Der große Boss

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"DER GROßE BOSS - DAS ALTE TESTAMENT

Weltrekord in sechs Tagen (1 Mose 1, 2) Der GROßE BOSS schlägt zu! Der GROßE BOSS will ein tolles, ein einmaliges Ding drehen, das Ding mit der Welt. Das hat vor ihm noch keiner gewagt. Kunststück, die Welt nämlich ist momentan ein trostloses Tohuwabohu aus lauter Wasser. Bloß die Idee ist da, die Idee vom GROßEN BOSS. Sie geistert über den rabenschwarzen Fluten.

Die Düsternis missfällt dem GROßEN BOSS. "Man sieht ja nicht die Hand vor Augen!" räsoniert er. "Licht! Aber ein bisschen dalli!" Prompt wird es hell.

Das behagt dem GROßEN BOSS. "Prima, wie das funktioniert. Hell wie der lichte Tag." Damit hat die Helligkeit ihren Namen weg. Um sie von der Dunkelheit zu unterscheiden, nennt er die Finsternis Nacht. Er rahmt sie mit zwei Dämmerungen ein, mit Abend und Morgen. So entsteht der erste Tag. Übrigens an einem Montag.

Am nächsten Morgen überprüft der GROßE BOSS seine Installation und schüttelt den Kopf. "Man kann ja gar nichts unterscheiden! Himmel, ist das 'ne Nässe!" Hatte er eben Himmel gesagt? Rasch wuchtete er ein Zirkuszelt quer durchs Wasser, so dass ein Teil darunter und einer darüber ist. Das Chapiteau nennt er Himmel.

Über all der Wasserverdrängung wird es wieder Abend. Der zweite Tag ist rum. Der Dienstag.

Andern Tags früh starrt der GROßE BOSS so lange auf den Wasserspiegel, bis ihm die Augen tränen. "Zuviel des Guten!" kritisiert er und gibt dem Wasser den Befehl, sich in ein paar geeignete Tümpel zurückzuziehen. Er will was Trockenes sehn.

Es klappt wie am Schnürchen. Das Trockene nennt der GROßE BOSS Land, die riesigen Wasserpfützen Meer. Eine Weile gefällt ihm seine interkontinentale Gestaltung nicht schlecht, dann kneift er taxierend ein Auge zu. Sehen diese Dreckbatzen aus Erde nicht geradezu kläglich aus ?

Der GROßE BOSS liebt die schnellen Entschlüsse. Er fordert die Erde auf, grün zu werden und zu blühen. Und lustig sprießt es: eine Wiese mit Blümchen, Felder mit Korn voller Klatschmohn und Obstbäume natürlich, Kernobst und Steinobst, damit später etwas nachwüchse. Mit zufriedenem Schmunzeln lässt der GROßE BOSS noch einmal sein Künstlerauge über das Stilleben schweifen und beendet den dritten Tag. Der Mittwoch.

Donnerstag übertrifft der GROßE BOSS sich selber: Er erfindet die Sonne, Mond und Sterne und dekoriert mit den Laternen den Himmel. Die große rote soll den Tag, die kleinere gelbe die Nacht beherrschen. Die vielen kleinen und klitzekleinsten sind für die Schiffahrt, die Kalendermacher, die Astrologen und -nauten bestimmt. Das alles geschieht nach Adam Riese am vierten Tag. Der GROßE BOSS reibt sich zufrieden die Hände.

Kurz vor Sonnenaufgang am nächsten Morgen betrachtet der GROß BOSS nachdenklich seinen Rohbau. Irgend etwas stimmte noch nicht. Gleich darauf weiß er auch, was. "Ich muss ein bisschen Leben in die Bude bringen!" Damit meint er die Erde. "Im Wasser soll's wimmeln und in den Luft flattern."

Als erstes konstruiert er einen kolossalen Walfisch. Dann kommen die Delphine, die Lachse und ganz zuletzt die Kaulquappen an die Reihe. Anschließend macht er sich an die Fabrikation der Nachtigall, der Taube und des gemeinen Feld-, Wald- und Wiesenspatzes. Das ist eine Mordsarbeit, deshalb gibt er den Fischen und den Vögeln den Rat: "Vermehren müsst ihr euch schon selber. Ich hab noch 'ne Menge zu tun. Heute ist bereits Freitag. Der Fünfte!"

Gleich bei Anbruch der nächsten Morgendämmerung ergänzt der GROßE BOSS seinen Tierbestand mit einer konkurrenzlosen Menagerie: Vom Regenwurm über die Klapperschlange bis zum Krokodil, von der Gonokokke über die Filzlaus bis zum Zirkusfloh, von der Kanalratte über die Wildsau bis zum ausgewachsenen Elefanten, - DER GROß BOSS vergisst rein gar nichts.

Trotzdem ist er noch nicht zufrieden, besonders als er sieht, wie ein Rauhhaardackel sich mit einer Angorakatze balgt. "Da unten müsste einer sein, der für Ordnung sorgt!" überlegt der GROßE BOSS laut. Und hat auch schon eine Idee: Er erfindet den Menschen. Er macht ihn nach einer flüchtigen Skizze, so wie er ihn sich einbildet, ihn, den Mann - und sie, die Frau.

Als er die beiden fertig hat, sagt er zu ihnen:"Na denn! Meinen Segen habt ihr ..." Er schenkt ihnen all das Gepladder, Geflatter, Geschnatter, das Meckern und Brüllen und den Moby Dick dazu. "Nun pflanzt euch aber auch schön fort!" ermahnt er sie und lächelt diskret. "Macht Geschichte, nicht nur Geschichtchen. Alles dürft ihr euch untern Nagel reissen, Hummer, Kaviar, Gänseleber, Büffelschinken und Langusten, aber lasst die Delikatessenlieferanten nicht aussterben. Jagt nicht zum Vergnügen! Ist das klar?"

Der GROßE BOSS hätte gern noch mehr gesagt, aber da ist es schon wieder Abend. Der sechste Tag geht zuende, ein Samstag, und der GROß BOSS hat Kreuzschmerzen von seiner Superschaffe. Doch das vergisst er beim Anblick seiner Mammutbaustelle. "Hab ich das nicht Klasse hingekriegt?"

Als der GROßE BOSS am siebten Tag frühmorgens in die Sonne blinzelt, ist zufällig Sonntag. Da bleibt er gleich liegen. "Heut wird geschwänzt!" frohlockt er. "In sechs Tagen Himmel und Erde auf die Beine zu stellen, - das soll mir erst mal einer nachmachen!" Er dreht sich auf die andere Seite und murmelt beim Einschlafen:"Das wollen wir auch in Zukunft so halten, - sechs Tage wird gearbeitet, am siebten wird gefeiert."

So entstanden Himmel und Erde: die Schöpfung. Eine Rekordleistung. Und alles Handarbeit.



DER GROßE BOSS - DAS ALTE TESTAMENT

Striptease in der Paradiesbar (1 Mose 2)

Unter uns gesagt, - anno dunnemals, als der GROßE BOSS in seinem gigantischen Hobbyraum an seinem Weltemodell herumboßelte, ging keineswegs alles glatt. Da spross es mitnichten aus heiterem Himmel, weil unter einem heiteren Himmel von allein nun mal nichts sprießt. Dazu muss es schon regnen, denn der Mensch und die Gießkanne sind an diesem Mittwoch noch nicht erfunden. Zum Glück legt sich dicker Nebel wie ein nasser Schwamm auf die Erde.

Aus eben diesem glitschigen Lehm töpfert der GROßE BOSS den ersten Menschen. Ab und zu wirft er einen flüchtigen Blick auf seine flüchtige Skizze und knetet und knetet. Der Kopf macht die meiste Arbeit. Ihn modelliert er siebenmal, denn sechmal ähnelt er einem Affenkopf. Zuletzt gibt er es auf: "Vielleicht entwickelt der Kerl sich, wenn ich ihm kräftig in die Nase blase."

Gesagt, getan, - er bläst. Seit der Zeit gilt der Mensch als Lebewesen. Er macht von der ersten Stunde an nichts als Scherereien. Seinetwegen betätigt sich der GROßE BOSS sogar als Gartenarchitekt. "Wenn er schon leicht missraten ist, der Mensch, soll er wenigstens schön wohnen", beschwichtigt er sich und gestaltet einen geradezu paradiesischen Garten. Er nennt ihn Eden, das heisst 'Wonne'. In ihn verfrachtet er den menschgewordenen Lehmbrocken, zwischen die bunt blühenden Blumen, unter die prachtvoll anzuschauenden Bäume, von denen alle naselang das Tafelobst prasselt.

Nur von zwei Bäumen im Zentrum der Plantage fällt nichts Reifes: vom Baum des Lebens und vom Baum der Erkenntnis. Der Erkenntnis dessen nämlich, was sich gehört und was nicht, was moralisch ist oder fies, göttlich oder bigott. Kurz: gut oder böse.

Bei passender Gelegenheit warnt der GROßE BOSS seinen Erstling: "Hör zu, Junge! Obst ist gesund. Iss soviel du willst. Von allen Bäumen, von allen Sträuchern. Nur rühre den Baum da drüben nicht an."

Der junge Mann hat den Baum bislang gar nicht beachtet. Es gibt ja unzählige Bäume ringsum. Jetzt wird er neugierig. "Schmecken die Äpfel anders als die anderen?"

"Das sollst du gar nicht erst erforschen!" knurrt der GROßE BOSS. "Wenn du von meinem Erkenntnisbaum naschst, muss ich dich leider wieder aus dem Verkehr ziehen. Haben wir uns verstanden?"

"Meinethalben", brummt der nackte Twen und müht sich vergeblich, eine hochhängende Traube zu erreichen. "Die ist mir zu sauer!" quengelt er und gibt es auf.

Das beobachtet der GROßE BOSS. "Ich muss ihm einen Partner machen", grübelt er. "Wenn der Bursche allein ist, kommt er auf dumme Gedanken." Oder war es vielleicht ein guter Einfall, dass der Grünschnabel das Schwein nannte, als er ihn aufforderte, den Tieren einen Namen zu geben? Nur weil das Schwein seinen Rüssel grunzend in den Dreck steckte, aus dem der Kerl doch selber geboßelt war!

Als er den Hund abfällig Köter nennt, ermahnt ihn der GROßE BOSS zu mehr Respekt. Da hat er grad den Tausendfüßler beim Wickel und zählt dessen Extremitäten. Darüber schläft der erste Welt-Mann ein.

Sein Schnarchen erinnert den GROßEN BOSS an seinen Plan, den Primitivling in gute Gesellschaft zu bringen. Heimlich säbelt er ihm eine Rippe aus dem Gerippe, nimmt dazu die Rundung des Mondes, die Wellenlinie der Schlange, das Zittern des Grases, den Blick des Rehs, die Heiterkeit des Sonnenstrahls, die Tränen der Wolken, die Unbeständigkeit des Windes, die Furchtsamkeit des Hasen, die Eitelkeit des Pfaus, die Härte des Diamanten, die Süße des Honigs, die Grausamkeit des Tigers, die Wärme des Feuers, die Kälte des Schnees, die Schwatzhaftigkeit des Hähers und das Gehirn der Turteltaube. Das alles mischt er zusammen und bastelt den 2. Menschen daraus, - sie, die Frau. Ein Teenager noch, wenn man genauer hinsieht.

Das tut der Boy auch, als der GROßE BOSS ihm anderen Tags das Girl zuführt. Er mustert sie ungeniert und staunt:"Die ist ja aus demselben Material wie ich?!" Er zwickt das Mädchen in den Po. "Fleisch von meinem Fleisch!" Er klopf ihr mit dem Fingerknöchel aufs Schlüsselbein. "Knochen von meinem Knochen!"

"Ganz recht", sagt der GROßE BOSS, "deshalb werden auch in Zukunft die Jungs ihren Eltern davonlaufen, um sich den Mädels an den Hals zu werfen. Ein Fleisch, ein Bein, ein Bett."

Der junge Mann studiert interessiert den Schoß des neuen Spielgefährten. "Da unten fehlt was! Naja, dafür hat sie oben etwas mehr, das gleicht es wieder aus. Wie soll ich sie nennen? Vielleicht Mausi? Dann heisst's später, sie sind mit Mann und Mausi untergegangen, hahaha!" Sein Lachen kommt ihm selber vor. "Oder was für einen Namen schlägst du vor?"

Der GROßE BOSS ist inzwischen gegangen. Sollten die sich ruhig erst mal beschnuppern und befummeln. Denn Scham kennen die beiden Nudisten natürlich nicht. Natürlich!



DER GROßE BOSS - DAS ALTE TESTAMENT

Der Minirock - Ein alter Hut (1 Mose 3)

Eines Tages bückt sich der erste Mensch, den der GROßE BOSS mit aufreizenden Kurven versehen hat. Das Mädchen will einen Ast aufsammeln, weil der Kerl von einem Kerl ihr aufgetragen hat, für Brennholz zu sorgen.Er selbst ist zum Bücken zu faul. Das wird sich auch nie ändern.

Aber der morsche Ast ist kein morscher Ast. Er ist eine Schlange, eine Hornviper mit breitem, plumpen Kopf, auf dem zwei kleine Hörner sitzen. Sie ist ein ausgekochtes Luder; eine richtige Schlange! Hinterlistig fängt sie an, mit dem Mädchen zu tratschen. "Stimmt es, daß der GROßE BOSS gesagt hat, ihr sollt die Finger vom Obst lassen?"

"Quatsch!" sagt das Mädchen. "Wir dürfen überall ran. Ich kann das Zeug schon nicht mehr sehen. Bloß von dem Baum da drüben, - die Äpfel sind ungenießbar. Von denen stirbt man, sagt der GROßE BOSS.

Die Hornviper züngelt höhnisch:"Und das glaubst du? Jede Wette, dass du nicht davon stirbst! Der GROßE BOSS hat das nur gesagt, damit du nicht genauso gescheit wirst wie er. Wenn du nämlich in so'n Apfel reinbeisst, dann fällt es dir wie Schuppen von den Augen, und du kannst plötzlich unterscheiden, was gut ist und was böse."

"Wozu soll denn das gut sein, wenn ich weiß, was böse ist?"

Die Schlange ringelt sich ganz dicht an das Mädchen heran und zischelt ihm mit ihrer gespaltenen Zunge lauter Lügen ins Ohr. Versteht sich, dass die Kleine neugierig wird; die verbotenen Früchte sehen ganz besonders saftig aus. Und wenn man von ihnen auch noch klug wurde ... Der Kerl hatte doch heut Morgen gesagt, sie stelle sich dümmer an, als die Polizei erlaube ...

Ein letztes Zögern, dann huscht das Mädchen mit klopfendem Herzen zum Baum der Erkenntnis, pflückt den erstbesten Apfel, beisst hinein und rennt mit dem Rest zu ihrem Partner:"Koste mal!"

Der Nichtsahnende kaut auf beiden Backen. Als der letzte Bissen ihm im Halse stecken bleibt und seine Kehle sich zum Adamsapfel ausbeult, weiß er plötzlich, dass er Adam heißt. Vor Freude errötet er. Seit dem Moment bedeutet sein Name auch 'rot sein'. Der erste Mensch - ein Roter ...

Als er noch an dem Apfelstück herumwürgt, werden seine Augen größer und größer. Zum Kuckuck, was fiel dem Mädchen ein! Empört schimpft er: "Wie läufst du eigentlich? Schämst du dich denn gar nicht? Zeigst mir die ganze Zeit dein Dreiecksfell!"

"Na und?" protestiert das Mädchen. "Meinst du, dein Gehänge ist 'ne Augenweide? Vielleicht ziehst du dir mal'n anderen Adam über!" Sie hält die rechte Hand vor ihr zierliches Wäldchen und den linken Arm über ihre sanfte Hügellandschaft, damit Adam sie nicht nackt sehe. Auch Adam hält die Hand vor seins, aus demselben Grund.

Ohne sich miteinander abzusprechen, verschwinden beide nach verschiedenen Richtungen. Als sie zurückkommen, haben sie sich aus Blättern Miniröcke gemacht. Die Kurvenbevorzugte trägt ausserdem einen BH aus Chrysanthemen, der bei der großen Hitze allerdings rasch verwelkt.

Abends wird es endlich ein bisschen kühler. Die Kleine hat sich einen frischen Büstenhalter gepflückt, da hören sie Schritte zwischen den Tomatenstauden. Schnell verstecken sie sich in einem Gebüsch. Sie legen keinen sonderlichen Wert auf eine Begegnung mit dem GROßEN BOSS.

"Adam, wo bist du?" ertönt seine sonore Stimme. "Komm her, ich hab mit dir zu reden! Und bring deine Biene mit."

Die beiden kommen zögernd aus ihrem Versteck. Sie haben ein flaues Gefühl im Magen.

"Warum treibt ihr euch in den Hecken rum?" wundert sich der GROßE BOSS. "Habt ihr das nötig?"

"Naja" stottert Adam "ich hab dich kommen gehört, und so nackt wie ich bin, - da geniert man sich doch, nicht wahr?" Der GROßE BOSS runzelt die Stirn. "Wer hat dir gesagt, du seist nackt? Hast du etwa von meinem Erkenntnisbaum genascht?" Seine Stimme ist ein einziges Grollen.

Schnell deutet Adam, dieser Denunziant, auf das Mädchen: "Hier das Flittchen, das du mir aufgehalst hast und das nicht mal kochen kann, - sie hat mir den verbotenen Apfel untergejubelt. - Übrigens war ein Wurm drin."

Der GROßE BOSS verzieht geringschätzig die Lippen. Wurm, wagt dieser Wurm zu sagen! Dann blickt er auf das Mädchen. Sie schlägt verlegen die Augen nieder. "Warum hast du das getan?"

"Ich bin verführt worden!" entschuldigt sich das Mädchen mit der für ihr Geschlecht typische werdenden faulen Ausrede. "Die sandfarbene Schlange hat mich beschwatzt, da hab ich halt reingebissen. Aber das mit dem Wurm stimmt nicht, bloß sauer war er, der Apfel.

Der GROßE BOSS ist verstimmt. Er ranzt die Hornviper an, dass das ganze Paradies scheppert: "Dafür, dass du das getan hast, sollst du und deinesgleichen für alle Zeiten auf dem Bauch kriechen, verfluchtes Biest! Alle Frauen sollen sich vor die ekeln und dir spinnefeind sein. Und umgekehrt. Ihre Lausbuben werden dir begeistert den Kopf zertreten. Naja, dafür darfst du sie meinetwegen in die Ferse stechen. - Und nun, verschwinde!"

Dann richtet er das Wort wieder an das Mädchen:"Starfe muss sein, das ist dir hoffentlich klar. Deshalb sollst du deine Kinder in einer Weise bekommen, dass du denkst, es zerreisst dich. Ausserdem gestehe ich dem Burschen da, den du in den sauren Apfel hast beissen lassen, das Recht zu, dich weidlich zu schikanieren. Auch wenn du zerfließt vor Sehnsucht, - zuerst bringst du ihm das Frühstück ans Bett und wäscht und plättest und kochst für ihn."

Als der GROßE BOSS sieht, dass dem jungen Mann über diese Vormachtsstellung der Kamm schwillt, dämpft er seinen beginnenden Größenwahn: "Glaub nur nicht, du kommst ungeschoren davon! Weil du ein Schwächling warst und dich hast rumkriegen lassen, verfluche ich deinen Acker, deinen Schreibtisch und dein Fließband für alle Zeiten. Unkraut soll deine Felder garnieren, sämtliche Bleistifte sollen dir abbrechen, und im Akkordlohn krieg Schwielen. Nassgeschwitzt und abgehetzt sollst du deine Suppe löffeln, bis du wieder zu dem wirst, aus dem ich dich gemacht habe: zu Dreck. Denn mehr als ein paar Hände voll Dreck bist du nicht. Und zu ihm sollst du zuschlechterletzt auch wieder werden. Womit ich nichts Grundlegendes gegen den Mutterboden gesagt haben will."

Nachdem der GROßE BOSS die beiden Apfelbeisser desillusioniert hat, schweigen sie lange. "Tut mir leid, Puppe" sagt Adam spät in der Nacht. "Ich weiß, ich hätte die Schuld auf mich nehmen sollen, wo du schon die Schinderei mit dem Kinderkriegen haben sollst. Erlaube mir, dass ich dich Eva nenne." Denn Eva bedeutet 'Mutter all dessen was lebt'.

Ein paar Tage später bringt der GROßE BOSS den beiden Lendengeschürzten schicke Pelzmäntel und Lederkleidung aus himmelseigenem Modeatelier. Er zeigt ihnen, was hinten und vorn ist, - schweigend, er hat sich schon mal vergeblich den Mund fusselig geredet. "Jetzt ist der Mensch mir schon ein bisschen ähnlich geworden. Wenigstens scheint er zu wissen, was Recht und was Unrecht ist. Bin mal neugierig, wie lange sich so ein Gewissen bei der Witterung hält, die ich meiner Schöpfung noch bescheren werde." Der GROßE BOSS sprach immer laut, wenn er allein war.

Plötzlich fällt ihm der zweite Baum ein, der Baum des Lebens. Wie nun, wenn die beiden missratenen Geschöpfe sich auch an ihm vergriffen? Dann gewannen sie das ewige Leben. Alles, nur das nicht! Um es zu verhindern, jagt der GROßE BOSS das naschhafte Pärchen schleunigst aus dem Schlemmerparadies. Sollte der Kerl sich seinen Luxus doch selber schaffen! Land zum Bebauen war genug da, er brauchte es nur zu kultivieren. Und sich gleich selber mit.

Damit es den beiden Apfeldieben nicht etwa einfiel, sich heimlich zurückzuschleichen, postiert der GROßE BOSS Flurhüter und Nachtwächter rund ums Paradies. Sie rasseln schon mit den Säbeln, wenn sich nur eine Haselmaus dem Baum des Lebens nähert.


aus: "Der große Boss - Das Alte Testament" von Fred Denger, Eichborn 1985

Der große Boss - das alte Testament
 
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