischen Stau und Durchzug.

Werde Ergebnisse posten, falls die Testperson es durchzieht (ist ja gar nicht so leicht am Abend 2-3 Stunden nichts zu essen :eek:) ...)

lg togi
 
(kann z.B ernste und ironische Aussagen nicht unterscheiden..., vielleicht weil ich so'n Geradeaus-Typ bin).

Hallo Kate,

da geht´s mir auch so wie Dir, vor allem bei ernsten und sachlichen Themen.

Das finde ich widersprüchlich: Fördern Antidpressiva nun einen "Reizdarm" (was auch immer man darunter versteht, die Diagnose ist ja etwas ins Gerede gekommen bzw. war schon immer ein "Syndrom", d.h. symptombasiert definiert) oder verbessern sie die Darmfunktion (und in der Folge die Stimmung)?

Jedenfalls verändern Antidepressiva das Mikrobiom, indem sie die Diversität vermindern:

https://www.nature.com/articles/s41398-019-0466-x
Alle antidepressiven Arzneimittel außer Desipramin verringerten das mikrobielle Artenreichtum (Alphadiversität) von Mäusen bei gleichzeitiger Erhöhung der Beta-Diversität (=wie sich die einzelnen Arten zusammensetzen). Solche Veränderungen in der mikrobiellen Vielfalt stimmen mit der Metacommunity-Theorie überein, die besagt, dass eine verringerte mikrobielle Alpha-Diversität zu einer Verringerung von Symbionten führt, und zu einer höheren Beta-Diversität. Eine höhere Darmbakterienvielfalt fördert die Gesundheit des Einzelnen und eine verringerte mikrobielle Vielfalt ist mit Krankheitszuständen wie Reizdarmkrankheiten oder Fettleibigkeit verbunden. Eine verminderte Darmbakterienreichhaltigkeit nach Antidepressiva-Behandlung könnte der Grund für Nebenwirkungen von Antidepressiva sein.

Ich bekomme übrigens von Tryptophan krasse Kopfschmerzen und Benommenheit (sehe dann sogar "entsprechend" aus, heißt: dicke Augen), das geht garnicht (hatte es mal gegen Schlafstörungen probiert). Bei mir besteht aber auch kein Verdacht auf Serotoninmangel

Um Tryptophan so zu verstoffwechseln, dass es antientzündlich wirkt, braucht man ein bestimmtes Bakterium im Darm, und zwar den Lactobacillus reuteri.

GALT (im Dünndarm) bestimmt, wie gut unsere Zellen mit Mikroben und Immunzellen kommunizieren. Eine Art T-Zelle, DP IEL (=doppelt positiver intraepithelialer Lymphozyt) im Dünndarm hilft, fremde Moleküle aus Lebensmitteln oder fremden Mikroben zu tolerieren, und dadurch Entzündungsreaktionen zu dämpfen. In keimfreien Mäusen fehlen DP IEL.

Forscher besiedelten keimfreie Mäuse mit Lactobacillus und Bacteroides, und stellten fest, dass vor
allem Lactobacillus reuteri zur Produktion von DP IELs beiträgt, wobei die Zugabe von anderen Bakterien, die selbst keine DP IEL produzierten, die Produktion von DP IEL erhöhten.

DP IEL (=doppelt positiver intraepithalialer Lymphozyt) sind Bestandteile von GALT, und eine Art T-Zellen im Dünndarm. DP IEL hilft, fremde Moleküle aus Lebensmitteln oder von fremden Mikroben zu tolerieren, und dadurch Entzündungsreaktionen zu dämpfen.

Hier https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28775213 entdeckten Forscher, dass Lactobacillus reuteri nötig war, um Tryptophan zu metabolisieren:

Der Dünndarm enthält CD4 + CD8αα + doppelt positive intraepitheliale Lymphozyten (DP IELs), die durch Herunterregulierung des Transkriptionsfaktors Thpok aus intestinalen CD4 + T-Zellen stammen und regulatorische Funktionen haben. DP-IELs fehlen bei keimfreien Mäusen, was darauf hindeutet, dass ihre Differenzierung von mikrobiellen Faktoren abhängt.

