Nahrungsmittelallergien - Diagnose erfordert Detektivarbeit

Dora

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Der Begriff Allergie ist heute kein Fremdwort mehr, doch wird er in der Umgangssprache oft falsch verwendet. Manche Leute reagieren „allergisch“ auf ihren Chef, auf schlechtes Wetter oder auf weiße Socken – oft auch im Sinne einer Überreaktion des Körpers. Bei den Allergien aus medizinischer Sicht ist dagegen das Immunsystem beteiligt. Die Diagnose einer Nahrungsmittel-Allergie ist keineswegs einfach. Welche Möglichkeiten es zur Austestung gibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Allergie stellt eine Überreaktion des Organismus auf bestimmte Substanzen, den sog. Allergenen dar. Es findet dabei eine Antigen-Antikörper-Reaktion statt. Voraussetzung für die allergische Reaktion ist eine erhöhte Empfindlichkeit (Sensibilisierung) des Körpers gegen normalerweise harmlose Stoffe unserer Umwelt.

Wie kommt es zur allergischen Reaktion?

Allergene sind meist Eiweißstoffe beziehungsweise Eiweiße in Verbindung mit Zucker. Beim ersten Kontakt mit dem Allergen bilden sich im Organismus Antikörper. Dabei handelt es sich um Eiweißverbindungen, sog. Immunglobuline, die sich an Gewebsmastzellen heften. Hierdurch sind die Gewebemastzellen sensibilisiert.

Bei erneuter Allergenzufuhr (das kann auch beim 30. Kontakt der Fall sein) bindet sich das Allergen dann an die Antikörper und es entsteht ein Antigen-Antikörper-Komplex. Durch die Bildung dieses Komplexes zerfällt die Gewebemastzelle, wodurch biologisch hochaktive Botenstoffe (Mediatoren) wie das Histamin freigesetzt werden. Dieses löst dann, je nach Reaktionsort, allergische Symptome wie Schwellung, Rötung, Schleimbildung, Juckreiz oder Atemnot aus.

Exakte Angaben über die Häufigkeit des Vorkommens von Nahrungsmittel-Allergien liegen nicht vor. Ernstzunehmende Schätzungen liegen bei 5 bis 7 % der Bevölkerung. Während im Kindesalter vor allem Allergien gegen tierische Lebensmittel eine Rolle spielen, kommen im Erwachsenenalter vermehrt Allergien gegen pflanzliche Nahrungsmittel vor.

Bei einer Allergie gegen pflanzliche Nahrungsmittel handelt es sich häufig um eine pollenassoziierte Nahrungsmittel-Allergie, d. h. bei einer Empfindlichkeit gegen bestimmte Pollen liegt gleichzeitig auch eine Sensibilisierung gegen bestimmte Allergene pflanzlicher Nahrungsmittel vor. Der Grund hierfür sind die gemeinsamen Eiweißstrukturen verwandter Allergene bei Pollen und pflanzlichen Lebensmitteln. Bei einer Allergie auf Birkenpollen bestehen beispielsweise meist auch Reaktionen auf Haselnüsse, Stein- und Kernobst (z. B. Äpfel).

Die Diagnose einer Nahrungsmittel-Allergie ist – was oft unterschätzt wird – äußerst schwierig zu stellen. Folgende 3 Bedingungen müssen erfüllt sein:

•gesicherte Auslösung der Symptome durch das spezifische Nahrungsmittel
•Ausschluß anderer Möglichkeiten der Unverträglichkeit
•Nachweis der immunologischen Sensibilisierung

Auslösung von Beschwerden durch Nahrungsmittel ist bei folgenden Symptomen zu vermuten: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfälle, Nesselausschlag, Heuschnupfen, asthmatischen Beschwerden, Ekzeme, Juckreiz, Gelenkentzündung, Kollaps und Bewusstlosigkeit.

Doch nicht immer steckt eine echte Nahrungsmittel-Allergie dahinter. Andere Möglichkeiten einer Unverträglichkeit, zu denen neben der allergischen Reaktion auch pseudoallergische Reaktionen und Enzymdefekte zählen, müssen ausgeschlossen sein.

