Sommer

Georg Trakl

Die schöne Stadt

Alte Plätze sonnig schweigen.
Tief in Blau und Gold versponnen
Traumhaft hasten ernste Nonnen
Unter schwüler Buchen Schweigen.


Aus den braun erhellten Kirchen
Schaun des Todes reine Bilder,
Großer Fürsten schöne Schilder.
Kronen schimmern in den Kirchen.

Rösser tauchen aus dem Brunnen.
Blütenkrallen drohn in Bäumen.
Knaben spielen wirr von Träumen
Abends leise dort am Brunnen.

Mädchen stehen an den Toren,
Schauen scheu ins farbige Leben.
Ihre feuchten Lippen beben
Und sie warten an den Toren.

Zitternd flattern Glockenklänge,
Marschtakt hallt und Wacherufen.
Fremde lauschen auf den Stufen.
Hoch im Blau sind Orgelklänge.

Helle Instrumente singen.
Durch der Gärten Blätterrahmen
Schwirrt das Lachen schöner Damen.
Leise junge Mütter singen.
Heimlich haucht an blumigen Fenstern
Duft von Weihrauch, Teer und Flieder.
Silbern flimmern müde Lider
Durch die Blumen an den Fenstern.
 
Lagerstrasse

von Rudolf Leonhardt

So viel Licht
und Lärm
ist auf Broadway nicht,
und nicht so viel Gehärm


und so viel Sorgen,
wie auf der Straße vor den
Baracken
am frühen Morgen,
wenn durch Wipfelzacken


mühsam die Herbstsonne
scheint.
Hörst du die Stimme am Ende
der Nacht,
die um ein zurückgelassenes
Mädchen weint?
Hörst du die unerschöpfliche
Macht


der Masse, die in den Morgen
lacht?
An beiden Borden rieselt das
Wasser,
und die Rümpfe der Wäscher,
der Wasserprasser,
scheinen gelb in der
Herbstespracht.


Werd ich auf diesen
Pflastern
noch lange nutzlos und
sinnlos stehn?
Ich möchte die letzten
Astern
nicht mehr verblühen sehn.
 
Die Moorsoldaten
Text: Johann Esser und Wolfgang Langhoff

Wohin auch das Auge blicket,
Moor und Heide nur ringsum.
Vogelsang uns nie erquicket,
Eichen stehen kahl und krumm.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten ins Moor.

Hier in dieser öden Heide
ist das Lager aufgebaut,
wo wir fern von jeder Freude
hinter Stacheldraht verstaut.
wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten ins Moor.

Morgens ziehen die Kolonnen
in das Moor zur Arbeit hin,
graben bei dem Brand der Sonnen,
doch zur Heimat steht ihr Sinn.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten ins Moor.
Heimwärts, heimwärts! Jeder sehnet
sich nach Eltern, Weib und Kind.
Manche Brust ein Seufzer dehnet,
weil wir hier gefangen sind.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten ins Moor.

Auf und nieder gehn die Posten,
keiner, keiner kann hindurch.
Flucht wird nur das Leben kosten.
Vierfach ist umzäunt die Burg.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten ins Moor.

Doch für uns gibt es kein Klagen.
Ewig kann´s nicht Winter sein.
Einmal werden froh wir sagen:
Heimat , du bist wieder mein!
Dann ziehn die Moorsoldaten
nicht mehr mit dem Spaten ins Moor.


Entstanden im KZ von Börgermoor / Emsland
 
Ganz etwas anderes, und jetzt weiß ich, warum die Bäume rauschen:

Die zwei Wurzeln

Zwei Tannenwurzeln groß und alt
unterhalten sich im Wald.

Was droben in den Wipfeln rauscht,
das wird hier unten ausgetauscht.

Ein altes Eichhorn sitzt dabei www.urlaubschweiz.de/imgansichten/eichhoernchen.jpg
und strickt wohl Strümpfe für die zwei.

Die eine sagt knig, die andere sagt knag.
Das ist genug für einen Tag.

Christian Morgenstern

www.eres-musik.de/catalog/images/htmlarea/Notenblaetter/2674.gif
 
Endlich weiß ich es auch Uta, warum die Bäume rauschen ;) ...

Aus meinem Kalender:

Sommertag, 14.August 2006

Ich brauche das Alleinsein,
um den Weg nach innen zu suche.


