Sommer

Der 43jährige Rainer Maria Rilke schrieb der damals 27jährigen nach der ersten gemeinsamen Nacht: »Schön, wenn einmal so ein Herz über einem aufgeht, gar nicht erst in seinem ersten Viertel, gleich wie der ganze Mond in seiner vollkommensten Nacht ... «

Und er dichtete für sie 1918:

Laß uns in der dunklen Süßigkeit
Nicht der Tränen Richtung unterscheiden.
Bist du sicher, daß wir Wonnen leiden
Oder leuchten von getrunknem Leid?

www.deutsche-liebeslyrik.de/gollc_b.htm
 
Maria Janitschek 1859 -1927)

Abend

Es ist so seltsam still,
so schwerstill,
steinern ...
Wenn doch ein einziger Schmetterling
durch die rotbraune Luft flöge!
An den schwarzen Bergen
hängen Nebelfetzen,
wie Spinnengewebe
an Kellermauern.

So seltsam still,
so schwerstill,
steinern ...
Horch, ein Ton! ...
Aus der Thalschlucht
das Sterbeglöcklein ...
Wer wohl dort geht?
 
Was ist das für ein Sommer?

von Annegret Kronenberg




In den Gärten tanzen keine Schmetterlinge,

erwachen keine Sommerträume.

Wo sind sie?

Kein Sommerwind streichelt die Blumen.

Unentwegt wäscht ihnen der Regen

die Farbe aus dem Gesicht.

Schwalben sah man weder

kommen noch gehen.

Was ist das für ein Sommer,

der keine Tränen trocknet?
 
Hitze

Netz die Lungen mit Wein! Heiß über uns wandelt die Sonne schon,
Alles schmachtet und lechzt unter der Wucht drückender Jahresglut;
Schmelzend süßes Gezirp tönt aus dem Laub, wo die Zikade rasch
ihre Flügel bewegt, denen der helltönende Sang entquillt.
Jetzt, zur Zeit wo die Golddistel erblüht, rasen die Weiber all,
Und die Männer sind schwach.
Mark und Gehirn trocknet des Sirius Gluthauch.

Alkäos, (um 600 v. Chr.), altgriechischer Lyriker und Vorbild für Catull und Horaz

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Wenn's da steht.... :p) !
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Wie liegt die Welt so frisch und tauig
vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
ins grüne Tal hinein.

Mit allen Kreaturen bin ich
in schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt, ich fühl es innig,
und eben darum lieb ich sie.

Und wird auch mal der Himmel grauer;
wer voll Vertrau'n die Welt besieht,
den freut es, wenn ein Regenschauer
mit Sturm und Blitz vorüberzieht.

(Wilhelm Busch)


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Sommer im Süden

In Teppichzelten, die zum Schlummer taugen,
Am Spiele der Gedanken sich vergnügen,
Dazwischen dann und wann in langen Zügen
Den kühlen Rauch der Wasserpfeife saugen,

Bald einsam träumen von geliebten Augen
Und mit dem Traum die Gegenwart betrügen,
Bald mit den Freunden bei gefüllten Krügen
In leichtem Witz der Toren Werk durchlaugen:

Das ist das einz'ge, was in diesen Tagen,
Wo alle Blumen vor der Sonne flüchten,
Mir tunlich noch erscheint und zu ertragen.

Doch wollt mich drum des Leichtsinns nicht bezüchten;
Ein Dichter darf schon auszuruhen wagen,
Denn auch sein Müßiggang ist reich an Früchten.

(Emanuel Geibel, 1815-1884)
 
Sommer

Weißt du wie der Sommer riecht?
Nach Birnen und nach Nelken,
nach Äpfeln und Vergißmeinnicht,
die in der Sonne welken,
nach heißem Sand und kühlem See
und nassen Badehosen,
nach Wasserball und Sonnencreme,
nach Straßenstaub und Rosen.

Weißt du, wie der Sommer schmeckt?
Nach gelben Aprikosen
und Walderdbeeren, halb versteckt
zwischen Gras und Moosen,
nach Himbeereis, Vanilleeis
und Eis aus Schokolade,nach Sauerklee vom Wiesenrand
und Brauselimonade.

