Jetzt sitze ich also wieder hier, 3,5 Jahre später....und es ist wieder schlimm.
Es war natürlich schlimm und unverändert all die Zeit über. Keine Verbesserung für sie, sie lebte halt ihr Leben so weiter irgendwie. Ich besuchte 1-2mal im Jahr und rief ein paar mal an.
Jetzt ist die Situation verschärft.
Im August/September ist meine Oma (ihre Adoptivmutter) gefallen und musste mit Beckenbruch ins Krankenhaus und blieb dort einige Wochen. Zu der Zeit war ich für 3-4 Wochen von der Arbeit frei gestellt und bin nach Deutschland geflogen. Hab meinen Opa zuhause unterstützt und für beide ein Pflegeheim gesucht, denn es wurde ziemlich schnell klar, dass meine Oma nicht wieder nach Hause kommen konnte

Zum Glück haben meine Schwester und ich ein wirklich schönes Zimmer in einem Pflegeheim gefunden, wo sie nun beide aufgehoben sind. Natürlich ist es trotzdem extrem traurig. Ich bin meinen Großeltern sehr verbunden, wahrscheinlich weil wir im selben Haus aufgewachsen sind und sie mich wenigstens etwas gerettet haben in meiner Kindheit mit der depressiven Mutter. Ich hab so viele schöne Erinnerungen an meine Großeltern und sie haben mich immer unterstützt. Natürlich ist es der Lauf des Lebens, sie sind jetzt 92 und 91 Jahre alt, und ich bin so dankbar dass sie immer noch sich gegenseitig haben. Mein Opa ist noch so rüstig, der gehört gar nicht ins Pflegeheim, aber natürlich lässt er seine Frau von über 65 Jahren nicht alleine. Es ist so rührend und herzzerbrechend, sie zusammen zu sehen.
In dieser Zeit, als ich in Deutschland war, habe ich also entschlossen, eine Zeitlang zrück nach Deutschland zu gehen, um etwas mehr Zeit mit meinen Großeltern in ihren letzten Jahren zu verbringen (wenngleich es natürlich nur kurze Besuche im Pflegeheim werden würden). Und auch um meine Schwester endlich mehr zu unterstützen, die Ende des Jahres auch noch ihren Job verlieren wird durch Covid. Sie fährt jedes Wochenende zu meinen Großeltern ins Heim.
Nun hätte ich letzten Dienstag fliegen sollen - und ich habe Panik bekommen und bin nicht geflogen. Es war einfach zuviel für mich geworden. Mein ganzes Leben hier aufzugeben, neu zu starten, neuer Job, Wohnugssuche, Familie, und dazu noch die ganze Covid Situation mit der Ungewissheit wann und ob ich je wieder in meinen geliebten Süden zurück kommen könnte. Ich hatte einen kleinen Nervenzusammenbruch, man kann es nicht anders sagen.
Natürlich sind die Schuldgefühle nun groß, und die Scham, dass ich es nicht geschafft habe. Ich fühle mich schuldig meiner Schwester gegenüber, und meinen Großeltern, die doch immer für mich da waren.
Und dann ist da meine Mutter natürlich immer noch. Sie müsste eine umfassende Zahnsanierung haben, sprich fast alle Zähne rausnehmen und dann Prothese. Natürlich ist das zuviel für sie. Meine Schwester hatte sie zum Zahnarzt begleitet und es war schon alles arrangiert, und dann hat sie abgesagt aus Angst (so wie ich mit dem Flieger am Dienstag. Dinge wiederholen sich wenn ich nicht endlich Heilung finde). Dann war ich in Deutschland und bin mit ihr zu einem ganzheitlichen Zahnarzt für eine zweite Meinung. Der hat aber genau das gleiche gesagt. Am Ende wurde sie zu einer größeren Klinik verwiesen, wo meine Schwester sie noch hingefahren hat. Dort hat man auch Schatten im Oberkiefer gesehen (evtl. Schimmel? Von Schimmel in der Wohnung vielleicht?).
Es wäre wahrscheinlich sogar richtig gut für sie, all die kranken und alten Zähne rauszubekommen und den Kiefer ausfräsen zu lassen. Aber natürlich hat sie davor massiv Panik. Sie würde Vollnarkose bekommen und könnte dann auch 1-2 Tage in der Klinik zur Überwachung bleiben. Aber sie hat Panik. Und ich verstehe es. Es ist ein großer Eingriff, und ich kenne den Zustand der Panik und das Gefühl des Überwältigtseins zu gut selber.
Aber sie kann es ja nicht ewig verschieben. Sie ist ja leider alleine, keiner, der ihr dann nach der OP zuhause helfen könnte. Wir haben angeboten, für sie einzukaufen (zumindest meine Schwester, die ja da ist).
Also im Großen und Ganzen eine überwältigende Situation. Und dazu Covid.
Ich denke, es wäre gut da zu sein. Ich weiß nicht, wie lange meine Oma noch hat oder wie lange sie noch klar genug ist um mich zu erkennen wenn ich zu besuch komme. Dann ist da mein OPa, der mit gebrochenem Herzen zurück bleiben würde, allein. Und dann müsste das Haus verkauft werden und wo bleibt meine Mutter dann. Und meiner Schwester ist mit allem allein und muss auch noch nen neuen Job suchen.
Ich weiß, ich müsste da sein. Ich schäme mich dass ich den Flieger nicht nehmen konnte am Dienstag. Aber ich versuche auch Verständnis für mich zu haben. Es war alles zu viel.
Obwohl ich andererseits auch denke, es wäre vielleicht auch gut für mich, nach Deutschland zu kommen. Was neues lernen, Veränderung, und vielleicht wäre es auch heilend für mich, mich mit der Familie auseinander zu setzen. Ich merke, dass ich einiges von der Mutter übernommen habe. Ich weiss auch nicht wie lange ich mein Leben hier in Spanien aufrecht erhalten kann mit allem was gerade in der Welt passiert.
Es macht mir nur so viel Angst alles. Das ist bisher die größte Herausforderung vor der ich je stand. Ich könnte den nächsten Flieger am Dienstag nehmen.