ich bin seit 2Jahren verheiratet, die erste Zeit waren es nur ein paar Bier am Abend, aber mittlerweile kann er ohne den Alkohol nicht mehr. Er hat jetzt vor einen Entzug zu machen und will das ich ihm helfe, aber wie kann ich ihm dabei helfen.
Hallo Lilly,
da ist guter Rat schwer. Viel hängt davon ab, wie hoch sein Alkoholkonsum schon geworden ist und wie lange der hohe Pegel schon anhält. Entsprechend ist er sehr stark vom Alkohol abhängig oder etwas weniger stark. Auf jeden Fall erfordert es seine ganz Willenskraft den Entzug zu machen, was er, so wie ich Dich verstehe, zuhause machen will und nicht in einer Klinik.
Wenn sein Entschluß zum Entzug von ihm selbst ausgeht und nicht auf die Überredungskünste anderer zurückzuführen ist, hat er schon den ersten wichtigen Schritt getan. Doch Du selbst kannst dabei relativ wenig machen und Du kannst ihn auch nicht die ganze Zeit überwachen. Wenn ihr zusammen seid, und er will trinken, kannst Du ihm schnell ein Ersatzgetränk geben, ihn in seinem Entschluß stärken, nicht wieder anzufangen. Da könnte man sich auch alkohlfreies Bier zu Nutze machen. Ob das gelingt ist aber fraglich.
Die besseren Aussichten hat er, wenn er sich z.B. einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker anschließt, da bekommt er Unterstützung und Rat von Menschen, die trocken werden wollen oder wurden, aber selbst noch ziemlich wackeln und weiteren Halt brauchen. Deren Tips können ihm helfen. Vielleicht kannst Du ihn einmal dort hin begleiten und erfahren, was Du zur Unterstützung tun kannst.
Wichtig für Dich selbst ist aber, daß Du Dich in die Problematik nicht hineinziehen läßt und sie zu Deiner eigenen machst. Das würde Dich zu stark belasten. Auch darfst Du gar nicht erst die Verantwortung für sein Tun übernehmen, denn, wenn ein Entzug nicht gelingt, würde Dich das selbst zur Verzweiflung treiben. Versuche so distanziert zu bleiben, als hättest Du es mit einem fremden Patienten zu tun - das ist etwas, was Ärzte lernen, weil sie sonst selbst zugunde gehen würden. In einer Partnerschaft ist dies jedoch nur sehr schwer möglich, wenn überhaupt. Dann ist es besser, wenn Fremde diese Aufgabe übernehmen.
Ich kannte eine Frau, die seit Kriegsende mit einem Alkoholiker zusammen lebte. Sie hat immer zu ihrem Mann gehalten und die beiden liebten einander sehr. Sie war ein sehr starker Charakter und ihr Mann hätte ohne sie nicht weiter leben wollen. Viele Jahre, drei Entziehungskuren (mehr werden von den Kassen normalerweise nicht bezahlt), trinken bis zum Delirium tremens, weiße Mäuse, Elefanten, Schlangen inklusive, immer wieder kleine Trinkpausen, dann fand sie wieder ständig an den unmöglichsten Stellen leere Flaschen, ging er "Zigaretten kaufen" kam er erst viele Stunden später stockbetrunken wieder und noch vieles mehr. Es dauerte ca. 40 Jahre an, aber dann konnte auch sie nicht mehr und machte eine mehrfach vorher angekündigte Drohung wahr: Ohne ein Wort verschwand sie... Er kam nach Hause, sie war weg... suchte sie verzweifelt. Doch die Freunde, wo sie unterschlüpfte, hielten dicht. Auch die rief er an und versprach hoch und heilig, nie wieder einen Tropfen anzurühren, wenn sie nur wieder nachhause käme.
Nach einiger Zeit kam sie dann zurück und sagte ihm klipp und klar: "Beim ersten Rückfall bin ich wieder weg, aber dann für immer". Und ihm war klar, daß das auch so sein würde. Er blieb dann bis ans Ende seines Lebens trocken. Es war für ihn leichter auf den Alkohol zu verzichten als auf seine Frau.
Ich kannte diese Frau gut, sie war sehr stark, sie liebte ihren Mann sehr, sonst hätte sie nicht so viele Jahre zu ihm halten können und ich habe große Hochachtung vor ihr, daß sie das Alles ausgestanden hat. Aber nicht jeder ist so stark und die meisten Frauen würden wohl an einer solchen Belastung selbst zerbrechen - und da muß jede Partnerin für sich selbst das erträgliche Maß abstecken und sagen, bis hierher und dann ist Schluß. Das tat auch diese starke Frau, wenngleich erst nach vielen Jahren. Es hätte weder ihr noch ihm geholfen, wenn sie zusammengebrochen wäre.
Vielleicht hilft Dir diese wahre Geschichte herauszufinden, was Du machen und ertragen kannst und für Dich die Grenzen an der richtigen Stelle zu ziehen.
Liebe Grüße,
Clematis