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Liebe Leser.
In Absprache mit SilviaD kopiere ich ihre Erlebnisse im Entzug aus ihrem Thread https://www.symptome.ch/threads/ich-wollte-sterben-aber-ich-war-noch-nicht-dran.8715/ hier hinein.
Der Bericht ist erschütternd und zeigt nur einen kleinen Ausschnitt aus den bitteren Erfahrungen, die Süchtige beim Entzug durchlaufen müssen.
Silvia, vielen Dank für deine Offenheit!
In Absprache mit SilviaD kopiere ich ihre Erlebnisse im Entzug aus ihrem Thread https://www.symptome.ch/threads/ich-wollte-sterben-aber-ich-war-noch-nicht-dran.8715/ hier hinein.
Der Bericht ist erschütternd und zeigt nur einen kleinen Ausschnitt aus den bitteren Erfahrungen, die Süchtige beim Entzug durchlaufen müssen.
Silvia, vielen Dank für deine Offenheit!
Hallo Ihr Lieben,
..... 3 Tage und Nächte habe ich nicht geschlafen und nix gegessen und hätte
wahrscheinlich auch nix getrunken, wenn die "Aufseher" mir nicht laufend Wasser
gebracht hätten.... Während dieser Zeit war mir trotz der offensichtlichen
Anzeichen nicht bewusst, daß ich auf Entzug war.
Tagsüber wurde ich genötigt an den Mahlzeiten teilzunehmen und immer wieder
aufgefordert mein Bett zu verlassen um an Gruppengesprächen oder
irgendwelchen blöden Therapien teilzunehmen. Aber ich verweigerte mich! Ich
wollte auch nicht rauchen gehen.... ich wollte nur im Bett liegen. Ich litt unter dem
Schlafentzug .......... SEHR! Nachts lief ich den Flur auf und ab und ich war so
müde, aber ich konnte nicht einschlafen und ich begriff nicht warum das so war!
Die Ärzte wollten mir Pillen geben und meinten, daß dann alles leichter wäre! Was
für ein Irrsinn: ich sollte genau die Pillen nehmen um den Entzug zu erleichtern, die
mich erst abhängig machten. Ich sah keinen Sinn darin und war ja auch der
Meinung, nicht abhängig zu sein.
Magda, die mit mir das Zimmer teilte war ja ebenfalls auf Entzug und auch sie
lehnte alle Ersatzmedikamente ab - aber sie war auf Heroinentzug. Man sagt dazu
"kalter Entzug". Sie war hunderttausendmal schlimmer dran als ich......
Ich spürte auch körperliche Schmerzen - tagsüber.... und hatte immer wieder
krampfartige Anfälle! Auch sie hatte diese Anfälle, aber so viel schlimmer als ich
und dennoch hörte ich sie nicht einmal jammern, während ich im Selbstmitleid
versank.......... Magda war es dann, die mich stärkte und wieder aufbaute.
---------- Am 4. Tag hatte ich es überstanden und ging abends in den
Raucherraum. Als ich eintrat, da klatschten alle und ich fühlte mich zum ersten Mal
seit Jahren angenommen...... Hier konnte ich einfach SEIN!
Ich war eine von 9 oder - je nachdem - auch 14 "Gefallenen"! Diese Menschen
waren mir näher als Freunde und Familie. Die meiste Zeit des Tages hielt ich
mich von da an im Raucherraum auf, aber gesagt hab ich selten etwas. Und es
hat auch nie jemand von mir erwartet, daß ich was erzähle.
Die Zeit in der Psychiatrie - Abteilung Sucht - werde ich nie vergessen. Es war die
Hölle auf Erden!
Während der Zeit dort lernte ich Menschen kennen, die schon 2 Tage nach der
Entlassung wieder da waren........... Kaum "draußen" hatten sie den Kampf gegen
den Alkohol schon wieder verloren.
