Sommer

Altweiber - Sommer

-Ilona Bodden-

Sommer ist es nicht mehr
und noch nicht Herbst.
Die Türen zum Unsichtbaren
öffnen sich leise –
-Fäden spinnen
zwischen drüben
und hier...


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Altweibersommer

von Hansjürgen Katzer

Gleich einer reifen Frau von schönster Sorte
streift jener Sommer noch einmal das Feld, die Flur.
Verwöhnt mit seinem lauen Atem viele Orte,
zeigt unverhüllt die Herrlichkeiten der Natur.

Noch küssen uns des Sommers warme Strahlen,
der Herbst, er scheint so weit und fern zu sein.
Und während Sonnenblumen sich gen Himmel malen,
erfreut den Menschen Obst und neuer Wein.

Wie lange mag der Sommer seine Tage mit uns teilen,
sein helles Antlitz und die übervolle, pure Lust.
Wir wünschten uns, er müsse nicht so schnell enteilen,
und mancher wehe Ton liegt auf der heißen Brust.

Schon bald hat er sein frohes Spiel verloren,
der Herbst tut eisern die Regentschaft kund.
Dann wird die Macht des Windes neu geboren,
der Bäume Blätter werden wieder welk und bunt.


https://www.seniorentreff.de/diskussion/archiv4/a964.html
 
Altweibersommer


von Angelika Röhrig

Mit unsichtbarer Zauberhand streut
golden Sommers letztes Strahlen
Septemberblau auf Himmelsbahn

Gemalt in vollen, warmen Farben
lädt praller Reife duftend Pracht
uns ein zum opulenten Mahl

Gefüllt in gläsern-zarte Kelche
glüht roter Wein, Rubinen gleich
im letzten Abendsonnenlicht

Wenn morgens erste Nebel schleiern
und abends kühle Winde wehn,
streckt Winter seine Fühler aus

Drum lasst uns feiern letzte Feste
solang noch Leben in uns pulst
und Liebe rotes Blut entfacht

Schon nähert sich mit grauen Schritten
am Horizont der Sensenmann
und fordert auf zum letzten Tanz

 
Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.


Eduard Mörike
 
HEU
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Tjitse Hofman
www.lehrbiotop.de/lehrbiotop/bilder/l3-heuhaufen.jpg
Sie blühte
es war die Zeit des Heus
von Arbeit und Insekten

Es war die Zeit von Süß
des Summen von Blüte
Schweiß und Staub

Vom Wagenlöschen
und später im Speicher
Die Katze und ihre Jungen
.
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Gekränkte Unschuld
Anna Ritter




Ein Rad gebrochen! - Da liegt das Heu ...
Da liegt der Wagen ... und nebenbei
Ein blasses, schmächtiges Dirnchen steht,
Das heulend die Zipfel der Schürze dreht.

»Was willst' denn?« Ich streichle ihm sanft das Gesicht,
Da zeigt's auf den riesigen Wagen und spricht,
Das zitternde Stimmchen von Schluchzen zerrissen:
»Sie sagen, ich hätte ihn umgeschmissen.«


 
Im September

Wir wollen in den Nußbusch gehn
Und dort einmal zum Rechten sehn.
Das Eichhorn und der Häher
Sind arge Nüssespäher,
Der Buntspecht und die Haselmaus,
Die lieben auch den Nusskernschmaus!
Sie nagen und sie zwicken,
Sie hacken und sie picken,
Und wer nicht kommt zur rechten Zeit,
Geht, wie ihr wisst, der Mahlzeit queit.
Wir wollen in den Garten gehen
Und dort einmal zum Rechten sehn.
Zur Nachtzeit war es windig!
Nun seht nur her! Was find ich
Im sand'gen Steig, im grünen Gras,
Bald hier, bald dort? Was ist denn das?
Äpfel mit rothen Stirnen
Und goldgestreifte Birnen!
Und dort beim Eierpflaumenbaum ...
O seht nur hin! Man glaubt es kaum!
Wir wollen an den Zaun hin gehn
Und dort einmal zum Rechten sehn.
Was steht denn gleich dahinter?
O seht, zwei arme Kinder!
Sie ladet hinter ihrem Haus
Kein Garten ein zu frohem Schmaus.
Da sollte man doch denken:
Heut' gibt's was zu verschenken!
Und merkt ihr erst, wie wohl das thut,
Da schmeckt es euch noch mal so gut!

Heinrich Seidel (1842-1964)

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Hmmmmm! Lecker die Äpfel und Birnen! www.gifart.de/gif234/gemuese/00003819.gif

Gruß von
Leòn
 
MITTAGSZAUBER

Goldstaub die Luft! - Der stille Park verträumt,
Die Rosen schwer, vom eignen Dufte trunken,
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Und jeder Halm von weißem Licht umsäumt,
Und selbst das Erlenlaub in Schlaf versunken.

Es ist so still - nur dann und wann im Hag
Ein Wachtelruf, des Hähers Liebeslocken,
Ein schluchzend abgebrochner Amselschlag,
Ein kurzes Brausen wie versunkne Glocken.

