Von der Wissenschaft, Kammern/Selbstverwaltung und der Politik

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Immer wieder liest man, auch in Form von Zitaten von Professoren, CFS/ME sei keine Diagnose oder die Diagnose sei unwahrscheinlich und es gäbe keine allgemein (!) anerkannte Behandlungsmethode.

Hier liegt ein grundsätzlicher Denkfehler zugrunde, der in dem überkommenen Festhalten an der Evidenzbasierten Medizin (EbM) besteht. Die EbM fordert durchgehend eng problemspezifische Studien mit Gruppen homogener Studienteilnehmer. Nach den offiziell gängigen Auswahlkriterien für CFS sind allerdings diese annähernd vollkommen homogenen Kohorten gar nicht zu bilden. Die Vielfalt der potentiell zusammentreffenden Ursachen und Symptomkomplexe („Multisystemerkrankung“) ist so groß, dass die Ergebnisse nie ein Relevanzniveau erreichen können, wie bei vergleichsweise einfachen Erkrankungen. Genau dies verlangt die EbM aber, ihrem sturen Schubladendenken folgend.

Senkt man via Erhöhung der Gruppenhomogenität, zwecks Erzielung eindeutigerer Ergebnisse die Zahl der Studienteilnehmer, sinken gleichzeitig – bei oberflächlicher Betrachtung – die Aussagekraft und potentielle Allgemeingültigkeit des jeweiligen Studienergebnisses. Vice versa sinkt die prozentuale Trefferquote des Erfolgspotentials einer Maßnahme mit einer Erhöhung der Studienteilnehmerzahl, weil die Gruppenheterogenität als Automatismus unweigerlich steigt. Man darf nicht übersehen, dass dies ein grundsätzliches, wesensimmanentes Problem bei CFS/ME ist. Genau das wird jedoch von unserem indoktrinierten Gesundheitssystem vorsätzlich übersehen, um positive Studienergebnisse zu verhindern oder später klein zu reden.

Nun gibt es zwei Herangehensweisen.

a) Man gibt sich mit der Nichterklärbarkeit zufrieden und psychiatrisiert die Kranken schlimmstenfalls. Dieses Abkanzeln ist derzeit gängige Praxis.

b) Man verlässt die überkommene Sicht der EbM und begibt sich in den Bereich der personalisierten Medizin. Jeder Patient wird als individueller Fall betrachtet und sein neuroendokrinimmunologisches System wird anhand der vorliegenden Symptomatik nach logischen Kriterien in Einzelteile zerlegt und analysiert. Dies erfordert sehr viel Erfahrung, weil jeder Patientenfall quasi eine eigenständige Studie ist und nur mittels ähnlich gelagerten Vergleichsfällen überhaupt eine zielgerichtete Diagnostik und Therapie durchführbar ist. Ob ein Behandler ein CFS-Spezialist oder Nichtspezialist ist, bemisst sich einzig und allein nach dem Erfahrungsschatz. Die alleinige Kenntnis des aktuellen Forschungsstands ist kein Ersatz für Erfahrung, allenfalls notwendige Bedingung.

Aus diesem Grund ist es auch unredlich, wenn Universitätsprofessoren als Referenz genannt oder als Gutachter bestellt werden, obwohl sie selbst keinerlei klinische Erfahrung mit der Behandlung von CFS gesammelt haben.

Mit dieser Darstellung möchte ich auch verständlich machen, warum nach wie vor der Anschein erweckt werden kann, die Medizin sei machtlos. Tatsächlich ist jedoch das störrische Beharren auf unzweckmäßigen, ja unwissenschaftlichen Denkweisen schuld an dem Stillstand. Den Vertretern der Variante a) kommt zupass, dass die Variante b) derzeit noch viel arbeitsaufwendiger und kostenintensiver ist und auf dieser Schiene prächtig diffamiert werden kann - Stichwort „Abzocke“. Das Betrachtungsfeld der Anhänger von Variante a) fokussiert sich damit auf sachfremde Erwägungen, um von der eigenen Unfähigkeit, Bequemlichkeit und Geldgier (Abzocke von Sozialabgaben ohne Gegenleistung) abzulenken.

In Wirklichkeit ist der Heilige Gral der Evidenzbasierten Medizin ein Auslaufmodell! Die Möglichkeiten haben sich durch den Fortschritt der Grundlagenforschung verändert. Jetzt müssen die rückständigen Methoden angepaßt werden. Ärzte müssten endlich Intellekt entwickeln, unzweckmäßig grobe „Bedienungsanleitungen für die Maschine Mensch“ weglegen und selbst zu denken anfangen. Sind sie dazu nicht bereit oder fähig, sollten sie ihren Beruf an den Nagel hängen.

Grüsse!

Hallo castor,
Vielen Dank für deinen klasse Beitrag :) !
Ich finde ergänzend hierzu passen ganz gut Aussagen von Dr. Müller, die er in dem Gespräch vom 18.08.`12 beim Selbsthilfetreff macht:
www.in-engen-grenzen.de/selbsthilfe-treff-cfs-im-fernsehen/sendung-vom-18-08-2012/
Wenn ich mich recht erinnere so ca. bei Minute 40 und gegen Ende des Gesprächs (aber man kann sich ruhig mal alles ansehen ;)
.
Ich versuche mal, mit meinen eigenen Worten zusammen zu fassen.
Dr. Müller erklärt hier, dass er bereits vor Jahren Kollegen versucht hat zu motivieren, sich für ein erweitertes Honorar zur Betreuung von ME-Patienten einzusetzen, da die Behandlung hier zeitintensiv ist.
Jedoch stieß seine Anregung auf kein Interesse.
Für mich schließe ich daraus kein Interesse an diesem komplexen Krankheitsbild.

Zudem wurde erläutert, dass es in den letzten Jahren sehr umfassende erweiterte Erkenntnisse gab, die jedoch auf die universitäre Ebene gehieft werden müssen, da sie dort noch lange nicht angekommen sind.
(Wer ist dafür verantwortlich?)

Auch die heutige Kommunikation unter Medizinern wurde bemängelt.
Dr. Müller sei seit über 35 Jahren als Arzt tätig. Der früher gepflegte Austausch unter Kollegen (auch und gerade über einzelne Fälle) sei vor einigen Jahren eine Selbstverständlichkeit gewesen, die so heute schlichtweg nicht mehr stattfände und somit komplett weg falle.
(So viel zum Thema Wissens- und Erfahrungsaustausch. So bleibt jeder Arzt Fachidiot für sein Interessensgebiet, was bezogen auf eine MULTIsystemerkrankung die Stagnation weiter aufrecht hält)

EIne Frage an die anwesende Gesundheitsministerin (von ich glaube Rheinland Pfalz),
wie die Politik sich für die Krankheit in irgendeiner Form stark machen kann, wurde mit der Problematik beantwortet, dass die Ärzteschaft eben dem Prinzip der SELBSTVERWALTUNG unterliegt und die Politok hier kaum bis keinen Handlungsspielraum habe.(So kann man sich auch geschickt vor Verantwortung drücken)

Was Selbstverwaltung im Detail bedeutet, hat castor hier schon mehrfach erläutert.
Nur daher habe ich überhaupt eine Vorstellung davon, welche Macht, oder auch Machtlosigkeit sich hinter diesem Wörtchen verbirgt.
Im Grunde können die Ärztekammern machen, was sie wollen - oder eben nicht machen, was sie nicht wollen - was absolut nichts mit Verschwörungstheorien zu tun hat.

Viele Grüße - tiga
 
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Meine "Heilung" (CFS durch Mandelentzündung) und Bemerkungen

Hallo tiga ;),

ich habe mir den Film gerade angesehen und es hat mich teilweise geschüttelt, welch devote Haltung Frau Morgenstern als Vertreterin der Politikerkaste einnimmt. Wofür wird so jemand eigentlich bezahlt?

Wenn der Gemeinsame Bundesausschuß schlechte Arbeit leistet, dann darf der Gesetzgeber sich nicht weiter am Nasenring herumführen lassen, sondern er muß gefälligst für Abhilfe sorgen. Mit den bestehenden Strukturen ist eine effiziente Lösung nicht möglich? Herrgott nochmal, dann müssen sie umgestürzt werden, weg mit der Selbstverwaltung. Alles andere ist unlogisch. Ich schlage bewußt einen so radikalen Weg vor. Und ja, ich gehöre sicher zu den im Film erwähnten "militanten" Vertretern. Die Kriegserklärung kommt schließlich vom Gesundheitssystem, das darf nicht unter den Tisch gekehrt werden!

Wohin Diskussionen führen, das zeigte schon zur Genüge die Machtlosigkeit der Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1995 in Nordrhein-Westfalen. Beschlüsse werden nicht durchgesetzt, denn das Pack der Funktionäre sabotiert anschließend staatliche Anordnungen und am Ende ist alles Reden zwecklos gewesen.

Ein anderer wichtiger Punkt kam von Dr. Müller. Er sagte, die kompetenten Leute müssen ins Boot. Es sei kein Feld für Seiteneinsteiger. Genau mein Tenor, wenn ich oben von der Notwendigkeit der Erfahrung spreche. Und hier liegt auch ein weiteres Problem: Wollen sich Neulinge auf dem Gebiet profilieren, dann scheitern sie nicht nur zwangsläufig an ihrer Inkompetenz. Nein, sie müssen auch ihre Fehler aus der Vergangenheit zugeben und den Rat derer in Anspruch nehmen, die sie jahrzehntelang brutal bekämpft haben. Und da sind wir mit Rheinland Pfalz - dem Bundesland von Frau Morgenstern - interessanterweise wieder direkt an einem maßgeblichen Quell der Missstände: Prof. W. Nix, ein hauptverantwortlicher Funktionär seit rund 20 Jahren, ist Wissenschaftlicher Direktor der Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland-Pfalz. Besser kann man den Bock wohl kaum zum Gärtner machen!

Gute Nacht... :wave:
 
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KOMMENTAT von chrelli - Freitag, 9. November 2012 im Deutschen Ärzteblatt

Deutsches Ärzteblatt: Sicherstellung der Versorgung: KBV stellt allen niedergelassenen rzten die Grundsatzfrage

Abschaffung der gesamtem KBV
Das muss das Ziel sein! Diese Nachkriegsmonstrum gehört entmachtet und eingemottet. Wie kann es sein, dass die Funktionäre sich die Taschen vollstopfen und wir Mitglieder nicht wissen, wie wir über die Runden kommen sollen? Wie kann das sein, dass ein Neurologe in BW fast das Doppelte für die gleich Leistung erhält und der Fachkollege in NRW? Wieso ist die unglaublich schöne Beruf inzwischen so uninteressant, dass die ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen keine Nachfolger mehr finden? Wir sind Freiberufler und als solche den Patientinnen und Patienten verpflichtet und sonst niemandem. Es gibt kein Land der Erde, das ein solches Konstrukt wie die KBV hat. In vielen vergleichbaren Ländern haben wir eine höhere Lebenserwartung, weniger Arztbesuche und eine erheblich höhere Zufriedenheit unter den Ärzten. Es gibt nur eins: Weg mit der KV!!


KOMMENTAR M.Poland Mittwoch, 7. November 2012 im Deutschen Ärtzteblatt

Deutsches Ärzteblatt: Protestaktion in Hamburg: „Kassen pressen Praxen aus“

Die Zeit der Kassen ist vorbei
Es wird Zeit, dass das vollkommen unzeitgemässe System der Kassen beendet wird, sie stellen eines der bedeutendsten Gesundheitsprobleme unserer Republik dar und vergeuden ohne jede Legitimation Milliarden, die ihnen nicht gehören. Wege aus dem Dilemma sind "Systemimmanent" nicht zu finden. Deutschland braucht nicht weniger als einen kompletten "Reset" im Gesundheitswesen.

Wir hier im Süden haben damit angefangen: Meine Homepage - Startseite Hier nur 2 von mehreren wichtigen Veränderungen, die uns ins 21. Gesundheitsjahrhundert bringen können:

1. Die Kassen werden abgeschafft - die Versichertenbeiträge als Gesundheitssteuer von einer Abteilung der Finanzämter eingezogen.

2. Der Gemeinsame Bundesausschuss wird durch ein GESUNDHEITSPARLAMENT mit ca. 5-600 Abgeordneten, die -wie der Bundestag- frei, gleich, geheim gewählt werden, ersetzt. Dieses Parlament trifft alle Entscheidungen im Gesundheitswesen.
 
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Pläne der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KVB) für gesetzlich versicherte Patienten:

Die KVB arbeitet an einem Positionspapier zur Bundestagswahl

darin geht es u. a. um

die Steuerung der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen

Dies sei ein Thema, „vor dem wir lange zurückgeschreckt sind, an dem wir aber mittelfristig nicht vorbeikommen werden“, stellte Köhler klar. Zwei Dinge würden nach Meinung des KBV-Vorstands helfen: „Erstens eine bessere Differenzierung der verschiedenen Versorgungsebenen. Zweitens die Möglichkeit für die Versicherten, zwischen verschiedenen Formen des Zugangs zur Versorgung zu wählen.“

Die KBV-Spitze schlägt deshalb vor, den Versicherten künftig im Kollektivvertrag drei Wahltarife zur Wahl zu stellen:

Wahltarif I würde demnach einem Versicherten die freie Wahl eines Hausarztes überlassen, für jeden Gang zum Facharzt benötigte er aber eine Überweisung. Sonst müsste er die Behandlungen dort per Rechnung begleichen und sich den Betrag von seiner Krankenkasse erstatten lassen.

Tarif II ließe einem Versicherten die freie Hausarzt –und Facharztwahl. Allerdings würde das Sachleistungsprinzip grundsätzlich nur für die hausärztliche Versorgung gelten. Für fachärztliche Behandlungen würde auf jeden Fall die Kostenerstattung vorgesehen.

Tarif III würde ebenfalls die freie Hausarzt- und Facharztwahl ermöglichen, dazu die Behandlung in beiden Gruppen auf Basis des Sachleistungsprinzips. Dafür müssten Versicherte jedoch einen Zusatzbeitrag bei ihrer Krankenkasse errichten.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt: KBV-Vertreter*versammlung: EBM-Reform geht weiter, Freitag, 1. März 2013

Dem schloß sich der Hartmann Bund (freier Berufsverband aller Ärzte, Zahnärzte und Medizinstudenten) an:

Der Hartmannbund (HB) hat das Konzept der Wahltarife der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) begrüßt. „Dieses gibt interessante Hinweise darauf, wie die Eigenverantwortung unserer Patienten gestärkt und die hohe Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte sinnvoll gesteuert werden kann“, ….

Wer im Sinne einer Vollkaskoversicherung versorgt werden möchte, der zahlt auch mehr. Das finde ich in Ordnung“, sagte Reinhardt. Damit folge der KBV-Vorschlag einer Grundidee, die in allen übrigen Lebensbereichen eine Selbstverständlichkeit sei. Der HB begrüßte außerdem, dass die KBV die Kostenerstattung als Steuerungsinstrument in das Konzept einbezogen habe.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt: Hartmannbund will Eigenverantwortung der Patienten strken, Montag, 4. März 2013
 
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Das ist wirklich unerhört! Positionspapiere von Ärztefunktionären haben noch nie Gutes hervorgebracht. Die Bezeichnung ist eh ein Etikettenschwindel sondergleichen, weil es sich de facto um Gesetzesentwürfe handelt. Ohne Mandat und somit verfassungswidrig wird hier schamlos agiert.

Der Vorsitzende der KV Nordrhein bezeichnete sich interessanterweise sogar einmal als Berufspolitiker.

Dr. Winfried Schorre, der von ´92 bis ´99 den Vorsitz der KV Nordrhein innehatte, kassierte für dieses Ehrenamt ein jährliches Honorar von 300.000 DM. Dies wurde damit begründet, dass er einen Full-Time-Job leiste und auch seine Praxis müsse durch kostspielige Vertretung nebenher weiterlaufen. Als Franz Müntefering, seinerzeit NRW Gesundheitsminister, davon erfuhr, setzte er per Aufsichtsanordnung die Aufwandsentschädigung Schorres auf 3.000 DM pro Monat herunter. (Deutsches Ärzteblatt, 17. Februar 1995) Schorre verteidigte sich mit der Äußerung, der Vorsitzende einer KV sei de facto Berufspolitiker (sic!). Bei einer Klage vor dem Sozialgericht in Düsseldorf kam heraus, dass Schorre nach wie vor die Hälfte seiner Zeit mit Praxistätigkeit verbringe. Und was das Fass endgültig zum Überlaufen brachte, ist die Tatsache, dass er sogar noch für ein weiteres Ehrenamt Zeit fand. Auch hierfür kassierte er ein Honorar in Höhe von 170.000 DM. (Quelle: ARD Panorama)
Mir fällt zu dem Positionspapier auch spontan die böse Frage ein, in welchen Tarif wohl Hartz-IV-Empfänger eingeordnet werden...:rolleyes:

Versteckt ist m.E. das Eingeständnis, dass sich die KBV selbst für überflüssig hält. Wie anders sollte man sonst das beabsichtigte Kostenerstattungsprinzip interpretieren? Also dann gleich weg mit dem bürokratischen Wasserkopf KBV!
 
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BEISPIEL zu Entwicklungen im Gesundheitssystem und den Plänen eines „Players“

Eugen Münch, dem Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzenden der Krankenhauskette Rhön-Klinikum AG schwebt "ein großes Krankenhausnetzwerk samt dazugehörender Versicherung, „Primärversicherung“ genannt, vor.

„Wer bestimmte Leistungen haben will, die im Regelsystem angeblich noch angeboten werden, in der Realität aber nicht mehr, bringt dafür über eine Versicherung einen überschaubaren Obulus“, so Münch. Ihm schweben dabei rund 30 Euro pro Monat vor. Die Leistungen, die die Nutzer dafür innerhalb des Krankenhausnetzes zusätzlich erhalten sollen, sind zum Beispiel „die Garantie, innerhalb einer bestimmten Zeit einen Arzt zu sehen, Zweitmeinungen, und freie Arztwahl innerhalb des Netzwerkes.“

„Wir wollen die Masse erreichen, zwischen acht und zehn Prozent der Menschen in Deutschland“, so Münch. Die Zusatzversicherung soll aber nicht Rhön selbst anbieten, sondern eine kooperierende Krankenkasse. „Die gesetzlichen Kassen zeigen großes Interesse“, so Münch.

Hintergrund ist die gescheiterten Übernahme des Krankenhausbetreiber/ der Krankenhauskette Rhön-Klinikum AG durch den Fesenius Konzern, der die Rhön-Klinikum AG mit seinem Klinikunternehmen Helios zusammenführen wollte, womit der „europaweit größte private Krankenhausbetreiber entstanden“ wäre.

Aufsichtsratschef von Rhön-Klinikum, Eugen Münch sagte: „Hier wurde eine große Chance im ersten Anlauf zur gemeinsamen Gestaltung des deutschen Gesundheitsmarktes verpasst. Der Zusammenschluss hätte allen Beteiligten neue Chancen eröffnet."

Der Vorsitzende des Interessenverbands kommunaler Krankenhäuser (IVKK), Bernhard Ziegler, sagte, die Entwicklung zeige die Gefahr einer Abhängigkeit des deutschen Krankenhauswesens von den Winkelzügen privater Anleger. „Wenn die Versorgung der Bevölkerung mit stationären Leistungen davon abhängt, welcher Investor sich in welcher Konstellation die größeren Vorteile verspricht, steht es schlecht um unser Gesundheitswesen“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel vom Samstag. ..

Quellen:
Deutsches Ärzteblatt: Eugen Mnch: Die Vision des Rhn-Hauptaktionrs
Deutsches Ärzteblatt: Fresenius misslingt bernahme der Rhn-Klinikum AG
 
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Google-Healing und Facebook-Health

Ich zitiere:

Die digitale Wirtschaft erweitert ihren Fokus und nimmt verstärkt das Gesundheitswesen in den Blick. Davon ist Markus Müschenich überzeugt. Müschenich, bis vor einer Weile Vorstandsmitglied beim Sana-Klinikkonzern, engagiert sich mittlerweile als Unternehmer und hat vor kurzem die Beteiligungsgesellschaft Flying Health gegründet, die Unternehmen der Internetmedizin unterstützen will. Unlängst hat er Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) in die USA begleitet. ...

Müschenich:...Und drittens unterstützt man in Nordamerika junge Gründer, die sich um neue Geschäftsmodelle für den Bereich Gesundheit und IT kümmern, sehr intensiv: durch Mentorenprogramme, Infos zu Unternehmensgründung und Unternehmensführung, kostenfreie Büroräume und anderes mehr.

Man sieht in den USA die Chance, E-Health als Teil der Regelversorgung zu etablieren. Dies würde für die Unternehmen bedeuten, dass sie mit definierten Umsätzen rechnen können und entsprechende Gewinne erzielen werden. ...

Eines der großen Themen scheint mir in diesem Zusammenhang die Verhinderung unnötiger Wiedereinweisungen ins Krankenhaus zu sein. ...Im Kern geht es darum, via Smartphone mit einem Patienten von der Indikationsstellung über die präoperative Phase bis in die poststationäre Phase hinein Kontakt zu halten und ihn so im Behandlungsprozess zu begleiten.

Nach meiner Reise bin ich überzeugt davon, dass es nicht mehr lange dauern wird,bis Firmen wie Google oder Facebook oder auch andere ihre Infrastruktur für E-Health-Anwendungen zur Verfügung stellen und eigene Dienste rund um die Gesundheit unterbreiten werden. Dann werden soziale Netzwerke dafür genutzt werden, Patientendaten zu generieren und zu verwalten. Vielleicht sprechen wir dann ganz selbstverständlich von Google-Healing oder Facebook-Health. Wenn Politik und Selbstverwaltung in Deutschland das Thema nicht schneller voranbringen, dann verlieren wir nicht nur Patienten an schwer kalkulierbare Anbieter. Dann verliert auch der Medizintechnikstandort Deutschland nachhaltig an Reputation.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt: Gesundheit hlt Eintritt in die Grnderszene
Mittwoch, 26. Juni 2013
 
Es gab mal ein „geflügeltes Wort“ deutscher Ärzte, das lautete: „Gehen Sie überall hin, nur nicht ins Internet!“ Die Intention muss man eigentlich nicht erklären. Dennoch: Dahinter steckt die Furcht der selbstverwalteten Staatsmedizin, die Definitionsmacht und die Richtlinienkompetenz aufgrund frei zugänglicher Informationen zu verlieren. Insofern wäre E-Health ein echter Gewinn, denn weltweit vorhandenes Wissen würde unweigerlich in die Aufklärung für eine korrekte Behandlung nach dem state-of-the-art einfließen. Deutsche Ärzte müssten sich endlich mit dem wissenschaftlichen Fortschritt auseinandersetzen und könnten Patienten nicht länger für dumm verkaufen.

