Sommer

Nach dem Regen

von Ada Christen (1839-1901)

Die Vögel zwitschern, die Mücken
Sie tanzen im Sonnenschein,
Tiefgrüne feuchte Reben
Gucken ins Fenster herein.
Die Tauben girren und kosen
Dort auf dem niedern Dach,
Im Garten jagen spielend
Die Buben den Mädeln nach.

Es knistert in den Büschen,
Es zieht durch die helle Luft
Das Klingen fallender Tropfen,
Der Sommerregenduft.


180px-22_Regen_ubt.jpeg
 
Martin Greif
Der Bergsee
Zwischen Wäldern eingebettet,
Traf ich seinen Wellenschoß,
Zitternd kaum, wie fast geglättet,
Und er ließ mich immer los.

Wohl erschien mir fremd sein Schweigen,
Bis ich tiefer mich besann,
Und die Stille, die ihm eigen,
Mich auch zog in ihren Bann ...
 
Martin Greif:

Hochsommernacht

Stille ruht die weite Welt,
Schlummer füllt des Mondes Horn,
Das der Herr in Händen hält.

Nur am Berge rauscht der Born
Zu der Ernte Hut bestellt
Wallen Engel durch das Korn


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Vor der Ernte
Nun störet die Ähren im Felde
Ein leiser Hauch,
Wenn eine sich beugt, dann bebet
Die andere auch.

Es ist, als ahnten sie alle
Der Sichel Schnitt —
Die Blumen und fremden Halme
Erzittern mit
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Martin Greif, eigentl. Friedrich Hermann Frey
18. Juni 1839 Speyer gest. 1911 in Kufstein; Lyriker, Dramatiker
 
Hi, Uta,
von dem Martin Greif habe ich noch nie etwas gehört. Das Gedicht über den Bergsee finde ich wunderschön....!
Liebe Grüße von
Leòn
 
Ich kannte den Martin Greif auch nicht.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Ludwig Uhland

Der Mohn
Wie dort, gewiegt von Westen, images.google.de/images?q=tbn:ZrdgLRtKCoMUUM:norwegen.piranho.de
Des Mohnes Blüte glänzt!
Die Blume, die am besten
Des Traumgotts Schläfe kränzt;
Bald purpurhell, als spiele
Der Abendröte Schein,
Bald weiß und bleich, als fiele
Des Mondes Schimmer ein.
Zur Warnung hört ich sagen,
Dass, der im Mohne schlief,
Hinunter ward getragen
In Träume, schwer und tief;
Dem Wachen selbst geblieben
Sei irren Wahnes Spur,
Die Nahen und die Lieben
Halt' er für Schemen nur.

In meiner Tage Morgen,
Da lag auch ich einmal,
Von Blumen ganz verborgen,
In einem schönen Tal.
Sie dufteten so milde!
Da ward, ich fühlt es kaum,
Das Leben mir zum Bilde,
Das Wirkliche zum Traum.

Seitdem ist mir beständig,
Als wär es so nur recht,
Mein Bild der Welt lebendig,
Mein Traum nur wahr und echt;
Die Schatten, die ich sehe,
Sie sind wie Sterne klar:
O Mohn der Dichtung! Wehe
Um's Haupt mir immerdar!
 
Min Anna is en Ros' so roth

von Klaus Groth

Min Anna is en Ros' so roth,
Min Anna is min Blom,
Min Anna is en Swölk to Fot,
Min Anna is as Melk un Blot,
As Appel oppen Bom.

De Vullmach hett en Appelgarn,
Un Rosen inne Strat;
De Vullmach kann sin Rosen wahrn,
De Vullmach kann sin Appeln arn.
Min Anna is min Staat!

Se is min Staat, se is min Freid
Un allens alltomal,
Un wenn de Wind de Rosen weiht,
Un wenn de Wind de Appeln sleit:
Se fallt mi nich hendal.

