Schwangerschaft und Geburt

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Einen Gruß an Euch alle!

Marcel schrieb, unter anderem, in seiner Einleitung zu dieser Unterrubrik:

Die Rubrik heißt "Leben". Und darum kam mir die Idee, dass wir eine ganz spezielle Unterrubrik parallel zu den Wochenthemen öffnen, in welcher wir über ganz spezielle Erlebnisse in unserem Leben berichten können ... gestartet ab dem 1.1.2006.

Oftmals sind in unserem Leben doch diejenigen Erlebnisse die intensivsten, die besten und diejenigen, an welche wir uns am liebsten erinnern ... welche so gar nicht unserer Natur entsprechen. ........................

In einem anderen Thread wurde über Rollen geschrieben. Und als Seitenthema tauchte dabei auch die Schwangerschaft und vor allem die Geburt auf. Auch die Frage, inwieweit Männer da involviert sein können.

Ich musste an "unsere" Schwangerschaft, damals, vor vierzehn Jahren zurückdenken. Wenn ich „unsere“ schreibe, dann meine ich es wirklich so. Denn so haben meine Ex – Lebensgefährtin und ich es damals erlebt und können – in besseren Momenten – trotz Trennung, auch heute noch darüber sprechen.
Vierzehn Jahre! Ja, denn der "kleine Krümel", meine liebe Tochter nämlich, ist inzwischen dreizehneinhalb Jahre alt. Die Zeit während der Schwangerschaft und der Geburt war eines der schönsten (wenn nicht das schönste) und teilweise auch anstrengendste Erlebnisse meines Lebens.


Wir waren damals noch nicht allzu lange zusammen, hatten es nicht darauf angelegt aber auch keine großen Anstrengungen unternommen, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Wir „ließen es auf uns zukommen“ und freuten uns sehr, als im September 1992 die Zeichen immer untrüglicher wurden.
Insgesamt war es eine unproblematische Schwangerschaft, allerdings gab es ein paar Aufregungen während der ersten drei Monate. Im November musste ich eine Nachtaktion unternehmen und von Bremen nach Leipzig – und wieder zurückfahren, um meine Partnerin abzuholen. Sie hat damals noch als Honorarkraft, tageweise bei einem Bildungsträger in Leipzig gearbeitet. In der Nacht hatte sie Unterleibsbeschwerden und ich befürchtete schon das Schlimmste….

Auf der Rückfahrt, mitten in der Nacht, ging es ihr dann wieder ganz gut – dafür war ich am „Ende“  .

Wir machten dann den Geburtsvorbereitungskursus zusammen (ich lernte ganz toll voratmen!) und eine „Blitzeinführung“ in Säuglingspflege.
Der Geburtsvorbereitungslehrgang war total prima. Wir waren rund zwanzig Paare, von denen alle Männer bei der Geburt dabei sein und sich entsprechend vorbereiten wollten. Ich glaube, nur zwei Frauen hatte eine Freundin als vorgesehene Begleiterin mit dabei.


Während der Schwangerschaft entschlossen wir uns, von Bremen nach Bremerhaven umzuziehen, denn meine Partnerin hatte in der Zwischenzeit auch eine Stelle in „Fischtown“ gefunden. Das war nicht nur der zweite Umzug innerhalb eines Jahres, sondern mein erster mit einer Hochschwangeren!

Wir hatten das Ganze so terminiert, dass wir rund eine Woche vor dem „Stichtag“ umziehen wollten.
Es war noch eine Menge zu renovieren in der neuen Wohnung.
Ich hatte glücklicherweise gute Helfer! – Jedenfalls war es noch rund eine Woche bis zum Umzugstermin. Es war ein Freitag. Am Morgen unkte die Sekretärin noch: „Heute Nacht ist Vollmond und Hochwasser! – Wie weit ist Ihre Frau?“
(Es gibt diverse Beobachtungen verschiedenster Geburtsstationen an der Nordseeküste, dass Kinder bei solchen Bedingungen gerne früher kommen. Wissenschaftlich wird der Zusammenhang immer noch bestritten.).

Ich hatte den Tag über gearbeitet, gegen 17. 00 Uhr mit meinen Helfern weiter renoviert, in der neuen Wohnung. Abends gesellte sich meine Partnerin dazu und gemeinsam fuhren wir gegen 21.00 Uhr von Bremerhaven nach Bremen – in einen wunderschönen, großen und goldenen (ja, golden!) Vollmond hinein.