Wie schrieb Gerd Antes, langjähriger Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums in Freiburg, in der FAZ vom 31. Dezember 2008?
Die generell vorhandenen, oft sehr großen Lücken oder Barrieren zwischen vorhandenem, überprüfbaren Wissen und tatsächlichem Tun von Ärzten und Patienten beschäftigen die Gesundheitsforschung und -systeme vieler Länder. […] In Kanada und anderen Ländern wurden unter dem Schlagwort „Knowledge Translation“ eine Fülle von kostenintensiven Aktivitäten dazu eingeleitet. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten haben vor allem Australien, Großbritannien, Neuseeland, die Niederlande, und die skandinavischen Länder dieses Anliegen ebenfalls in ihre Agenda aufgenommen, und zwar sowohl auf der Seite der Wissensgenerierung wie auch der systematischen Wissensnutzung.
Haarsträubend ist die Analyse von Gerd Antes (a.a.O.):
Deutschland spielt auf diesem Marsch in die globale Wissens- und Informationsgesellschaft in der Medizin nur eine Nebenrolle oder taucht an vielen Stellen überhaupt nicht auf.
Das steht ja wohl im krassen Gegensatz zu der beschönigend, geradezu lächerlichen Aussage von Müschenisch:
Dann verliert auch der Medizintechnikstandort Deutschland nachhaltig an Reputation.
Welche Reputation? Dass im Raum Köln mehr MRT-Geräte vorhanden sind als in ganz Italien?

Die Risiken der Datensicherheit darf man natürlich nicht übersehen und an dieser Stelle ist sicherlich viel eigenverantwortliches Handeln eines jeden Patienten vonnöten. Trotzdem halte ich die Bilanz der sich abzeichnenden Entwicklung grundsätzlich für sehr positiv. Die scheinheilige Politik der Selbstverwaltung ist ein Auslaufmodell und E-Health wäre dann hoffentlich ihr Ende.
 
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Deutsches Ärzteblatt: Zitat der Woche: Erheblicher Realittsverlust (19.08.2013)

BRIEFE
Dtsch Arztebl 2013; 110(33-34): A-1566 / B-1381 / C-1364

Zu dem Zitat der Woche (DÄ 20/2013: „Wir sollten mehr Ärzte ausbilden, denn der Bedarf ist da“ von Prof. Dr. med. Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion)

Das „Zitat der Woche“ von Prof. Karl Lauterbach, sollte es nicht aus einem so nicht nachvollziehbaren Zusammenhang gerissen sein, zeigt einen erheblichen Realitätsverlust. Deutschland hat deshalb einen so gravierenden Ärztemangel, weil bis zu 20 Prozent der deutschen Ärzte ins Ausland abwandern: Junge Ärzte nach dem Examen (die ausländischen Headhunter warten vor der Tür!), in der Fachausbildung oder auch als Fachärzte. Jeder ausgewanderte deutsche Arzt kostet Deutschland etwa eine Million Euro, die Gesamtkosten gehen somit in die Milliarden. Der Bundesärztekammer ist dieses Problem bekannt: Nach ihren Erhebungen wanderten 2011 etwa 2 400 deutsche Ärzte aus. Hauptnutznießer sind Länder, die zu wenig Ärzte ausbilden: die Schweiz, Österreich, Skandinavien, Großbritannien und andere. 40 Prozent aller Assistenzärzte in Schweizer Hospitälern sind Deutsche. Eine Rückkehr dieser Ärzte würde unser Ärzteproblem erheblich lindern.

Was ist die Ursache dieser Auswanderungswelle? Unser Gesundheitssystem wird immer noch durch den Altruismus der Assistenzärzte alimentiert. Unbezahlte Überstunden, inadäquate Vergütungen der Nachtdienste, zu lange Dienstzeiten mit chronischer Übermüdung, fehlende Fortbildungsmöglichkeiten, dafür aber jede Menge arztfremder Tätigkeiten wie Kodierung der DRGs, das Suchen nach Reha- und Pflegeplätzen etc. . . . Diese Liste nichtärztlicher Tätigkeiten ließe sich beliebig fortführen.

Deutschland muss nicht mehr Ärzte ausbilden. Stattdessen müssen die geleisteten Stunden korrekt abgerechnet und die Belastungen in Klinik (und Praxis) auf typisch ärztliche Tätigkeiten zurückgeführt werden . . .

Australien ködert seine aus aller Welt angeworbenen Ärzte unter anderem damit, dass für alle nichtärztlichen Tätigkeiten in der Klink ausreichend Hilfskräfte vorgehalten werden. Fragt man diese ausgewanderten Kollegen, dann haben sie wieder Freude an ihrem ärztlichen Beruf. Prof. Lauterbach sollte sich einmal mit ausgewanderten deutschen Ärzten unterhalten.

Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Klaus E. v. Olshausen, 69118 Heidelberg
 
Wuhu,
?!

Das gleiche was hier beschrieben wird, wird auch zB in Österreich seit Jahren (!) verlautbart, wo das MED-Studium noch immer mehr als überlaufen ist - auch zT wegen "ausländischen" (auch deutschen) Studenten, die größtenteils wieder zurück in die Heimat oder ganz woanders nach Studium hin wandern...
:idee:

In den ländlichen Gebieten finden sich immer wengier "neue" Ärzte ein, weil es einfach viel Arbeit um wenig Geld bedeutet (außer, man ist ein pragmatisches Gewohnheitstier und kann im günstigsten Fall die Praxis seines Elternteiles übernehmen)...
 
Auf medleaks ("Es brodelt...") gibt es einen sehr informativen Brief eines Hausarztes. (Anhang) Er zeigt u.a. auf, mit welch perfiden Mitteln in die Verordnungspraxis eingegriffen wird, inkl. Regressen und drohendem Ausschluß aus dem Abrechnungssystem. Sein Fazit:
Die ärztliche Selbstverwaltung ist meines Erachtens auf ganzer Linie gescheitert. Wir Ärzte waren und sind Spielmasse zwischen Versicherungsgesellschaften und der Politik.

Grüsse!

