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Ich habe in einem anderen Forum den Bericht von Karin gefunden, der vielleicht manchen Menschen hilfreich sein könnte.
Liebe Grüsse, maus
Karin
Ich bin 36 Jahre alt, w, und wohne in Deutschland. Seit meinem 17. Lebensjahr leide ich mehr oder weniger an einer Angst und Panikstörung, die sich im Laufe der Jahre chronifiziert hat.
Ich durchlief anfänglich die gleiche Ärzte-Odyssee wie die meisten Angstpatienten, ohne Erfolg. Die von mir aufgesuchten Neurologen behandelten mich eifrig über Jahre hinweg mit Psychopharmka in Form von Neuroleptika (Depot-Spritzen), Antidepressiva und Tranquillizern. Während der Einnahme der Medikamente konnte ich natürlich eine relative Symptomfreiheit verzeichnen, mal abgesehen von den Nebenwirkungen und der Abhängigkeit.
Bis heute habe ich jedoch nicht verstanden, warum mir nie einer der Neurologen zu einer Psychotherapie geraten hat.Dadurch habe ich leider sehr viel Zeit verloren.
So bewegte ich mich über einen Zeitraum von 15 Jahren zwischen dem ständigen Vorhandensein der Angstsymptome, mit gleichzeitiger Medikamenteneinnahme, und auch besseren Zeiten, in denen ich manchmal fast gar keine Angst hatte, hin und her.
Ich war mit meinem Problem völlig allein, kannte weder Mitbetroffene und fand auch keine Zuhörer.
So resignierte ich irgendwann, ergab mich sozusagen meinem Leiden, nahm fast ständig irgendwelche Psychopharmaka und war der der festen Überzeugung, früher oder später deswegen durchzudrehen.
Meine Lebensqualität war zeitweise sehr gering, ich hatte geschickte Vermeidungsstrategien entwickelt um den Alltag irgendwie, mehr schlecht als recht, hinzukriegen.
Im Herbst 1999 kam es dann zu einer Krisensituation (dazu später mehr) wodurch die Angst wieder sehr akut wurde.
Im Nu kramte ich wieder alle meine Medikamente hervor und bekam vom Hausarzt meine Spritzen, da es unerträglich war. Ich litt den ganzen Tag an einem sehr hohen Angstlevel, mit all den unangenehmen Nebenerscheinungen, die ihr alle kennt, und teilweise 4 – 5 Panikattacken. Das alles spitzte sich innerhalb kürzester Zeit so zu, dass ich diesmal wirklich mehrmals täglich dachte, sterben zu müsssen.Während der Attacken hatte ich wirkliche Todesangst. So schlimm wie noch nie in meinem Leben. Ich war absolut am Ende und dachte, so, das wars jetzt. In meiner Not und Ausweglosigkeit suchte ich einen Neurologen auf, der mir sofort die Tel.-Nr. meines jetzigen Therapeuten gab und mir dringendst zu einer Therapie riet.
Das Wort "Therapie" war mir bis dato ein Greuel, ich wollte mich nicht zu all den "Verrückten" zählen, hatte dennoch keine Ahnung, was "Therapie" in Wirklichkeit bedeutet.
Da ich mich zu der Zeit dem Tod näher als dem Leben fühlte, entschloss ich mich dort anzurufen, ich hatte nichts zu verlieren.
Ich bekam innerhalb der nächsten 2 Tage meinen ersten Termin bei meinem Therapeuten.
Und das war meine Rettung.
1. Was waren die zentralen Ursachen Ihrer Angst- und/oder Panikstörung?
Aus meiner eigenen Erfahrung möchte ich einmal behaupten, dass die Symptomatik "Angst" immer nur die "Spitze des Eisberges" darstellt. Die zentralen Ursachen der Angst sind meist ganz andere. Sehr oft sind es jedoch ganz lapidare, naheliegende Probleme, die man verdrängt hat und die Problematik gar nicht erkennen will. In meiner "Karriere" war es ähnlich.