Zuhause angekommen, legte sich meine Partnerin im Wohnzimmer aufs Sofa. Sie nannte das „Zwischenlagern“.

Ich war – gegen 24.00 Uhr im Bad, als ich aus dem Wohnzimmer eine unsichere Stimme hörte, die so etwas sagte wie: „Ach du Schreck, alles ist ganz nass!“ und dann die Worte „Ich glaube, meine Fruchtblase ist geplatzt!“

Die Hebamme hatte von einem Zeitraum von ca. 60 Minuten gesprochen, innerhalb derer man ein Krankenhaus aufsuchen müsse, sollte dieses Ereignis eintreten. Also hatten wir noch Zeit, das rund 30 Autominuten entfernte, weiter weg gelegene Krankenhaus unserer 1. Wahl (wir hatten fünf Krankenhäuser insgesamt besichtigt und zwei Geburtshäuser), anzusteuern.

Das hieß dann: schnell packen und los! – Als wir im Krankenhaus ankamen, winkte die diensthabende Hebamme nach dem Weihenschreiber erst mal ab und schickte uns in ein gemietetes Zimmer. Ich schlief ein, meine Partnerin nicht. Nach einer Stunde, es war halb Drei, meinte sie, es ginge jetzt los.
Aber die Hebamme – nach einem weiteren Wehenschreiber – Test, schickte uns erstmal noch ein paar Treppen steigen. Gegen vier Uhr gingen wir dann in den Kreißsaal. Die Austreibungsphase begann um sieben. Kurz darauf war meine Tochter da.
Sternzeichen Zwilling. Kein Wunder, dass sie früher kam, die sind eben neugierig!

Die Geburt war übrigens kaum blutig. Gut, meine Tochter war ein Würmchen, relativ lang und ziemlich schmal, mit langen Extremitäten und großen Füßen (damit hätte sich jeder Vaterschaftstest von alleine erübrigt).
Ach ja: Wir w u s s t e n zwar nicht, dass wir eine Tochter bekommen würden, aber wir hatten schon seit Wochen eine feststehenden Mädchennamen. Auf einen Jungennamen hatten wir uns – mit einem „Klimmzug“, erst auf dem Weg zum Krankenhaus geeinigt!

Beiden ging es sehr gut, unsere Tochter musste am zweiten Tag für 24 Stunden unter die „Höhensonne“, wegen der Säuglingsgelbsucht, sonst lief alles glatt.



Ich war sehr froh und stolz auf meine Tochter. Das bin ich bis heute!

……..Dass ich – ebenso wie die beiden Mädels, den folgenden Tag halb verschlief – und ich den Termin mit meinen Renovierungshelfern verpasste - ist vielleicht noch zu erwähnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Leon,

DANKE! Wenn Du wüsstest, was Du mit Deiner Geschichte in mir ausgelöst hast... :kiss: (<tränewegwisch>)

Nachher schreibe ich "meine" Geschichte auf...

Lieben Gruß
Sema
 
Danke für die gute Idee, Leòn!
Ich schreibe gerne auch meine Erlebnisse auf. Da ich zwei Kinder habe, versuche ich, mich kurz zu fassen.
Meine beiden Schwangerschaften verliefen problemlos. Irgendwelche Kurse habe ich nie genommen, ich bin da vielleicht etwas eigen. Von Anfang an war mir klar, dass ich wenn möglich nicht im Krankenhaus gebären wollte. Ich war vorher noch nie in einem Krankenhaus gewesen und konnte mir einfach nicht vorstellen, ein so
intimes Erlebnis nicht in meiner vertrauten Umgebung erleben zu können.
So habe ich eine Hebamme gesucht, die Hausgeburten macht und einen Arzt, der bereit war, dies Unterfangen zu unterstützen. Hausgeburten waren auch damals (1992 und 1993) nicht an der Tagesordnung, eher verbreitet war die Möglichkeit, in einem Geburtshaus zu gebären.
Bald entwickelte sich eine Freundschaft zwischen uns und der Hebamme, wir hatten volles Vertrauen in sie.
Eine verantwortungsvolle Hebamme macht nur Hausgeburten, wenn gewisse Voraussetzungen bei Mutter und Kind erfüllt sind. Deshalb waren auch gewisse Schwangerschaftskontrollen bei diesem Arzt notwendig.
Meine Kinder kamen beide knapp 2 Wochen nach dem errechneten Termin zur Welt, es war wohl zu gemütlich in meiner Gebärmutter.
Als ich eines Nachmittags merkte, dass etwas im Gange ist, habe ich nach einer Weile die Hebamme angerufen
und wir haben ausgemacht, dass sie am frühen Abend vorbeikommt. Bei einer ersten Geburt ist ja meist keine Eile und sie wusste, dass ich gut vorbereitet war und die Situation einschätzen konnte.
Als die Frau dann da war, sind wir erst mal eine Runde spazieren gegangen. Es war am Eindunkeln. Wir haben bestimmt ein ganz schräges Bild abgegeben:
Zwei Frauen und ein Mann, die Frau in der Mitte geht etwas wacklig und krümmt sich ab und zu zusammen…
Wieder zu Hause, habe ich mal ein Bad genommen, später gingen wir nochmals raus.
Es hat sich ganz schön hingezogen und ich war einmal mehr froh, in meiner gewohnten Umgebung zu sein, ich fühlte mich eben „wie zu Hause“.
Mein damaliger Partner ist ein extrem sensibler Mensch und ich glaube, im Krankenhaus hätte er sich absolut nicht wohlfühlen können.
Nun, irgendwann kommt jedes Kind zur Welt.
Nach vielen Presswehen, die das Kind und mich (und den Mann und die Hebamme) sehr gefordert haben, war das Kind dann morgens um sieben da.
Ich nahm das Kind gleich zu mir auf den Bauch und wir ruhten uns erstmal aus.
Scheinbar hatte das lange Verweilen im Geburtskanal den weichen Kopf des Kindes in „bananenform“ gepresst, was ich jedoch nicht hatte sehen können.
Das haben mir später mein Partner und die Hebamme erzählt. Er hat gemeint, er sei schon etwas erschrocken gewesen, aber er hätte das Kind sofort geliebt, egal, wie es aussah…
Nach ein paar Minuten hatte der Kopf wieder die normale Form.
Bei der zweiten Geburt, (gleicher Ort, gleicher Mann, gleiche Hebamme…) ein Jahr später, ging alles schon viel einfacher. Abends um neun hatte ich erste Wehen, um Mitternacht kam die Hebamme vorbei. Ein kurzer Spaziergang, danach etwas ausruhen.
Bald schliefen meine beiden grossartigen Helfer selig!
Als ich bemerkte, dass die Presswehen bald losgehen würden, habe ich die beiden geweckt. Ich wollte ihnen den grossen Moment doch nicht vorenthalten!
Die Hebamme hatte heisses Wasser in einer Thermosflasche parat. Damit hat sie dann in einem Becken schön warmes Wasser mit einem Zusatz (ich weiss nicht mehr, was) zubereitet. Dies, um Kompressen für den Damm zu machen, damit die Gefahr eines Dammrisses kleiner war.
Alles ist bereit, wir sind in Position, 1,2,3, hoppla! Das Kind war schon da, kam in rasantem Tempo zur Welt und schlug sich den Kopf am bereitgestellten Becken an!
Wir waren total perplex. Wir hatten nach der ersten, etwas mühsamen Geburt, nicht mit so einem draufgängerischen Kind gerechnet.
So sind also beide gesund und munter zur Welt gekommen, abgesehen von jeweils einem kleinen „Malheur“ im Kopfbereich!
Für mich und meinen damaligen Partner waren die Geburten wohl das stärkste und schönste Erlebnis, das wir je hatten.
Ich möchte jungen Frauen Mut machen, auf ihren Körper zu vertrauen und ihr Geschick nicht nur in die Hände der Geburtshelfer zu legen, egal, wo die Geburt stattfindet!
Nun bin ich gespannt auf weiter Berichte!

:wave: Sine
 
Dein Beitrag ist übrigens wunderschön geschrieben und toll gestaltet! :klatschen
 
Hallo Sine,

ich danke Dir für die spannende(n) Geschichte(n). Über eine Hausgeburt hatten wir damals auch nachgedacht. Wir hatten uns vor allem deswegen dagegen entschieden, weil wir noch kein richtiges "soziales Netz" sprich Freundeskreis bzw. Verwandtschaft in Bremen hatten UND wegen der Umzugssituation!

Sag mal, Sine, ist Dein zweites Kind so "draufgängerisch" geblieben;)?
 
