Herbst-Gedichte

Herbst

Herbstmalheur
(von M.Bukschat)

Herbstzeit ist’s, der erste Frost
schleicht durch die Rebenhänge,
die Trauben - mittlerweile Most -
zum Glück in Fasses Enge.

Und wohlumhegt im tiefen Keller
brodelt er, der neue Wein,
sein ” plupp-plupp” wird immer schneller,
es duftet wie nach Sonnenschein.

Da sitzet ein erlauchter Kreis
am runden Tisch beim Dämmerschoppen,
nun ist der Most schon federweiß,
ihn fesseln weder Spund noch Stoppen.

So führt man sich im Stammtischkreise,
den prickelnd neuen zu Gemüt,
allerdings auf sanfte Weise,
weil mancher kennt, was einem blüht.

Denn unruhig wirkt der Trauben Brühe,
sie drückt und rumpelt im Gedärm,
zwar gibt’s beim Stuhlgang keine Mühe,
dafür kerngesunden Lärm.

Nun - noch prostet man sich zu,
doch schon bald - so poe a poe -
läßt es manchem keine Ruh’
und eilig heißt es dann :” adieu !”

Hat jener noch zu guter letzt
des Federweißen ”Hinterlist”
als auch den Heimweg unterschätzt,
so kommt was nicht zu bremsen ist.

Ein Herbstmalheur, so könnt’ man’s heißen,
denn nur dann gibt’s Federweißen.

www.steiermark.com/all/img_loadimage.asp?id=1833&size=s&grp=37


Federweisser ist gegorener Traubenmost, der Kohlensäure enthält und oft süß schmeckt, weil die Gärung des Zuckers im Most noch nicht abgeschlossen ist.

Weil Federweisser weiter gärt und somit ein Übergangsprodukt hin zum Jungwein darstellt, ist er nur kurze Zeit im Jahr, nach der Weinlese und für wenige Wochen erhältlich. Seinen Namen hat Federweisser erhalten, weil schwebende Hefeteilchen ihn milchig trüb und weisslich erscheinen lassen. Als prickelndes, meist süßes Getränk wird Federweisser gerne zu deftigen Speisen, wie beispielsweise Zwiebelkuchen, getrunken.
https://www.weinfachhandlung.de/weine/federweisser.html
 
Herbst in Berlin...

Herbst in Berlin

Ich habe das gern, in Berlin zu sehn.
Ich seh einfach gern in fremde Gesichter.
Ich habe das gern jetzt im Herbst, wenn die Lichter
Und Lampen im Zwielicht angehn.
Es gibt in der Stadt ein perlmutternes Licht,
Das im Umkreis der Neonlampen entsteht.
Türkis-violett. Auf einer Schicht
Weißen Silbers. Schön, wenn man geht
Vom Strausberger Platz zum Frankfurter Tor
Links der Allee. Vor
Den Blumenrabatten, die Baumreihen lang.
Da sitzen die Leute Bank an Bank.
Unfesche Leute. Einfach. Viel alt.
Doch auch Jugend viel. In purer Gestalt
Das Volk dieser Stadt hält Atempause.
Raucht, schwatzt und geht gelassen nach Hause.
Mit dem Licht in sich, das zu Apfelrot reifte,
Und dem Lächeln, an das man zufällig streifte,
Als ein schönes Mädchen vorüberging,
Das ein reiner Junge wie erstmals umfing,
Nicht auf herausfordernd offene Weise,
Sondern verlegen, lächelnd und leise,
Wie Liebe in Märchen von Andersen geht.
Und das Bild dieser Stadt, das die beiden umsteht -
Kulisse unbedingt glückhafter Handlung -
Geht vom Abend zur Nacht in die nächste Verwandlung.


von Eva Strittmatter

ganz besonders für Leòn :) - schön, dass du wieder da bist!
 
Herbst

Verspätete Goldruten
solidagohybriden.jpg


Gelbe Blütenzungen
Verspäteter Goldruten
Lecken an dem verblichenen Braun
Der vorzeitig verdorrten Gräser
des vergangenen Dürre - Sommers

Gebeugt
Doch unbesiegt
Schenken sie ihr Gelb
Dem frühen Herbst
Ihm
Für seine barmherzige Feuchtigkeit
Dankend

Gerhard Becker
 
Herbst

Hallo, Flowerpower,

danke für die nette Begrüßung und das Gedicht von der Eva Strittmatter!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Herbst

[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Auf der Heide blüh‘n die letzten Rosen
Thomas Moore (1779 – 1852)[/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]
[/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]1. Versunken ist die Frühlingszeit
kein Vogel singt im Lindenhain.
Die Welt verliert ihr Blütenkleid
und bald wird Winter sein.
Verlassen ist der Holderstrauch
An dem ich einst geküßt,
es blieb ein Duft
Der wie ein Hauch aus fernen Tagen ist.[/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]


Refrain:
Auf der Heide blüh‘n die letzten Rosen
Braune Blätter fallen müd‘ vom Baum
und der Herbstwind küßt die Herbstzeit
mit dem Sommer flieht manch‘ Jugendtraum.
Möchte einmal noch ein Mädel kosen
möcht vom Frühling träumen und vom Glück.
Auf der Heide blüh‘n die letzten Rosen
ach, die Jugendzeit kehrt nie zurück!
Holde Jugend. Holde Jugend,
kämst du einmal noch zu mir zurück!


