Hallo Sternflüstern!
Ich habe deine Anfrage im Internet gelesen und habe mich hier angemeldet um deine Frage zu beantworten.
In der Kürze:
Dein Bekannter muss zum Psychologen!!! Das ist kein Zustand!!! Er muss sich helfen lassen.
Wenn er sich wirklich sicher ist zu stinken und er es auch irgendwie lokalisieren kann oder sagen kann dass ihm mal irgendjemand bestätigt hat dass er es tut, dann sollte er auch zum Arzt gehen.
Wenn er meint seine Probleme würden von Verdauung herrühren hat er vielleicht eine Allergie oder Unverträglichkeit (Lactose, Fructose, Gluten, Weizen, Öl oder sonstiges) -Leicht zu testen mit Atemtests oder Magen-Dünndarmspiegelung.
Es könnten auch entzündete Mandeln sein (die stinken derbe).
Es könnte alles mögliche sein, wenn er mal stinken würde.
Aber ich glaube eher dass er es sich einbildet, wenn du sagst dass da nix ist, also muss er zum Psychologen. Alleine ist es sehr schwer aus dieser Phobie herauszukommen.
Die Tipps von Heather und v. A. Asmodea sind sehr gut.
Versuch für ihn da zu sein. Kein Druck. Versuch ihn dazu zu überreden zum Psychologen zu gehen. Wenn der ihm nicht gefällt dann einen anderen suchen mit dem er sich gut versteht. Er sollte es wirklich tun um seiner Lebensfreude wegen.
Jetzt kommt der Roman:
Ich weiß genau wie sich dein Bekannter fühlt. Ich habe nämlich genau dasselbe Problem wie dein Bekannter.
Ich weiß nur bei mir woher das u.a. her rührt.
Ich habe Fructosemalabsorbtion. Ich vertrage nicht so viel Fruchtzucker und wenn ich doch welchen zu mir nehme dann habe ich eine vermehrte Gasbildung (Stickstoff). Die entweicht dann konstant durch die Lunge und den Darm(ganz leicht aber konstant).
Es hat vor etwa 2 Jahren plötzlich angefangen, als mir Leute zeigten und sagten (3 Mal ist das passiert) dass ich stinke. Heute erinnere ich mich dass ich jeweils davor einmal viel Wein getrunken habe und die anderen beiden male Äpfel und Birnen gegessen habe. Aber damals hatte ich natürlich keine Ahnung was los war. Bis ich wusste dass ich kein Obst, Alkohol, Honig, Zucker, Diabetikerprodukte, Süssstoffe etc. vertrage, habe ich alle nur erdenklichen Ärzte, Ernährungsberater und Wunderheiler aufgesucht, Bücher gelesen, Diäten gemacht, Ernährungstagebücher geschrieben und Medikamente genommen. Und es ging mir immer derbe schlecht weil mein Darm noch immer so gereizt war dass egal was ich aß es mir schlecht ging (ich hatte keine Schmerzen, sondern diese Phobie zu stinken).
Das erste Jahr war unerträglich. Ich bin nicht mit der Bahn oder mit dem Bus gefahren, habe mich öfters mal krank schreiben lassen oder bin den Menschen auf der Arbeit ausgewichen, bin nicht auf Parties, Konzerte, einfach nirgendwo hingegangen wo mehrere Menschen waren. Nur alleine hab ich mich wohl gefühlt und konnte an andere Sachen denken. Sobald jemand anderes dabei war habe ich mir Sorgen gemacht ob ich stinke, hab mich entsetzlich geschämt, bin regelrecht in Panik verfallen und fast immer schnell geflüchtet (natürlich mit einer Ausrede). Das war furchtbar!
Wenn ich irgendetwas gerochen habe habe ich das immer gleich auf mich bezogen. Und wenn jemand meinte dass irgendetwas komisch riecht dachte ich immer es wäre irgendwie auf mich bezogen. Immer.
Mein Geruchssinn ist in dieser Zeit so unheimlich gut geworden!!! Leute waren erstaunt wie gut ich alles riechen konnte. Aber das was ich glaubte das andere von mir riechen habe ich selber nicht gerochen. Paradox, aber so war es.
Eine Zeit lang litt ich sogar unter dem Bedürfnis Leute zu fragen ob ich stinke (dabei wäre ich ja die erste die es gerochen hätte

) oder mich dafür zu entschuldigen dass ich es tue. Mir war das ja sooooo unangenehm. Ich bat sie mir sofort Bescheid zu sagen wenn ich anfing zu stinken. Das taten sie aber nie.