Pseudoallergische Reaktionen sind Unverträglichkeitsreaktionen, die nicht mit dem Immunsystem zusammenhängen. Sie können jedoch von ihren Symptomen her nahezu identisch ablaufen wie eine Allergie. Wesentliche Auslöser stellen Nahrungsmittel-Zusatzstoffe wie Konservierungs-, Farb-, Füll- und Süßstoffe, Antioxidantien oder Geschmacksverstärker dar.

Eine Sonderstellung nehmen Reaktionen auf sog. biogene Amine ein. Biogene Amine sind neben Histamin auch Serotonin, Thyramin, Dopamin, Tryptamin und Spermidin.

Einerseits sind sie in höheren Dosierungen für den Menschen giftig, andererseits ist beispielsweise das Histamin im Körper bei einer Vielzahl von normalen Reaktionen beteiligt. So läßt es die Gefäßmuskeln erschlaffen, wodurch sich der Blutdruck vermindert und die Gefäßdurchlässigkeit erhöht.

Nach Genuß histaminreicher Nahrungsmittel kann bei manchen Menschen als Zeichen einer Unverträglichkeitsreaktion eine Nesselsucht auftreten.

Wichtigste Quellen von Histamin sind z. B. Rohwürste, bakteriell belasteter Fisch, aber auch Lebensmittel wie Käse, Sauerkraut, Hefeextrakt und Wein. Das Auftreten und der Schweregrad der Erkrankung hängen dabei stark von der zugeführten Menge ab.

Unverträglichkeiten auf Nahrungsmittel können aber auch Folge eines Enzymmangels sein. Hierzu zählt z. B. der Mangel an Lactase (ein Enzym, das Milchzucker abbaut) der Dünndarmschleimhaut mit der Folge einer Milchzuckerunverträglichkeit. Die Krankheitserscheinungen treten im Gegensatz zur Nahrungsmittel-Allergie jedoch nur am beteiligten Organ (Magen-Darm-Trakt) auf.

Hitliste der häufigsten Nahrungsmittel-Allergien

Säuglingsalter: vor allem Kuhmilch, Ei und Soja
Kinder: zusätzlich Nüsse, Fisch und Getreide
Erwachsene: vor allem Gemüse, Obst, Gewürze und Nüsse, aber auch Milch, Ei und Fisch.

Detaillierte Informationen des Patienten entscheiden

Bei der Diagnose von Nahrungsmittel-Allergien, die auf einer Sensibilisierung des Immunsystems beruhen, ist häufig Detektivarbeit notwendig. Es gelten dabei die klassischen Regeln der Allergiediagnostik, die eine Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), eine Hauttestung, verschiedene Blutuntersuchungen und Provokationstests umfassen.

Da zuverlässige Testmethoden fehlen, bestehen erhebliche diagnostische Probleme, eine Nahrungsmittel-Allergie eindeutig nachzuweisen oder zu widerlegen.

Entscheidend ist nicht nur der Einsatz mehrerer diagnostischer Methoden, sondern auch die Mitarbeit des Patienten bzw. seiner Eltern, die im Gespräch mit dem Arzt möglichst genaue Angaben zur Vorgeschichte und zum bisherigen Krankheitsverlauf machen sollten. Detaillierte Informationen sind entscheidend und stellen die Weichen für das weitere diagnostische Vorgehen.

Ein ausführliches Ernährungstagebuch über 4 Wochen mit exakter Beschreibung der aufgenommenen Nahrungsmittel und aufgetretenen Symptome hilft, den Zusammenhang zwischen der Einnahme bestimmter Nahrungsmittel und den allergischen Reaktionen zu finden.

Im Ernährungstagebuch sollten Art, Menge und Zubereitungsform des vermutlich ausgelösten Nahrungsmittels notiert werden. Zudem werden die Zeitspanne zwischen Aufnahme und Auftreten der Symptomatik, die auftretenden Krankheitssymptome selbst, ihre Häufigkeit sowie Begleitfaktoren wie Alkohol, Aspirin â , Pollenflug, Streß und körperliche Anstrengung erfaßt.

