Hallo Jasper,
ich sage mal allgemein vorweg – nicht nur an deine Adresse – daß ich es unheimlich schwierig und geradezu hinderlich finde, wenn jemand, der mehrere Probleme hat, diese auf unterschiedliche threads verteilt. Das alles zusammenzusuchen, um mir ein Bild zu machen, überfordert mich immer.
Also, ich habe auch jetzt nicht alles gelesen. Aber mir ist aufgefallen, daß du immer wieder von deinem nicht funktionierenden Darm schreibst. Das stimmt, wenn der Darm nicht in Ordnung ist, dann kann das unendlich viele Beschwerden machen, man fühlt sich krank, das Essen macht Probleme, Nährstoffe werden nicht resorbiert, Entgiftung funktioniert nicht ect. ect. Ein Teufelskreis entsteht.
Zweitens, ganz besonders schwierig finde ich persönlich, ist es, den Dünndarm (Dünndarmfehlbesiedlung, erhöhte intestinale Permeabilität/ leaky gut) wieder in Ordnung zu bringen. Ich möchte sogar behaupten, das IST definitiv schwierig. Zumindest habe ich noch keinen Arzt getroffen, der auf diesem Gebiet wirklich Bescheid weiß. Es wird sehr viel herumprobiert, aber es gibt (fast) keine erprobten systematischen Konzepte. Das heißt, man kann nur selber lernen und Schritt für Schritt versuchen, das umzusetzen. Viele hier im Forum versuchen es so, also du bist nicht allein.
Hast du denn eine vernünftige Dünndarm-Diagnostik gemacht, ich meine Atemtests, Test auf Nahrungsmittelallergien (IgE), Zöliakie ausgeschlossen ect. Hast du einen aktuellen Stuhlbefund?
Typisch für die Beschwerden bei Dünndarmfehlbesiedlung ist z.B., daß die Beschwerden (z.B. der aufgeblähte Bauch) gegen Abend schlimmer werden.
Erst seit sehr kurzer Zeit ist überhaupt das Interesse der schulmedizinisch orientierten Ärzte und der Wissenschaftler am Verdauungssystem geweckt. Seit einer gesagt hat, da gibt es ein Mikrobiom und das ist wichtig. Seitdem geht es voran. Aber es fehlen noch gute Konzepte.
Was ich jedoch immer wieder lese, ist, daß Nahrungsmittelunverträglichkeiten eine zentrale Rolle spielen, daß man den Darm nie heil kriegt, wenn man sich nicht um Nahrungsmittelunverträglichkeiten (-sensibilisierungen) kümmert. Das heißt, alles Unverträgliche muß eine Zeit lang (Wochen, Monate) weggelassen werden. Aber mit System! Man kann die Unverträglichkeiten mit einem IgG-Test testen lassen, aber der Test ist nicht 100%ig zuverlässig und die Krankenkassen erkennen ihn nicht an. Mühsamer ist es, die Unverträglichkeiten per sog. Eliminationsdiät selber rauszufinden. Das geht ungefähr so: man läßt 4 Wochen alles weg, was erfahrungsgemäß Reaktionen machen kann, und zwar Dinge, die bei vielen Leuten echte oder akute Allergien (IgE) machen (Weizen, Milch, Zitrusfrüchte ect.) und zusätzlich die Dinge, die oft sog. ‚Unverträglichkeiten‘ machen. Nach 4 Wochen nimmt man die weggelassenen unverträglichen Nahrungsmittel einzeln im Abstand von mindestens 5 Tagen wieder hinzu und wartet, ob man irgendeine Reaktion spürt (Aufzeichnungen machen!). Wenn man herausgefunden hat, welches die Dinge sind, die bei einem persönlich Reaktionen auslösen, dann läßt man die die nächsten 1, 2 Jahre weg. Grundsätzlich wählt man eine Darm-heilende Ernährung, das ist eins der Programme wie GAPS oder Foodmap oder … steht viel im Forum. Und, wie gesagt so eine Ernährung UND die persönlich irritierenden Nahrungsmittel 1-2 Jahre weglassen.
