Artikel mit Biografie von Dr. Daunderer und Amalgamfall

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Hallo hier - zwar nicht mehr ganz brandneu - aber sehr interessant ein Artikel über Dr. Daunderer:

Artikel aus: Das Magazin, Juli-August 2007, Seite 26 – 29

HOT DOC

Was tun, wenn man gerade dreißig ist
und sich fühlt wie ein gesundheitliches Wrack?
Die Ärzte mit ihren tollen Apparaten können nicht helfen.
Außer vielleicht der Münchner Dr. Max Daunderer,
ein leidenschaftlicher Toxikologe, ein Heißsporn,
der bei weitem nicht nur Fans hat.

von Alex Baumeister


Der Lieblingsausspruch des Münchner Toxikologen, Umweltmediziners und Querdenkers Dr. Max Daunderer lautet: »Ideen lösen Probleme«.
Das klingt sehr zahm, denn normalerweise sind seine Sprüche weniger zurückhaltende Ansagen wie »Das Bundesgesundheitsamt gehört sofort geschlossen« oder »Wenn Psychiater nur eine Spur von klinischer Toxikologie verstünden, wäre das Los ihrer Patienten nicht so hoffnungslos!« Könnte gut sein, dass Daunderer nicht nur Freunde hat, oder?

Aber langsam.
Wie läuft einem so ein Mensch eigentlich über den Weg?
Ich bekam als Geheimtip seine Nummer und lernte den Toxikologen vor ein paar Jahren am Telefon des Toxcenter kennen:
»Wenn sie keine ordentliche Befundung machen wollen, kann ich ihnen nicht helfen, Firlefanz gibt es bei mir nicht!«
Krach.
Aufgelegt.

Ich saß wie vom Donner getroffen vorm Telefon. Meine letzte Hoffnung war dahin. Ich wollte nur einen Teil seiner vorgeschlagenen Gutachten erstellen, denn das sollte Geld kosten. Bis dahin hatte mir die Krankenkasse meine wöchentlichen Ausflüge zu diversen Ärzten bezahlt, ich lernte viele mir vorher unbekannte Fachrichtungen der Medizin kennen, des weiteren zuvor ungeahnte Diagnosemöglichkeiten und medizinische Apparate. Alle waren sehr nett, keiner fand die Ursache meiner Probleme.

Meine damalige Hausärztin verzweifelte langsam an mir. Jedesmal wenn ich kam, hatte ich etwas Neues: taube Füße und Beine, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Herzschmerzen, Muskelschmerzen, Knieschmerzen, extreme Müdigkeit, extreme Vergesslichkeit, Augen-probleme, Haarausfall. Kann man mit Anfang 30 Rente beantragen? Gibt es schicke Roll-stühle?

Meine Blutwerte waren phänomenal, kein AIDS, keine Borreliose, Röntgenbefunde un-auffällig, meine Beinvenen geschmeidig und bestens in Schuß. Auf dem Papier war ich kerngesund, ansonsten fühlte ich mich aber hundeelend.
Und nun noch dieser unfreundliche, bayrisch daherredende Mann am Telefon, den ich zwar privat bezahlen sollte, dem es aber offensichtlich scheißegal war ob ich nun sein »Patient« würde oder nicht. Von wegen Geheimtip!

Um dennoch weiterzukommen recherchierte ich in Bibliotheken und durchwühlte das Internet nach Informationen. Ständig fand ich den Namen Daunderer wieder. Ich sprach mit Leuten die ihn sehr gut kannten und vor kurzen entdeckte ich das Manuskript seiner Autobiografie.

MAX DAUNDERER wurde 1943 auf einem Zwischenstop in Landshut auf dem Weg von München nach Bodenmais auf die schöne, aber mit Giften gepflasterte Welt geboren. Es war Krieg, wer die Möglichkeit hatte, flüchtete von der Stadt auf’s Land. Genau dahin war die Mutter mit dem Zug unterwegs. Die Nachkriegszeit in München war wie in ganz Deutschland voller Entbehrungen. Daunderer war als Kind oft krank. Schon damals soll er gesagt haben: »Ich werd’ Hausarzt.« Seine Eltern, beide Mediziner, hatten nichts einzuwenden.

Sehr früh lernte Daunderer ein EKG schreiben – mit positiven Folgen für einen Nachbarn. Dieser klagte über akute Herzschmerzen. Daunderer, 15 Jahre alt und allein zu Hause, untersuchte ihn, fand einen schweren Herzinfarkt und rief unter dem Namen seines Vaters in der Klinik an. Der Nachbar kam mit Blaulicht ins Krankenhaus und überlebte.

Es folgte das Medizinstudium in München. Seine Doktorarbeit schrieb er 1969 über die Krebsentstehung und dessen diversen Vorstufen. Er arbeitete dann an der Universitäts-Hautklinik, wo er viel über Allergien und Allergietestung lernte.
Später sammelte er Erfahrungen in der Chirurgie und in der Röntgenabteilung. Daunderer richtete die erste Intensivstation für Vergifteten ein und entwarf mit dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie eine Dreistufen-Drogentherapie. Bald galt er bundesweit als Experte für Vergiftungen.

Neben Fachartikeln schrieb er einen Berg von Büchern. Angefangen von Patientenratgebern, über Drogenhandbücher bis zum regalfüllenden Kompendium der klinischen Toxikologie.
Bei dem fatalen Unfall im indischen Bhopal, bei dem eine giftige Gaswolke aus einer US-Pestizidfabrik 1985 Tausende Menschen tötete, war Daunderer als Experte vor Ort und brachte Gegengifte aus Bundeswehrbeständen. Bald war Daunderer bekannt wie ein bunter Hund, er trat in Fernsehsendungen auf, wurde zum König von Saudi Arabien eingeflogen, hielt unzählige Vorträge.

Nach dem Motto „Man muß nicht alles selber können, sondern wissen, wer was kann“ schaffte er es, Netzwerke zu knüpfen, sowie neue Medikamente und Teste auf den Weg zu bringen. Und seit 30 Jahren gibt sein mit Mitstreitern gegründeter Verein Tox Center e.V. Patienten Auskunft über chronische und akute Vergiftungen. Andererseits verprellt er mit seiner hitzköpfigen Art oft andere kritische Mediziner, die zwar ähnliche Ansichten haben, jedoch nicht hundertprozentig seiner Meinung sind.

Und eine sichere Bank für treue Feinde ist nach wie vor seine leidenschaftliche Aufklärung über die chronischen Vergiftungen, meist Folge vertuschter Risiken von Chemikalien in Industrie und Medizin. Seine Lieblingsthemen sind dabei Dioxin, Nikotin und Quecksilber.

Sein Forschungsthema DIOXIN began er als die italienischen Gesundheitsbehörden 1976 versuchte die Umweltkatastrophe von Seveso zu verheimlichen, bei dem durch Dioxin über 200 Menschen erkrankten - Daunderer jedoch gab die interne Information an die Presse.
Später klärte er Mediziner über die Gefahren durch dioxinspuckende Müllverbrennungs-anlagen auf. Mit der Folge, dass das saarländische Umweltministerium einen Schmähartikel über Daunderer als Anzeige veröffentlichte und Stoiber als damaliger bayrischer Innenminister gegen ihn intervenierte.
Doch es war zu spät seine Ideen zu stoppen: Ärzteinitiativen hatten sich gegründet und kämpften erfolgreich gegen die Dreckschleudern. Durch den »Aufstand« des Toxikologen wurden Müllverbrennungsanlagen geschlossen und neue werden mittlerweile nur mit extrem teuren Filtern betrieben.

NIKOTIN als Thema beschäftigte Dr. Daunderer schon seit Mitte der 70er Jahre. In seinen Vorlesungen besprach der Drogenexperte die Schädigung und Abhängigkeiten durch Zigaretten. Doch als er einen Übersichtsartikel zur chronischen Vergiftungen durch das Rauchen verfasste, wollte keine wissenschaftliche Zeitschrift den Text drucken.
Kein Wunder, denn erst 2004 kam heraus, dass maßgebliche Stellen der alten Bundesrepublik seit den 70er Jahren von den US-Tabakkonzernen geschmiert wurden und Gefälligkeitsstudien veröffentlichten. »Forschungsgelder« flossen zum Chef des Bundesgesundheitsamtes und zu wichtigen Toxikologen, die Daunderer teilweise persönlich kennt. Es entstanden Untersuchungen zum »Psychosozialen Nutzen des Rauchens« und gegen die »Diskriminierung der Raucher«.