Und wenn mir die Leute dann sagten dass ich nicht stinke (das taten sie auch und heute glaube ich ihnen) habe ich dann doch irgendwie wieder den Beweis dafür gefunden dass ich es doch tue. Vielleicht sind sie einfach nur sehr höflich oder wollen nicht dass ich mir Sorgen mache, dachte ich. Oder wie du es bei deinem Bekannten beschrieben hast: Wenn jemand sich an der Nase gekratzt hat, mich angeguckt hat etc. war es für mich sofort klar dass ich stinke und sie es so, höflich, ausdrücken wollen.
Ich habe immer wieder das Wort "stinkt" gehört wenn Leute ich unterhalten haben. Oder andere Kommentare auf mich bezogen. Heute weiß ich dass ich mir das eingebildet hab, da ich Leute darauf angesprochen hab und gefragt hab warum sie sowas sagen und dann hat sich rausgestellt dass sie das gar nicht gesagt haben sondern irgendetwas was so ähnlich klingt.
Als die Verdauungsprobleme viel besser wurden weil ich auf Obst etc. verzichtete ging die Angst davor zu stinken aber immer noch nicht weg. Durch die Ängste und die Panik drehte mein Verdauungssystem völlig durch. So eine Art Reizdarmsyndrom. Wenn es besonders warm, stickig ist und ich müde bin oder Angst habe entweicht mir immer noch Luft (die aber nicht stinkt). (Viele Leute mit denen ich darüber geredet habe haben zugegeben dass sie das auch haben und die stinken überhaupt nicht!)
Seit über einem Jahr gehe ich wegen dieser völlig irrationalen Ängste zum Psychologen und es geht langsam bergauf. (Allerdings meint mein Psychologe dass dieses Denken (dass man stinkt) nie ganz verschwinden wird, man wird nur lernen besser damit umzugehen - und so ist es auch.)
Heute weiß ich dass ich echt nicht stinke. Ich habe vielleicht mal gestunken. Aber das hatte seine Gründe und war nicht immer so. In Momenten an denen ich was falsches gegessen habe vielleicht. Und nicht lange. Und vor Allem immer, wie ich noch vor einem Jahr dachte.
Komischerweise ist die Angst noch immer da. Allerdings schaffe ich es viel besser darauf klarzukommen.
Was ich dagegen gemacht hab:
Ich hab aufgehört zu rauchen und zu kiffen. Ich habe meine Diät eingehalten. Ich habe mit Freunden und Eltern darüber geredet.
Ich gehe zum Psychologen. Ich zwinge mich Bahn, Bus etc. zu fahren (was jetzt auch echt gut geht). Ich esse regelmäßig und gesund.
Ich habe gelernt dass mir zu wichtig war was andere von mir denken. Heute ist es mir weniger wichtig. Ich weiß dass Leute ihre eigenen Probleme haben und ihre Gedanken sich nicht um mich drehen. Und wenn mich jemand anguckt dann ist es weil ich nun mal sehr hübsch bin, oder was auch immer. Und wenn sich jemand die Nase rümpft dann juckt sie ihm halt, weswegen auch immer, oder ihm kommt sonst der Schnodder rausgelaufen.
Geholfen hat mir zu dieser Erkenntnis ein idiotischer Versuch. Ich habe im Bus gezählt wie oft sich die Leute innerhalb von 10 min. die Nase rümpfen. Die nächsten 10 min. habe ich aus dem Fenster die Leute im Auto ( in ihren eigenen abgeschirmten Biotopen) beobachtet und gezählt wie oft sie sich die Nase rümpfen. Und die Leute in den Autos haben sich die Nase viel öfter gerümpft. Und somit hat das nichts mit meinem Geruch zu tun.
Mein Psychologe sagt ich könne mich (metaphorisch gesehen) selbst nicht gut riechen können. D.h. ich bin unzufrieden mit mir selbst und erwarte selbst zuviel von mir. Das äußert sich darin dass ich denke dass andere meinen Geruch auch nicht mögen. Ich muss also Sachen tun, etwas erreichen, damit ich mich wieder selber mehr mag.
Und daran kann man arbeiten und man muss sich nur helfen lassen. Es geht.
Ich hoffe du kannst deinem Bekannten helfen und er ist vernünftig und geht zum Psychologen. Falls du noch Fragen hast helfe ich dir gern.
:wave: