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Adam Grant: "Begegne Andersdenkenden so neugierig wie einem Außerirdischen“: „Think again“.

... Viele Menschen ziehen den Komfort der Überzeugung dem Unbehagen des Zweifels vor. Wir alle umgeben uns doch lieber mit Leuten, die mit unseren Ansichten übereinstimmen, anstatt mit solchen, die diese in Frage stellen. Das führt dazu, dass viele sich ihrer Sache sehr sicher sind und sie selbstbewusst verteidigen – auch wenn sie falsch liegen. Das ist ein Zustand, den ich beängstigend finde.

Warum?

Weil wir in einer turbulenten Welt leben, die sich ständig verändert. Wir werden so zu Experten für eine Welt, die es nicht mehr gibt. Wir müssen deshalb in der Lage sein, unsere Meinungen genauso schnell zu überdenken, wie wir sie uns gebildet haben.

Wissen verleiht Kompetenz, nicht zuletzt Führungskräften. Haben diese sich die ganze Zeit auf die falsche Fertigkeit fokussiert?

Wir sollten Führungskräfte nicht an ihrem Wissen messen, sondern an ihrer Fähigkeit, dazu zu lernen, sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Ich erlebe das als Organisationspsychologe oft: Führungskräfte halten an ihren ‚best practices’ fest, weil sie Effizienz versprechen. Dabei merken sie nicht, dass das Umfeld, in dem diese best practice-Regeln einst entwickelt und getestet wurden, nicht mehr existiert. Viele der Dinge, die wir zu wissen glauben, haben einfach ein Verfallsdatum.
...
Denn im Predigermodus predigen Sie wie von der Kanzel, als Staatsanwalt klagen Sie die Ansicht ihres Gegenübers an und als Politiker hören Sie ohnehin nur den Leuten zu, die Ihre Ansichten teilen.

Was hilft gegen diese Denkmuster?

Wie Wissenschaftler zu denken, mein Lieblingsdenkmodus! Sie müssen dafür kein Mikroskop besitzen oder ein Teleskop kaufen. Sie sollten nur nicht zulassen, dass Ihre Ideen zu Ihrer Identität werden. Sie sollten motiviert sein, nach Gründen zu suchen, warum Sie falsch liegen könnten – ganz so, wie Sie nach einem Grund suchen, warum Sie Recht haben müssten. Das Schöne daran, wie ein Wissenschaftler zu denken, ist ja: je schneller man erkennt, dass man falsch liegt, umso schneller kann man darauf hinarbeiten, es richtig zu machen. Und das ist ja das Ziel. ...

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Grüsse,
Oregano
 
Geistige Flexibiltät kann man wie alles andere auch trainieren. :geek:

Ich führe zum Beispiel gerne innere Dialoge mit mir selber in verschiedenen Rollen, einerseits als Verfechter einer Theorie, andererseits als Zweifler, der mögliche Fehler aufzudecken versucht. Spazierengehen eignet sich besonders gut für solche Übungen und war deswegen schon bei den antiken Philosophen beliebt, weil körperliche Bewegung auch die geistige Beweglichkeit fördert. Natürlich kann man auch zu zweit spazieren gehen und sich dabei mit jemandem unterhalten, der eine ganz andere Meinung hat.

Die Krönung ist natürlich das Experiment, mit dem man ganz schnell heraus bekommen kann, ob eine Idee fliegt oder nicht. Häufig braucht man dafür gar kein teures Labor, viele Fragen lassen sich mit einfachen Haushaltsmitteln und einer guten Beobachtungsgabe beantworten. Aber auch beim Experimentieren sollte man ein kritisches Gegenüber haben, denn der Fehlerteufel steckt im Detail.

Generell gilt, dass man immer dann, wenn man sich absolut im Recht fühlt, garantiert falsch liegt und dabei ist, sich selbst und anderen großen Schaden zuzufügen.
 
Hallo @Oregano - Hast Du das Buch gelesen? Wenn ja, was ist dein Resumé? Ich bin großer Adam Grant Fan und das Buch steht auch auf meiner Liste für die nächsten Wochen und Monate...

Grüße
 
Hallo xianjiao,

ich habe das Buch noch nicht gelesen. Es interessiert mich deshalb, weil es Lösungsansätze zeigen mag, die in der heftigen Auseinandersetzung in Bezuga auf die Corona-Themen helfen könnten.

Die Gedanken von MaxJoy dazu gefallen mir sehr gut. Sie lassen mich u.a. an die 6 Denkhüte von de Bono denken:
https://kreativitätstechniken.…e-6-denkhute-von-de-bono/▹

Zu all diesen Ansätzen gehört aber immer die Bereitschaft, die eigene Position in Frage zu stellen :).

Grüsse,
Oregano
 
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