Über Desinformationen bewährter Behandlungsmethoden von Umweltkrankheiten
Wie ausgeklügelt der Angriff auf MCS ist, belegt diese, sehr umfangreiche, "wissenschaftliche" Arbeit:
https://ubt.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2009/549/pdf/Dissertation_ChristophAugner2009.pdf
Als gäbe es den täglichen, realen Leidensdruck der vielen Tausend MCS u.a. Umweltkranke nicht, wird dort u.a. behauptet:
Während bei SBS die Verursachung durch Umweltfaktoren weitgehend anerkannt ist, kann
man dies bei der Multiplen chemischen Sensitivität (MCS) und dem Chronischen
Müdigkeitssyndrom (Chronic fatigue syndrome, CFS) nicht sagen.
Multiple chemische Sensitivität (MCS)
Unter MCS werden Symptome verstanden, die auf allgemeine Umweltbelastungen
zurückgeführt werden. Es gibt die Theorie, dass Umweltchemikalien, die in einer modernen
Gesellschaft fast überall – meist unter den relevanten Grenzwerten – vorkommen, summativ
eine Sensitivität, also eine Art Allergie auslösen können. Dieser Punkt wird in dieser Arbeit
noch mehrmals aufgegriffen. Insgesamt ist dieser Begriff sehr umstritten, oft wird auch von
Umwelthypochondrie gesprochen – um anzudeuten, dass es für diese Symptome
psychogenetische Ursachen gibt.
Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS)
Dabei handelt es sich um eine anhaltende Erschöpfung bzw. Müdigkeit, die nicht durch Schlaf
verschwindet. Die Definition bezieht sich sehr stark auf den Leistungsaspekt. Diese muss um
mehr als 50% vermindert sein, damit von CFS gesprochen wird. Aus dieser ergeben sich
meist auch Befindlichkeitsstörungen sowie eingeschränkte Arbeits- und
Konzentrationsleistungen. Weiters können auch Kopf- und Gelenkschmerzen, Fieber oder
Lymphknotenschwellungen auftreten. Laborparameter sind in der Regel nicht verändert. Es
werden verschiedenste Ursachen diskutiert: Herpes Viren, Epstein-Barr-Viren, Amalgam-
Zahnfüllungen, Immundefekte.
Nicht in diese Kategorisierung der umweltbezogenen funktionellen Störungen miteinbezogen
wird das dem CFS mitunter sehr ähnliche Fibromyalgiesyndrom, ein nicht-entzündlich
bedingtes Schmerzsyndrom mit chronischen Weichteilbeschwerden. Der Pschyrembel (2002)
macht hier keine Angaben über mögliche Ursachen.
Diese Syndromkomplexe haben folgendes gemeinsam:
· Mehr oder weniger unspezifische Beschwerden, deren Prävalenz in der Bevölkerung sehr
hoch ist
· Diagnose ungewöhnlich stark abhängig von den Angaben der Patienten, meist fehlen
objektivierbare physische Befunde (z.B. Veränderung von Laborwerten)
· Unklare oder umstrittene Ursachen. Auch hier erfolgt die Klassifikation häufig aufgrund
der Zuschreibungen der Patienten – tendenziell auf Stressoren in der Umwelt
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· Dennoch – und das gilt mit Einschränkungen – reichen die Symptomkomplexe aus, um
ein eine Krankheitsbegrifflichkeit zu entwickeln
Hellbrück und Fischer (1999) führen in diesem Zusammenhang noch weitere Begriffe an,
deren Eigenständigkeit aus psychologischer Sicht angezweifelt werden muss, da sie erstens
nicht üblich sind und zweitens sich mit anderen – üblicheren – Begrifflichkeiten
überschneiden:
· Toxikopie: Menschen glauben Gifte in ihrer Umgebung festgestellt zu haben. Sie
sprechen mit anderen darüber und im Laufe der Zeit glauben sie, dass sie tatsächlich an
den entsprechenden Vergiftungen leiden.
Die Nähe zum bereits angesprochenen Nocebo-Effekt ist so stark, dass ein eigener
Terminus unangebracht erscheint.
· Psychogene Massenerkrankung: Diese wurde bereits weiter oben angesprochen. Durch
Gespräche verbreitet sich der Glaube, es existiere ein schädlicher Stressor in der
Umgebung. Viele Menschen können schließlich an diesen Symptomen „erkranken“.