Daunderer löste das Problem in dem er seine Erfahrungen in seinem Toxikologischen Handbuch und im Patientenratgeber »Passivrauchen« veröffentlichte. Heute rät er Leuten, die durch Raucher gezwungen werden Passiv zu rauchen, zu einer Anzeige wegen Körper-verletzung und hat die passende Diagnostik zum Nachweis der Schädigung parat. Die ak-tuellen Zahlen sprechen für ihn: 2006 starben etwa 140 000 Raucher an Nikotinsucht und mindestens 3000 unschuldige Passivraucher. An illegalen Drogen starben 1 296 Menschen. Das sind weniger als ein Prozent gegenüber der legalen Droge Nikotin und Daunderer fordert deshalb: »Zigarettenverkäufer statt Fixer ins Gefängnis.«

Kampf dem QUECKSILBER heißt die dritte wichtige Mission von Dr. Max Daunderer. Und genau an dieser Stelle kommt meine Geschichte wieder ins Spiel:

Einige Monate, nachdem ich mit Dr. Daunderer das erste mal telefoniert hatte, waren meine Probleme immer noch die gleichen und meine Hausärztin schickte mich zum Psychiater.
Ich musste dringend etwas tun.
»Psychiater sind das Abstellgleis für Patienten bei denen Ärzte nicht weiter wissen.«
Der Spruch ist von einem anderen Umweltmediziner, den ich zwischenzeitlich konsultierte. Er riet, den Psychiater zu vergessen und empfahl mir – Daunderer.
Na, super.
Ich stellte mich auf ein weiteres extrem kurzes und grantiges Telefonat ein.
»Toxcenter, Hallo.«
Diesmal war ein recht entspannter Toxikologe am anderen Ende der Leitung. Ich bat um eine Beratung, er erklärte einige Dinge die er dazu benötigte. Ich schickte meine Unterlagen und schon nach 3 Tagen kam ein Therapievorschlag zurück.
Die nun doch privat bezahlte Beratungsgebühr des Toxcenters von 50 Euro sollten sich als gut angelegt herausstellen. Der Verdacht einer Amalgamschädigung bestätigte sich und der daraufhin gefundene schlechte Nierenwert sowie ein positiver Allergietest auf die Amal-gambestandteile überzeugten sogar meine Krankenkasse.

Daunderer über Amalgam: »Unfaßbar bleibt es für einen klinischen Toxikologen, wie man mehrere Gramm (!) hochgiftiges, flüssiges Quecksilber Menschen in Zähne füllen kann«. Sein resoluter Protest basiert auf einer fast zwanzigjährigen Auseinandersetzung mit dem Thema.

Angefangen hatte alles mit der WDR-Fernsehsendung »Gift am Arbeitsplatz« im April 1988, in der Daunderer über die Symptome einer beruflichen Quecksilbervergiftung informierte. Danach bekam er einen Anruf aus dem Universitätskrankenhaus München. Ein 9-jähriges Mädchen lag seit Monaten im Koma, die Ärzte wußten keinen Rat. Die Symptome ähnelten den in der Sendung genannten. Einen Tag später war Daunderer vor Ort und empfahl ein Quecksilber-Gegengift.

Die behandelnden Ärzte zögerten. Letztendlich bekam die Patientin das Mittel und erwachte aus ihrem Dauer-Koma. Die Ärzte staunten nicht schlecht. Fieberhaft ging Daunderer auf die Suche nach der ominösen Quecksilberquelle und fand diese letztendlich im Mund: das Mädchen hatte kurz vorher neue Amalgamfüllungen bekommen.
Bis dahin hatte der Toxikologe in seinen Fachbüchern sowie gegenüber Zahnärzten Amalgam immer als unbedenklich eingeschätzt, obwohl Amalgam zu 50 Prozent aus Quecksilber besteht. Doch der ersten Amalgam-Patientin folgten viele weitere.