P.S.: Prof. Lauterbach sitzt im SPD-Schattenkabinett. Mir wird schon bei dem bloßen Gedanken übel, diesen Netzwerker als Bundesgesundheitsminister zu sehen. Lauterbachs Lehrstuhl an der Kölner Uni ist derzeit von Dr. Eckart Fiedler als Honorarprofessor besetzt.

Ein Blick in Dr. Fiedlers Vita ist exemplarisch für Karrieren deutscher Gesundheitsfunktionäre:

- 1971 Geschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
- 1972 Geschäftsführender Arzt und Leiter der Honorarabteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Köln.
- 1977 Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Köln.
- 1988 Geschäftsführer des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen in Siegburg
- 1996 - August 2006 Vorsitzender des Vorstandes der Barmer Ersatzkasse
- 2006 Als Honorarprofessor lehrt er ab dem Wintersemester 2006/2007 am Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie in Köln (Leitung: Prof. Dr. med. Dr. Sc. (Harvard) Karl Lauterbach - beurlaubt als Mitglied des Bundestags).​

Dr. Fiedler wiederum ist ein enger Hausfreund von Prof. Nix. (Urteil LG Mönchengladbach Az. 5 T 468/97) Durch Fiedler wurde Nix der Gutachter für CFS/MCS-Fälle aus der ganzen Bundesrepublik. Die Rolle der Barmer Ersatzkasse ist ja hinlänglich bekannt...:schock:
 

Anhänge

  • Brief eines Hausarztes.pdf
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Das ist alles nur g r u s e l i g und gehört verändert/ abgeschafft.

Es ist mir als Patientin auch schwer gefallen und ich hatte überhaupt keine Lust, mich mit „dem Gesundheitssystem“ zu beschäftigen. Ich war krank und wollte mit der Hilfe von Ärzten wieder gesund werden. Aber ich bin, wie so viele, an Ärzten gescheitert mit ganz erheblichen Konsequenzen für mein gesamtes weiteres Leben und meine Familie. Ich habe mich gefragt, warum sind Ärzte so, warum handeln sie wie sie handeln. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich mit dem System zu beschäftigen. Und für mich sieht es so aus, daß sich NUR etwas ändert, wenn die Patienten aufbegehren, ergo sich über die Machenschaften in diesem korrupten System informieren. Ich weiß, wenn man krank ist, schafft man das meist nicht. Trotzdem, der Brief, den Castor angehängt hat, bringt Vieles auf den Punkt und ist lesenswert. Ich kann nicht umhin, ein paar weitere Textstellen zu zitieren, auch damit es einfacher ist, zu erkennen, worum es geht und daß es alle betrifft.

Am allerwenigsten habe ich früher verstanden, warum die Ärzte selber sich nicht wehren, warum sie den ganzen Widersinn mitmachen und sich immer mehr von den Krankenkassen vorschreiben lassen. Aber „die Ärzte“ als Gruppe gibt es gar nicht. Es gibt ganz grob die Ärzte die als Funktionäre in der sog. Selbstverwaltung mitbestimmen, was zu geschehen hat und es gibt die Ärzte, die reale Patienten versorgen, wobei die Funktionärs-Ärzte i.d.R. nicht wissen, wie die Arbeit in Praxen und Krankenhäusern wirklich aussieht. Aber so gaaaaanz langsam scheinen auch einzelne Ärzte aufzubegehren.

Oder das System kollabiert absehbar.
... uch hinsichtlich der Beurteilung, was ein chronisch kranker Patient sei, differieren die Verträge. So wartet zum Beispiel die TK mit einem 16 seitigen Monumentalwerk überwiegend neurologischer Diagnosen auf, die ihrer Meinung nach als „chronisch krank“ zu klassifizieren wären (= mehr Geld), während man Diabetiker, Herz oder Tumorpatienten nicht als „chronisch krank“ einstufen darf (= weniger Geld).. …

Anders bei der Hausarztzentrierten Versorgung. Hier wurde ein sogenanntes Bonussystem eingeführt, sprich diejenigen Ärzte, die besonders wirtschaftlich verordnen … können mit einem Bonus rechnen. Was wirtschaftliche Verordnung bedeutet, wird den Kolleginnen und Kollegen via sogenannter Pharmakotherapiezirkel beigebogen. Konkret bedeutet dies, dass ich als Moderator 4 x jährlich eine Qualitätszirkelsitzung anzuberaumen habe, um vorgegebene Thematiken mit beigefügten Regieanweisungen vorzutragen. Diese Regieanweisungen und Ausarbeitungen der Pharmakotherapiesitzungen werden durch das AQUA Institut in Göttingen inhaltlich vorbereitet. …Geschäftsführer des Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH (AQUA) ist übrigens ein Herr Professor Dr. med. Dipl. Soz. Joachim Szecsenyi, seines Zeichens Ordinarius der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung an der Universität Heidelberg und selbstredend Mitglied der Fortbildungskommission Allgemeinmedizin…..

Wenn man jetzt in Betracht zieht, dass die AOK Baden Württemberg die von der Fortbildungskommission über das AQUA Institut gesteuerten Pharmakotherapiezirkel finanziert, dann könnte dem einen oder anderen aufgehen, dass hier eine Krankenkasse direkt Einfluss nimmt auf das Therapieverhalten der Ärztinnen und Ärzte. Nun betonen MEDIVerband und Hausärzteverband zwar immer wieder, dass letztendlich der Arzt über die Therapieauswahl entscheidet, aber es wird verschwiegen, dass die Teilnahme an den Pharmakotherapiezirkelsitzungen verpflichtend ist unddie Nichtteilnahme über Honorarabzug bis zum Ausschluss aus dem Vertragswesen geregelt ist

Bei näherer Betrachtung der Inhalte der Pharmakotherapiezirkelvorgaben musste ich dann erschreckenderweise feststellen, dass Therapieverfahren vorgeschlagen wurden, die in anderen Fachgesellschaften längst verworfen worden waren und die einzig dazu [dienen] Medikamentenausgaben zu reduzieren. …