Nachdem bewiesen ist, dass es sich um eine Falschmeldung handelt, klingen die
Symptome in der Regel ab. Aus psychologischer Sicht handelt es sich im weitesten Sinne
auch um einen Nocebo-Effekt. In diesem Zusammenhang sei auf die Idee verwiesen,
physische Gesundheitsgefahren aus der Umwelt um die Komponente Information zu
erweitern (s. Augner, 2005).
· Ökosyndrom: Hier handelt es sich um einen Beschwerdekomplex, bei dem die
Betroffenen der Meinung sind, ihre Symptome stammen von Umweltschadstoffen. Dieser
Begriff hat sich mittlerweile durch die Fülle an verschiedenen Ursächlichkeiten überholt.
Für eine ernsthafte Auseinandersetzung ist es notwendig, nicht eine Inflation von
Krankheitstermini zu entwickeln, sondern relativ klare Definitionen zu haben. Bei SBS, MCS
und CFS kann man dies weitgehend als gegeben ansehen...
Umweltbezogene funktionelle Störungen sind nach wie vor ein relativ undurchsichtiger
Bereich in der Wissenschaft, was man vor allen Dingen daran sieht, dass die Begrifflichkeiten
und Diagnosen weitestgehend von den Symptomschilderungen der Betroffenen abhängig
sind. Mayer und Bieger (2003) beschäftigen sich in einem Beitrag mit MCS, CFS und
Fibromyalgie (sie verwenden den Überbegriff Chronic Multisystem Illnesses, CMI) und deren
Ursachen. In ihrer hauptsächlich immunologischen Arbeit, in der sie aber auch Schadstoffe,
Bakterien, Viren und psychische Faktoren konstatieren, kommen sie zum Schluss, dass der
kleinste gemeinsame Nenner der genannten Syndrome in einer Fehlsteuerung der
Entzündungsregulation besteht. Mayer und Bieger (2003) schlagen eine CMI-Diagnostik vor,
die sich auf drei Ebenen darstellt: die Immunregulation, die neuroendokrine Stressachse, der
zelluläre Stress..
Den Boden aus dem Fass schlägt aber folgende Feststellung in der gleichen Arbeit aus, in der gleich zwei markante Falschaussagen anzutreffen sind:
Einen engen Zusammenhang zwischen den idiopathischen Umweltkrankheiten
(IEI=idiopathic environmetal intolerance, so lautet die Bezeichnung für Umweltsyndrome laut
WHO-Definition) und somatoformen Störungen stellten Bailer et al. (2005) her. Mehr als die
Hälfte der 54 Untersuchten mit IEI erfüllten die Kriterien für eine somatoforme Störung. Die
restlichen IEI-Betroffenen (bezüglich Chemikalien) zeichneten sich durch ähnliche
somatoforme Tendenzen im Vergleich zur Kontrollgruppe aus, wiesen aber insgesamt auch
eine geringere Ausprägung der IEI auf. Im Einklang mit diesen Befunden stehen die Resultate
einer Studie von Osterberg et al. (2007). Niedrige Zufriedenheit mit der Arbeitssituation,
größere Müdigkeit nach der Arbeit und höhere Angst (Trait) als Prädisposition von
Gesundheitssorgen, die Umweltfaktoren betreffen, waren die Schlüsse der Autoren.
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Aus diesen und ähnlichen Ergebnissen ergibt sich für Das-Munshi et al. (2007), die sich in
einer Metaanalyse mit MCS beschäftigten, die Notwendigkeit der Etablierung einer
geeigneten Psychotherapie für Umweltsyndrome.
1. Falschaussage: Wie man u.a. im Text des Links des vorrangegangenen Eintrag, sowie auf der HP des Sachverständigen für Umwelt, Dr. Merz, nachlesen kann, ist die WHO nicht von dem Begriff
MCS abgekehrt und hat ihn auch nicht durch
IEI ersetzt.
2. Falschaussage: Es gäbe eine Notwendigkeit der Etablierung einer
geeigneten Psychotherapie für Umweltsyndrome
Mit anderen Worten MCS, CFS, Fibromyalgie u.a. Umweltkrankheiten seien psychisch verursacht.
Das zu erfahren, wird aber die Betroffenen freuen.
Grüsse Denise