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Entwicklungspsychologie - die Entwicklungsstufen nach Piaget und anderen
Hallo,
Jean Piaget Jean Piaget - Wikipedia entwickelte, als Ergebnis seiner Forschungen, Aussagen zur "Entwicklung der logischen Strukturen menschlichen Denkens". Damit begründete er in den sechziger Jahren eine moderne Entwicklungspsychologie.
Hier sind jetzt mal die von Piaget postulierten Stufen:
Stufe der sensomotorischen Intelligenz
Stufe des symbolischen oder vorbegrifflichen Denkens
Stufe des anschaulichen Denkens
Stufe des konkret-operativen Denkens
Jean Piagets Entwicklungsstufen im Überblick
(Einen leicht lesbaren und differenzierteren Überblick über die Entwicklungsstufen findet man auch hier:
Jean Piaget - Wikipedia )
Inhaltlich mag das ja alles stimmen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass - insbesondere bezogen auf die "höheren" Entwicklungsstufen, stark individuelle Unterschiede wahrnehmbar sind.
Was meint Ihr?
Herzliche Grüße von
Leòn
Hallo,
Jean Piaget Jean Piaget - Wikipedia entwickelte, als Ergebnis seiner Forschungen, Aussagen zur "Entwicklung der logischen Strukturen menschlichen Denkens". Damit begründete er in den sechziger Jahren eine moderne Entwicklungspsychologie.
Hier sind jetzt mal die von Piaget postulierten Stufen:
Stufe der sensomotorischen Intelligenz
(0 bis 1,6/2,0 Jahre) Das Verhalten in der sensomotorischen Phase entsteht ausschliesslich durch das Zusammenspiel von Wahrnehmungseindrücken und motorischer Aktivität. Das Kleinkind verfügt also weder über eine Vorstellungstätigkeit, noch über eine rationale Einsicht.
Bereits im Alter bis ca. 18/24 Monaten gibt es intelligente Anpassungen des Kindes an seine Umwelt. Allerdings erfolgen diese vorwiegend noch in der Form, dass spontane Handlungen (zunächst aufgrund angeborener reflektorischer Schemata) mit gerade vorhandenen Wahrnehmungseindrücken koordiniert werden (z. B. eine Rassel schütteln oder ein Mobile bewegen). In dieser Phase baut das Kind über eine immer größer werdende Reihe von primären, sekundären und tertiären Kreisprozessen (zunächst Lutschen, dann Greifen und später Hantieren) die Gesamtheit der kognitiven Substrukturen für die späteren wahrnehmenden und intellektuellen Konstruktionen auf. Daher ist diese Phase grundlegend für die spätere kognitive Gesamtentwicklung eines Kindes (Hospitalismus). Die sensumotorische Entwicklung unterteilt Piaget in sechs Abschnitte ein:
* Übung angeborener Reflexmechanismen
* primäre Kreisreaktionen
* sekundäre Kreisreaktionen
* Koordination der erworbenen Handlungsschemata und ihre Anwendung auf neue Situationen
* tertiäre Kreisreaktionen
* Übergang vom sensumotorischen Intelligenzakt zur Vorstellung.
Stufe des symbolischen oder vorbegrifflichen Denkens
(1,6/2,0 bis 4,0 Jahre) Auf dieser Stufe läßt sich eindeutig Denken im Sinne verinnerlichten Handelns nachweisen. Das Kind wird fähig, mit Vorstellungen und Symbolen - die Piaget Vorbegriffe nennt - umzugehen. Das Kind weiss nun also, dass ein Symbol für ein Objekt stehen kann. Es verfügt ebenfalls über eine qualitative Identität. Die Identität eines Gegenstandes, etwa von Papier oder Knetmasse, bleibt die gleiche, auch wenn es durch Verformung anders aussieht.
Der Begriff der Symbolfunktion bezieht sich auf die Fähigkeit des Kindes, das Bezeichnete (ein Objekt, ein Ereignis oder ein Begriffsschema) durch ein Bezeichnendes (ein Wort, eine Geste, eine Vorstellung) zu repräsentieren. Es vermag nun, zwischen einem wirklich vorhandenen Gegenstand und einem nur vorgestellten Symbol zu unterscheiden. Es handelt sich insgesamt um eine prälogische Denkform - "prä-" natürlich immer im Vergleich zur üblichen in unserem Kulturkreis ausgebildeten und akzeptierten Erwachsenenlogik!
Das Kind lernt als Grundlage für seine spätere Entwicklung in der präoperationalen Periode den Gebrauch symbolischer Substitutionen wie der Sprache und der geistigen Bilder anstelle der sensomotorischen Aktivitäten des Säuglingsalters. Anstatt nach Dingen zu greifen, kann es jetzt etwa darum bitten. Auf dieser Stufe entwickelt das Kind die Fähigkeit, seine reale Umwelt mit vor allem sprachlichen Mitteln zu klassifizieren.
Die Kinder sind nicht fähig, die Welt in belebt und unbelebt zu unterteilen. So wird zum Beispiel die Bewegung der Wolken an die Fortbewegungsart der Würmer assimiliert und gleichzeitig werden die Wolken als Lebewesen gedeutet. Piaget nennt die Wahrnehmung unbelebter Gegenstände als belebt "animistische Deutungen".
Beim finalistischen Denken handelt es sich um eine fehlerhafte Assimilation. Die Existenz von Naturerscheinungen wird zweckmässig erklärt, als ob es sich um menschliche Aktionen handelte. Bäume sind da, um uns Schatten zu spenden, Steine sind da, um Häuser zu bauen.
Beim artifiziellen Denken glauben Kinder, dass alles in der Welt von den Menschen oder von Gott gemacht ist. Sie verfügen also über Konzepte der Herstellung, der Anfertigung und des Machens. Kinder vermuten zum Beispiel, dass starke Männer einen Berg gemacht haben oder sie fragen danach, wer die Babys gemacht hat.
Stufe des anschaulichen Denkens
(4,0-7,0/8,0 Jahre) Es entwickeln sich auf dieser Stufe zwar schon "echte" Begriffe, aber das Denken ist wie auch in der nächsten Phase noch ganz an die Anschauung gebunden. In dieser Phase kommt es geradezu zu einer Explosion des Begriffsinstrumentariums, das allerdings noch recht vereinfacht und absolut gebraucht wird. Das Kind kann in der Regel noch nicht verschiedene Aspekte eines Gegenstandes oder einer Beziehung zwischen Gegenständen gleichzeitig erfassen und berücksichtigen, sondern es bleibt meist bei einem wahrnehmungsmäßig herausragenden Merkmal stehen.
Diese Stufe ist die am intensivsten erforschte Phase der Piagetschen Theorie, vor allem deshalb, weil sie im Übergang vom voroperatorischen zum operatorischen Denken gipfelt. Aus einer Phase, die von instabilen logischen Regeln gekennzeichnet ist (Invarianz, Objektpermanenz), kommt es zu einer qualitativen Veränderung. Die Fehler, die das Kind in diesem Stadium macht, nennt Piaget: unangemessene Generalisierungen; den Egozentrismus des Kindes; Zentrierung; eingeschränkte Beweglichkeit; fehlendes Gleichgewicht.
Piaget nennt nun die animistische, finalistische und die artifizielle Denkweise des Kindes egozentrisch. Piaget verwendet den Begriff Egozentrismus vielfältig, so z.B. zur Bezeichnung der Unfähigkeit, sich in die Rolle eines anderen hineinzuversetzen, den Blickwinkel eines anderen einzunehmen oder die eigene aktuelle Sichtweise als eine unter mehreren Möglichkeiten zu begreifen. Ein Kind dieses Alters zweifelt noch nicht daran, ob der Gesprächspartner verstanden hat, was es sagt, es fragt nicht nach. Das Kind weiss noch nicht, dass der andere die Dinge vielleicht nicht so versteht und sieht, wie es selbst. Es fühlt sich deshalb auch nicht dazu veranlasst, seine Ansichten zu rechtfertigen oder zu begründen. Durch die Entwicklung von Kompetenzen zur Perspektiven- und Rollenübernahme wird dieser kommunikative Egozentrismus allmählich überwunden. Mit der Zeit gelingt es dem Kind, die Perspektive anderer zu erkennen und sich in seinem eigenen Handeln und Sprechen auf die Verständnismöglichkeiten des Gegenübers einzustellen. So gelingt Kommunikation unter Berücksichtigung der Verständnismöglichkeiten unterschiedlicher Partner.
Klassen- und Kategorienbildung
Die Mannigfaltigkeit der Welt ist in verschiedene Kategorien einteilbar. Diese Fähigkeit stellt für uns Menschen eine wichtige kognitive Leistung dar, da es das Verstehen der Welt und die Kommunikation wesentlich erleichtert. Es bestehen unterschiedliche Prinzipien der Ordnung. Kinder ordnen die Welt zunächst nach thematischen Kriterien. Kinder ordnen die Welt zunächst nach Basiskategorien. Basiskategorien werden zur Vereinfachung der Welt gebildet, in dem Elemente die sich gleichen, einer bestimmten Kategorie zugeordnet werden.
Stufe des konkret-operativen Denkens
(7,0/8,0 - 11,0/12,0 Jahre) Die gedanklichen Operationen sind zwar weiterhin an anschaulich erfahrbare Inhalte gebunden, sie zeichnen sich jedoch durch eine größere Beweglichkeit aus. Verschiedene Aspekte eines Gegenstandes oder Vorgangs können gleichzeitig erfaßt und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Der Terminus konkrete Operationen meint, dass das Kind nun in Gedanken mit konkreten Objekten bzw. ihren Vorstellungen operieren kann. Es kann Reihen aufstellen, erweitern, einteilen, unterscheiden. Das Denken besitzt bereits die Eigenschaft der Reversibilität (Umkehrbarkeit), d. h., die konkreten Operationen konnen gedanklich umgekehrt werden, so dass eine durchgeführte Operation wieder aufgehoben wird. Das kindliche Denken erreicht in dieser Struktur die erste Form eines stabilen Gleichgewichts. Das Kind beschränkt sich beim zielgerichteten konkreten Denken auf das, was faktisch und wirklich ist. Allerdings wird in diesem Alter die "Realität" auch schon oft den kognitiven Schemata untergeordnet bzw. letztere werden bewußt manipuliert (etwa in Phantasien oder Wunschvorstellungen).
Jean Piagets Entwicklungsstufen im Überblick
(Einen leicht lesbaren und differenzierteren Überblick über die Entwicklungsstufen findet man auch hier:
Jean Piaget - Wikipedia )
Inhaltlich mag das ja alles stimmen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass - insbesondere bezogen auf die "höheren" Entwicklungsstufen, stark individuelle Unterschiede wahrnehmbar sind.
Was meint Ihr?
Herzliche Grüße von
Leòn