Hallo Leòn.
Schwer zu sagen, im Durchschnitt gesehen nicht überaus, obwohl sie Sport über alles liebt und sie sich in diesem Bereich vor keiner neuen Herausforderung fürchtet.
Aber was ihr Verhalten in der Trotzphase anbelangt hat, uiuiuiui!
Die ältere Tochter ist gerade im Alter, wo sie Draufgängertum in Bezug auf Jungs an den Tag legt....
:wave: Sine
 
Danke Leon und Sine

Ich habe Eure Elebnisse sehr gerne gelesen. So schön - sagt Ihr doch in der Schwyz, gell?

Ich habe 3 Kinder geboren. Jedes mal war es ganz anders...

Das erste mal, da habe ich , schon als ich erfuhr, dass ich schwanger war, ein ganz verrücktes Gefühl bekommen. Einfach unbeschreiblich. Ein ganzer Mensch in mir drin...
Die ganze Schwangerschaft über habe ich mich pudelwohl gefühlt, irgendwie vollwertig. Immer warm und fröhlich.
Ich hatte einen Kurs für Schwangerschaftsvorbereitung besucht und das hat mir bei der Geburt auch gut geholfen. Ich war in Filderstadt in einer anthroposophischen Klinik. Da war es ganz "normal", wie ich es mir gewünscht hatte. Die Wehen waren heftig. Wurde am Damm geschnitten.
Es wurde ein Junge mit 3250 g mit rabenschwarzen Augen und vielen Haaren.
Er hat mich angeschaut, mit einem unglaublich traurigen Ausdruck und ich dachte einen Moment, ich schaue durch seine Augen ins Weltall. Dieses Gefühl werde ich nie vergessen.
Im Nachhinein kann ich mich nicht erinnern, dass ich Schmerzen gehabt hätte, aber es war sehr anstrengend. Es war so anstrengend, dass ich das Gefühl gehabt hatte, wir wären uns auf der Schwelle zwischen Leben und Tod begegnet. Ich liebe dieses Kind sehr. Es ist heute 25 Jahre alt.
Das zweite mal war ich dann verheiratet. Auch diese Schwangerschaft war toll. Ich hatte auch dieses mal wieder ca. 20 kg zugenommen, die ich dann innerhalb eines kurzen Jahres wieder von alleine abgenommen hatte. Mein Gewicht war damals so um die guten 50 kg.
Die Wehen waren am Anfang ähnlich. Nicht übermäßig heftig. Aber die Geburt war dann schmerzhaft. Ich war in einer Privatklinik. Es war sehr schwierig, ihn herauszupressen, ich dachte, mir bricht das Becken. Dann war die Nachgeburt festgewachsen und ich bekam eine Vollnarkose. Mein damaliger Mann sagte, ich hätte unter der Narkose geschrien und um mich getreten.
Als ich aufwachte, lag ich allein auf dem OP Tisch, das Hemd voller Blut. Ich konnte mein Kind nicht sehen und stand dann auf, um es zu suchen. Eine Schwester fand mich dann völlig verzweifelt im Babyzimmer, bekleidet mit dem OP-Hemd, barfüssig herumirren um nach meinem Kind zu suchen.
Als ich mein Kind dann endlich im Arm hielt, da war alles Andere vergessen. Wieder ein Junge. 3660 g schwer. Kugelrunder Kopf und total süss. Ohne Falten und gutgenährt. Ich liebe ihn sehr, er ist jetzt 17 - und mir ähnlich...
2 Tage später konnte vor Schmerzen nicht mehr laufen. Man brachte mich zum Röntgen und da wurde eine Symphysendehnung festgestellt. Die Ärzte sagten, dass hätte ich schon vorher gehabt, aber ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich vermute, das wurde mir bei der Vollnarkose beim Festhalten zugefügt, weil ich da wohl starke Schmerzen hatte, die mein Bewusstsein nicht wahrnahm.Es dauerte ca. 3 Monate, bis ich wieder schmerzfrei war.
Als ich das 3. mal schwanger wurde, das war kurz nach der letzten Geburt...
Da war ich beim Arzt gewesen, weil ich schon während der Stillzeit wieder blutete, der sollte mir eine Spirale einlegen, damit ich nicht gleich wieder schwanger würde. Bei der Nachuntersuchung, ob die Spirale richtig drinnenliegt, wurde dann festegestellt, dass ich bereits schwanger war, bevor die Spirale eingelegt worden war. Puh. Unterstützung von meinem Mann habe ich leider nicht bekommen. Er sagte: Du musst selber wissen, was für Dich gut ist, es ist Dein Leben. Da habe ich mich sehr allein gelassen gefühlt und nach einigen Stunden des Überlegens hatte ich mich entschieden. Dieses Kind nehme ich auch noch.
Als ich Ende 6. Monat war, da fuhren wir nach Jugoslawien in Urlaub. Dort verlor ich morgens nach dem Aufwachen das Fruchtwasser. Der 3. Sohn kam dann also als Frühgeborener in Jugosl. auf die Welt. In der 27 Schwangerschaftswoche. Er wog 1030 g und war 34 cm groß. Am Anfang hat er abgenommen und wog dann noch 830 g. Es war eine schwere Zeit für uns Alle. Der 2.geborene war gerade 8 Monat alt und ich musste mich zwischen den Beiden entscheiden, weil ich musste in Jug. bleiben, um dem Jüngsten alle Kraft zu geben, die mir zur Verfügung stand. Mir hat`s das Herz zerrissen, mich von meinem 2. Baby trennen zu müssen. Aber ich habe es getan.
Als Chr. dann 1600g wog, bekamen wir grünes Licht zum Transport. Wir hatten einen Auslandsschutzbrief gekauft, das war das Glück. Es erschien also ein Münchner Ärzteteam mit einer Chesna incl. Incubator um uns abzuholen. Dann landeten wir in Friedrichshafen und die ganze Flughafenbelegschaft stand neugierig auf dem Flugfeld, als der Krankenwagen kam, um uns abzuholen. Chr. wurde auf dem Flugfeld von einem in den anderen Incubator umgebettet. Völlig verkabelt..... Mit 2600 g durfte ich ihn dann mit nach Hause nehmen. Heute ist Chr. 16 j. alt und gesund. Ich liebe ihn außergewöhnlich, aber es ist zwischen uns eine Barriere geblieben....
Alle 3 Buben sind also gesund. Seit 11 Jahren bin ich geschieden und habe alles in Allem gut hingekriegt. Aber noch heute - gerade da - bin ich sehr gefordert.
Zum Glück habe ich eine positive Lebensenergie und bin ein großer Kämpfer.
Den Vater der Kinder beziehe ich heute noch mit ein - insofern er dazu in der Lage ist....
Wenn ich noch jünger wäre.... und etwas gescheiter..... dann würde ich noch viel mehr Kinder wollen. 5 oder so? Das wäre gut.
Aber ein verlässlicher Partner wäre mir überaus wichtig.

