Es gibt verschiedene Ansätze, mit Krankheitssymptomen umzugehen. Die gebräuchlichsten:
Weg Nummer eins
Symptom taucht auf – Ich will es loswerden. Ist ja auch logisch, wer quält sich schon gern herum. Du hast Sodbrennen, diese verflixte Säure, dieses lästige Aufstoßen! Das muss schnellstens weg. Du suchst also einen Behandler auf, von dem du annimmst, dass er erfolgreich ist im Wegzaubern von Symptomen. Säure neutralisiert, Sodbrennen verschwunden: Du bist wieder fit, alles wieder gut.
Manchmal ist das sehr hilfreich, heilend, rettend. Du bist erleichtert, fühlst dich wie ein neuer Mensch, hast wieder Energie und Lebensfreude. Das kann ein Neuanfang sein, die Energie kann wieder fließen. Manchmal kann es lebensrettend sein. Manchmal aber stellst du fest, dass das eigentliche Problem davon nicht weggeht, und optierst für Weg Nummer zwei
Weg Nummer zwei
Du nimmst das Symptom als Alarmzeichen, als Hinweis, dass etwas nicht stimmt. Du suchst dir jemanden, der dir dabei hilft, herauszufinden, was genau nicht stimmt. Ob mit Blutuntersuchung, mit Irisdiagnose, Röntgenaufnahmen, mit bioenergetischen Untersuchungsmethoden…: Was ist eigentlich los? Wovon kommt mein Sodbrennen? Zu schnell, zu viel essen? Das Falsche essen, oder im falschen Moment? Zuwenig Magensäure wegen Östrogenmangel, die zu schlechter Verdauung, Verschlackung, letztlich Übersäuerung führt? Überschuss oder Mangel von Mineralien, Vitaminen? Östrogenmangel – zu wenig Magensäure – schlechte Verdauung – Verschlackung – Übersäuerung? Du lässt dich darin unterstützen, den Mangel oder die Störung zu beheben. Wenn es gelingt, bist du symptomfrei und wieder fit. Es brennt nicht mehr. Oder du stellst fest, dass das Übel nur vorübergehend verschwunden ist oder sich verschoben hat. Schließlich kommst du zu der Ansicht, dass das Problem nicht in deinem Körper liegt, sondern in dir selber. So kommst du zu Weg Nummer drei.
Weg Nummer drei
Du nimmst dein Symptom als Hinweis auf ein seelisches Problem. Suchst dir jemanden, der dir dabei hilft, festzustellen, was dir fehlt, woran du leidest, was dich wirklich quält. Seelisch. Dabei kannst du entweder psychosomatische Interpretationen ausprobieren (wenn mein Magen sauer ist, was macht mich sauer? Was lehne ich ab, will ich nicht verarbeiten, was kotzt mich an, stößt mir auf?) und dazu das Erfahrungswissen von entsprechend orientierten Ärzten heranziehen, du kannst Literatur mit psychosomatischen Zuordnungen studieren, von Louise Hay bis Dr. Rüdiger Dahlke, kannst nutzen was der Volksmund sagt („das schlägt mir auf den Magen“ oder „geht mir an die Nieren“)) oder was deine eigenen Überlegungen erbringen. Was bringt mir das Symptom, woran hindert es mich? Du versuchst dich selbst zu heilen indem du über das Symptom dich selber besser verstehst.
Neben diesen drei klassischen Zugängen gibt es natürlich noch viele andere, auf die ich hier nicht näher eingehe, weil es in diesem Kontext zu weit führt: Homöopathie – du heilst dich mit dem Mittel, das im unpotenzierten Urzustand ein ähnliches Symptom hervorbringt -, Akupunktur, Shiatsu, Ayurveda, TCM, bioenergetiche Massagen, Tibetan Pulsing: Du bringst den Energiefluss in Ordnung und sorgst für Balance, oder Methoden der Naturheilkunde, die den Körper herausfordern, aufrütteln, energetisieren, damit er aufwacht, sich vitalisiert, die Krankheit abschüttelt …
Die Körperzentrierte Herzensarbeit bietet einen anderen Zugang zu körperlichen Symptomen, direkt und einfach. Statt das Symptom zu entfernen, ihm entgegenzuwirken, seine Ursachen zu ergründen, es zu interpretieren, erleben wir es einfach. Ganz aufmerksam, bewusst, konzentriert. Wie in der Zen-Meditation schaltest du neutrale, bewusste Wahrnehmung ein, spürst deinen Atem. Dann lässt du dich ganz darauf ein, den fraglichen Körperzustand zu erleben. Gehst in dein Sodbrennen hinein. Erlebst die Hitze, die Säure ganz direkt. Bleibst dabei. Nach und nach tauchen Gefühle auf. Gefühle, die sich in diesem Symptom ausdrücken, wie zum Beispiel Wut, Ablehnung, und Gefühle, die sich mit dem Symptom verbinden, wie zum Beispiel Hilflosigkeit oder Ohnmacht dem Symptom gegenüber. Eins nach dem anderen, wendest du dich ihnen zu, fühlst sie, lernst sie kennen, in ihrem ganzen Ausmaß und so wie sie sind, ohne etwas an ihnen zu ändern. Bis sie dein Herz berühren und es sich ihnen öffnet. In diesem Moment bekommen diese Gefühle von dir, was sie brauchen: Dass sie endlich einmal gesehen werden. Gefühlt werden. Die Anerkennung, dass sie existieren. Das Verständnis dafür. Mitgefühl. Die Befreiung vom Verbot, von der Verurteilung. Die Achtung oder Würdigung, die sie brauchen. Oder den Raum. Oder dass sie überhaupt als Gefühl erkannt werden (meistens verdrängen wir Gefühle, weil wir gar nicht merken, dass es Gefühle sind, sondern sie für Tatsachen halten – für etwas, das so ist oder das wir sind). Deine Wut wird endlich einmal wahrgenommen, von Verurteilung befreit, deine Ablehnung darf endlich einmal da sein, wird verstanden, geachtet, vielleicht sogar gewürdigt. Manche Gefühle werden bei diesem Prozess auch als etwas erkannt, was von anderen Personen übernommen wurde. Auf einmal merkst du, dass dein Vater – der auch immer Sodbrennen hatte – ständig Ärger, Wut, Ablehnung ausgedrückt hat, ohne sie jedoch bewusst zu fühlen. Du gibst ihm diese Gefühle zurück, und dein Magen beruhigt sich.
Durch diese ruhige, konzentrierte Wahrnehmung aus einer neutralen Position heraus erwachst du nach und nach aus deiner Identifikation mit einer bestimmten Gruppe von Gefühlen und Gedanken, die sich um einen seelischen Schmerzkern herum gebildet hat. Hinter der Wut und der Ablehnung steckt vielleicht in Wirklichkeit ein Gefühl von Demütigung. Schaffst du es, diesen tieferen Schmerz auch noch zu fühlen und ihm dein Herz zu öffnen, erwachst du aus einer alten Grundüberzeugung. Auf einmal merkst du, dass „gedemütigt“ nicht eine Tatsache ist, nicht etwas, das du bist, sondern ein Gefühl. Das jetzt seinen Platz in deinem Herzen hat. Und auf einmal löst sich der Knoten und das Symptom verschwindet. Dein Magen arbeitet wieder ganz normal. Manchmal stecken noch weitere Gefühlsknoten in einem Symptom, oder tiefere dahinter. Dann wird noch mehr Hinschauen und Herzöffnen benötigt, damit Heilung geschehen kann.
Manche Symptome sind allerdings nicht psychosomatisch bedingt, haben also ihre Ursache nicht in verdrängten Emotionen, sondern in Umweltbedingungen, Verletzungen, Unfällen oder sonstigen äußeren Auswirkungen plus ererbter Konstitution (die darüber entscheidet, wie du auf diese äußeren Einwirkungen reagierst). Sie werden sich also durch Arbeit auf der emotionalen Ebene auch nicht auflösen. Beispielsweise kann starke Sonnenstrahlung zu Sonnenbrand führen, aber inwieweit du dafür anfällig bist, entscheidet hauptsächlich deine Konstitution; bei zarter blasser Haut und rotblonder Haarfarbe verbrennt deine Haut einfach schneller als bei Brünetten oder Schwarzhaarigen, die einfach schön braun werden. Wenn du chemie- oder elektrosensibel bist, kannst du einfach mit bestimmten künstlich erzeugten Umweltveränderungen nicht so gut umgehen. Und wenn du einen Arm verloren hast, ist das eben eine körperliche Tatsache. Daran kannst du mit Herzensarbeit oder Psychotherapie nichts ändern. Dennoch lohnt sich Körperzentrierte Herzensarbeit auch und gerade in solchen Fällen. Denn mit jeder Symptomatik verbinden sich Gefühle. Verzweiflung, Wut, Zorn, Ungerechtigkeit, Aussichtslosigkeit, Angst… Und sich um seine Gefühle zu kümmern, heißt Selbstzuwendung, heißt Seelenpflege. Und das tut immer gut, führt immer zu einer positiven Veränderung, zu Weiterentwicklung, und zu Heilung. Diese besteht manchmal nicht im Verschwinden des Symptoms, sondern in einem Erwachen zu einer anderen Weise, das Symptom zu sehen, zu erleben, und mit sich und der Welt umzugehen, oder zu einer höheren Dimension von Gefühlen. Frieden vielleicht oder Harmonie, Liebe, Kraft oder Dankbarkeit. Oder zu tiefer Erkenntnis. Gerade in Fällen schwerer körperlicher Erkrankungen, die mit Aussichtslosigkeit auf Heilung im üblichen Sinne verbunden sind, kann sich Herzensarbeit als segensreich, oft wegweisend, manchmal sogar lebensrettend erweisen.