[/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]2. Noch immer hör‘ ich jenes Lied,
das einst die Nachtigall uns sang.
Wenn auch mein Herz wie einst noch glüht,
mir wird so abschiedsbang.
Wenn ich mich auch zu trösten weiß,
mit Lachen und Humor, aus meinem Aug‘
stiehlt sich ganz leis‘ ein kleines Tränlein vor[/FONT]
 
Herbst

Herbstgedicht

von Johannes Schlaf

Herbstsonnenschein,
Der liebe Abend lacht so still herein,
Ein Feuerlein rot
Knistert im Ofenloch und loht.

So! - Meinen Kopf auf deinen Knien,
So ist mit gut;
Wenn mein Auge so in deinem ruht.
Wie leise die Minuten ziehn! ...

 
Herbst

Fülle

Genug ist nicht genug! Gepriesen werde
Der Herbst! Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte!
Tief beugt sich mancher allzu reich beschwerte,
Der Apfel fällt mit dumpfem Laut zur Erde.

Genug ist nicht genug! Es lacht im Laube!
Die saftge Pfirsche winkt dem durstgen Munde!
Die trunknen Wespen summen in die Runde:
"Genug ist nicht genug!" um eine Traube.

Genug ist nicht genug! Mit vollen Zügen
Schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses,
Das Herz, auch es bedarf des Überflusses,
Genug kann nie und nimmermehr genügen!

Conrad Ferdinand Meyer

images
 
Herbst

Erich Mühsam 1878-1934


Herbstmorgen im Kerker
Wenn morgens über Gras und Moor
sich weißlich-trüb der Nebel bauscht,
unfroher Wind mit müdem Stoß
im dürren Laub des Herbstes rauscht;

wenn eiterig der fahle Tau
von welken Blütenresten tränt,
des Äthers dichtverquollenes Grau
dem neuen Tag entgegengähnt -

und du, gefangen Jahr um Jahr,
gräbst deinen Blick in Dunst und Nichts:
da wühlt die Hand dir wohl im Haar,
und hinter deinen Augen sticht's.

Du starrst und suchst gedankenleer
nach etwas, was du einst gedacht,
bis endlich, wie aus Fernen, schwer
das Wissen um dein Selbst erwacht.

Du musterst kalt das Eisennetz,
das dich in deinen Kerker bannt;
in dir erhebt sich das Gesetz,
zu dem dein Wille sich ermannt:

Treu sein dem Werk und treu der Pflicht,
der Liebe treu, die nach dir bangt;
treu sein dir selbst, ob Nacht - ob Licht,
dem Leben treu, das dich verlangt! ...

Aus jedem Morgen wird ein Tag,
und wie die Sonne einmal doch
durch Dunst und Schleier drängen mag,
so bleibt auch dir die Hoffnung noch. -

Im Nebel dort schläft Zukunftsland.
Du drehst den Kopf zurück und blickst
an der gekalkten Zellenwand
zu deines Weibes Bild. Und nickst.



https://gutenberg.spiegel.de/autoren/muehsam.htm
 
Herbst

Hi Uta,

kennst Du Mühsams Lebensgheschichte und die seiner Frau?...Traurig!

Grß von
Leòn
 
Herbst

Ja, ich habe sie gelesen und finde auch,d aß das sehr traurig ist und dazu verständlich, daß auch das Gedicht entsprechend gestimmt ist.

https://www.erich-muehsam.de/

Lebensregel

An allen Früchten unbedenklich lecken;
vor Gott und Teufel nie die Waffen strecken;
Künftiges mißachten, Früheres nicht bereuen;
den Augenblick nicht deuten und nicht scheuen;

dem Leben zuschaun; andrer Glück nicht neiden;
stets Spielkind sein, neugierig noch im Leiden;
am eigenen Schicksal unbeteiligt sein *
das heißt genießen und geheiligt sein.

www.erich-muehsam.de/texte.html

Gruss,
Uta
 
Zuletzt bearbeitet:
Herbst


[SIZE=+1]Herbst-Gefühl, Karl v. Gerok[/SIZE]

Müder Glanz der Sonne!
Blasses Himmelblau!
Von verklungner Wonne
Träumet still die Au.
An der letzten Rose
Löset lebenssatt
Sich der letzte lose,
Bleiche Blumenblatt! Goldenes Entfärben
Schleicht sich durch den Hain!
Auch Vergehn'n und Sterben
Däucht mir süß zu sein.
 
Herbst

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
Als welkten in den Himmeln ferne Gärten,
Sie fallen mit verneinender Gebärde.


Und in den Nächten fällt die schwere Erde
Aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.


Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
Unendlich sanft in seinen Händen hält.