Petter Moen

Wollen Sie aufgeben, nur weil Sie um sich herum nur noch warnende Stimmen hören? Nehmen Sie in Angriff, was Sie sich vorgenommen haben, schließlich haben sie alles perfekt vorbereitet. Auch für den Fall, dass Sie sich in einer Fülle organisatorischer Probleme verlieren sollten, haben Sie bereits Vorsorge getroffen.
(na ja, nicht ganz :) )

Namenstage: Eberhard, Maximilian, Werenfried

Am 14. August wurden geboren: Ulla Meinecke, Wim Wenders, Wolf Wondratschek, Giorgio Strehler, Erwin Strittmatter (Mann von hier desöfteren zitierter Eva Strittmatter :) ), John Galsworthy, Pius VII., eigtl. Luigi Barnaba Chiramonti...und weitere Persönlichkeiten...​

Mondaufgang 22.33 - Monduntergang morgen 12:55

:Nacht:​
 
Stichwort Wondratschek, der dieses Jahr seinen 60. Geburtstag feiert:

Im Sommer
Einsam sein im Sommer
und hundemüde auf einen
Liebesbrief warten,
das ist schlimm;
und abends zuschauen wie sich
Lana Turner in Robert Mitchum verliebt;
und wenn morgens die Sonne aufgeht,
hast du niemand getroffen,
in der Tür steckt kein Zettel "Ruf mich an."
Ein Maler würde das Blau immitieren,
eine Flugzeugladung Menthol;
ein Dichter würde lieben oder sterben;
ich starre, ohne hinauszuschauen,
aus dem Fenster, frühmorgens,
und sage "Ich liebe dich"
ohne irgendetwas
oder irgendwen
zu meinen.

Wolf Wondratschek
 
Horoskop LÖWE
loewe-14.gif
23.7.-23.8.

Der Löwe lebt als Schlagedrauf
in Kenia, Harare.
Er döst am Tag, dann wacht er auf
und frühstückt Missionare.

Auch Leser können Löwen sein,
so steht's in ihren Sternen.
Ob Du es bist, ja oder nein,
will ich Dir heute lernen:

Der Löwenmensch tut löwenstark
die größten Menschentaten.
Statt Popen gibt's zwar Magerquark,
und Schweinefleisch (gebraten),

Doch bleibt er König: sonnengleich
umschwirrt von den Trabanten.
An Zweifeln arm, an Feuer reich
und klar wie Diamanten

steht er für Kraft und Autarkie,
für Stolz, ERfolg und Wollen.
Und hat er mal'ne Allergie,
dann frisst er halt die Pollen!

Doch leider sind auch Du und ich
ihm Beiwerk, Knechte, Kälber.
Der Zausel schätzt allein sein Sich
und googelt nur sein Selber

und weiß, warum: er baut die Welt
entdeckt die Kontinente,
ziehst aus wildfremden Taschen Geld
und geht steinreich in Rente.

Er fliegt hinaus, Du gehst zugrund,
Du lobst ihn hoch, er schilt dich.
Er schreit Dich an, Du hältst den Mund,
Du lebst für ihn, er killt Dich.

Gesetzt den Fall, auf Dich trifft's zu,
dann lässt sich kaum bestreiten,
dass Du ein Löwe bist, "Juchhu",
so viele Schattenseiten!

Geh in Dich Mensch! Veränder Dir!
Erkenne Deine Lage!
Sei gutes Ding statt böses Tier -
und werd noch heute Waage!

von Thomas Gsella
Thomas Gsella war von 1992 bis 2005 Redakteur der Satirezeitschrift „Titanic“ in Frankfurt, nun ist er Chefredakteur. 2004 erhielt er den Cuxhavener Joachim-Ringelnatz-Nachwuchspreis für Lyrik. Regelmäßige Gedichtveröffentlichungen in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen. Gerundet wird die Lesung mit Satiren und Glossen aus „Titanic“, „taz“ und anderen führenden Meinungsblättern.
https://www.booking-hh.de/tomprodukt/gsella/index.php

(da gibt's noch mehr Texte von ihm)
 
Rainer Maria Rilke

Vor dem Sommerregen

Auf einmal ist aus allem Grün im Park
man weiß nicht was, ein Etwas fortgenommen;
man fühlt ihn näher an die Fenster kommen
und schweigsam sein. Inständig nur und stark

ertönt aus dem Gehölz der Regenpfeifer,
man denkt an einen Hieronymus:
so sehr steigt irgend Einsamkeit und Eifer
aus dieser einen Stimme, die der Guß

erhören wird. Des Saales Wände sind
mit ihren Bildern von uns fortgetreten,
als dürften sie nicht hören was wir sagen.