Se fallt ni af, se fallt ni hin,
Se hett son frischen Moth;
So blöht min Hart, so blöht min Sinn,
Min Anna blift de Blom derin
Bet an min seli Dod.

www.welt-der-rosen.de/Grafik/schwarze_madonna_meile.jpg

Klaus Groth war ein niederdeutscher Schriftsteller (1819-1899)
 
Das Bild mit den Kornblumen ist wunderschön. - Das ist meine Farbe :) ...

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Und jetzt gleich ganz in den Süden ins Alemannische:

Johann Peter Hebbel:


Der Sommerabend

O, lueg doch, wie isch d'Sunn so müed,
lueg, wie si d'Heimeth abezieht!
O lueg, wie Strahl um Strahl verglimmt,
un wie sie's Fazenetli nimmt,
e Wülkli, blau mit rot vermüscht,
und wie sie an der Stirne wüscht !

's isch wohr, sie het au übel Zit,
im Sumrner gar, der Weg isch wit,
und Arbet findt sie überal,
in Hus und Feld, in Berg und Thal;
's will alles Liecht und Wärmi ha
und spricht sie um e Segen a.

Meng Blümli het sie usstaffiert,
und mit scharmante Farbe ziert,
un mengem Immli z'trinke ge
und gseit: Hesch gnug und witt no rneh?
Und's Chäferli het hinte no
doch au si Tröpfli übercho.

Meng Some-Chöpfli het sie gesprengt,
und's zitig Sömli use g'lengt.
Hen d'Vögel nit bis z'allerlezt
e Bettles gha, und d'Schnäbel g'wetzt?
Und kein goht hungerig ins Bett,
wo nit si Theil im Chröpfli het.

Und wo am Baum e Chriesi lacht,
se het si'm rothi Bäckli gmacht;
und wo im Feld en Aehri schwankt,
und wo am Pfohl e Rebe rankt,
se het sie eben abe glengt
und het's mit Laub und Bluest umhengt.

Und uf der Bleichi het sie gschafft
hütie und ie us aller Chraft.
Der Bleicher het si selber g'freut,
doch hätt er nit: Vergelts Gott! gseit.
Un het e Frau ne Wöschli gha,
se het sie trochnet druf un dra.

's isch weger wohr, und überal,
wo d'Sägesen im ganze Thal
dur Gras und Halme gangen isch,
se het si g'heuet froh und frisch.
Es isch e Sach, by miner Treu,
am Morge Gras und z'Obe Heu!

Drum isch sie iez so sölli müed
und bruucht zum Schlof kei Obe-Lied;
ke Wunder, wenn sie schnuuft und schwitzt.
Lueg, wie sie dört uf's Bergli sitzt!
Iez lächlet sie zum lezte mol.
Jez seit sie: Schlofet alli wohl!

Und d'unten isch si! Bhüt di Gott!
Der Guhl, wo uffem Chilchthurn stoht,
het no nit gnug, er bschaut si no.
Du Wundervitz, was gafsch denn so?
Was gilts, sie thut der bald derfür,
und zieht e rothen Umhang für!

Si duuret ein, die guti Frau,
sie het ihr redli Hus-Chrütz au.
Sie lebt gwiß mittem Ma nit gut,
un chunnt sie heim, nimmt er si Hut;
und was i sag: iez chunnt er bald,
dört sitzt er scho im Fohre-Wald.

Er macht so lang, was tribt er echt?
Me meint schier gar, er traut nit recht.
Chumm numme, sie isch nümme do,
's wird alles sy, se schloft sie scho.
Jez stoht er uf, und luegt ins Thal,
und's Möhnli grüeßt en überal.

Denkwohl, mer göhn iez au ins Bett,
und wer kei Dorn im G'wisse het,
der bruucht zum Schlofen au kei Lied;
me wird vom Schaffe selber müed;
und öbbe hemmer Schöchli gmacht,
drum gebis Gott e guti Nacht!




Fazenetli( das isch nu chäch schwyzerisch! ), Nasdüechli
https://www.hitparade.ch/forum.asp?todo=viewthread&id=2468

Was heißt denn nur Chriesi?
 