Bei Dünndarmfehlbesiedlung geht es nach meiner Kenntnis nicht ohne Gegen-Mittel, um die Mikroben zu reduzieren. Entweder es wird Rifamixin gegeben. Rifamixin, heißt es, wird nicht resorbiert und führt nicht zur Vermehrung von Candida. Rifamixin wirkt aber nur gegen Bakterien, die Wasserstoff produzieren (Blähbauch). Außer den Wasserstoffbildenden Bakterien gibt es aber auch noch solche, die Methan bildenden (auch Blähbauch), und gegen die muß man wohl zwei Antibiotika gleichzeitig (!) nehmen. Das sind Rifamixin PLUS Neomycin oder Metronidazol (Flagyl). Das wird z.B. fast nie gemacht. Neomycin wird angeblich auch nicht resorbiert, das hieße, es wirkt wie Rifamixin nur im Darm, aber es kann Candida vermehren. Leute sollen sich mit Metronidazol schlecht fühlen, aber es soll oft sehr hilfreich sein.
Alternativ gibt es ein pflanzliches antibiotisches Programm, da nimmt man Mittel mit Berberine oder goldenseal (weiß gerade den dt. Namen nicht), Neem, Oregano Öl, Allicin. Allicin soll z.B. als eins der wenigen Mittel gegen die Methanbildner wirken. Ich glaube, die Antibiotika werden 2 Wochen gegeben, die Kräuter 4 Wochen, aber oft sind 2-3 „Runden“ nötig, jedenfalls muß man so lange dran bleiben, bis die Beschwerden weg sind und der Atemtest unauffällig . Das wäre ideal. Man muß wieder testen, um zu sehen, ob der Kram weg ist. Aber da scheitert es schon in Deutschland, denn es gibt keine vollständigen Tests, man bekommt nur Teilergebnisse. Außerdem sind die Atemtests nach meinem Kenntnisstand nicht standardisiert, d.h. jeder Gastroenterologe interpretiert die gemessenen Wert nach seinem Vergleichskollektiv und seiner Erfahrung.
Es gibt auch Leute, die die Behandlung mit einer Art Astronautenkost machen, aber ich weiß nicht, wie das Produkt heißt. Jedenfalls ist da alles drin, KH, Fett, Eiweiß, Nährstoffe. Das wird 2 Wochen getrunken, nichts anderes. Die Vorstellung dabei ist: diese Flüssignahrung wird ganz oben im Dü resorbiert und die Bakterien weiter unten im Dü kriegen nichts ab, sozusagen, werden ausgehungert. Angeblich soll es eine Studie geben, daß diese Methode sehr effektiv ist, aber ich habe die Studie noch nicht gefunden. Ebenso soll es Studien geben, die zeigen, daß die genannten AB bei Dünndarmfehlbesiedlung sehr effektiv sind. Hab ich aber auch noch nicht gefunden.
Nach Abschluß der Behandlung muß eine KH-arme Ernährung beibehalten werden, und es muß ein Mittel zur Unterstützung der Darmbeweglichkeit gegeben werden, um Rückfälle zu vermeiden.
Und dann muß man die URSACHEN suchen, die zu Dünndarmfehlbesiedlung geführt haben, und diese beseitigen. Und leaky gut heilen. Da ist wieder die Ernährung sehr wichtig und Probiotika und und und. Wie gesagt, zu den Themen schreiben bereits etliche user im Forum.
Ich finde die gesamte Darmproblematik, den kranken Darm, definitiv eins der allerschwierigsten und frustrierendsten gesundheitlichen Felder, das sag ich dir jetzt mal als „Trost“. Es ist mühsam, es dauert lange, es ist mit Versuch und Irrtum verbunden, man bekommt kaum Hilfe, muß sich alles alleine erarbeiten, und, was die Ernährung betrifft, sehr viel Disziplin aufbringen und sehr umlernen. Aber: die Darmgesundheit spielt bei ALLEN Erkrankungen eine zentrale Rolle, von daher ist es sicher eine der besten präventiven Maßnahmen und lohnt die Mühen sicher.