Ein Hoch an alle Väter, die ihre Kinder lieben und sich sorgfältig um die Belange der Mütter und Kinder kümmern.

Kaba
 
Hallo Kaba,

auch Dir danke ich ganz herzlich für Deine Erzählungen. Was für ein "Abenteuer" Du in Jugoslawien erlebt hast ... was für ein Glück, dass Ihr es letztenendes so gut überstanden habt!

Herzliche Grüße von
Leòn



P.S.: Wer schrieb noch, in Beitrag 2 dieses Threads "Nachher schreibe ich "meine" Geschichte auf..."? :D
 
Liebe Kaba.
Du hast uns turbulente Ereignisse geschildert und ich nehme an, auch heute ist noch schön was los bei euch zu Hause...

Und an Sema: :kiss: ( Ja, Leute, ich mag unsere Sema sehr)
Auch ich vermisse einen Beitrag von dir.
Weisst du, ich glaube nicht, dass jetzt jemand mit vier Kindern drankommen muss.
Leòn ist da bestimmt tolerant! ;)

Liebe Grüsse, Sine
 
Eine Mutter wird geboren

(ich muss etwas ausholen, damit man meine Gefühle nachvollziehen kann)

Seit ich mich erinnern kann, wollte ich Kinder und davon gaaanz viele. Mit 20 lernte ich meinen Traummann kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Alles passte! Bis auf…. naja, er hatte den „falschen“ Pass, die „falsche“ Nationalität, die „falsche“ Religion. Dies versuchte man mir zumindest klar zu machen. Außer meine Brüder, die fanden das Toll, dass ich endlich einen Mann abbekomme. :D (Für türkische Männer bin ich nämlich ein hoffnungsloser Fall) Meiner Mutter gefiel das gar nicht (Jahrgang 1932) Neee, ne ein Türke sollte her! :greis: Ich habe trotzdem -mit Unterstützung meiner Brüder- meine sieben Sachen gepackt und bin von Bremen nach Paderborn gezogen. Nach nur 3 Monaten erreicht mich die Nachricht, dass meine Mutter einen Herzinfarkt erlitten hat, sie hat es leider nicht überlebt. Oh nein bitte nicht! Jeder stirbt einmal, aber doch nicht meine Mutter! Es ist ein Schock. Ich werde nie wieder „Mutter“ sagen können. Ich fühle mich alleingelassen. Was mache ich denn jetzt? Ich kann noch nicht einmal kochen. „Lernen ist wichtiger, kochen kannst Du immer noch lernen, wenn du mal deinen eigenen Haushalt hast“, sagte sie immer. Und jetzt stehe ich da, mutterseelenallein, und kann noch nicht einmal kochen.

Mein Traummann und ich heiraten nach 1,5 Jahren…. Klar, ist es eine Traumhochzeit! Aber wo ist meine Mama?

Ich setzte die Pille ab. Häää, schon seit 2 Monaten tut sich nichts.:confused: Oh Gott, denke ich, was ist, wenn ich gar keine Kinder bekommen kann? Voller Panik, renne ich zum Frauenarzt. „Ihr Türken, denkt immer nur ans Kinderkriegen!“ sagt dieser Ar…ch zu mir. :mad: Ich mache einen riesen Theater in der Praxis. So ein Idiot, natürlich wechsle ich den Arzt. Die neue Ärztin gibt mir so Tabellen mit, in die ich meine morgendliche Aufwachtemperatur eintragen soll. Na denn, denke ich. Aufi gehts! Erster Monat nix, zweiter Monat nix! Ich finde es auch ganz schön unangenehm mit diesem morgendlichen ekligen Geschmack im Mund an einem Thermometer zu lutschen. Ich schmeiße alles in den Müll. Blöde Tempi-Kurven denke ich. Bin trotzig! Will kein Kind mehr!

Dritter Monat, uäääh mein Morgen-Kaffee schmeckt widerlich. Ich bekomme Würg-Attacken. Das hält eine Woche an. Oh nein, jetzt bin ich auch noch krank! Bestimmt was ganz schlimmes. Meine Mutter hatte ja auch alle möglichen Krankheiten. Mein Mann macht sich auch Sorgen. Wir machen einen Termin beim Internisten. Er nimmt mir Blut ab, macht Ultraschall. „Nee“, sagt „er alles ok“. Jetzt habe ich den Salat, denke ich. Bestimmt habe ich eine unbekannte Krankheit.

Es vergeht wieder eine Woche. In meinem Bauch ziept es jetzt! Irgendwas ist anders! Ich bin schwanger, ich weiß es!!! Ich hole mir so einen Pipi-Test. Der sagt aber: Nicht schwanger. Nein, nein,… ich bin es bestimmt! Ich renne in die Praxis und sage der Ärztin noch vor dem „guten Tag“ „ Frau Doktor N., ich bin schwanger, auch wenn der Pipi-Test was anderes zeigt!“
Sie lächelt mich weise und liebevoll an. (oh Gott, genauso hat mich meine Mama immer angeschaut) „Nun, beruhigen sie sich erstmal“ sagt sie liebevoll. „ich glaube es Ihnen ja! Wir nehmen erstmal Blut ab, und dann wissen wir mehr." „Wie lange dauert das?“ frage ich. „Naja, Montag haben wir schon die Ergebnisse“ sagt sie. :schock: „NEIIIINN! Was heißt schon??? Bis Montag kann und will ich nicht warten!!!! Ich muss es jetzt sofort wissen!“ Sie überlegt kurz.:idee: Dann macht sie eine klitzlekleine Ausnahme und gibt mir die Adresse des Labors nebst meiner Blutprobe mit. Ich umarme sie und fahre sofort ins Labor und gebe die kostbare Fracht ab. Nach „nur“ 3 Stunden rufe ich die Ärztin an. „Gratuliere Frau B. sie sind schwanger…. Bla bla bla" Den Rest höre ich nicht mehr. Meine Knie werden weich. Mir wird vor Freude schwarz vor Augen. „ja, ja“ stammele ich unter Tränen hervor. Klick! Und nun? Yuippieeee Hurraaaa. :freu: Ich mache Freudensprünge, dass meine Hacken den Po berühren. :freu: Ich schreie nur noch hysterisch rum. Renne in die Stadt kaufe Babyschuhe; male es mir aus, wie ich es meinem Schatz sagen werde. Als er da ist bringe ich jedoch kein Wort hervor und stürze mich schluchzend in seine Arme. Er weiß sofort, was los ist, umarmt mich ganz feste und weint mit mir vor Freude.

Ich fange an zu träumen: wie wird gleich meine Mutter reagieren? Da fällt es mir ein: sie ist ja tot…. Und ich weine bitterlich. Oh Mann, das ist soooo ungerecht!

Ganz langsam wächst mein Bauch. Ich denke über Dinge nach, die mir vorher überhaupt nicht in den Sinn kamen: über GOTT! Ja, es MUSS ihn geben! Ein Leben wächst in mir. Ich kann es einfach nicht wahrhaben. Wie geht so was….? Es ist einfach nur ein Wunder. Ja, genau ein Wunder! Hat meine eigene Mutter damals auch so gefühlt? Hat sie sich auch so sehr auf mich/uns gefreut…?

Es wird ein Mädchen! Sie tritt mich, haut Gegenstände die ich auf meinem Bauch platziere weg… ich spüre es, wenn sie wieder einmal einen Schluckauf hat. Lieber Gott: DANKE!

Ich fühle mich rundum wohl. Gehe die Haupteinkaufsstraße in unserer Stadt hoch und runter. Wohnung ist zu warm… jeder soll meinen Bauch sehen.

Untersuchung bei der Frauenärztin: „Na liebe Frau B., wollen sie in der Stadt entbinden?“ „wieso?“ frage ich. „Sie haben regelmäßige Wehen!, Ab ins Krankenhaus mit Ihnen!“ Na gut, denke ich… ist ja gar nicht so schlimm alles. Ts ts wie sich einige Frauen in den Filmen immer so anstellen. Also so was aber auch!!!

Im Krankenhaus wollen sie mich nach der Untersuchung sofort dabehalten. „Nein, nein“ sage ich. „Ich habe Hunger. Ich gehe jetzt was essen.“ Ich muss versprechen, dass ich anschließend sofort wieder zurückkomme. Gemach, gemach denke ich. „Ich komme ja schon wieder“ sage ich.

Nach der Stärkung, wieder im Krankenhaus. Mein Mann bleibt bei mir bis spät in die Nacht. Und dann plötzlich ein Schrei! Oh nein, da wird eine Frau überfallen und hat gerade ein Messer reingestochen bekommen. Was für ein Schrei, ich bekomme Angst. Eine Schwester sagt, dass diese besagte Frau gerade entbindet! Waaaas???, nein die wird bestimmt abgestochen!!!!, denke ich. Ich flehe meinen Mann an, mich nach Hause zu bringen. Darf er aber leider nicht, ganz im Gegenteil er muss mich jetzt sogar verlassen. Ich weine ein bisschen. Versuche zu schlafen.

AUUUUUUUUAA, was um Himmels Willen ist denn das? Meine Wirbelsäule wird gerade auseinandergezogen, gebogen. Aua aua… ich schaue auf die Uhr: drei Uhr morgens. Wie hatte ich noch mal im Kurs gelernt? Genau, man kann den Schmerz wegatmen. Das mache ich dann auch fleißig.
Der Schmerz ist eigentlich gar nicht sooo schlimm. Aber kennt Ihr die Foltermethode aus China: Das mit dem Wassertropfen auf den Kopf? Jeder Tropfen wird nach einer gewissen Zeit immer schlimmer? So ergeht es mir!

7 Uhr morgens, ich „darf“ in die Wanne, und soll so ein kleines Kügelchen schlucken, das ist homöopathisch sagen sie mir. Egal was es ist, ich schlucke alles. Wanne war ein Fehler! Die Wehen werden schlimmer! Und ich bekomme eine allergische Reaktion. Tausend Nadelstiche am ganzen Körper…. aua aua aua. Wo ist mein Mann? Wo ist meine Mama? Ich will zu meiner Mama….

8 Uhr: Mein Mann ist da. „WO BIST DUUUU? WO HAST DU DICH RUMGETRIEBEN?“ Ich fauche ihn an. Der Ärmste weiß gar nicht, was ihm geschieht. Oh Gott, DIESE SCHMERZEN!!!! Ich fluche, ich beschimpfe ihn, dann alle Männer dieser Welt, dann alle Menschen… ich verfluche alles und jeden. Ich will sterben. Nützt alles nicht. Jetzt schimpfe ich auch auf türkisch.. ähem das ist noch härter. :eek:) Nützt aber auch nichts.

Zwischen den Wehen entschuldige ich mich bei ihm, klammere mich ganz fest an ihn. Kaum ist die Wehe da, möchte ich wieder sterben.