Eines Morgens saß ich vorne zum Blutdruckmessen, da wurde eine Frau von der
Polizei gebracht....Sie saß mir dann am Tisch gegenüber und fragte mich
einunddasselbe immer und immer wieder. Sie hatte 6,8 Promille. Unglaublich,
aber ich war dabei, als sie getestet wurde!!!!!!!!!! Alkoholiker haben dank einer
Pille den körperlichen Entzug nach 4 Tagen hinter sich.
Diese Frau habe ich dann auch erst wieder nach 3 Tagen gesehen. Sie kam zum
Frühstück. Sie war zwar immer noch am ganzen Körper zitternd, aber bereits
kaum wiederzuerkennen zu Tage vorher.
Am nächsten Tag kam sie zum ersten Mal in den Raucherraum und wenn ich sie
vor Tagen nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dann hätte ich nicht geglaubt,
daß es dieselbe Frau ist, die mir nach ihrer Einlieferung am Tisch gegenüber
saß.....!
Sie war so voller Energie und Charme und sie war eine schöne Frau.
Schon am nächsten Tag verließ sie die Klinik......... einen Tag bevor ich ging,
wurde sie erneut von der Polizei eingeliefert.
Ich erfuhr, daß bei alkoholabhängigen jeder zweite unmittelbar nach der
Entlassung wieder der Sucht verfallen. Eine Frau, die ich während meiner Zeit
erlebte, hatte bereits den 14. Entzug hinter sich........
Ich war die einzige, die von Tabletten abhängig war. Außer Magda waren noch 2
andere auf Heroinentzug. Die meisten waren dem Alkohol verfallen und von denen
war keiner das 1.mal in der Klinik.
Jeder einzelne war ein besonderer Mensch und "trocken" unvergeßlich
beeindruckend. Ich wünschte, ich hätte sofort nach meiner Entlassung alles
aufgeschrieben.........
In der - dieser - Klinik gelten heimliche Gesetze und Regeln. Im Raucherraum
waren "wir" unter uns und konnten offen sprechen. Aber 1 bis 2 mal am Tag kam
eine Schwester (Arzthelferin) zu uns. Angeblich um zu rauchen, aber der
eigentliche Grund war unsere Gespräche auszuspionieren. Dank meiner
Mitpatienten lernte ich schnell mich den Erwartungen der Ärzte an mich
anzupassen.......... Deren Urteil über mich war ich ausgeliefert und ich hatte
einfach nur Angst, nie wieder rauszukommen.
Jeden Tag musste ich zum Gespräch zu "meiner" Psychiaterin. Dann sagte sie
einmal zu mir, daß ich ihr nicht geheuer wäre......... Jeden Tag würden Leute
anrufen und nach mir fragen und das hätte es bisher noch nicht gegeben. Und
tatsächlich haben z.b. der Vater meines Sohnes und mein Ex-Partner täglich
angerufen...........Was nicht zu meinem Vorteil war.
Diese Ärztin fragte mich, warum ständig Anrufe für mich kämen...... Anscheinend
würden sich viele Menschen große Sorgen um mich machen..... Aber ich bin ja
nicht blöd! Hätte ich mich ihr geöffnet, dann wäre ich heute noch in der Klinik! Und
müsste als Behandlung malen, knüpfen oder basteln...........
Am 28. April 2004 wurde ich entlassen und zog nach Niedersachsen und erst als
der Brief vom Gericht kam, in dem stand, daß das Verfahren mich zu entmündigen
eingestellt ist........... erst da traute ich mich nach Hessen zu fahren und meinen
Sohn zu besuchen.
.................... Ich wurde in die Klinik eingeliefert, weil ich glaubte mich umzubringen
sei die Lösung aller Probleme....... Und man sollte doch annehmen, daß jemand
wie ich in dieser Klinik gut aufgehoben ist . Aber Hilfe bekam ich dort nicht!!!!
Dieses Trauma bleibt für immer..........
.............................Mehr das nächste Mal!!!!!!!!
LG
Silvia
__________________
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Though you feel no joy within - Greet each new day with a grin.In the end you are bound to win.
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