Interessantes, komplexes und wichtiges
Thema.
Hierzu wurden im Thread bereits einige gute Gedanken beigesteuert.
Auch ich möchte und werde mich hauptsächlich dem Thema widmen,
vorher aber Felis für ihre berechtigte Reaktion auf Polemiken danken,
die durch Realitätsferne und Unsachlichkeiten Streit provozieren und weglenken.
Dank in diesem Zusammenhang auch für Klarstellungen von Admin und Moderatorin.
Aktuell schreibt kopf aus meiner Sicht einiges Richtiges zur Politischen Großwetterlage.
Daran will ich mich aber jetzt nicht weiter beteiligen, weil die Gefahr der Politisierung besteht.
Klar ist jedoch, dass Russland, China und Indien keine Vorbilder sein können.
Weder, was Menschenrechte, Zivilgesellschaftlichkeit, Demokratieverständnis
und Parlamentarismus anbelangt, noch was den Finanzsektor betrifft. Jetzt zum Thema ...
Im Opener wird ein Missstand beschrieben. Der Missstand des ungezügelten Kapitalismus. Tatsächlich sind diese Machenschaften schädlich: Sie zerstören Vertrauen, zerstören Werte (materielle wie immaterielle), schaffen Ungerechtigkeiten. Falsch wäre es, die "Systemfrage" zu stellen, also nach einer Revolution zu schreien. Der Sozialismus als Alternative hat bewiesen, dass er keine Alternative sein kann.
Allerdings muss auch die in Demokratien zuweilen etwas schwerfällige Politik hier mehr tun.
Es gilt, dem zügellosen Markt effektive Rahmenbedingungen vorzuschreiben.
Da ist die nationale und internationale Politik gefordert.
Erste Ansätze gibt es, doch man zaudert noch zu sehr.
Grund ist vor allem der anglo-amerikanische Wunsch, die Börsen nicht zu beschränken.
Wallstreet und City of London machen auch nach der Blase 08, was sie wollen.
Obama (USA) ist zu schwach (keine Mehrheiten), Cameron (Europa) schlicht unwillig.
Die Alternative zum "Kapitalismus" kann jedoch nicht Voll-Verstaatlichung und Abschaffung der Privatwirtschaft sein, wie sie bspw. der Warschauer Pakt praktizierte. Dort waren die Menschenunterdrücker mit ihren Bonzen wohlhabend, sie predigten Wasser für die Massen und soffen Wein. Die Volkswirtschaften waren marode, nicht konkurrenzfähig.
Wir brauchen also eine kontrollierte Marktwirtschaft, die Gewinne wieder auf reale (Sach)Werte zurückführt und das bloße Handeln mit Geld (samt Wetten) beschränkt. Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer, die diesen Namen verdient. Wir brauchen EU-weite Standards, auch gegen großen Widerstand.
Deutschland näherte sich diesem Modell nach dem Krieg im sogenannten
„Rheinischen Kapitalismus“, auch wenn damals andere Bedingungen herrschten.
Aber die Unternehmergewinne wurden ordentlich besteuert, die Börsen
wurden kartellrechtlich kontrolliert und Geld für Sozialausgaben generiert.
Und - wichtig – es gab einen gesellschaftlichen Konsens. Da die Schere jetzt
in unseren Breiten zwischen arm und reich immer mehr auseinanderklafft, bekommen Populisten Macht. Das Nationale und der Kommunismus, der kläglich versagte, unterdrückte und seine Staaten vor die Wand (Mauer) fahren ließ,
erscheinen plötzlich als echte Alternative.
Rattenfänger wie Front National (Frankreich), AFD (Deutschland), UKIP (England), aber auch bedingt sicher Blocher (Schweiz) haben keine Lösungen, sie wollen spalten. Ihr erklärter Feind ist das EU-Parlament in Brüssel.
Wir brauchen als Europa aber Brüssel, um die oben
angerissenen Finanzgesetze märkteüberspannend einzusetzen.
Abspaltungen und Sonderregelungen verschärfen nur das Ungleichgewicht
weiter, alle Staatsaufgaben betreffend – dies befördert Armutsflucht und
soziale Spannungen. Hinzu kommt das stark subventionierende Staaten –
auf (Sozial)Kosten der eigenen Bevölkerung – Anreize zur Abwanderung
hiesiger Unternehmen schaffen. Lohndumping auf beiden Seiten ist die Folge.
Wenn wir also monetäre Missstände beklagen, dann müssen wir denen auf die
Finger schauen, die Geld verwalten, aber auch denen, die Geld investieren.
Und fiskalische Themen wie Verteilungsgerechtigkeit, Steuergerechtigkeit, Staatshaushalt und andere können nur genannt werden, sprengten aber den Rahmen - auch wenn deren Volumen stark, nein, noch zu stark von den Zockern abhängig ist.
Was wir tun können
Wir sollten als Demokraten in unseren Demokratien die Mittel nutzen,
die uns zur Verfügung stehen: Proteste (bspw. Occupy-Bewegung, Attack),
Wahlen, Petitionen, Öffentlichkeit herstellen (Medien), Gewerkschaften stärken,
Parteien zur Rede stellen, sozialere Geldinstitute aussuchen, Produkte boykottieren usw.
Davon wird - bei geöffneten Augen - durchaus Gebrauch gemacht.
Mehr wäre jedoch wünschenswert.
Und wir sollten der Politik aus ihrer Umklammerung durch Finanz-Lobbyisten heraushelfen.
Die Vermögensverwalter, Händler, Agenten und Makler fürchten besonders zwei Dinge:
Echte Transparenz, die justitiabel ist, und schlechte PR.
Also, durchaus mal als Schwarm (Finanz)Produkte anprangern und boykottieren,
deren Anbieter als unheilvolle Politik-Flüsterer und Gesetzgebungs-Saboteure auffallen.