Wir fanden heraus, dass die Anzahl von DP IEL in Mäusen mit dem Vorhandensein von Lactobacillus reuteri korrelierte. Diese Spezies induzierte DP IELs in keimfreien Mäusen und in konventionell gezogenen Mäusen, denen diese Zellen fehlten. L. reuteri initiierte nicht das DP-IEL-TCR-Repertoire (TCR, T-Zellrezeptor), sondern erzeugte Tryptophan-Indolderivate, die den Arylkohlenwasserstoffrezeptor in CD4 + T-Zellen aktivierten, wodurch Thpok herunterreguliert und in DP-IELs differenziert werden konnte.

Somit kann L. reuteri zusammen mit einer Tryptophan-reichen Diät intraepitheliale CD4 + T-Zellen in immunregulatorische T-Zellen umprogrammieren .

Die Autorin Luisa Cervantes-Barragan sagt: „Potenziell können hohe Tryptophanwerte in Gegenwart von L. reuteri zu einer Expansion von DP IEL führen. Eines Tages könnten die Forschungen zu neuen Interventionen für entzündungsbedingte Erkrankungen wie entzündliche Darmerkrankungen führen, die möglicherweise durch DP IELs modifizierbar sind.

Lactobacillus reuteri ist aufgrund unseres modernen Lebensstils (westl. Ernährung, Hygiene, Antibiotika) zurückgegangen oder nicht mehr im Darm präsent ist, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5917019/ gleichzeitig gibt es eine höhere Inzidenz von Entzündungskrankheiten.

Obwohl keine Beweise für eine Korrelation vorliegen, kann es hilfreich sein, die Besiedlung von L. reuteri zu verstärken und / oder deren probiotische Funktionen als neue und relativ sichere Strategie gegen Entzündungskrankheiten zu fördern. Es gibt mehrere L. reuteri- Stämme mit unterschiedlichen Wirtsursprüngen, und viele der probiotischen Funktionen von L. reuteri sind stammabhängig. Daher kann es vorteilhaft sein, verschiedene Stämme von L. reuteri zu kombinieren , um ihre vorteilhaften Wirkungen zu maximieren.

Die Autorin Luisa Cervantes-Barragan sagt: „Potenziell können hohe Tryptophanwerte in Gegenwart von L. reuteri zu einer Expansion von DP IEL führen.

Sorry, ich hab´s nicht kürzer geschafft, aber vielleicht ist es interessant.

Spannend ist noch, dass L. reuteri der einzige Keim war, der DP IELs erhöht hat, allerdings in Verbund mit dem Gesamtmikrobiom die Anzahl von DP IEL bedeutend höher war als mit L. reuteri alleine.

LG Eva
 
Zuletzt bearbeitet:
Sorry, ich hab´s nicht kürzer geschafft, aber vielleicht ist es interessant.

Ja, ist es! Ich kann das total bestätigen. Ich hatte ja schon immer Probleme (Neurodermitis schon als Säugling), aber die SSRI haben bei mir ernährungsmäßig und nervlich alles durcheinandergebracht.
Ich hatte schon den Eindruck, dass Tryptophan mir gut tut, es hat aber nie gestestet komischerweise.
Da ich vermutlich auch Probleme mit der metabolisierung habe, überlege ich, mal 5HTP zu probieren.

LG
 
Hallo Eva,

ja, ist auf jeden Fall wieder interessant. Ein Antidepressivum nehm ich ja auch noch (angefangen damals Schlafstörungen, wirkt aber nicht mehr viel). Gut zu wissen, wie es dann offenbar wirkt. Eine HP hat mir mal vor ein paar Jahren gesagt, dass es das Immunsystem schwächt. Vielleicht kommt das daher. Absetzen geht halt nur sehr langsam und ich gehe es gar nicht mehr an, wenn noch andere Behandlungen anliegen.

Falls sich jemand wie ich fragt, was GALT ist:
GALT, Abk. für gut-associated lymphoid tissues (darmassoziierte lymphatische Gewebe), sekundäres lymphatisches Organ, das dem Darmsystem angegliedert ist und dort zur lokalen Immunität führt. Es umfaßt die Tonsillen (Mandeln), die Peyerschen Plaques und die intraepithelialen Lymphocyten.
Quelle: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/galt/26440

Viele Grüße
 
Bin gerade mal wieder am grübeln. Wenn man Darmprobleme hat, wäre es ja vielleicht evtl. sogar günstiger L-Tryptophan zu nehmen, weil 5 HTP ja nicht durch den darm verstoffwechselt wird, also auch nicht auf den wirken kann? Man müsste dann mehr nehmen, aber der Preisunterschied würde das, wenn man eine gleiche Wirkung erzielt wettmachen.
Denke ich richtig?
 
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