Die erste Attacke bekam ich in der elften Klasse Gymnasium. An den genauen Auslöser kann ich mich nicht mehr erinnern. Sicher ist, dass ich mich in einer Stressituation befunden habe. Es war damals fraglich, ob ich das Klassenziel, somit die Vorraussetzung für die Kollegstufe und dem anschließenden Abitur, erreichen würde. Weiterhin ließen sich meine Eltern scheiden. All das hat mich so sehr belastet, dass es zur ersten Attacke kam.
Die letzten 15 Jahre waren geprägt durch eine psychisch destruktive Beziehung zu einem Mann (mehr möchte ich dazu nicht schreiben) und meine Probleme am Arbeitsplatz .
Erst durch meine Therapie habe ich erkannt, dass es doch so naheliegende Probleme waren, die für die ganze Angstsymptomatik verantwortlich waren.
Ich habe es einfach verdrängt und wollte es nicht sehen, dass ich massive Beziehungsprobleme hatte und am Arbeitsplatz absolut unglücklich und unzufrieden war. Ich dachte immer, so was hat doch jeder mehr oder weniger.
Ich habe die ganze ungute Situation immer für mich so hingestellt, dass es erträglich war, und völlig normal. So ergab sich für mich auch kein Problem, mit dem ich mich auseinandersetzen hätte müssen.
Was sich wirklich in der Beziehung und am Arbeitsplatz abgespielt hat, und den Zusammenhang mit der Angst, habe ich erst sehr viel später erkannt. Im Nachhinein ist es mir ein Rätsel, wie man nur so sehr in ein Denkschema eingefahren sein kann und so den "Wald vor lauter Bäumen" übersieht.
Die Aufrechterhaltung dieses Status Quo über 15 Jahre war das zentrale Problem der Angststörung.
(mit dieser Antwort ist Frage 3 mitbeantwortet)
2. Was waren die letzten Auslöser für Ihre Angst- und/oder Panikstörung, was hat das Fass gleichsam zum Überlaufen gebracht?
Davon abgesehen, dass die Auslöser für meine Angst in den letzten 15 Jahren fast ständig vorhanden waren, habe ich dennoch zeitweise sehr gute Zeiten gehabt, in denen ich sogar trotz meiner Klaustrophobie nach USA geflogen bin.
Der letzte Auslöser für das massive Wiederauftreten der Angst und Panik war der Tod einer Freundin im Herbst 1999. Eine Woche zuvor verbrachte ich noch meinen Urlaub bei ihr. Es war wunderschön und wir hatten viel Spaß. Dann plötzlich wurde sie schwer krank, fiel nach 2 Tagen ins Koma und starb nach 4 Wochen. Als ich von ihrem schlechten Zustand erfuhr, dauerte es nur einen halben Tag, bis die Angst-und Paniksymptome, die ich schon Monate zuvor "vermisst" hatte, wieder da waren.
3. Was sind/waren die zentralen vergangenen bzw. gegenwärtigen Bedingungen, die die Angst- und/oder Panikstörung aufrecht erhalten bzw. aufrecht erhalten haben?
Dies habe ich in Frage 1 schon ausführlich geschildert. Die beschriebenen Auslöser waren bei mir konstant über Jahre hinweg vorhanden, wodurch die Angststörung ständig aufrecht erhalten wurde.
4. Was sind/waren Ihre entscheidenden Problemlösungsstrategien, was hat Ihnen wirklich geholfen, die Angst- und/oder Panikstörung bislang anhaltend zubewältigen?
Hier möchte ich das beschreiben, was ich in meiner Verhaltens-/Gesprächstherapie "gelernt" habe.
Neben konkreten Verhaltensstrategien (dazu später mehr) ist das Schlüsselwort "Veränderung". D.h. man muß die Situationen, die für die Angst verantwortlich sind, unbedingt verändern und beseitigen. Daß das meist sehr schwierig und mühselig ist steht außer Frage.
Für mich war es zunächst äußerst wichtig, mit meinem Therapeuten erst mal zu "erarbeiten", was denn die Gründe für meine Angst-und Panikstörung waren. Die Probleme zu erkennen und zu akzeptieren. Zu verstehen, dass auf Grund dieser zentralen (siehe Frage 1) Probleme die Angst entstanden ist.
Das schafft schon mal viel Klarheit und vermittelt einen "Aha-Effekt". Doch die Symptome der Angst waren allein dadurch natürlich noch lange nicht beseitigt.
Zu meinen persönlichen Strategien später mehr.
Ich habe verstanden, dass ich mich in einem Teufelskreis befand. Der nächste Schritt war nun, all diese Umstände dahingehend zu verändern, dass diese, in Bezug auf die Angst, gut funktionierende Spirale nun einmal durchbrochen wurde. Für mich persönlich bedeutete das eine radikale Veränderung meines Lebens und meines Umfelds.
Ich habe mich entschlossen, nach 14 Jahren meinen Arbeitsplatz zu wechseln. Das war sehr, sehr schwer für mich. Das alte "Gewohnte" zu verlassen und sich auf etwas Neues, Unbekanntes einzulassen. Das schafft eine gehörige Portion Unsicherheit und Zweifel, die mich wochenlang quälten.
Es war so einfach im "Gewohnten" zu verweilen, so bequem, auch wenn ich wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Sich auf etwas Neues einzulassen erfordert viel Mut, Risikobereitschaft und Energie. Und grade das war so gar nicht mein Ding.
Mein Therapeut motivierte mich aber derart, dass ich es schließlich auch geschafft habe.
Die erste Zeit am neuen Arbeitsplatz war nicht besonders angenehm, die Angst kam wieder, ziemlich stark. Das deprimierte mich einigermaßen, da ich zu der Zeit (vor fünf Monaten) ja schon ein halbes Jahr in Therapie war.
Etwa zur gleichen Zeit beendete ich auch eine 15-jährige Beziehung zu einem Mann. Auf die näheren Gründe und Umstände möchte ich nicht eingehen, da es sehr privat ist.
Daß dadurch auch eine Flut von Gefühlen und auch Angst ausgelöst wurden, ist klar.
Nun zu meinen persönlichen Verhaltensstrategien bei Angst:
Von Anfang der Therapie an hat mir mein Therapeut immer wieder erläutert und erklärt, dass all die körperlichen Symptome, die während einer Attacke auftreten, völlig normal und ungefährlich sind.
Anfänglich wollte ich es nicht glauben, da ich mich während einer Attacke wirklich dem Tod näher als dem Leben fühlte. Und das sollte ungefährlich sein??
Immer wieder erklärte er mir die Zusammenhänge der Angstentstehung.
Dazu muß ich sagen, dass ich an einer generalisierten Angststörung leide, d.h. die Angst tritt auf, wann immer sie es will, bzw. ich es zulasse, und ist nicht so sehr situationsbezogen. Konkret bedeutete das für mich, dass es zunächst zu irgendwelchen negativen Gedanken kommt, denen man sich meist gar nicht bewusst ist. Daraufhin folgen die ersten körperlichen Symptome wie z. B. Unwohlsein, Zittern und Schwitzen. Da ich im Laufe der Jahre "gelernt" hatte, diese kleinsten Veränderungen in meinem Körper sofort zu registrieren, wurden diese, ohne zu erkennen, dass ja die negativen Gedanken der Auslöser waren, sofort der Angst zugeschrieben. Die Spriale begann sich zu drehen. Es kommen Gedanken wie "oh Gott, es geht wieder los" oder "was passiert, wenn ich jetzt ohnmächtig werde" dazu, und die Angstspirale fängt an, sich in ihrer Höchstform zu drehen. Den Rest, der einem Horrorszenario gleicht, kennt wohl jeder. Ich habe nun in der Therapie gelernt, zunächst mal sofort auf evtl. negative Gedanken zu reagieren, indem ich sie durch positive Gedanken ersetze.
