HSP - mal ganz anders???

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13.03.11
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Ihr Lieben,

ich habe mal grundsätzlich versucht, mich über HS schlau zu lesen. Das geht schon einige Jahre. Ich bin aber letztlich immer, egal wo:
a) ob im Internet
b) ob in Büchern von Selbstbetroffenen
c) sogar ob bei den Tests, mit denen man feststellen kann, inwieweit man selber sich dazu zählt

sehr schnell in einer Sackgasse gelandet, und zwar, weil ich mich in den Beschreibungen zu mehr als vier Fünfteln eher nicht wiederfinde.

Bei dem einen oder anderen Test kam allerdings deutlich heraus, dass ich offenbar betroffen bin.

Allerdings gibt es bei mir lebenslang schon überdeutliche Anzeichen, dass ich sehr wohl in der Lage bin, mich von sehr intensiven Empfindungen sowohl überhaupt nicht berühren zu lassen - und das auch nicht mit einem "schlechten Gewissen" dafür - als auch mich so stark in Lebensverhältnisse anderer hineinzuversetzen, dass ich unverhältnismäßig lange mit Gedanken an deren extrem schwierige Lage, allerdings z. B. sogar auf einem ganz anderen Kontinent (!), beschäftigt bin und deshalb auch extrem traurig bzw. wütend darüber bin, nichts tun zu können, um ihre Lage zu verbessern. Dies passiert z. B., wenn ich manche Dokumentarberichte im Radio höre oder im TV sehe, also was echt passiert ist.

Darüber hinaus spüre ich auch bereits feinste Nuancen von allem Möglichen:
Bsp.:
Ich rieche bereits mehr als 20 Minuten vor den anderen, dass irgendwo eine Hühnersuppe gekocht wird, bevor wir als Familie auf einem Spaziergang durch die Stadt an dem Haus vorbeikommen, wo der Geruch aus dem offenen Küchenfenster dringt.

Vor allem nehme ich aber oft auch deutlich diejenigen Dinge wahr, die man zwar mit großem Anfangsbuchstaben schreibt, aber nicht anfassen kann, als da wären:
anderer Leute Stimmungen, Einstellungen, Überzeugungen, deren Haltung mir gegenüber, ob sie wohlgesinnt ist oder sogar unüberbrückbar schwierig. Wichtig finde ich hier zu erwähnen:
Diese Leute kenne ich nicht oder kaum.
Aber allein aus den Begegnungen mit ihnen im öffentlichen Raum erspüre ich sofort, ob ich sie ansprechen kann z. B. wegen des Weges zu der und der Straße, wo ich mich nicht auskenne oder ob ich lieber einen großen Bogen um sie machen sollte. Es ist, als "emittieren" sie eine Aura, die fast wie ein "aufgeschlagenes Buch" vor mir ist. Und mein Gefühl hat mich in solchen Dingen noch nie getrogen.

Bereits als Baby ist mir "Weltschmerz" "diagnostiziert" worden, und zwar von einer Angehörigen, die es wissen musste.

Es muss doch eine Möglichkeit geben, Informationen zu HS in neutraler Form zu bekommen und nicht nur rückbezogen auf die Person, die als selbst Betroffene darüber schreibt.

Jedenfalls mache ich mir möglichst das Leben nicht selber schwer bzw. zu stressig, indem ich bei gewissen Situationen durchaus den "Aus-Knopf" drücken kann. Und ich bin damit bislang einigermaßen gut gefahren.

Einfühlungsvermögen ist ja auch so ein Thema, was hierher gehört. Da habe ich z. B. durch das "Querlesen" der Persönlichkeit von Menschen, die als schwierig galten, weil sie sehr ruppig im Umgang waren, manch wertvolle Freunde gefunden. Leider rafft aber der Tod und schwere Krankheiten auch diese wertvollen Freunde dahin, und das Kennenlernen war lang und mühsam. Ich bekam jedoch - wohl als Einzige - positive Rückmeldungen von ihnen und habe auch bei deren Lebensgeschichten, die tatsächlich horrormäßig waren und sie auch sonst niemand erzählt haben, immer dichtgehalten, nie was weitererzählt. Das belastet mich dann aber nicht so sehr, wie sie gelitten hatten, als es mich beruhigt und mit Freude erfüllt, ihr Vertrauen erlangt zu haben. Und deshalb streckt sowas mich nicht nieder: Denn geteiltes Leid ist halbes Leid, wie es ja so schön heißt.

Ich versuche nochmal, vllt. ein Buch von einem HS-betroffenen Mann zu finden und zu lesen, der das Thema nicht so sehr selbstbezogen beschreibt. Vielleicht habe ich ja Glück...

:wave: philia
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich rieche bereits mehr als 20 Minuten vor den anderen, dass irgendwo eine Hühnersuppe gekocht wird,
Hallo philia,

ich greife mal nur diesen Satz heraus:
So eine hochempfindliche Nase haben auch MCSler, also Leute, die durch Gifte geschädigt worden sind, die bis ins Gehirn gekommen sind.

https://www.boeckler.de/pdf/p_edition_hbs_030.pdf
Titel: Psychisch gestört oder arbeitsbedingt krank?"

Schon der Titel zeigt, daß Giftbelastungen im Gehirn Schäden ganz verschiedener Art anrichten können, die völlig verschieden ausfallen und interpretiert werden können.

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Oregano,

von MCS bin ich auch bereits lebenslang betroffen, kenne mich da bestens aus, zumal ich - womöglich wirklich eine exklusive Erfahrung (!) - drei verschiedene Umweltärzte zu einer Zeit aufsuchen konnte, da ich auch noch die Kosten drumherum irgendwie abdecken konnte (nämlich zum einen weil der Teil meiner Familie noch lebte, wo ich finanzielle Unterstützung bekam, z. B. für Unterkunft/Aufenthalt i. d. Nähe der Praxis - und zum anderen, weil ich genau in der Zeitspanne für 5 Monate einen Job auf dem 1. Arbeitsmarkt innehatte nach sowohl jahrelanger vorheriger und leider auch bis zum Rentenalter jahrelanger nachheriger Arbeitslosigkeit).

Diese drei, verstreut in ganz D-land, haben mir unabhängig voneinander nicht nur die Diagnose richtig gestellt, sondern auch wirksame Therapien verordnet. Außerdem habe ich mit einem anderen, auch Umweltarzt, telefonieren können, der ein Buch geschrieben hat und mir weitere Details zur korrektken Einnahme eines bestimmten mir verordneten Medikaments geben konnte, da er selber auch von MCS betroffen ist. Von ihm habe ich erfahren, weil eine Bekannte von mir eine andere Frau regelmäßig aufgesucht hatte, die schwere MCS hatte und dieses Buch hatte, das ich auf diesem Umweg ausleihen durfte, mir kopiert habe und dann Kontakt aufnahm. Das Buch gibt und gab es allerdings wohl nicht im normalen Handel.

Zu der Zeit, als die Geschichte mit dem Spaziergang und meiner feinen Nase passierte, hatte ich aber noch jahrzehntelang keinen blassen Schimmer davon, dass es überhaupt so eine Krankheit mit diesem Namen gibt, noch dass meine nicht wirklich als Allergien zu bezeichnenden, teil sehr massiven Beschwerden, die gerne auch mal komaähnliche Zustände beinhalteten, bei der Allergologin, die ich 30 Jahre lang deswegen aufsuchte, nicht in guten Händen waren. Denn befreit hatte sie mich davon nicht nur nicht wirklich können, sondern ab dem Punkt, wo es Arzneimittel und dgl. betraf, wovon ich sofort in eine Anaphylaxie fiel (was auch bei einer Reihe Lebensmitteln passierte), wurde sie sehr, sehr böse auf mich.

Ich wollte nichts weiter, als dass sie mir in einem meiner Allergiepässe bescheinigt bzw. testet, welche Arzeimittel, Spritzen usw. ich nicht vertrage. Da hat sie mich förmlich aus der Praxis geschmissen: "Sowas teste ich grundsätzlich nicht!"

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Aber dies mit dem Wahrnehmen von inneren Empfindungen anderer Leute in meinem jeweiligen Umfeld ist doch kein MCS-Symptom, denke ich. Auch nicht der besondere Hang zu gewissen Sparten der Kunst, das stundenlange Michzurückziehen, um mich innerlich zu "ordnen", was mit minimalem Aufwand verbunden ist, jedoch maximale Auswirkungen auf mein Inneres hat.

Als weitere echte Stoffwechselkrankheit möchte ich noch Diabetes mellitus anführen, womit ich auch immer das Gleichgewicht zumindest mit MCS täglich auf variable Weise herstellen muss mithilfe der mir verordneten Medikamente umweltmedizinisch und diabetologisch; nicht zu vergessen mein Asthma, was aber wohl besser geworden ist.

Auf jeden Fall würde ich gerne einfach mal zu HSP etwas lesen, was sozusagen von außen betrachtet auf alle davon Betroffenen zutrifft. Ich weiß, es ist ein riesengroßes Feld und jede/r HSP ist unterschiedlich, was sowohl die Persönlichkeit, den Charakter, Extra- bzw. Introvertiertheit betrifft als auch die Grenze der Belastung.

Aber alle Texte, die ich bislang gelesen habe, gehen immer von der betroffenen Person selber aus und ihren Empfindungen, Reaktionen, Belastungsgrenzen usw. Und da gibt es halt für mich, wenn ein bestimmtes bevorzugtes Thema nicht seitenweise beschrieben wird, wo auch ich mich drin wiederfinde, kaum Schnittstellen für mich.

Beispiel:
Ich habe eine Zeit lang alle im Internet für mich abrufbaren Tests zum Thema gemacht. Dabei ist oft ein Wert herausgekommen, der mich zwar deutlich als "ziemlich" sensibel, aber eben nicht "hoch"sensibel kennzeichnet. Bei einem der Tests kam für mich eine mit Sicherheit vorherrschende Hochsensibilität heraus.

