Schmerzgedächtnis
Wie kommt es dazu, daß Schmerzen chronisch werden? Aus Erfahrungen und klinischen Untersuchungen ist seit langem bekannt, daß akute Schmerzen sich dann zu chronischen Schmerzen entwickeln, wenn sie nicht ausreichend gelindert werden.
Auch Nervenzellen können lernen. Im Zentrum der Chronifizierung steht das Schmerzgedächtnis. Die sensible Nervenzellen sind genauso lernfähig wie das Großhirn. Wenn sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind, verändern sie ihre Aktivität. Jetzt reicht schon ein leichter, sensibler Reiz, wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung aus, um als Schmerzimpuls registriert und als unangenehm empfunden zu werden. Aus dem akuten Schmerz ist ein chronischer Schmerz geworden. Das bedeutet: Der eigentliche Auslöser fehlt und es bleibt der Schmerz.
Die Nervenzelle verändert sich. Inzwischen kennen Neurowissenschaftler im wesentlichen die molekularen und zellbiologischen Zusammenhänge. Die Veränderungen in den Nervenzellen sind nicht nur biochemisch nachweisbar sondern hinterlassen sogar ihre Spuren im Aufbau der Zellen. Eine Schlüsselposition nimmt dabei die Aktivierung von IE-Genen ein (IE = Immunitätseinheit, von denen es über 100 gibt.
Veränderungen bei der Übertragung von Schmerzreizen.
Eine Arbeitsgruppe um Zieglgänsberger hat herausgefunden, daß es eine Wechselbeziehung gibt zwischen der Menge der IE-Gen-kodierten Eiweißmoleküle, die von Nervenzellen des Gehirns produziert werden, und dem Ausmaß der synaptischen Erregung nach einem akuten Schmerzreiz. Eine Synapse hat die Aufgabe, Erregungspotentiale von einer Nervenzelle auf die andere oder auf ein Zielorgan zu übertragen. Die Übertragung erfolgt mit Hilfe von Botenstoffen. Je nach Menge der aktivierten IE-Gene wird diese Übertragung gefördert oder gebremst, weil ein entsprechender Einfluß auf den Botenstoff ausgeübt wird.
Vorausschauende Schmerztherapie ist notwendig. Die therapeutische Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist die präventive Schmerzbetäubung (Analgesie). Ein Schmerzgedächtnis darf erst gar nicht entstehen. Eine vorausschauende Schmerztherapie könnte die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses verhindern.
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Die nachfolgenden Grafiken zeigen Entstehung und Mechanismus des Schmerzgedächtnisses: