Wenn Kinder ihren Eltern ganz den Rücken zukehren...

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https://www.persoenlichkeits-blog.de/article/113915/kontaktabbruch-mit-eltern
...
Kontaktabbruch zu den Eltern ist nicht so selten.

Zwar fehlen offizielle Zahlen für Deutschland. Doch die Selbsthilfegruppe Start - Verlassene Eltern verzeichnet monatlich um die 10.000 Besuche. Recherchen zufolge haben rund 100.000 erwachsene Kinder in Deutschland den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen. Diese Zahl ist eine grobe Schätzung von Soziologen. Die Fälle zu zählen, ist nahezu unmöglich.
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Kopp-Wichmann berichtet von einem Fall, in dem Sohn, Schwiegertochter und Enkelkind die Eltern endgültig verlassen hat.

Ganz schön harter Tobak, finde ich.

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Oregano,
in meinem Bekanntenkreis habe ich zwei Elternpaare deren Kinder sich abgewendet haben.
Auf beiden Elternseiten folgten nach der Trennung plötzliche Erkrankungen, Herzinfarkt auf der einen und Sprachunfähigkeit auf der anderen Seite.... einfach nur schrecklich.

Gruß ory
 
Ganz schön harter Tobak, finde ich....

Oregano,
so etwas hat doch auch Gründe, entweder haben die Eltern ihre Kinder zu sehr verwöhnt und zu Egoisten erzogen oder auch zusehr vereinnahmt, konnten nicht loslassen und die Kinder mussten flüchten um eigenständig leben zu können.
 
Oregano,
so etwas hat doch auch Gründe, entweder haben die Eltern ihre Kinder zu sehr verwöhnt und zu Egoisten erzogen oder auch zusehr vereinnahmt, konnten nicht loslassen und die Kinder mussten flüchten um eigenständig leben zu können.

Das steht auch so in dem Beitrag. Dachte auch erst, es ist wieder so ein Jammer-Artikel, über arme verlassene Eltern. Dieser ist ganz gut und zeigt beide Seiten.
Ich kenne viele Eltern, die von ihren Kindern "verlassen" wurden, beruflich und auch privat. Sie haben alle eines gemeinsam: Sie wissen ja absolut überhaupt nicht warum! :))) Ich kenne aber auch viele Kinder, die den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen haben. Und die Gründe sind absolut augenscheinlich. Auch bei den Eltern die ich privat kenne, weiß ich die Gründe (weil das Familien sind, die ich schon seit meiner Kindheit kenne). Nur sie selbst haben halt "gar keine Ahnung".

LG
 
Hallo ullika,

ich bin inzwischen davon überzeugt, daß nicht nur unser eigenes Leben eine Rolle spielt in unserem Leben sondern auch das Leben unserer Eltern und Großeltern, evtl. noch weiterer Generationen.
Bücher wie z.B. dieses zeigen das sehr gut:
https://www.medimops.de/sabine-bode...EkWnG6Wcftzy8fm7NsXcizqN6ES6QwmhoCjOcQAvD_BwE

Deshalb wäre es natürlich schön, wenn die Generationen, die im Falle einer Trennung aneinander leiden, sich auch damit beschäftigen könnten, WARUM z.B. dieser Vater so harsch, unzugänglich usw. geworden war.

Grüssse,
Oregano
 
Deshalb wäre es natürlich schön, wenn die Generationen, die im Falle einer Trennung aneinander leiden, sich auch damit beschäftigen könnten, WARUM z.B. dieser Vater so harsch, unzugänglich usw. geworden war.

Naja, darüber haben sie sich viele die ganze Kindheit beschäftigt und oft noch viele Jahre dazu, ein Schnitt ist manchmal einfach notwendig und die einzige Möglichkeit, um das eigene Leben beginnen zu können.
 
haben sie sich viele die ganze Kindheit beschäftigt und oft noch viele Jahre dazu
Glaubst Du das wirklich?
So, wie Kopp-Wichmann das schildert, hat dieser Vater sich ja nie selbst mit seinen Wurzeln beschäftigt. Es war wohl eine eher "sprachlose" Familie, in der weder die Kinder noch die Frau noch der Mann sich öffnen konnten.

Grüsse,
Oregano
 
So, wie Kopp-Wichmann das schildert, hat dieser Vater sich ja nie selbst mit seinen Wurzeln beschäftigt.
Es war wohl eine eher "sprachlose" Familie, in der weder die Kinder noch die Frau noch der Mann sich öffnen konnten.
Und dort gegen Ende des verlinkten Blog-Beitrags ein schönes Beispiel, dass es in der Psychotherapie oder wie hier beim Coaching nicht nur sogenannte "übliche Gesprächstherapie" gibt:
Nach einer kurzen Pause war ich wieder in der Spur und hatte eine Idee, was für Gerhard S. vielleicht hilfreich sein könnte.
Ich bat den Klienten aufzustehen und sich einen Platz im Raum zu suchen.
Gerhard S. ging eine Weile umher, bis er einen für sich stimmigen Platz gefunden hatte.
Er sah mich neugierig an: „Und jetzt?“
Ich bat ihn, die Augen zu schließen und sich vorzustellen, dass irgendwo hier im Raum sein Sohn steht. Es dauerte eine Weile, bis der Klient sagte: „Er steht da hinten. Aber mit dem Rücken zu mir. Und er will sich auch nicht umdrehen. Er schaut aus dem Fenster.“
„Was empfinden Sie?“, fragte ich.
„Schmerz und Einsamkeit.“

Nach einer Weile schlug ich ihm einen Satz vor, den er zu seinem Sohn sagen sollte.
„Sagen Sie doch mal zu Ihrem Sohn den Satz:
»Ich respektiere, dass du keinen Kontakt zu mir möchtest – und wir bleiben verbunden«“
„Das ist nicht wahr, das kann ich nicht sagen“, war die Antwort.
„Dann versuchen Sie, den Satz zu denken und eine Verbindung zu fühlen“, schlug ich vor.
Gerhard S. nickte stumm und fing nach einer Weile an zu zittern. Stumme Tränen liefen minutenlang über sein Gesicht.
Mehr war im Moment nicht möglich, dachte ich. Und vielleicht auch jetzt nicht nötig.

Nach drei Wochen erhielt ich eine Mail von Gerhard S.
Es ginge ihm nach unserer Sitzung etwas besser. Er habe viel über sein Verhalten als Vater und Ehemann nachgedacht. An eine Psychotherapie, die ich ihm empfohlen hatte, traue er sich noch nicht heran. Aber er habe mit einer Selbsthilfegruppe Kontakt aufgenommen und sei etwas aufgeregt vor dem ersten Treffen.
Er habe ein Foto seines Sohnes auf seinen Nachttisch gestellt und schlafe abends mit dem Satz, den er vor mir gehört habe, ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Glaubst Du das wirklich?
So, wie Kopp-Wichmann das schildert, hat dieser Vater sich ja nie selbst mit seinen Wurzeln beschäftigt.

Ich habe es so verstanden, dass Ullika die Kinder meint. Rational gesehen mag man vieles verstehen, das heilt aber nicht die Verletzungen der inneren Kinder. Für diese kann es notwendig sein, mal Ruhe ins System zu bringen, damit sie nicht fortlaufend getriggert werden, was einer Genesung im Weg stehen kann. Vor allem, wenn sich die destruktiven Mechanismen in der Familie nicht geändert haben.

Es war wohl eine eher "sprachlose" Familie, in der weder die Kinder noch die Frau noch der Mann sich öffnen konnten.
Das ist ja nur die Sichtweise des Vaters. Es klingt aber schon an, dass es "Reibereien" gab. Wenn diese immer nur zu zermürbenden Endlosdiskussionen führen, folgt irgendwann die Sprachlosigkeit und das ist-wie Kopp-Wichmann richtig erkannt hat-das Ende. Wenn nicht (mehr) kommuniziert wird, war es das.

LG
 
Ja und nein, ullika.
Der Vater war der aktive Teil in dieser Familien-Geschichte, weil erwachsen und geschädigt durch die eigenen kindlichen Erfahrungen. Damit trifft ihn große Schuld.
Trotzdem bin ich weiter der Ansicht, daß es gut gewesen wäre, in einen Dialog zu kommen - jeweils erst einmal von Vater zu Vater (evtl. mithilfe eines Therapeuten), dann von Vater zu Mutter /Vater zu Kindern. Da der Vater das aber nie gelernt hatte und man seine Bedürfnisse nie wirklich anerkannt hat, war auch ihm das nicht möglich.

Ich will ihn nicht entschuldigen, denn auch er hatte eine gewissse Wahl. Aber ich möchte dafür plädieren, ihm eine gewissse Chance von Verständnis für seine Verstrickungen zu geben. Immerhin hat er den Schritt zu diesem Coaching getan.

Grüsse,
Oregano
 
Hier gibt es noch mehr Gedanken zum Thema:

Ingrid Riemann: Traumatisierte Familien

Wobei ich gerade überlege, daß dieses Geschehen "Kinder verlassen ihre Eltern" genau dem Trend entgegen gesetzt ist, der heute auch sichtbar ist: "Kinder verlassen das Eltern-Nest nicht" sondern bleiben darin hocken.
Ich kenne eine ganze Reihe von Eltern, deren Kinder keinerlei Drang zeigten, ,aus dem Elternhaus und der entsprechenden Versorungs-Struktur auszuziehen. Bis schließlich die Eltern sie dazu brachten.

Grüsse,
Oregano
 
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