Hallo, Phil,
eingangs möchte ich gerne mal sagen, dass ich Deine Beiträge immer gerne und mit Gewinn lese. Zum Einen profitiere ich inhaltlich, zum anderen schätze ich Deine Sprach- und Ausdruckskraft!
Bei allem Respekt vor dem Herrn Jensen möchte ich gerne ein paar Gedanken zu deinem Text äußern.
Interessant, dass du die Schriftlosigkeit der matriarchalen Kulturen ansprichst. Dies ist einer der Gründe dafür, dass wir heute nur wenige Kenntnisse über die (Festland)keltische Mytologie haben, ebenso über andere Wortkulturen, wie die finnische, sibirische, verschiedene slavische usw.
Selbst die "germanische" Mythologie wurde erst nach der Christianisierung, bzw. "Lateinisierung" (der Schrift), Ende des frühen, Anfang des hohen Mittelalters, in schriftlicher Form festgehalten (s. z.B. die Snorri - Edda). Die FUTHARK (Runenschrift mancher germanischer Stämme), war nicht dazu im Stande, komplexe Sachverhalte zu vermitteln.
https://de.wikipedia.org/wiki/Runen.
Unter anderem durch das benediktinische und augustinische Mönchstum wurde sowohl der christliche Glaube als auch die lateinische Schrift in Europa verbreitet und ein "Zweikastensystem" geschaffen, das bis in die Neuzeit hinein wirkte: Die Literari und Iliterari.
Die Literari (über weite Strecken des Mittelalters hinweg war das die Geistlichkeit, bzw. die Gruppe der geistlich gebildeten. Selbst der Adel gehörte nur in geringem Umfang zur letzteren Gruppe.
Die Iliterari waren auf das gesprochene Wort angewiesen (wobei bis ins h12. Jahrhundert hinein der zermoniale, mystisch - magische Aspekt des Gottesdienstes im Vordergrund stand. Erst ab dem 13. Jahrhundert gewann der Wortgottesdienst innerhalb der römischen Messe an Bedeutung und wurde ab da zunehmend häfiger in der Landessprache abgehalten.
civis.tempus-vivit.net/hospitalis/biblio/messe.htm
Im hohen Mittelalter kam es übrigens, nach der "dunklen Zeit" des Frühmittelalters, zu einer (kurzfristigen) Aufwertung der Frau. Man denke an die (Hohe)Minne, die Minnelyrik (die allerdings arabischen Ursprungs ist und über Frankreich und Spanien nach Europa kam), heiligsprechung einer Vielzahl von Frauen, wie z.B. der Elisabeth von Thüringen, usw.
Mit dieser relativen "Aufwertung" war es allerdings nach dem 132. Jahrhundert schnell wieder vorbei. Man denke nur an die Ketzer- und die spätere Hexenverfolgungen, die gerade nach Aufkommen des Buchdruckes, in der Neuzeit, ihre schlimmsten Auswüchse zeigten. Man denke nur an den "Hexenhammer" (Spenger/ Institoris) und andere Machwerke. Aufklärerische Schriften, wie die des (m.e.) großartigen Pater Spee von Langenfeld ("Cautio Criminalis" - Der Hexenanwalt) oder die Bücher des westfälischen Dr. Weir/ Wier, drangen nur langsam durch.
Kurz gesagt, ich stimme Dir zu: Schriftlichkeit beinhaltet nicht nur Segen. Aber nun haben wir damit zu leben!
(Upps, das hat sich gereimt!)
Herzliche Grüße von Leòn