Bis ca 12 Uhr halte ich es aus. Bitte, bitte ich möchte eine PDA. Ich kann nicht mehr! Die Rettung naht. Mein Mann fällt fast in Ohnmacht als er die Spritze sieht.

Wenige Minuten später wirkt die Spritze…. Was für eine Wohltat. Ich schlafe im Kreissaal beim Blutdruckmessen ein! "Die erste Frau, die im Kreissaal einschläft!" höre ich nur noch.

Gegen 15:42 Uhr werde ich wach. Ich muss mal auf Toilette sage ich. Nein, sagt die Hebamme, das ist das Kind. Häää? :confused: Durch die PDA spüre ich so gut wie keine Presswehen. Auch gut!:D Unter Anleitung presse ich. Dann kommt plötzlich eine Schwester „Telefon für Frau Sema B.“ , "Sagen sie meiner Freundin," antworte ich "dass ich gerade mein Kind auf die Welt bringe. Ich rufe sie zurück!“ Gelächter im Kreissaal. :D

16:01 mein Engel ist geboren! Sie wird mir sofort auf den Bauch gelegt. Wir weinen und schluchzen. Die Anspannung löst sich. Die Gefühle spielen verrückt. Erleichterung. Ich kann es nicht glauben! Ich fasse es einfach nicht. Ich sehe sie das erste mal. Oh Gott, ist sie wundervoll. :kiss: Sie ist so schön warm. Schaut mich sogar an. Sie weint nicht. Plötzlich robbt sie sich hoch an meine Brust, und nuckelt. Uiii was geschieht mit mir? Ich bin perplext! Was sind das für nichtgekannte Gefühle???

Ich lasse sie nicht mehr aus den Augen. Was ist wenn sie ihr wehtun? Die gehen so grob mit ihr um, denke ich.

Aber Hunger habe ich auch etwas. Sobald ich in meinem Zimmer bin, muss meine bessere Hälfte mir was zu Essen holen. :babyisst: War ein Döner glaube ich. (Krankenhausfrass finde ich grauenvoll) Die ersten Besucher kommen. Die sind erstaunt, dass ich so fit bin. (hihi, dank PDA:rolleyes: )

Nach 1-2 Tagen werden die Säuglinge untersucht. U2 meine ich. Eine Schwester informiert mich darüber und sagt ich solle im Zimmer warten. Neee, neee… ich will dabei sein! Und dann kann ich meinen Augen nicht trauen: ein Arzt piekt tatsächlich die Kleinen in die Ferse! :schock: NEIIIIIN nicht mit meinem Kind! „Nun stellen Sie sich mal nicht so an“ sagt die Schwester barsch zu mir. Reisst mir ein Bein raus, verbrennt mich bei lebendigem Leib aber lasst mein Kind in Ruhe! Bitte! Bitte! Ich bin machtlos… sie nehmen mir meinen Engel und durch die Scheibe sehe ich, wie der Arzt sie „untersucht“. Der ist so grob zu ihr… und dann…. Oh Gott, er piekst sie tatsächlich! Sie schreit auf… zittert am ganzen Körper. Ich spüre ihren Schmerz, doppelt und dreifach, mir wird schwarz vor Augen. Ich weine. Wenn Blicke töten könnten! Oh man, dieser Arzt wäre tot. Ich würdige ihn nachher keines Blickes mehr. Der ist bei mir unten durch! Er scheint dies gewohnt zu sein… lächelt nur.

Ich gebe mein Kind nicht mehr weg. Ich „bewache“ es. Ich werde zum Tier…. Eine Mutter ist geboren!
Meine Mutter war gestorben und jetzt bin ich selbst eine. Hatte sie für mich "Platz" gemacht?....


Tja… das war meine Geschichte.

Liebe Grüße
Sema
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Sema

ich bin sprachlos!
Musste einige male von herzen heraus lachen. Du schreibst so nahe am Leben, dass man meint dabei zu sein. Man hört Dich fluchen, und jubilieren - man fühlt den Schmerz, die Trauer und schlussendlich auch Dein unendliches, taumelndes Glück.
Ich war DABEI :)

Dankeeeeee!!!!:kiss:
 
Die Sema ist eben ein ausgewachsenes Temperamentsbündel!:freu:
Danke, liebe Sema :kiss: , ich war auch dabei!
Sine
 
Hi Sema

danke für Deine tolle und toll erzählte Geschichte!

Herzliche Grüße von

Leòn
 
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