Wie schon angedeutet, bekomme ich durch meine Praxisverwaltungssoftware eben diese Hinweise beim Ausstellen der Rezepte eingeblendet. Das erledigt der sogenannte „gekapselte Kern“, eine Blackbox, die die Systemhäuser, die uns mit Hard und Software beliefern, in den Wahnsinn treiben dürfte – da geheim – und die Kosten der EDV massiv in die Höhe schnellen ließ, sowie die Leistungskapazität der Hardware in die Knie zwingt. Was da so alles über diesen „gekapselten Kern“ an die hausärztliche Vertragsgemeinschaft online übertragen wird, kann ich nicht nachvollziehen. Das Thema Datenschutz dürfte aber allenfalls als Lachnummer in Erscheinung treten. Tatsache ist, dass der Außendienst der AOK Baden Württemberg, der die Vertragsteilnehmer regelmäßig in den Praxen heimsucht, sehr detaillierte Informationen über Patienten, Diagnosen, Vertragsstand etc. liefern kann. Womit wir beim nächsten Thema wären. Der AOK Außendienst informiert die Vertragsteilnehmer über angeblich falsche ICD10 Kodierungen und gibt Hinweise auf mögliche Diagnosecodierungen.

Das sog. Hausarztvertragswesen, dass mittlerweile einer bürokratisch völlig überbordenden Zweit KV Struktur entspricht und die Selbstgefälligkeit, mit der einige Verbandsfürsten zu Werke gehen, sowie der fatale Umstand, dass die Krankenkassen direkten Einfluss auf Pharmakotherapie, Diagnosecodierung und Evaluation nehmen, sind maßgeblich mit verantwortlich am derzeitigen Status quo. Ich denke, dass spätestens jetzt dem verehrten Leser klar sein dürfte, dass man so keinen Nachwuchs generieren kann.

Aber vielleicht habe ja auch ich mich völlig verrannt. Wenn man natürlich die Freiberuflichkeit der Ärzte aufgeben möchte und den verbleibenden Rest der Krankenkassenoberaufsicht unterstellt, gleichzeitig die Krankenhausbetten reduziert und durch Krankenhausschließung die Nachwuchsgewinnung ausschaltet, wird man irgendwann zu dem Punkt kommen, dass die Krankenkassen nicht mehr wissen, in welche ihrer zahlreichen Tochterunternehmen und Kapitalgesellschaften sie das Geld ihrer Versicherten noch unterbringen können. Der „worst case“ einer Versicherung ist nun mal der Versicherungsfall – keine Hausärzte bedeutet keine Kosten.

Die ärztliche Selbstverwaltung ist meines Erachtens auf ganzer Linie gescheitert. Wir Ärzte waren und sind Spielmasse zwischen Versicherungsgesellschaften und der Politik. Einigkeit war nie unsere Stärke. Die Ärzteschaft in Baden Württemberg ist zerrissen oder hat sich längst der Lethargie ergeben. …
 
SECHS ÄRZTE IM NEUEN BUNDESTAG
Dr. med. Ursula von der Leyen (CDU), die bislang Erfahrungen als Bundesfamilien- und Bundesarbeitsministerin gesammelt hat und 2009 als Bundesgesundheitsministerin gehandelt wurde.
Dr. med. Helge Reinhold Braun (CDU), zuletzt Staatssekretär im Bundesforschungsministerium und per Du mit dem scheidenden Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).
Rudolf Henke (CDU), der seinen Wahlkreis Aachen I zum zweiten Mal gegen die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigen konnte. Er muss erneut sein Amt als Präsident der Ärztekammer Nordrhein und den Bundesvorsitz beim Marburger Bund mit der Parlamentsarbeit unter einen Hut bekommen.
Für Prof. Dr. med. Karl Lauterbach, den gesundheitspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, blieb es bis zum Schluss spannend: Er errang seinen Wahlkreis Leverkusen-Köln I mit 3*000 Stimmen Vorsprung gegenüber dem örtlichen CDU-Kandidaten.
Neu in der SPD-Fraktion ist die Hausärztin Sabine Dittmar aus Franken.
Dr. med. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) zog über die Landesliste Mecklenburg-Vorpommern erneut in den Bundestag ein. Der Obmann seiner Fraktion im Gesundheitsausschuss bringt in die Parlamentsarbeit seine Erfahrungen als Vorstandsmitglied der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern ein.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt: Bundestagswahl 2013: Neue Ansprechpartner fr die rzte (27.09.2013)
 
Hier kann man sehen, wer seit heute in der Arbeitsgruppe Gesundheit die diesbezüglichen Koalitionsverhandlungen führt.
Deutsches Ärzteblatt: Koalitions*verhandlungen: Teilnehmer der Arbeitsgruppe Gesundheit stehen fest
Heute beginnen in Berlin die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. In der Arbeitsgruppe (AG) „Gesundheit und Pflege“ diskutieren sieben Vertreter der CDU, drei Vertreter der CSU und acht Vertreter der SPD über die grundsätzlichen Weichenstellungen in der Gesundheitspolitik. Delegationsleiter sind die beiden gesundheitspolitischen Sprecher von Union und SPD, Jens Spahn und Karl Lauterbach.
 
Wer wird neuer Gesundheitsminister? Die altbekannte Wahl zwischen Pest und Cholera?

Jens Spahn hat sich in Interviews dazu bekannt, wie nötig er enge Verbindungen zwischen Politikern und der Gesundheitsindustrie empfindet.

