Mutmacher: Seit 6 Monaten clean von diversen Benzos, Tramal, Tilidin, Lyrica und Quetiapin

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Hallo Ihr Lieben,

seit 6 Monaten bin ich komplett drogenfrei. Ich brauche keine Medikamente mehr. Ich habe letzten Monat den Ärzten und Therapeuten, die mich auf meinem Weg begleitet haben, eine Dankes-Email geschrieben. Die kopiere ich hier rein.

Ich wünsche Euch allen die Kraft und das richtige Umfeld, um von diesen Scheiß Drogen loszukommen. Gebt Euch Zeit. Irgendwann ist der richtige Zeitpunkt da. Vielleicht morgen, vielleicht in einem halben Jahr. Umgebt Euch mit Menschen, die gut zu Euch sind. Dann könnt Ihr es schaffen!!!

ALLE LIEBE !!!

******************* Email an die Ärzte und Therapeuten, die mich beim Entzug begleitet haben **********

Liebe Frau XYZ, lieber Herr XYZ,

ich bin seit fast sechs Monaten drogenfrei. Ich fühle mich wie neugeboren und habe keinerlei Verlangen nach Medikamenten und erlebe die Corona-Krise als einer der wenigen in meinem Umfeld völlig angstfrei. Ich habe KEINERLEI Schmerzen mehr, habe 10kg abgenommen und bin fit wie seit 10 Jahren nicht mehr.

Das ist eine sehr ausführliche Email und sie enthält einige wichtige Anregungen. Nach über 10 Jahren Sucht, jahrelangen Entzugsversuchen und lebenslangem Trauma kann ich mitreden.

Wo fange ich an?

Mein Vater hat mich immer entwertet. So wie meine Ex-Frau. Aber jetzt BIN ICH ENDLICH WIEDER ICH

Die Gründe für meine Transformation sind neben dem Drogenentzug sicherlich der Tod meines Vaters, aber auch die Erkenntnis, wie toxisch die Beziehung zu meiner Ex-Frau war.

Ich erlaube mir ein paar Anmerkungen:

Liebe Frau XYZ (Sie war meine Traumatherapeutin), Sie haben sehr viel mit mir durchgemacht. Aber Sie dachten immer, ich hätte wegen der Drogen nicht von der Therapie profitiert. Aber glauben Sie mir: Niemand hat mich weitergebracht als SIE !

DANKE SCHÖN von ganzem Herzen. Ohne die Drogen hätte ich die beiden Trauma-Therapien bei Ihnen und bei Frau XYZ nicht geschafft. Ohne die Benzos hätte ich mich nicht so radikal geöffnet. Viele alte Kulturen nutzen psychedelische Pflanzen in Retreats oder bei schamanischen Heilprozessen, in denen es um die Überwindung von Traumata geht.

Ich mache seit neuestem eine traumazentrierte Körpertherapie. Nach mehreren Sitzungen habe ich verstanden, warum ich in der rechten Schulter immer so angespannt war. Das war das "Messer", das ich seit Jahrzehnten in der Hand halte, um meinen Vater abzuwehren. Ich habe extrem viel geweint. Es war ein erlösendes Weinen.

Ich habe begriffen, warum ich mich körperlich so klein fühle.

Ich habe begriffen, warum ich es nicht ertrage, wenn jemand meine Beine nach oben schiebt oder wenn jemand mich auf der Brust nach unten drückt.

Ich habe begriffen, warum ich immer die Beine auseinander mache. Opfer von sexuellen Traumata öffnen sich sexuell zu sehr. Ich bin sehr froh, dass ich das Thema Missbrauch nicht im Rahmen einer Gesprächstherapie zu Ende gegangen bin. Sonst wäre ich wohl ausgeflippt. So war es total integrativ und der Körper wurde sofort geheilt.

Die Körpertherapeutin hat es geschafft, dass ich ohne Angst die Beine schließen kann. Ich gehe seitdem völlig anders. Aufrecht, dynamisch. Zum Glück bin ich das Thema Missbrauch nicht zu Lebzeiten meines Vaters angegangen, sonst hätte ich meinem Vater doch ein Kissen auf's Gesicht gedrückt, bis er aufgehört hätte zu zappeln. So habe ich ihm verziehen. Aber erst nach seinem Tod.

Liebe Frau Dr. XYZ (Sie ist Ärztin bei der Suchtambulanz und hat mich zwei Jahre lang begleitet),

Sie haben immer an mich geglaubt und waren in meiner dunkelsten Zeit da. Das werde ich Ihnen NIE vergessen. Ich dachte lange, dass ich den Entzug nicht schaffe Sie haben mir beharrlich mit sehr viel positivem Feedback Mut gemacht, diesen Weg zu gehen. DANKE !

Lieber Herr Dr. XYZ (Oberarzt bei der Suchtambulanz),

Ihnen danke ich genauso. Für mich war die Freiheit, die Sie und Frau XYZ mir gelassen haben, das Beste, was mir passieren konnte. Nur kein Druck. Druck ertrage ich nicht.
Meine eigene Erkenntnis musste so stark werden, dass ich aus eigenem Antrieb entziehen MUSSTE.
Ein erzwungener Entzug zur falschen Zeit und ich weiß nicht, ob ich noch unter uns weilen würde. Und ich möchte noch sehr lange leben.

IUnd ich habe noch eine große Bitte:

Bitte bringen Sie die Leitung der Klinik dazu, die ambulante Entzugsstation endlich zu renovieren. Die Räume sind ästhetisch eine ABSOLUTE Katastrophe und passen besser zu düsteren britischen Drogenfilmen aus den 80ern. Warum gibt es überhaupt Räume im Keller? Süchtige sind ja sehr oft traumatisierte Menschen. Wissen Sie, wie viel Missbrauch im Keller stattfindet und was das für ein Trigger ist? Jedes Mal !

Warum dürfen Alkoholiker, Drogenabhängige und Medikamentenabhängige nicht in hellen, freundlichen, geräuschgedämpften Räumen ankommen? Mit viel Licht und viel Natur drum herum. Und die STATIONÄRE Entzugsstation hat von außen den Charme eines rumänischen Kinderheims VOR dem Mauerfall. Ihre wunderbaren Mitarbeiterinnen (Ärzte, Schwestern) kompensieren zwar mit ihrer Menschlichkeit und Herzlichkeit sehr viel. Aber die Räume sind trotzdem ein Horror. Jeder Abhängige hat es verdient, in Würde zu entziehen.

Apropos Entzug: Ich habe ja den radikalen, kalten Entzug von allen Medikamenten gleichzeitig gemacht (Tilidin, Tramal, Tavor, Alprazolam, Lyrica, Quetiapin. Habe ich was vergessen?). Die krassesten 14 Tage meines Lebens. Für mich war das im Nachhinein die beste, wenn nicht sogar die einzige Lösung. Ich glaube nicht mehr an den entscheidenden Einfluss von Rezeptoren, sondern nur daran, dass man komplett aufhören muss, "etwas zu nehmen". Ich kann nicht von Substanz A entziehen, wenn ich Substanz B weiter einwerfe.

Und um mir meine Suchtverlagerung klar vor Augen zu führen, waren die täglichen Einträge in eine Excel-Liste sehr hilfreich (mehr als zwei Jahre lang habe ich das gemacht). Den Tipp habe ich aus einem Buch, das ich jedem Abhängigen nur empfehlen kann. Das Buch ist leider vergriffen.

Ach ja: Drogenfrei stimmt nicht ganz: Ich rauche wieder. Zwei Reval am Tag, zwei zur Nacht. Filterlos. Herrlich.

Und Zolpidem nehme ich. 5mg. Seit Jahren. Und es hilft seit Jahren. Und ich genieße es, nicht wach im Bett zu liegen, sondern schlafen zu können, und bin am nächsten Tag total fit.

Und was noch wichtig ist: Die Drogen machen den Körper so fertig. Ich nehme seit dem Entzug täglich(!) alle Vitamine plus hochdosiertes B12 und hochdosiertes Vitamin D, Mineralstoffe, viele pflanzliche Präparate (Baldrian, Passionsblume, Mariendistel), nehme homöopathische Mittel, Bach- und Buschblüten, und habe 10kg abgenommen und werde ganz oft 10 Jahre jünger geschätzt. Bitte geben Sie Ihren Patienten in der Suchtstation Vitamine, Mineralstoffe u.v.m.

Fühlen Sie sich alle umarmt. Sie waren und sind wunderbar und ohne Sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.

Vernetzen Sie sich bitte. Integrieren Sie Körperarbeit in die Traumatherapie und in die Entzugsarbeit (Pessotherapie, Feldenkrais, MBSR, Yoga, QiGong, Osteopathie, Massagen). Und das Ganze als interdisziplinäres Zentrum irgendwo draußen in der Natur, wo es ruhig ist und grün, wo man eine schöne Sicht in die Ferne hat, und wo gut und liebevoll gekocht wird. Das wünsche ich mir vom Universum. Und beziehen Sie dort bitte auch Ex-Abhängige mit ein, die stabil und gut drauf sind. Bessere Experten und größere Hoffnungsmacher gibt es nicht.

Herzliche Grüße

P.S.: Auch wenn ICH einen kalten Entzug gemacht habe, soll das keinerlei Plädoyer dafür sein. Das war einfach nein Weg nach diversen Entzügen.

Und ich war auch nicht von sehr hohen Dosen abhängig.

Meine Tagesdosis am Ende war:

Alprazolam: 1mg

Tavor: 1 mg

Tramal: 100mg

Tilidin: 100/4

Lyrica: 3 x 25mg




 
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