Auch die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten sowie aus der Krankengeschichte bekannte weitere Allergien (Heuschnupfen oder Kontaktallergien) müssen berücksichtigt werden.

Spezifische Tests sichern die Diagnose

Auf der Grundlage der Krankengeschichte erfolgen dann verschiedene Hauttests in Form von Prick-, Scratch-, Intracutan- oder Reibetests. Bei diesen Tests wird das verdächtige Allergen auf oder in die Haut gebracht. Dabei werden hochdosierte Extrakte aus Allergenen oder aber das vermutlich allergieauslösende Nahrungsmittel selbst in roher oder gekochter Form verwendet.

In der Praxis wird stufenweise vorgegangen. Zunächst wird der Prick-Test gemacht, ggf. gefolgt von einem Scratch- bzw. Intracutan-Test mit Extrakten. Bei negativem Befund sollten Prick- oder Scratch-Test mit Nahrungsmitteln durchgeführt werden. Ergänzt wird der Hauttest durch Blutuntersuchung. Erwähnt werden soll der RAST-Test (Radio-Allergo-Sorbent-Test).

Hierbei handelt es sich um einen Bluttest zum Nachweis von Antikörpern (spezifische Immunglobuline) im Blutserum mittels radioaktiv markierter Antikörper. Blutuntersuchungen empfehlen sich aufgrund der nur einmaligen Blutentnahme besonders bei Kleinstkindern, wenn die Haut – etwa bei bestehenden Ekzemen – als Testorgan ungeeignet erscheint oder wenn eine besonders schwere allergische Reaktion bei den Hauttests zu erwarten ist.

Sowohl Hauttest als auch RAST-Test können keine Aussage über die klinische Bedeutung machen, sie stellen lediglich Nachweismethoden für eine erfolgte Sensibilisierung dar. Vergleichende Untersuchungen haben bestätigt, daß der Hauttest, hier vor allem der Prick- und Scratch-Test mit den Lebensmitteln, in Verbindung mit der Erhebung der Krankengeschichte die verlässlichsten Ergebnisse bringt. Die mitunter schlechte Übereinstimmung von Beschwerden und Hauttests zeigt aber, daß auch der Hauttest ein kritisch zu bewertender Mosaikstein im Gesamtgebäude der Diagnostik ist.

Schließlich kann die endgültige Bestätigung der Diagnose nur durch einen kontrollierten Test erfolgen, bei dem der Patient die infragekommenden Nahrungsmittel verabreicht bekommt, wie beim oralen Provokationstest. Hierbei werden die Nahrungsmittel selbst, als Testlösung in genau definierter Menge oder in Form von Gelatine-Kapseln meist mit steigender Dosierung nacheinander verabreicht. Nachteil dieser Methode ist die Belastung, der die Patienten ausgesetzt werden, da durch diesen Test bewußt die Symptome wie Hautausschläge, Durchfälle, Erbrechen, Asthmaanfälle oder auch ein anaphylaktischer Schock ausgelöst werden.

Hauttests zum Allergienachweis

•beim Prick-Test wird hierzu ein Tropfen einer Allergenlösung auf die Haut gebracht und dieser mit einer Nadel/Lanzette unblutig angeritzt

•beim Scratch-Test wird die Haut mit einer Lanzette leicht angeritzt und das Allergen auf die Teststelle gebracht

•für den Intracutan-Test wird das verdächtige Allergen mit einer sehr dünnen Kanüle in die Haut gespritzt

•beim Reibe-Test wird das Allergen in die Haut eingerieben

•beim sog. Prick-zu-Prick-Test wird die Nadel erst in das Nahrungsmittel und anschließend in die Haut eingestochen
Die nachfolgende Reaktion der Haut mit Rötung, Quaddelbildung und Juckreiz zeigt an, ob der Patient gegen das entsprechende Allergen empfindlich reagiert.

Allergenarme Diät als Grundlage

Die Provokation von Symptomen läßt sich durch eine Such- oder Aufbaukost minimieren. Dabei wird der Patient anfangs mit einer allergenfreien oder möglichst allergenarmen Basisdiät ernährt. Erst nachdem die bestehenden Hauterscheinungen und die subjektiven Beschwerden weitgehend zurückgegangen sind, wird die Kost wieder stufenweise aufgebaut, indem nach und nach weitere Lebensmittel in der Ernährung zugelassen werden.