Zuletzt bearbeitet:
Und noch mehr Dialekt:

Chumm, mir wei ga Chrieseli günne

Melodie - Berner Volksweise


Chumm, mir wei ga Chrieseli günne,
Weiß am en Ort gar grüseli vil.
Rooti, schwarzi, gibeligääli,
Zwöi u drüü an einem Stiil.
Valleri, vallera, valleri, vallera,
Zwöi u drüü an einem Stiil. S lyt nit alls an eim Paar Hose,
S lyt nit alls en eim Paar Schue.
S isch nit alls a dr Hübschi gläge,
S lyt vil mee am ordeli tue.
Valleri, vallera, valleri, vallera,
S lyt vil mee am ordeli tue.


By nid rych uf deren Ärde,
By nid hübsch von Angesicht.
S mues mer doch o Eine wärde,
Gott verlaat di Wüeschte nit.
Valleri, vallera, valleri, vallera,
Gott verlaat di Wüeschte net.



 
Kann Google auch mundartliche Texte übersetzen?

images.google.de/images?q=tbn:8pGK8e191ZNDjM:www.planeterde.de

Hallo, Uta und Phi,
Kirschen mag ich auch.
Also .... das Gedicht von Hebbel habe ich noch verstehen können. Nicht leicht, aber es ging. Bei dem Text zur Berner Volksweise, haben mir dann auch meine spärlichen mittelhochdeutschen Kenntnisse, mit denen ich manchmal Brücken bauen kann, nicht mehr wirklich geholfen. Na gut, gibeli kenn ich, aber was ist oder sind gääli?

Aber es macht spaß!
Herzliche Grüße von Leòn
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Lob der schwarzen Kirschen
images.google.de/images?q=tbn:dOGWkxNWDof8oM:www.laser-line.de

von Anna Louisa Karsch
(1722-1791)https://www.wortblume.de/dichterinnen/kirschen.htm


Des Weinstocks Saftgewächse ward
Von tausend Dichtern laut erhoben;
Warum will denn nach Sängerart
Kein Mensch die Kirsche loben?

O die karfunkelfarbne Frucht
In reifer Schönheit ward vor diesen
Unfehlbar von der Frau versucht,
Die Milton hat gepriesen.

Kein Apfel reizet so den Gaum
Und löschet so des Durstes Flammen;
Er mag gleich vom Chineser-Baum
In ächter Abkunft stammen.

Der ausgekochte Kirschensaft
Giebt aller Sommersuppen beste,
Verleiht der Leber neue Kraft
Und kühlt der Adern Äste;

Und wem das schreckliche Verboth
Des Arztes jeden Wein geraubet,
Der misch ihn mit der Kirsche roth
Dann ist er ihm erlaubet;
images.google.de/images?q=tbn:rs4qqU5cfUK0eM:www.wolf-kirschen.de
Und wäre seine Lunge wund,
Und seine ganze Brust durchgraben:
So darf sich doch sein matter Mund
Mit diesem Tranke laben.

Wenn ich den goldnen Rheinstrandwein
Und silbernen Champagner meide,
Dann Freunde mischt mir Kirschblut drein
Zur Aug- und Zungenweide:

Dann werd' ich eben so verführt,
Als Eva, die den Baum betrachtet,
So schön gewachsen und geziert,
Und nach der Frucht geschmachtet.

Ich trink und rufe dreymal hoch!
Ihr Dichter singt im Ernst und Scherze
Zu oft die Rose, singet doch
Einmal der Kirschen Schwärze!

images.google.de/images?q=tbn:UirmGhkImIo2sM:www.syberberg.de

Sommerliche Grüße von
Leòn
 
Auf die liebliche Sommer- und Ernde-Zeit
images.google.de/images?q=tbn:k4VNgzLs6jwF1M:www.polygraphicum.de
von Catharina Regina von Greiffenberg
(1633-1694)

