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"Gott schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier und erwacht im Menschen."
Aus den Sanskrit-Schriften der alten indischen Gelehrten



quelle:Mehr als ein AntibiotikumOnline-Zeitung der Universität Wien
Mehr als ein Antibiotikum
Forschungsprojekte
Petra Schiefer (Redaktion) am 8. September 2009
In Krankenhäusern und Pflegeheimen "blühen" resistente Keime und jagen ÄrztInnen sowie PatientInnen Angst ein: Die bekannten Antibiotika sind zum Teil wirkungslos geworden. Unter der Leitung von Johann Mulzer haben Thomas Magauer und Harry Martin vom Institut für Organische Chemie die Leitstruktur für ein neuartiges Antibiotikum hergestellt, das die widerspenstigen Keime das Fürchten lehren soll. Die kürzlich publizierten Ergebnisse wurden mit dem Prädikat "very or highly important paper" ausgezeichnet.
Ausgangspunkt ist ein Naturstoff - genauer gesagt der Metabolit Kendomycin -, den die Chemiker Thomas Magauer und Harry Martin vom Institut für Organische Chemie unter der Leitung von Johann Mulzer in naturidentischer Form nachgebaut haben. Und die Wirkung dieses Naturstoffs hat es - so Magauer - in sich: "Bei verschiedenen Tests hat sich herausgestellt, dass die Verbindung nicht nur antibiotisch, sondern auch entzündungshemmend wirkt und Anti-Tumoreigenschaften aufweist. Außerdem könnte sie gegen Osteoporose eingesetzt werden." Osteoporose - auch als Knochenschwund bekannt - tritt vor allem im Alter auf und macht die Knochen anfälliger für Brüche.![]()
Die Natur zum Vorbild
Bereits 2001 hat sich die Arbeitsgruppe rund um Johann Mulzer im Rahmen eines FWF-Projekts mit der Totalsynthese von Kendomycin - eines Mikroorganismus-Stoffwechselprodukts - beschäftigt. "Aber erst als ein Kollege in Göttingen den Stoff erneut isoliert und seine Biosynthese aufgeklärt hat, wurde er für uns interessant", erklärt Mulzer und verweist stolz auf Thomas Magauer, der die Totalsynthese praktisch im Alleingang zu Ende geführt hat. "Wir haben den Naturstoff ohne Rückgriff auf die Natur nachgebaut." Der Weg zu einer Endverbindung, die der molekularen Architektur des Ausgangsstoffs entspricht, führte über 20 Zwischenverbindungen bzw. Intermediate. "Bei einigen dieser Synthesestufen war die Wahrscheinlichkeit, dass sie funktionieren, sehr gering", so Johann Mulzer, der sich deshalb umso mehr darüber freut, dass die Totalsynthese dieses neuen Antibiotikums erfolgreich war.
"Der spannendste Moment war der vor der Endstufe", fährt Magauer fort: "Denn wenn der letzte Schritt fehlgeschlagen wäre, hätten wir wieder bei Null beginnen müssen." Schlussendlich haben der spektroskopische Nachweis und der biologische Datenvergleich ergeben, dass die Verbindung passt: "Dieser Erfolg sowie das Wissen, dass diese Verbindung zu einem - in der Medizin verwendbaren - Wirkstoff modifiziert werden kann, motiviert mich für die weitere Arbeit", betont der Doktorand, dem das Fach Chemie zu Schulzeiten noch verhasst war. Auch bei wohlbekannten Arzneistoffen wie Aspirin oder der Antibabypille handelt es sich um Verbindungen, die aus der Natur abgeleitet wurden.