Ich selbst verträumt, das Auge sonnenschwer,
Es flutet über mich mit schwüler Welle,
Ein blauer Falter taumelt um mich her,
Vom Schilfe tönt das Schwirren der Libelle.

In meiner Seele wird es licht und weit,
Ein Schwanken ist's, ein selig Untergehn. ...
Des Sommertags verlor'ne Einsamkeit
Fühl ich wie gold'ne Nebel mich umwehn.

Noch sieht mein Aug' ein fallend Rosenblatt,
Ein Wasserhuhn ist taumelnd aufgeflogen.
Ich sinke hin - so still und traumesmatt
Und treibe steuerlos auf Traumeswogen.

Gedicht von Hedwig Dransfeld (1871-1925)

 
Blaue Hortensie
Rainer Maria Rilke (1875-1926)


So wie das letzte Grün in Farbentiegeln
sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh,
hinter den Blütendolden, die ein Blau
nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.

Sie spiegeln es verweint und ungenau,
als wollten sie es wiederum verlieren,
und wie in alten blauen Briefpapieren
ist Gelb in ihnen, Violett und Grau;

Verwaschenes wie an einer Kinderschürze,
Nichtmehrgetragenes, dem nichts mehr geschieht:
wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze.

Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen
in einer von den Dolden, und man sieht
ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen.

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Johann Wolfgang von Goethe

Auch das ist Kunst, ist Gottes Gabe,
aus ein paar sonnenhellen Tagen
sich soviel Licht ins Herz zu tragen,
daß, wenn der Sommer längst verweht,
das Leuchten immer noch besteht.




 

Schöne Junitage


Detlev von Liliencron

Mitternacht, die Gärten lauschen,
Flüsterwort und Liebeskuss,
Bis der letzte Klang verklungen,
Weil nun alles schlafen muss -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Sonnengrüner Rosengarten,
Sonnenweiße Stromesflut,
Sonnenstiller Morgenfriede,
Der auf Baum und Beeten ruht -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Straßentreiben, fern, verworren,
Reicher Mann und Bettelkind,
Myrtenkränze, Leichenzüge,
Tausendfältig Leben rinnt -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.

Langsam graut der Abend nieder,
Milde wird die harte Welt,
Und das Herz macht seinen Frieden,
Und zum Kinde wird der Held -
Flussüberwärts singt eine Nachtigall.
 
Kleine Geschichte

(Aus "Adjutantenritte und andere Gedichte", 1883)

Detlef von Liliencron

Frühsommer war's, am Nachmittag.
Der Weißdorn stand in Blüte.
Ich ging allein durch Feld und Hag
Mit sehnendem Gemüte.

Es trieb mich in den Tag hinein
Ein zärtliches Verlangen
Nach dunkler Laube Dämmerschein
Und weichen Mädchenwangen.

Ich fand ein Wirtshaus, alt, bestroht,
Umringt von Baumgardinen.
Die alte Frau am Eingang bot
Gebäck und Apfelsinen.

Im Garten: Schaukeln, Karussell,
Und Zelte, übersonnte.
Ein Scheibenstand, wo man als Tell
Den Apfel schießen konnte.

Den Affen zeigt Neapels Sohn,
Die Kegelkugeln rollen.
Dort steigt ein roter Luftballon,
Um den die Kinder tollen.

Musik, Gelächter, Hopsasa,
Wo bleibt das hübsche Mädchen.
Da plötzlich in dem Tralala
Ein allerliebstes Käthchen.

Das war ein gar zu liebes Ding,
Goldregenüberbogen.
Just kam ein kleiner Schmetterling
Dicht ihr vorbeigeflogen.

Ich stutzte überraschungsfroh,
Schaut' ihr in Auges Tiefe.
Wenn auch ihr Blick mich immer floh,
Die Augen waren Briefe:

»Geh langsam durch den Garten hier,
Auf buntbelebten Wegen.
Wir treffen uns, ich komme dir
Von ungefähr entgegen.«

So wandr' ich denn, und wie der Dieb
Schiel ich in Näh' und Weite,
Ob bei der Mutter sie verblieb,
Ob sie mir an der Seite.

Indessen steht sie neben mir -
Ich kann nicht Worte finden.
Ein zwei, drei Zoll lang Fädchen schier
Könnt' uns zusammenbinden.

Im Saale trommelt's, quikt und quackt
Der Geiger und der Pfeifer.
Wir tanzen bald in regem Takt
Den alten deutschen Schleifer.

Ich drücke sanft die kleine Hand,
Sie drückt die Hand mir wieder.
Wo dann den Weg mit ihr ich fand,
Da leuchtete der Flieder.

Bleib hier, bleib hier, bis Tageslicht
Und letztes Rot verblassen.
»Ach, Liebster, länger darf ich nicht
Die Mutter warten lassen.«

Bleib hier, ich zeige dir den Stern,
Wo einst wir uns gesehen.
Sieht er uns hier vom Himmel fern,
Dann bleibt er grüßend stehen.

»Laß mich, Herzallerliebster mein,
Die Mutter sucht im Garten.«
So schleiche dir ich hintendrein,
Und will im Dunkel warten.