Sollte ich das verpasst haben, und ich spüre, dass die Angst kommen will, dann halte ich kurz inne, und frage mich, ob das denn jetzt auch wirklich Angst ist. Meistens befindet man sich in irgendeiner Situation, die Gefühlsregungen auslöst. Leider schreibt man diese entstandenen Gefühle immer gleich der Angst zu. Man muß sich drüber klar werden, dass es meistens keine Angst ist. So sage ich mir z.B. vor, "ok, du bist grade gestresst, deswegen entstehen Gefühle wie Nervosität und Unwohlsein. Das sind aber ganz normale Reaktionen des Körpers und haben nichts mit der Angst zu tun". (Ich musste wieder lernen, gewisse Gefühle einfach wieder zu fühlen. Ich merkte gar nicht, dass ich Gefühle wie "Trauer" und "Wut" nicht mehr ausgelebt hatte, sondern jahrelang verdrängt und geschluckt hatte. So habe ich viele Gefühlsregungen sofort als "Angst" interpretiert und war mir gar nicht darüber im Klaren, was es denn wirklich war.) Gleichzeitig versuche ich in kritischen Situationen einen positiven inneren Dialog zu beginnen, der z.B. so aussieht: "ich habe in der Arbeit heute viel geschafft, da kann ich echt zufrieden sein. Es hat mich aber angestrengt, ich kann es spüren. Deswegen werde ich jetzt etwas tun, was mir Freude bereitet". Früher dachte ich immer so: "oh Mann, was für ein Sch....-Tag, ich bin total am Ende, und jetzt kommt auch noch die Angst". Meistens habe ich durch diese positiven Gedankengänge der Angst schon recht gut entgegengewirkt. Ich ermahne mich dann weiter zu innerer Ruhe und versuche mich abzulenken. Bewegung hilft mir in so einer Situation sehr gut. Es ist schlecht, einfach so dazusitzen und sich den Angstgefühlen "auszuliefern".Obwohl mein Therapeut meinte, man soll die Angst einfach rauskommen lassen, umso schneller ist sie wieder weg. Das kann ich nicht. Ist sie doch mal da, versuche ich unbedingt in der Situation zu bleiben und nicht zu flüchten. Das fällt mir heute noch am schwersten. Ich versuche mich dann mit der Angst zu konfrontieren, bleibe ruhig und entspannt.
Versuche alle negativen Gedanken durch positive zu ersetzen und vergesse nie, dass das, was in diesem Moment passiert, nicht gefährlich ist, auch wenn’s noch so schwer fällt, ich versuche mir selbst zu vertrauen.Es geht vorüber, denn ich habe es selbst in der Hand und kann es durch meine Gedanken entsprechend beeinflussen.
Ich habe durch meine eigenen Gedanken dieAngstspriale in Gang gebracht, also kann ich sie durch meine eigenen Gedanken auch wieder stoppen.
Außerdem hatte ich schon so viele schwere Attacken, es ist noch nie irgendwas passiert. Also wird diesmal auch nichts passieren, zumal ich Verhaltensstrategien gelernt habe, der Angst entgegenzuwirken.
Dieses Vorgehen bei Angst hilft mir persönlich am besten. Außer Frage steht, dass es eine gewisse Zeit dauert, bis es funktioniert. Anfangs passiert gar nichts.
Man muß es wirklich "trainieren" , jede angstbesetzte Situation als Herausforderung ansehen zu üben, und die jeweiligen Verhaltensstrategien auszuprobieren.
Es hat mir auch geholfen, viel über die Angstproblematik zu lesen.
Ich verstehe nun, warum ich Angst habe, und wie ich gezielt gegen die Symptome der Angst vorgehen kann.
Das hat der ganzen Sache das Bedrohliche und Unheimliche genommen, wodurch ich die Problematik jetzt auch entspannter sehen kann.
Ich möchte Euch Mut machen, gegen die Angst anzugehen.
Doch darf man nie vergessen, dass die Angst und ihre Symptome nur das Ergebnis einer Ursache sind.
Es gibt wirklich gute Strategien um aus dieser Spirale rauszukommen.
Dennoch müsst ihr selbst aktiv werden und gegen die Angst etwas unternehmen.
Für mich war der Beginn der Verhaltenstherapie der erste, aktive Schritt gegen die Angst. Ich bin froh und stolz diesen Schritt mit all den nachfolgenden Konsequenzen gegangen zu sein.
Es ist ein mühseliger, anstrengender Weg, der auch von Rückschlägen gezeichnet ist, sich aber im Endeffekt lohnt.
Ich persönlich halte mir immer ein Zitat vor Augen, dass ich vor einiger Zeit in einem Buch über Verhaltenstherapie gelesen habe, und das mich sehr anspricht: "Der Preis für Veränderungen ist hoch, der Gewinn aber ebenso".
Das kann ich nur bestätigen.
In diesem Sinne,
alles Liebe
Karin
Liebe Grüsse, maus
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