Es spiegeln die verblichenen Tapeten
das ungewisse Licht von Nachmittagen,
in denen man sich fürchtete als Kind.



regen3.jpg
 
Leichter Sommerwein...

1 Flasche trockener Weißwein (Riesling oder Chardonnay)
1 Vanillestange
ein paar Tropfen Zitronensaft
3–4 Salbeiblätter

Zubereitung

1. Wein in eine Karaffe füllen und die Vanillestange, den Zitronensaft und die Salbeiblätter dazugeben.

2. Mehrere Wochen ziehen lassen und zwischendurch probieren. Ist er ausreichend würzig, kann er gut gekühlt serviert werden. (wahrscheinlich leider erst im Herbst :) )


https://www.naturkost.de/rezept/buecher/163.htm
 
Abschied vom Sommer

Der Garten trauert,
Kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
Still seinem Ende entgegen.

Golden tropft Blatt um Blatt
Nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
In den sterbenden Gatentraum.

Lange noch bei den Rosen
Bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh.
Langsam tut er die großen,
Müdgewordenen Augen zu. (H.Hesse)
 
Spätsommer

Noch schenkt der späte Sommer Tag und Tag
Voll süßer Wärme. Über Blumendolden
Schwebt da und dort mit mildem Flügelschlag
Ein Schmetterling und funkelt sammetgolden.

Die Abende und Morgen atmen feucht
Von dünnen Nebeln, deren Naß noch lau.
Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht
Weht gelb und groß ein Blatt ins sanfte Blau.

Eidechse rastet auf besonntem Stein,
Im Blätterschatten Trauben sich verstecken.
Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein
In Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken.

So wiegt sich manchmal viele Takte lang
Musik, zu goldener Ewigkeit erstarrt.
Bis sie erwachend sich dem Bann entrang
Zurück zu Werdemut und Gegenwart.

Wir Alten stehen erntend am Spalier
Und wärmen uns die sommerbraunen Hände.
Noch lacht der Tag, noch ist er nicht zu Ende,
Noch hält und schmeichelt uns das Heut und Hier.

(Hermann Hesse)
 
Liebe UMA,

hier ist es jetzt schon seit Wochen saukalt. Und jeden Tag Regen, Regen, Regen. Habe heute die Heizung angemacht, nachdem ich ganz tapfer bei der Kälte noch letzte Woche im Wickelrock unterwegs war. Für mich der Abschied von einem wilden und verrückten und sehr heißen Sommer, mit Licht und Schatten im Übermaß. Voll das Leben!

Hoffe auf ein paar sonnige und warme Tage im Herbst.

Licht und Liebe,

Sanne
 
Liebe Sanne,

ganz so kalt ist es hier bei uns nicht, aber in der letzten Zeit sehr wechselhaft. Da ich die grosse Hitze nicht mag, macht es mir nichts aus, so lange der Regen sich in Grenzen hält. Dafür ist der Himmel oft spannend - bizarre Wolkenbilder huschen vorüber, Licht und Schatten wechseln sich ab ebenso wie die Stimmungen, die dadurch entstehen.

Ich hoffe - wie Du - auf einen schönen Spätsommer/Herbst - mit seinen wunderschönen Farben und milden Tagen.

LG,

uma
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Landregen
Der Regen rauscht. Der Regen
rauscht schon seit Tagen immerzu.
und Käferchen ertrinken
im Schlamm an den Wegen.
der Wald hat Ruh.
Gelabte Blätter blinken.
Im Regenrauschen schweigen
alle Vögel und zeigen sich nicht.
Es rauscht urewige Musik.
und dennoch sucht mein Blick
ein Streifchen helles Licht.
Fast schäm' ich mich, zu sagen:
ich sehne mich nach etwas Staub.
Ich kann das schwere, kalte Laub
nicht länger mehr ertragen

Joachim Ringelnatz
 
Spätsommer

Hier in Norddeutschland ist es augenblicklich eher sommerlich!