Weißt du, wie der Sommer klingt ?
Nach einer Flötenweise,
die durch die Mittagsstille dringt,
ein Vogel zwitschert leise,
dumpf fällt ein Apfel in das Gras,
ein Wind rauscht in den Bäumen,
ein Kind lacht hell,
dann schweigt es schnell
und möchte lieber träumen.

(Ilse Kleberger, 2003)
 
Die uralte Kornfeldlinde

Aus einem Kornfeld,
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schräg zum See,
hob sich die Linde.

Auf schmalem Fußweg an ihr vorbei,
jeden Nachmittag durch die Juliglut zum Baden,
wir Jungens.

Der blaue Himmel, die tausend gelben Blüten, das Bienengesumm !

Und noch immer,

wenn die andern längst unten waren,
- aus dem Wasser klang ihr Lachen und Geschrei -

stand ich.

Und sah den Himmel
und hörte die Bienen
und sog den Duft.



(Arno Holz)
Arno Holz

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Sommer
ABEND IN LANS 1. Fassung

Sommer unter kalkgetünchten Bogen,
Vergilbtes Korn, ein Vogel der ein und aus fliegt
Abend und die dunklen Gerüche des Grüns.
Roter Mensch, aufdämmerndem Weg, wohin?
Über einsamen Hügel, vorbei am knöchernen Haus
Über die Stufen des Walds tanzt das silberne Herz.

Georg Trakl
Trakl - Gedichte: Sommer
 
Sommer

Sommer: für etliche Tage
Begleiter der Rosen zu sein;
was um erblühende Seelen
weht, das atmen wir ein.

Sehen in jeder, die stirbt,
eine Vertraute,
entschwundene Schwester, die wir
unter anderen Rosen überdauern.

Rainer Maria Rilke (1875-1926)
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Sommerblumen


Erich Bockemühl
Nur ihre Namen wieder hinzusagen
Ist dir ein freundlich sommerlich Behagen:
Labkraut, so duftend süß, im ganzen Land
Als "unsrer lieben Frauen Bettstroh" ists bekannt.
Und Federnelken, klein und rot und rund
Sie tun sich anders nicht als lieblich lächelnd kund.
Und Thymian, wie schön der Name klingt
Und duftend sommerlich, als wenn die Grille singt.
Jasionen auch, die Stengel sind ganz grau,
doch tragen sie ihr Köpfchen licht und blau.
Kreuzkraut, Johanniskraut -- und wahrhaft golden
Erhebt der Rainfarn seine großen Dolden.
Wenn du am Weg noch stehst, da winkt dir schon
Vom Felde her der schöne rote Mohn.
Kamillen sind ein Bild vom Himmelslicht,
Sind "Balders Wimper", wie die Sage spricht.
Kornblumen blau, Kornraden violett,
Sie singen dir ein blühendes Duett --
Und überhaupt: Das Blühen wird Gesang,
Der klingt dir bunt und hell den ganzen Weg entlang.
Setz dich am Feldrain nieder, still und leise
Singt dir des Sommers schöne Blumenweise.
Und wenn du horchst, ganz still, hörst du im Singen
Des eignen Herzens Schlag wie Glockenklingen,
Ganz leise nur, mag es nur leise sein,
Je leiser, um so schöner schließt es ein
Den Himmelslaut, wenn der dich angerührt,
Bist allzeit du vom wahren Licht geführt.
Und in der kleinen Blumen schlichtem Sommerlied
Die ew'ge Liebe doch am allerschönsten blüht ...
Verstehst du's nun: O sommerlich Behagen,
Mit kleiner Blumen Namen-nur-zu-sagen
Die ew'ge Liebe schön im Sinn zu tragen.


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Sommernacht

Wilhelm Keller

1. Wieder schleichst herab vom Hügel,
breitest deine sanften Flügel,
süße Ruhespenderin,
über Dorf und Steppe hin.

2. Hängst die Sense an den Baum;
legst den Schnitter tief in Traum;
heißest fließen deine Quelle,
kräftespendend, rein und helle.

3. Schauest jedem in sein Herz,
kennst und fühlst den tiefsten Schmerz...
Tränen, die sich drob ergießen,
morgens klar am Halme fließen.