Wenn man zu diesem Themenbereich Jens Spahn und Lobbyismus googelt, finden sich etwa diese Treffer: https://www.lobbycontrol.de/2013/01/ein-abgeordneter-mit-lobbyagentur-jens-spahn-antwortet-nicht/ und
https://lobbypedia.de/wiki/Jens_Spahn

Karl Lauterbach wurde in denkwürdiger Weise in der Sendung Maischberger von Dr. Gunter Frank entlarvt: (ab 3:50 Min. wird es interessant)

Frank hat Recht, wenn er in der Sendung behauptete, dass Lauterbach an einer 1998 veröffentlichten Adipositas-Leitlinie (Anhang) mitarbeitete, die das Medikament Sibutramin empfahl. Lauterbach bestreitet die Fakten. Aus der Leitlinie:
Die Zulassung von Sibutramin wurde beantragt.
Und das vor dem Hintergrund, dass bereits zur selben Zeit (1998) das arznei-telegramm eine Warnung zu Sibutramin aussprach:
Wir raten von der Verwendung beider Mittel [Ergänzung: Orlistat und Sibutramin] wegen der zum Teil beträchtlichen unerwünschten Folgen ab.
Quelle ORLISTAT (XENICAL) UND SIBUTRAMIN (REDUCTIL) - HILFE BEI ÜBERGEWICHT? - arznei telegramm

Die von Lauterbach mitverfasste Leitlinie wurde durch die BASF-Tochter Knoll unterstützt. Zitat am Ende der Leitlinie:
Wir danken der Knoll Deutschland GmbH und der Knoll AG sowohl für die finanzielle als auch die personelle Unterstützung bei der Erstellung und Verbreitung dieser Leitlinie.

Knoll ist der Hersteller des Antidiapositums Sibutramin. Dabei handelt es sich übrigens um ein Antidepressivum (Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer), für das wegen schwacher antidepressiver Wirkung ein Ersatzmarkt gefunden werden musste.

Kann man auf Lauterbachs Ehrlichkeit und Redlichkeit setzen? Ich denke, Frau Merkel sollte Lauterbach schnellstmöglich das uneingeschränkte Vertrauen aussprechen. Bei Guttenberg, Schavan etc. hat es immer geholfen. ;)

Grüße
Castor
 

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Wer wird neuer Gesundheitsminister? Die altbekannte Wahl zwischen Pest und Cholera?
Jens Spahn hat sich in Interviews dazu bekannt, wie nötig er enge Verbindungen zwischen Politikern und der Gesundheitsindustrie empfindet.
Karl Lauterbach ... die das Medikament Sibutramin empfahl. Lauterbach bestreitet die Fakten.

Hallo Castor,

es ist zum K..., so etwas schimpft sich dann Arzt. Eine Beleidigung für die ganze Zunft :mad:

Gruß,
Clematis
 
IMMER MEHR GELD IN EIN NICHT FUNKTIONIERENDES SYSTEM

Hallo Paula,

Immer mehr Geld für eine neue Behörde mit neuen lukrativen Posten, irgendwo muß man doch dieses verfilzte Pharma-GKV-Ärztekammer-usw.-Personal unterbringen, damit sie endlich auch Sahne schlecken können. :rolleyes: :mad:

Besser wäre es beim IQWiG mal aufzuräumen und dort Einsparungen zu erlangen, indem man das korrupte Personal entläßt und "sauberes" einstellt.

Gruß,
Clematis
 
Agentur Deutscher Arztnetze e.V. - Kooperationsformen
Nie hat sich die Form der ärztlichen Berufsausübung so stark verändert, wie in den letzten Jahren. Der Gesetzgeber hat die vormals sehr strenge Berufsordnung der Ärzte liberalisiert und ermöglicht heute die verschiedensten Berufsausübungsformen.

Agentur Deutscher Arztnetze e.V. - Was sind Arztnetze?
10115 Berlin
Mitte der 1980er Jahre waren ärztliche Bemühungen um kooperative Berufsausübungsformen in vollem Gange. Dies war die Reaktion auf die … sich festigende Kostendämpfung im Gesundheitswesen … Der NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte, erstritt seinerzeit in einem Musterprozess vor dem Bundessozialgericht die grundsätzliche Zulassung der so genannten Fachübergreifenden Gemeinschafspraxis und legte den Grundstein für ärztliche Kooperationen heutiger Art.

Praxisnetze schließlich etablierten sich vor rund zehn Jahren. Der Grund: Das Zweite GKV-Neuordnungsgesetz 1997 (2. NOG) hatte zum Ziel, neue Versorgungsstrukturen im ambulanten Bereich durch eine stärkere Vernetzung von niedergelassenen Ärzten – so genannte Praxisnetze oder Arztnetze – zu fördern. Der Gesetzgeber erhoffte sich von der engeren Kooperation zwischen den Vertragsärzten Qualitätsverbesserungen und mehr Wirtschaftlichkeit in der Versorgung.

Ärztenetze sind regionale Zusammenschlüsse von Ärzten zur Optimierung ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Situation. … Daneben ist eines der Ziele die Verbesserung der Kommunikation der Ärzte untereinander... Einige bestehende Ärztenetze haben neben ärztlichen Partnern verschiedener Fachrichtungen auch andere Leistungserbringer (z.B. Physiotherapeuten, Apotheken, Pflegedienste) mit eingeschlossen. …. In ein Praxisnetz dürfen auch Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehakliniken und Angehörige anderer Gesundheitsberufe einbezogen werden. Ärzte und andere Leistungserbringer können mit Krankenkassen so genannte Direktverträge abschließen …Die Bedeutung der Praxisnetze steigt dadurch, weil die Krankenkassen kein Interesse daran haben, mit zahlreichen Leistungserbringern einzeln zu verhandeln. ...

Die Zahl der Ärztenetze steigt rasant an. Zählte man in 2002 bundesweit noch rund 200 Netze, in denen rund 10.000 niedergelassene Ärzte zusammengeschlossen sind, sind es heute circa 400 Netze mit schätzungsweise rund 30.000 Ärzten. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Netzen. Einige sind inzwischen so groß und bündeln nahezu alle Ärzte einer Region, so dass diese bereits direkte Verträge mit Krankenkassen abgeschlossen haben und einen Teil der medizinischen Versorgung selbst gestalten.
 
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