Spätsommer

von Annegret Kronenberg



Gelb liegen Stoppelfelder
in müder Sommerglut,
und fleiß'ge Schwalbenpaare
füttern die letzte Brut.

Trotz wolkenlosem Himmel
weht merklich kühl der Wind.
Man spürt, daß Sommertage
jetzt nur gezählt noch sind.

An Strauch und Baume färbt sich
schon hier und dort ein Blatt.
Die Brombeer'n reifen prächtig,
die Luft riecht schwer und satt.

Der See schlägt sanfte Wellen,
verführt kaum noch zum Bad.
Der Angler an dem Ufer
jetzt seine Ruhe hat.

Man fühlt des Sommers Neige,
schaut wehmütig zurück,
erahnt des Winters Kälte,
sehnt Frühlingszeit zurück.
 
Hälfte des Lebens

von Friedrich Hölderlin

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne;
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehm' ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
 
Hochsommer

Im Erntemonde, wenn die Halme bleichen
Verstummt der Vögel Sang. Die Erde ruht.
Es wächst die grüne Decke auf den Teichen,
erstickt die Flut.

Der Brunnenschale Wasser geht zur Neige,
Der Efeu streckt die kleine Totenhand
Im Garten schlingen Ranken sich und Zweige
Zu finstrer Wand.

Die roten Beeren schimmern aus dem Laube
Es tritt der Fremde in den Garten ein
Zerpreßt die leuchtende Johannistraube
Wie Blut und Wein.

Es dämmert in der Schluchten matter Wärme
Auf faulem Teich ein Regenbogenglanz,
Bei Schilf und Lattich heben Fliegenschwärme
Sich hoch im Tanz.

Die Zeit ist kurz. Die Liebenden umgreifen
Sich jäh in wilden Ängsten, dumpf und blind.
Nah ist der Herbst. Die Frucht will reifen, reifen,
Es ruht der Wind.

Marie Luise Kaschnitz

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https://www.seniorentreff.de/diskussion/archiv4/a179.html


So trolln wir uns ganz still und sacht

von Weingelag und Bratenschmaus.

Ja wenn Dir der Tod sagt : Gute Nacht

Dein Stundenglas rinnt aus.


Ja wer heut noch frech den Schnabel wetzt

und meint ein großer Herr zu sein,

ja paß auf, der Schreiner hobelt schon

auch jetzt an Deinem Schrein.


Scheint das Grab Dir tief und dumpf sein Druck,

A la votre, ja so nimm noch einen Schluck.

Einen oder zwei, oder auch drei

Dann stirbst Du sorgenfrei.


...

Doch was hilfts, wenn Du vor Wut ausspuckst,

dem Tod ist keine Münze feil.

Denn von jedem Schlückchen das Du schluckst,

hat schon der Wurm sein Teil.


Ob niedres Pack, ob hohe Herrn,

am Ende sind wir Brüder doch.

Dann scheint der gleiche Abendstern

Ins selbe finstre Loch.


Scheint das Grab Dir tief und dumpf sein Druck

A la votre so nimm noch einen Schluck

Einen oder zwei, oder auch drei

Und vielleicht... ja vielleicht stirbst Du dann sorgenfrei!
 
Mittag im Wald
Ina Seidel
Ich höre nicht, ich sehe nicht,
Ich liege unbewegt im Kraut,
Mich badet weißes Mittagslicht,
Der Grund ist warm, wie meine Haut.

Ich bin das Gras, das silbern glänzt,
Ich bin der Birke Flüstersang,
Ich bin von Heidenblühn umkränzt,
Bienenumtönt der Waldeshang.

Ich fühle, wie im Boden tief
Ein ruhig Herz an meines schlägt.
Trägt mich die Erde, oder rief
Ein Gott mich, daß mein Herz sie trägt ? -
 
Häuser am Abend

Im späten schrägen Goldlicht steht
Das Volk der Häuser still durchglüht,
In kostbar tiefen Farben blüht
Sein Feierabend wie Gebet.

Eins lehnt dem andern innig an,
Verschwistert wachsen sie am Hang,
Einfach und alt wie ein Gesang,
Den keiner lernt und jeder kann.

Gemäuer, Tünche, Dächer schief,
Armut und Stolz, Verfall und Glück,
Sie strahlen zärtlich, sanft und tief
Dem Tage seine Glut zurück.

Hermann Hesse

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