4. Matter wird der Sterne Strahl,
und du grüßest noch einmal,
langsam deine Flügel hebend,
über neues Leben schwebend.
 
Der Sommer

Das Erntefeld erscheint, auf Höhen schimmert
Der hellen Wolke Pracht, indes am weiten Himmel
In stiller Nacht die Zahl der Sterne flimmert,
Groß ist und weit von Wolken das Gewimmel.

Die Pfade gehn entfernter hin, der Menschen Leben,
Es zeiget sich auf Meeren unverborgen,
Der Sonne Tag ist zu der Menschen Streben
Ein hohes Bild, und golden glänzt der Morgen.

Mit neuen Farben ist geschmückt der Gärten Breite,
Der Mensch verwundert sich, daß sein Bemühn gelinget,
Was er mit Tugend schafft, und was er hoch vollbringet,
Es steht mit der Vergangenheit in prächtigem Geleite.

(Friedrich Hölderlin)

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Busch, Wilhelm (1832-1908)

www.adfc-bayern.de/euregio/marienbad.jpg
Im Sommer

In Sommerbäder
Reist jetzt ein jeder
Und lebt famos.
Der arme Dokter,
Zu Hause hockt er
Patientenlos.

Von Winterszenen,
Von schrecklich schönen,
Träumt sein Gemüt,
Wenn, Dank der Götter,
Bei Hundewetter
Sein Weizen blüht..
 
Die Erlen

Novalis


Wo hier aus den felsichten Grüften
Das silberne Bächelchen rinnt,
Umflattert von scherzenden Lüften
Des Maies die Reize gewinnt,

Um welche mein Mädchen es liebt
Das Mädchen so rosicht und froh
Und oft mir ihr Herzchen hier gibt,
Wenn städtisches Wimmeln sie floh;

Da wachsen auch Erlen, sie schatten
Uns beide in seliger Ruh,
Wenn wir von der Hitze ermatten
Und sehen uns Fröhlichen zu.

Aus ihren belaubeten Zweigen
Ertönet der Vögel Gesang
Wir sehen die Vögelchen steigen
Und flattern am Bache entlang.

O Erlen, o wachset und blühet
Mit unserer Liebe doch nur
Ich wette, in kurzer Zeit siehet
Man euch als die Höchsten der Flur.

Und kommet ein anderes Pärchen,
Das herzlich sich liebet wie wir
Ich und mein goldlockiges Klärchen,
So schatte ihm Ruhe auch hier.

 
Die Efeulauben flimmern

Stadler, Ernst (1883-1914)

Der Sommermittag lastet auf den weißen
Terrassen und den schlanken Marmortreppen
die Gitter und die goldnen Kuppeln gleißen
leis knirscht der Kies. Vom müden Garten schleppen
sich Rosendüfte her - wo längs der Hecken
der schlaffe Wind entschlief in roten Matten
und geisternd strahlen zwischen Laubverstecken
die Götterbilder über laue Schatten.
Die Efeulauben flimmern. Schwäne wiegen
und spiegeln sich in grundlos grünen Weihern
und große fremde Sonnenfalter fliegen
traumhaft und schillernd zwischen Düfteschleiern.
 
Maria Janitschek (1859-1927)

Ein Jahr tbn0.google.com/images?q=tbn:EBNRhXAcsheAnM:http:

Träumende Blumen, nickendes Gras,
von Käfern ein gülden Gewimmel,
ein Rauschen wie rieselnder Blätter Fall,
und drüber der blaue Himmel

*

Am Boden flimmerndes Silber verstreut,
die Sträuche in weißen Schleiern,
kein Windhauch, kein wachender Vogellaut,
nicht endenwollendes Feiern.

*

Es klopft wie mit Kinderfingern
ans sonnenlaue Eis,
und in den nassen Zweigen,
da regt sichs fragend leis.

*

Um Rosen braune Falter,
ein Neigen von Ast zu Ast,
die Blüten voller Honig,
die Nester voll junger Last.


Und wieder träumende Blumen,
der Käfer gülden Gewimmel,
der müden Blätter Rieseln,
und drüber der blaue Himmel.
 
Leise

von Clemens von Brentano

Singet leise, leise, leise,
singt ein flüsternd Wiegenlied,
von dem Monde lernt die Weise,
der so still am Himmel zieht.

Singt ein Lied so süß gelinde,
wie die Quellen auf den Kieseln,
wie die Bienen um die Linde
summen, murmeln, flüstern, rieseln


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