O Wunder-GOttes Güt! die in die Erd sich senket.
Sie grünt und prangt hervor / in Nahrung-reicher Art.
die Allmacht hat mit ihr sich in die Erd gepaart:
aus deren Würkung GOtt / uns diese Gaben schenket.
bey iedem Sichelschnitt / ists billig / daß man denket
an GOttes Gnaden Mäng' und Lob zum wundern schaart.
So wenig ja den Dank / als er den Segen / spaart!
sein Gnaden-Herz sich ganz auf uns zu giessen lenket.
Ein schallends Ehren-Lob soll aus den Halmen gehn /
weil seiner Ehren! voll die Erd' / und was sie träget.
Am Lebens Mastbaum soll der Lobes-Segel stehn:
Der Freuden-Seufzer-Wind ihn lieblich süß beweget.
So sammlet GOttes Lieb / durch diese Erdenfrücht:
und schüttet dafür aus / sein Lieb- und Lob-Gerücht!

images.google.de/images?q=tbn:a475d1re_is1DM:www.landschaftsmuseum.de

https://www.wortblume.de/dichterinnen/greif240.htm
 
Sommerblau
images.google.de/images?q=tbn:gsKzIIFxh2Q09M:www.hollecker.de
von Karl Krolow

Aus Brunnen blutendes Blau:
Wasser im Juni oder August.
Licht: eine hemdlose Brust wartet
auf seinen Stilett-Stich.
Konische Landschaft mit Pappeln und Staren,
dem Rotwelsch der Luft -
im Fensterrahmen aufgehängt
als Kegelschnitt des Apollonios.
Mit verbundenen Augen
das mechanische Spielzeug
der Minuten in Gang setzen.
 
Gartengewitter

von Oskar Loerke


Nach dem Monde greift ein Spuk,
Und er flieht gekrümmt.
Schwüler, träger Quell entspringt
Rings im Laub und fließt.
Durch die Kiefernwipfel huscht
Feuermähn' ins Gras.
Aus dem grünen Schrecken
glüh'n Säulen wilden Weins.
Und sie schnellen wie zum Dienst
In den Regendom,
Das Gewölbe kracht und birst,
Doch sie tragen wohl.
Dann webt volle Finsternis.
Nur, wo Straßen sind.
Flickt das Dunkel dort und hier
Eine gold'ne Naht.
Hochsommerbann
Aus der Glockenstube überm Dom
Quillt ein kupferroter Lavastrom.
Rings im schüttern Kegel, warm und glatt,
Eben atmet noch die große Stadt.
Das gestreifte Sonnendach erstarrt,
Selbst das krause Federrad des Kindes,
Das sonst emsig im Kobolz des Windes
Kühnste Träume auf der Stelle karrt.
images.google.de/images?q=tbn:OWhGvVwUio-qTM:www.wolkengalerie.de
 
Morgane


von Theodor Storm
images.google.de/images?q=tbn:g5NHbhaEchqjYM:www.gff-thueringen.de
An regentrüben Sommertagen,
Wenn Luft und Flut zusammenragen
Und ohne Regung schläft die See,
Dann steht an unserm grauen Strande
Das Wunder aus dem Morgenlande,
Morgane, die beruf'ne Fee.
Arglistig halb und halb von Sinne,
Verschmachtend nach dem Kelch der Minne,
Der stets an ihrem Mund versiegt,
Umgaukelt sie des Wandrers Pfade,
Und lockt ihn an ein Scheingestade,
Das in des Todes Reichen liegt.
Von ihrem Zauberspiel geblendet
Ruht manches Haupt in Nacht gewendet
Begraben in der Wüste Schlucht;
Denn ihre Liebe ist Verderben,
Ihr Hauch ist Gift, ihr Kuss ist Sterben,
Die schönen Augen sind verflucht.
So steht sie jetzt im hohen Norden
An unsres Meeres dunklen Borden,
So schreibt sie fingernd in den Dunst;
Und quellend aus den luft'gen Spuren
Ersteh'n in dämmernden Konturen
Die Bilder ihrer argen Kunst.
Doch hebt sich nicht wie dort im Süden
Auf rosigen Karyatiden
Ein Wundermärchenschloss ins Blau;
images

Nur einer Hauberg graues Bildnis
Schwimmt einsam in der Nebelwildnis,
Und keinen lockt der Hexenbau.
Bald wechselt sie die dunkle Küste
Mit Libyens sonnengelber Wüste
Und mit der Tropenwälder Duft;
Dann bläst sie lachend durch die Hände,
Dann schwankt das Haus, und Fach und
Wände Verrinnen quirlend in die Luft.
images
 
Rosmarin und Thymian

(Mir gefällt Dein Grünzeuch - Thread, Uta!)


images


Tanzliedchen 35. Melodie.