Rainer Maria Rilke
(1875-1926)

images.google.de/images?q=tbn:pkaiyrzjH6s8xM:http:
 
Herbst



Gottfried Benn https://www.dhm.de/lemo/html/biografien/BennGottfried/


Astern images.google.de/images?q=tbn:z217oxOq74FL5M:http:

Astern - schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
Die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.

Noch einmal die goldenen Herden
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?


Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen du -
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu,

noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewißheit wacht:
die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.


 
Herbst

Hallo Uta,

es tut mir leid, dass ich Deine Frage erst jetzt wahrgenommen haben! Das Gewässer ist der "Schemützelsee" (Schamützelsee?).

Gruß von

Leòn
 
Herbst

Weg im Nebel
von Marie - Luise Weissmann




Nun wird die Spur der Füße langsam ungetan,
Und aus der Tiefe, aus der tiefen Tiefe steigt
Das Trübe, schwadengrauer Nebel himmelan.

Nun wird der Augen-Aufblick langsam leer,
Und aus der Höhe, aus der hohen Höhe neigt
Die Wolke sich, sinkt Nebel erdwärts schwer.

Nun drängt zu dem verwandten Un-Gesicht
Das Wesenlose aus den fahlen Gründen
Und hebt sich sehnend ins versäumte Licht.

Nun flieht, was war: es fliehen Busch und Baum,
Flieh'n Berg und Tal, die sich zur Flucht verbünden,
Es fliehst du, Herz. Es floh'n die Zeit, der Raum.

Land wurde Meer. Meer wurde schwälend Schaum.
Ihn schlürft, sich fröstelnd zu entzünden,
Das ungelebte Leben und der ungeträumte Traum.


 
Herbst

Hallo,
nun hat der Herbst auch kalendarisch begonnen!
Euch allen einen schönen Sonntag wünscht

Leòn

Der Herbst des Einsamen
von Georg Trakl
images.google.de/images?q=tbn:30iQIuKDzvtgEM:http:
Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.


Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Geberde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.


Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
 
Herbst




Frühling und Herbst
von Gottlieb Konrad Pfeffel


Niemals ist doch der Mensch
mit meinen Gaben zufrieden,
Sagte zum Frühling der Herbst;
dir nur lächelt sein Gruß.
Freund, versetzte der Lenz,
so will es die Sitte hienieden;
Für den Sterblichen ist
Hoffnung mehr als Genuß.

 
Herbst

Im Herbst

Der schöne Sommer ging von hinnen,
Der Herbst, der reiche, zog ins Land.
Nun weben all die guten Spinnen
So manches feine Festgewand.

Sie weben zu des Tages Feier
Mit kunstgeübtem Hinterbein
Ganz allerliebste Elfenschleier
Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.

Ja, tausend Silberfäden geben
Dem Winde sie zum leichten Spiel,
Die ziehen sanft dahin und schweben
Ans unbewußt bestimmte Ziel.

Sie ziehen in das Wunderländchen,
Wo Liebe scheu im Anbeginn,
Und leis' verknüpft ein zartes Bändchen
Den Schäfer mit der Schäferin.

Wilhelm Busch
 
Herbst

Aus: Die Zauberei im Herbste
von
Josef Freiherr von Eichendorff
https://gutenberg.spiegel.de/eichndrf/herbst/herbst.htm

Über gelb und rote Streifen
Ziehen hoch die Vögel fort.
Trostlos die Gedanken schweifen,
Ach! sie finden keinen Port,
Und der Hörner dunkle Klagen
Einsam nur ans Herz dir schlagen.
Siehst du blauer Berge Runde
Ferne überm Walde stehn,
Bäche in dem stillen Grunde
Rauschend nach der Ferne gehn?
Wolken, Bäche, Vögel munter,
Alles ziehet mit hinunter.
Golden meine Locken wallen,
Süß mein junger Leib noch blüht -
Bald ist Schönheit auch verfallen,
Wie des Sommers Glanz verglüht,
Jugend muß die Blüten neigen,
Rings die Hörner alle schweigen.
Schlanke Arme zu umarmen,
Roten Mund zum süßen Kuß,
Weiße Brust, dran zu erwarmen,
Reichen, vollen Liebesgruß
Bietet dir der Hörner Schallen,
Süßer! komm, eh sie verhallen!

jagdhorn03.jpg



:zunge: https://www.muenchner-jaegerverein.de/jagdhorn/jagdhorn03.jpg
 
Herbst

Spätsommerliebe

Nein, man kann`s nicht länger ignorieren,
dass erste Stürme uns schon kalt umweh`n.
Wir fröstelnd nun, am dunstigfrühen Morgen
durch silbrignasse Wiesen geh`n.

Wo Tau, wie angehaucht, das Gras umhüllt
und man den Herbst als Ahnung in sich fühlt.
Oh ja! Man spürt die Jahreszeitenwende -
und der Sommerfreuden Ende.

Das Jahr, im Umbruch, will sich neu gestalten;
nichts auf der Welt läßt sich für immer halten!
Doch bald schon werd` ich neu mein Herz verlieren,
und Purpurlaub wird bunt die Wälder zieren.

Annette Andersen

altweibersommer.jpg
 
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