Die Bilder will ich im Lauf des Jahres sammeln. Optimal wäre, das Bild vor dem Verfassen zu finden, um die Stimmung einzufangen. Es genügt auch nicht, nur Silben zu zählen. Der Rhythmus muss stimmen, wie er sich beim Sprechen der Zahlen ergibt:
eins zwei drei vier fünf
eins zwei drei vier fünf sechs sieb(en)
eins zwei drei vier fünf
Es gilt auch, mit wenig Worten viel auszudrücken, so viel, wie ein Lyriker mit mehreren Versen sagen würde, so zum Beispiel:
April!
Die Sonne hat die Erde verwöhnt. Milde Frühlingsluft lockte die Blumen aus dem Boden. Sie wachsen und gedeihen. Doch nun kehrt plötzlich der Winter zurück. Die Pflanzen leiden. Aber die Tulpen trotzen der Kälte und dem Schnee.
- Und das wird in Reime geschmiedet.
Das Haiku bringt diese Sätze in wenige Worte, 17 Silben, die man evtl. zweimal lesen muss, um die Aussage zu erfassen. Das ist es, was mich an Haikus reizt.
Es ist wie eine chinesische Pinselmalerei oder ein japanischer Holzschnitt. Wenige Pinselstriche stellen ein Pferd, einen Hahn, einen Vogel oder Blütenzweig dar.

Auch wenn die Silbenzahl stimmt, ist dies kein ganz fachgerechtes Haiku:
Der Hunger plagt mich.
Ein Butterbrot werde ich
deshalb jetzt essen ...
von der Banalität des Gegenstandes abgesehen, weil der Rhythmus nicht stimmt.
lang kurz lang kurz lang usw.
-.-.-
-.-.-.-
-.-.-
Deshalb würde ich diesen Text umschreiben:
Hunger plagt mich sehr,
doch ein dickes Butterbrot
endet meine Pein.