Zum Beispiel liebe ich die Natur und halte mich gern darin auf, allerdings nimmt dies nicht den überaus breiten Raum in meinem Leben ein, wie es in den Beschreibungen und Tests oft der Fall ist. Auch bin ich musisch/künstlerisch sehr interessiert und auch mitunter aktiv. Das empfinde ich immer wieder wie ein Ventil zum Druck ablassen.

Gibt es denn ein Buch, das HSP nicht in die Nähe von psychischen Störungen/Krankheiten bringt, das es schlicht und ergreifend als das beschreibt, was es ist, und das so umfassend wie möglich, damit sich jeder Betroffene angesprochen fühlt, eine sehr, sehr intensive Gedanken-/Gefühlswelt mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsempfinden und den daraus erwachsenden Wünschen an die "Umwelt", ohne sich dabei zu verzetteln?
 
Hallo Philia,

welche Bücher hast Du denn gelesen? Das von der "Erfinderin" des Begriffs HSP, Elaine Aron? Das von Georg Parlow?

In einem Vortrag hörte ich mal die pointierte Aussage, HSP sei keine "Filterstörung" (wie von Psychiatern teils behauptet), sondern eine "Wahrnehmungsbegabung". Diesen Begriff könne man z.B. parat haben, wenn Leute es ins Pathologische ziehen wollen (was aber aus meiner Sicht angesichts der tiefen positiven Wahrnehmungen von bspw. Natur und Musik sowieso nicht passt). Es gibt auch die These einer Schnittstelle zur Hochbegabung, wozu der o.g. Begriff auch passen würde.

Wir haben hier im Forum übrigens schon einige Threads zu HSP, aber das hast Du vermutlich gesehen.

Gruß
Kate
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Kate,:fans:

danke für Deine Info. Da ich leider selber seit meinem Umzug Anfang des Jahres weder am Telefonnetz noch am Internet angebunden bin (dem "Anbieter" sei's "gedankt") und auch davor ca. 2 Jahrzehnte Leitungsterror der allerübelsten Sorte erlitt, habe ich leider nur das, was ich in der Leihbücherei bekommen konnte, gelesen. Im Internet von zu Hause aus etwas zu recherchieren, war in 98% aller Fälle eher ausgeschlossen.

Also von Elaine Aron das Buch (ein ziemlich dickes) fand ich am lesenswertesten wegen der Möglichkeiten der Herangehensweise, die das Buch bietet durch die vielen Frage-/Antwortpassagen, die auf ganz unterschiedliche Lebensbereiche abzielten. Georg Parlow ist mir gar kein Begriff. Und hier im Forum müsste ich die Threads erst suchen. (Auch jetzt schreibe ich wieder von extern). Hab sie gefunden, muss aber gleich wieder hier weg, leider.

Gruß
philia ...

PS: Hab gefunden: Georg Parlow Zart besaitet (grünes Buch) - werde hoffentlich bald drin lesen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Kurze Rückmeldung von auswärts: Lese gerade G. Parlow und finde sehr vieles darin, was bei mir genauso ist (hab das Buch in der Leihbücherei ausgeliehen). Danke, Kate. Das ist wunderbar geschrieben.
 
Hey philia,

freut mich, dass es anregend für Dich ist... :)

Gruß
Kate
 
Da ich das Buch bald wieder abgeben bzw. verlängern lassen muss, schreibe ich mal raus, welche Passagen daraus auf mich zutreffen. Von Seite x bis Seite y usw., wie ich es bei mir auch erlebe, mache ich eine Liste. Das lohnt sich offensichtlich richtig!

Am liebsten würde ich persönl. Kontakt aufnehmen...

(hoffe, ich werde zu Hause noch zum Ausklang des Jahres ans Internet/Telefon angeschlossen)
 
Gibt es evtl. eine Liste mit Adressen in Deutschland (Nordd.) von zwanglosen Gesprächskreisen (also nicht irgendwie ärztlich oder psychotherapeutisch geleitet) von HSP, die in regelmäßigen Zeitabständen stattfinden?
 
Hallo Oregano,

leider nicht wirklich. Nichtsdestotrotz: DANKE FÜR DEINE MÜHE. ;) Bei zartbesaitet hatte ich schon wg. Norddeutschland nachgeguckt, da ist nichts in meiner Nähe.

Und bei der Homepage mit den grünen und blauen als X gekreuzten Punkten handelt es sich bei HSP um Hereditäre Spastische Spinalparalyse und nicht um Hochsensible Personen.

Allerdings habe ich in der Linkliste von hochsensibel? eine Mailadresse gefunden und dort hingeschrieben. Das wäre meine letzte Chance und ich hoffe sehr, dass das klappt.

Gruß philia
 
...mal ganz anders (Titel): Hat vielleicht auch jemand die Erfahrung gemacht, nicht auf die sanfte Tour zu lernen, dass er bzw. sie HS ist, sondern genau umgekehrt, dass äußerst harte Lebensbedingungen bei ihm/ihr diese sehr sensiblen Saiten überhaupt und sehr auffällig zum Schwingen gebracht haben?
 
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