Hans Philippchen, geig einmal,
Kindchen will mal tanzen,
Hat ein buntes Röckchen an,
Ringsherum mit Fransen.

*

Rosmarin und Thymian
Wächst in unserm Garten,
Wer mein Mädchen freien will,
Muß noch lange warten.

*

Tanz mit mir, tanz mit mir,
Ich hab ein schönes Schürzchen für! —
„Mit mir auch, mit mir auch,
Meine Schürze blinkert auch."

*

Ach tanz mit mir! Ach tanz mit mir!
Ich hab 'ne weiße Schürze für.
Laß nicht ab, laß nicht ab.
Bis die Schürze Löcher hat.

*

Buxbaumes Rädele,
Ein flächserne Schwing:
Mein Schatz heißt Antonele,
Wie freut mich das Ding!

*

Annebäbi, lüpf der Fueß,
We-n-i mit der tanze mueß;
Tanze cha-n-i nid alei,
Annebäbi, lüpf dis Bei.

*

Annche, Susannche,
Warte noch ein Jahr,
Wenn die Weiden Kirschen tragen,
Nehm ich dich für verbunden wahr.

*

Hans Pitter, nemm mich,
Wacker Mädchen ben ich:
Kann kochen, kann flecken,
Kann nähen, kann strecken.
Hans Pitter,nemm mich,
Wacker Mädchen ben ich.


https://www.sagen.at/doku/kinderreime/kinderlieder/tanzliedchen_35.html
 
Das war ja eine geballte Ladung Gedicht, Leòn. - Ich weiß übrigens auch nicht, was gibelligääli heißt ;) :) . Aber irgendjemand kann uns das sicher übersetzen!

Die Manessesche Handschrift ist mir zu schwierig. Da gibt es doch sicher eine Übersetzung ins Hochdeutsche dazu?

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~Erich Fried (1921-1988)

Strauch mit herzförmigen Blättern

(Tanka nach altjapanischer Art)

Sommerregen warm:
Wenn ein schwerer Tropfen fällt
bebt das ganze Blatt.
So bebt jedes Mal mein Herz
wenn dein Name auf es fällt

©©©

 
Erich Fried (1921-1988)

Die Nichtnure

Nicht nur die Zeitungen
nicht nur die Stimmen aus Galle
und Angst
und nicht nur
der Wettlauf mit der Post
die Rechnungen bringt
Nachrichten
traurige Briefe

Nicht nur die Abwehr
der täglichen Gemeinheit
nicht nur die Sorge
und nicht nur die Trauer
und nicht nur das Mitleid
nicht nur die notgetaufte Hoffnung
und der geschlachtete Glaube
an eine bessere Welt

Erst auf der anderen Seite der Nure
beginnt das Leben
Dort geht die Liebe
durch wirkliche Jahreszeiten
dort werden die Farben bunt
und die Geräusche
beinahe verständlich
und man kann Atem holen
und alles
spüren und fühlen

Aber ich bin erschöpft
von den Zeitungen
und von den Stimmen
und von dem Wettlauf mit diesen
Nuren
in denen mein eines
Leben vergeht
ohne dich

©©©

www.deutsche-liebeslyrik.de/gedicht_der_woche/gedicht_der_woche1.htm
 
Wie schön...und so viel Wahrheit... .
Uta, eine Übersetzung von dem Konrad - Text versuche ich zu finden, wenn nicht probiere ich mich selbst daran.

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Mensch ist das eine Affenhitze! Hm war natürlich sehr unpetisch dieser Ausruf, geb ich zu.;)
 
Oben