Daunderer entwickelte den Speicheltest, mit dem man nachweisen kann, dass die Amal-gambestandteile Kupfer, Zinn, Silber und Quecksilber von den Zahnfüllungen abgegeben werden. Desweiteren den DMPS-Test, der belegt, dass Quecksilber aus Amalgam in Organen gespeichert wird. Bei dem Test wird ein schwefelhaltiges Mittel verabreicht, das sich mit Schwermetallen bindet und nun einen enormen Anstieg der Quecksilber- und anderer Schwermetallwerte im Blut verursacht. Je mehr Amalgamfüllungen der Träger hatte oder hat, um so höher sind die Werte.
Im Dezember 1990 reichte Daunderer Klage gegen den größten deutschen Zahnamalgam- Produzenten, die Degussa, ein. Weitere Amalgamgeschädigte unterstützen Daunderer, bald waren es 1200, die Staatsanwaltschaft sprach am Ende sogar von 1500 Klägern.
Schon während des Verfahrens beendete die Degussa die Herstellung von Amalgam. Das Ermittlungsverfahren wurde 1996 ohne die Bestätigung der Unschuld eingestellt. Außerdem erfolgte eine Zahlung der Degussa von 1,2 Millionen DM sowie dreier Managern von je 100.000 DM.
Heute gibt es weitreichende Anwendungseinschränkungen von Amalgam, aber nach wie vor gibt es heftigen Widerstand einiger Zahnärzteverbände gegen ein nicht nur von Daunderer gefordertes generelles Amalgamverbot. Der bleibt konsequent bei seiner Meinung: »Ich werde keine Ruhe geben, bevor nicht Amalgam als Zahnfüllung ein für allemal verboten ist.«

Daunderer ist mittlerweile überzeugt, dass Autoimmunkrankheiten wie zum Beispiel Alzheimer, Multiple Sklerose oder Diabetes die Folge chronischer Gifteinwirkung sind. Dabei schädigen - akut unschädliche - minimale Dosen der jeweiligen Chemikalie durch stetige Aufnahme den Körper. Allergische Reaktionen stellt dann nur ein erstes Symptom dar.

Um den krankheitsauslösenden Stoff aufzuspüren benutzt Dr. Daunderer unter anderem das Kiefernübersichtsröntgen, welches alle Zähne und den umgebenden Knochen darstellt. Darin sucht Daunderer nicht nur nach Kieferfehlstellung, Amalgam und anderen Metallfüllungen, sondern seiner Meinung nach kann man auch abgelagerte Umweltschadstoffe wie Lösemittel, Pestizide und Formaldehyd an einer jeweils typischen Veränderung des Knochenbildes erkennen. Dieser Ansatz ist in medzinischen Kreisen umstritten.
Sein zweites Diagnosehilfsmittel ist der Epikutantest, bei dem ein Pflaster mit mehreren der vermuteten Allergen längerer Zeit auf der Haut verbleibt. Die positiv getesteten Krankheitsauslöser müssen dann strikt gemieden werden und sollten möglichst restlos aus dem Körper entfernt werden.

An diese Empfehlung habe ich mich gehalten. Ein Zahnarzt, der schon seit über 20 Jahren kein Amalgam mehr verwendet, hat unter Sauerstoffzufuhr und Dreifach-Schutz meine Quecksilberfüllungen entfernt. So wie sie gekommen waren, verschwanden Stück für Stück meine massiven Beschwerden. Heute wieder sehr fidel, freue ich mich, damals durch Zufall an diesen heißblütigen und oft kritisierten Toxikologen geraten zu sein. Und wenn ich mal wieder auf Schwierigkeiten stoße, weiß ich: Ideen lösen Probleme.

< Foto Dr. Max Daunderer – Foto: SV Bilderdienst / A. Haase >
Dr. Max Daunderer

Wer sich selbst ein Bild von seinen Ideen machen will, muss nach München fahren: Am 29. September 2007, 18 Uhr, hält im Bürgerhaus in Grünwald/München den Vortrag »Krankheiten durch Gifte im Alltag erkennen und beseitigen«.
Weitere Informationen: www.toxcenter.de

< Illustration Dr. Daunderer mit OPT, DMPS-Spritze und Epikutanpflaster – Illustration: Eigenhufe >

Das Magazin, Juli-August 2007
Seite 26 – 29
ISSN: 046 05 047

Den Artikel als PDF gibt es auch hier:
www.dasmagazin.de/getpdf.php?year=2007&month=7&page_start=26&page_end=31&full=0&dispostition_att=0
 

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