Aus einer Verbindung werden hunderte
Die von Thomas Magauer, Johann Mulzer und Harry Martin publizierten Ergebnisse der Totalsynthese beschreiben ein neuartiges Antibiotikum: Die Verbindung wirkt somit auch gegen MRSA - Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus - einem besonders bösartigen Keim, der vermehrt in Krankenhäusern und Pflegeheimen auftritt. "In den Biofilmen, die sich mit der Zeit auf Kathetern usw. bilden, befinden sich eine Menge Bakterien, die bereits so viele Antibiotika gesehen haben, dass ihnen keines mehr gefährlich werden kann", so Projektleiter Johann Mulzer. Deshalb müssen ständig neue Verbindungen entwickelt werden. Und genau darin liegt der Vorteil: "Da es sich hierbei um eine Leitstruktur handelt, ist sie sehr variierbar. Ähnlich wie beim Penicillin können aus ihr Hunderte neuer Verbindungen, sogenannte Bibliotheken, abgeleitet werden", erklärt Magauer.
Zudem kann der Stoff durch gezielte strukturelle Modifikation jeweils so optimiert werden, dass er als Antibiotikum, als Antikrebsmittel, als Mittel gegen Osteoporose oder gegen Entzündungen verwendet werden kann. "Aus einer Wirkung können also vier gemacht werden, was aber natürlich sehr aufwendig ist. Dafür braucht es entsprechende Ressourcen, weshalb es nun Aufgabe der Pharmakonzerne wäre, unsere Ergebnisse weiterzuentwickeln", erklärt Johann Mulzer.
Wertvoller Abfall
Aus dem, was andere wegwerfen, schaffen die ChemikerInnen etwas Neues: So wurde der Grundstoff für das Kendomycin z.T. aus Bioabfall gewonnen: "Das Schöne an der Chemie ist, dass wir mit relativ geringem Aufwand sehr viel erreichen können. Aufgrund der aussagekräftigen und präzisen Experimente und der leistungsfähigen Analytik verfügen wir am Ende eines Tages über unendlich viel Information", so Johann Mulzer. Das aktuelle Ergebnis zeigt ihm zufolge einmal mehr die Leistungsfähigkeit von chemischer Synthese: "Während die MikrobiologInnen auf das angewiesen sind, was ihnen die Natur vorlegt, können wir die Biologie als Grundlage verwenden und darauf aufbauend - mit viel Phantasie und Erfahrung - unabhängig von der Natur etwas Neues schaffen." (ps)
Im Rahmen des FWF-Projekts "Synthese von Kendomycin und Elisapterosin B", das von 15. Jänner 2001 bis 15. Jänner 2005 lief, begann eine Arbeitsgruppe am Institut für Organische Chemie unter der Leitung von O. Univ.-Prof. Dr. Johann Mulzer mit der Totalsynthese von Kendomycin. Mag. Thomas Magauer hat die Arbeit im Zuge seiner Doktorarbeit erfolgreich zu Ende geführt. Die Ergebnisse der Arbeit wurden unter dem Titel "Total Synthesis of the Antibiotic Kendomycin by Macrocyclization using Photo-Fries Rearrangement and Ring-Closing Metathesis" von Mag. Thomas Magauer, Ass.-Prof. Dipl.-Chem. Dr. Harry Martin und O. Univ.-Prof. Dr. Johann Mulzer im Fachjournal "Angewandte Chemie" publiziert und mit dem Prädikat VIP (very or highly important paper) ausgezeichnet. Diese Auszeichnung hat bereits zwei Jahre zuvor die Arbeit "Synthesis and configurational assignment of pasteurestin A and B" - ebenfalls unter der Leitung von O. Univ.-Prof. Dr. Johann Mulzer in demselben Fachjournal - erhalten.
Unter der Leitung von Johann Mulzer …![]()
… hat der Doktorand Thomas Magauer die Leitstruktur für ein neuartiges Antibiotikum hergestellt.![]()
Durch die Totalsynthese des Streptomyces-Stoffwechselproduktes Kendomycin wurde eine Verbindung abgeleitet …![]()
… die auch gegen den besonders resistenten Keim Staphylococcus aureus eingesetzt werden könnte.![]()
In der letzten Synthesestufe geht der gelbe Naturstoff ins Violette über, bis die Farbe am Ende komplett verschwindet.
Institut für Organische Chemie der Fakultät für Chemie
Arbeitsgruppe "Synthetische Organische Chemie" unter der Leitung von Johann Mulzer
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"Gott schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier und erwacht im Menschen."
Aus den Sanskrit-Schriften der alten indischen Gelehrten