Wenn alles schwarz und still im Haus,
Dann wart ich in der Laube.
Wenn alles still, dann komm heraus,
Du meine weiße Taube.

Es klinkt die Tür, und gleich darauf
Huscht sie zu mir hernieder,
»Pst, nicht so stürmisch, hör doch auf,
Du weckst die Mutter wieder.«

Von tausend Welten überdacht,
Die ruhig weitergehen.
Es zog ein Stern um Mitternacht,
Und grüßend blieb er stehen.

 
"Rose, ihr blendenden,
Balsam verschwendenden,
Flatternde, schwebende,
Heimlich belebende
Zweiglein, beflügelnde
Knospen, entsiegelte
eilet zu blühen".


rose04.jpg


"Wenn der Sommer sich verkündet,
Rosenknospe sich entzündet,
Wer mag solches Glück entbehr`n?
Das Versprechen, das Gewähren,
Das beherrscht in Florens Reich
Blick und Sinn und Herz zugleich"


"Ich liebe die Rose als das Vollkommenste,
was unsere deutsche Natur als Blume gewähren kann;
aber ich bin nicht Tor genug,
um zu verlangen,
daß mein Garten sie mir schon jetzt,
Ende April gewähren soll...
Ich freue mich,
wenn ich im Mai die Knospe sehe
und ich bin glücklich,
wenn endlich der Juni
mir die Rose selbst in aller Pracht
und in allem Duft entgegenreicht".


Sagte der alte Geheimrat.
 
Ach, ist das Gedicht von Liliencron schön romantisch..... www.fachschule-gartenbau.de/rsessel1.jpg

Uta
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Der Juni

Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt.
Kaum schrieb man sechs Gedichte,
ist schon ein halbes Jahr herum
und fühlt sich als Geschichte.

Die Kirschen werden reif und rot,
die süßen wie die sauern.
Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub,
so sehr wir es bedauern.

Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott.
Aus Herrlichkeit wird Nahrung.
Aus manchem, was das Herz erfuhr,
wird, bestenfalls, Erfahrung.

Es wird und war. Es war und wird.
Aus Kälbern werden Rinder
Und weil's zur Jahreszeit gehört,
aus Küssen kleine Kinder.

Die Vögel füttern ihre Brut
und singen nur noch selten.
So ist's bestellt in unsrer Welt,
der besten aller Welten.

Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der Weste.
Glühwürmchen ziehn mit Lampions
zu einem Gartenfeste.

Dort wird getrunken und gelacht.
In vorgerückter Stunde
tanzt dann der Abend mit der Nacht
die kurze Ehrenrunde.

Am letzten Tische streiten sich
ein Heide und ein Frommer,
ob's Wunder oder keine gibt.
Und nächstens wird es Sommer.

(Erich Kästner)

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Hermann Lingg (1820 - 1905)


Hochsommer
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O Frühling, holder fahrender Schüler,
Wo zogst du hin? Die Linden blühn,
Die Nächte werden stiller, schwüler,
Und dichter schwillt das dunkle Grün.

5 Doch ach! Die schönen Stunden fehlen,
Wo jedes Leben überquoll,
Wo trunken alle Schöpfungsseelen
In's Blaue schwärmten wolllustvoll.

Nicht singt mehr, wie am Maienfeste,
10 Die Nachtigall, die Rosenbraut,
Sie fliegt zum tiefverborgnen Neste,
Mit mütterlich besorgtem Laut.

Der goldne längste Tag ist nieder,
Der Himmel voll Gewitter glüht;
15 Verklungen sind die ersten Lieder,
Die schönsten Blumen sind verblüht.
 
Sanft - so dehnt sich mein Herz,
Segel, gehoben von Luft,
Sehnt sich weit länderwärts,
Stiller, blauer August -
Sanft so dehnt sich mein Herz.

Silberne Fäden fliehn
An mir vorüber im Wind,
Schimmernde Wolken ziehn,
Wege bedrängen mich lind.

Wege verlocken mein Herz,
Einer dem andern mich gibt,
Wiesenzu, wälderwärts:
Oh, wie die Erde mich liebt! -
Sanft - so dehnt sich mein Herz ...

Ina Seidel
1885 - 1974
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Andrey Redlich | Landschaft
 
Einen Sommer lang

Detlev von Liliencron

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang,
Süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

Wenn wir uns von ferne sehen
Zögert sie den Schritt,
Rupft ein Hälmchen sich im Gehen,
Nimmt ein Blättchen mit.

Hat mit Ähren sich das Mieder
Unschuldig geschmückt,
Sich den Hut verlegen nieder
In die Stirn gerückt.

Finster kommt sie langsam näher,
Färbt sich rot wie Mohn,
Doch ich bin ein feiner Späher,
Kenn die Schelmin schon.

Noch ein Blick in Weg und Weite,
Ruhig liegt die Welt,
Und es hat an ihre Seite
Mich der Sturm gesellt.

Zwischen Roggenfeld und Hecken
Führt ein schmaler Gang,
süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.
 
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