Es wird mit allergenarmen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Reis oder Dinkelnudeln begonnen. Die Reihenfolge, mit der die einzelnen Nahrungsmittel eingeführt werden, ist abhängig von den allergologischen Befunden, den ernährungs-physiologischen Notwendigkeiten und den individuellen Ernährungsgewohnheiten.

Je nach Ausmaß der Hautveränderungen bzw. der Antikörper-Werte wird die Kost entweder alle 24 oder 48 Stunden um ein weiteres Nahrungsmittel ergänzt. Um die Diagnose in letzter Instanz zu sichern, müssen in Einzelfällen jedoch orale Provokationstests folgen. Nur wenn neben dem sich aus der Krankengeschichte eindeutig ergebenden Zusammenhang auch eine Übereinstimmung der Haut- und Bluttests gegeben ist, erübrigt sich die Provokation.

Zur Vorbeugung stillen

Da die Nahrungsmittel-Allergie u. a. Unverträglichkeitsreaktionen in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen haben, sollte eine ausreichende Vorbeugung im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Bereits ab dem 3. Schwangerschaftsmonat kommt es bei dem noch ungeborenen Kind zur Antikörperbildung, vor allem gegen Ei und Milch. D. h., die Vorbeugung beginnt bereits auf dem gynäkologischen Stuhl. Ein Frauenarzt ist der erste Gesprächspartner für Mütter und künftige Allergiker. Um das Risiko zu minimieren, insbesondere wenn eine genetische Veranlagung vorliegt, sollte sich die werdende Mutter histaminarm ernähren und nach der Entbindung mindestens 6 Monate ihr Baby stillen.

Falls dies nicht möglich ist, sollte auf allergenfreie und möglichst allergenarme Babynahrung (sog. Hydrolysate) umgestellt werden. Ab dem 6. Lebensmonat empfiehlt sich ein Kostaufbau im Sinne der oben angegebenen Diät. Auf jeden Fall sollten bei einem Säugling mit starker allergischer Veranlagung im 1. Lebensjahr Lebensmittel wie Milch, Ei, Banane, Karotte, Zitrusfrüchte und fettreiche Nahrungsmittel, insbesondere Wurst und Salami gemieden werden.

Fazit: Sie sehen also, die „einfache“ Eingrenzung von Nahrungsmittel-Allergien durch Tests kann sich in der Praxis als sehr schwierig gestalten. Die Auswahl der Testverfahren und deren richtige Bewertung stellen nur die erste Schwierigkeit dar. Entscheidend sind ausführliche aufklärende Gespräche mit den Betroffenen hinsichtlich des Umgangs mit der Erkrankung, zu Therapiemöglichkeiten, Ernährung und dem Allergie-„Management“. Größte Aufmerksamkeit sollte den Möglichkeiten zur Allergie-Vorbeugung gewidmet werden.


Quelle: Fachkrankenhaus Schloß Friedensburg
 
Hallo Dora

Bei mir steht/stand eine Histaminintoleranz in Verdacht weil ich mal einene leicht erhöhten Histaminwert hatte.
Da der Wert aber auch mal o.k. war,ich meistens problemlos Tomaten,Käse und Co essen kann ohne Quaddeln zu bekommen und ich auch eine reine Hautallergie habe die nicht am ganzen Körper auftritt meinte der Arzt er tendiert eher zu Kontaktallergien aber ich müsste das selber mal rausfinden bevor ich einen erneuten Prick Test beim Dermatologen mache.

Allergien erfordern generell Detektivarbeit,ich habe schon ein paar Auslöser gefunden (Druck und Reibung auf die Haut und Sonne).
Das nennt man auch physikalische Allergien bzw physikalische Urtikaria.

Physikalische Nesselsucht: Wenn die Haut auf äußere Reize reagiert - Gesundheit | STERN.DE


Man kann da auch gegen alles mögliche allergisch sein,gegen Reibung,Kälte,Licht,Hitze,Wasser,....
 
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