Longevity: Jung bleiben, länger leben

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Biologen haben sich schon immer darüber gewundert, dass Tiere in freier Natur bis an ihr Lebensende ihr wunderschönes Fell, Feder- oder Schuppenkleid behalten. Unter dem Mikroskop sehen die Zellen eines alten Känguruhs ebenso unversehrt und jung aus wie jene eines Jungtieres. Üppig, gut genährt und vollgepumpt mit Nährwasser. Auch von Pflanzen können wir Menschen viel lernen. Selbst das scheinbar kümmerlichste Unkraut am Straßenrand saugt solange Wasser aus dem Erdreich, bis der Widerstand der Zellwände so stark wird, dass kein Molekül Flüssigkeit mehr in die Zellen passt. Dann steht so ein Pflänzlein aufrecht und jung da. Wir Menschen ernähren uns leider sehr ungesund, deshalb sind unsere rund 70 Billionen Körperzellen oft ausgetrocknet wie Dörrobst. Die Folge: Der Zellstoffwechsel ist gedrosselt, wir fühlen uns müde, lustlos, neigen zu Beschwerden – und nehmen an Gewicht zu, weil Zellen zu wenig Triglyzeride (Fettmoleküle) zu Verbrennung und Energiegewinnung anfordern.

Wasser ist das elementare Geheimnis unserer Jugendlichkeit. Unsere Zellen enthalten bis zu 85 Prozent Wasser, dementsprechend besteht die ideale Ernährung aus wasserreichem Obst und Gemüse, wie z. B. Äpfel, Birnen, Beeren, Trauben, Melonen, Kürbis, Tomaten, Gurken oder Blattgemüse. Das darin hoch konzentrierte Mineral Kalium schleust die an Vitaminen, Spurenelementen und anderen Vitalstoffen reiche Nährflüssigkeit in die Zellen hinein und kurbelt auf diese Weise ihren Stoffwechsel an. Salz hingegen, das aus Natrium und Chlorid besteht, entzieht den Zellen ihre kostbare Flüssigkeit. Die gegensätzliche Wirkung aufgeladener Kalium- und Natrium-Ionen bestimmt den Wassergehalt der Zelle.

Wenn immer ein Natrium-Ion aus der Zelle ausgestoßen wird, schlüpft ein Kalium-Ion hinein. Wenn Kalium in der extrazellulären Flüssigkeit fehlt (weil die Nahrung zuwenig Obst oder Gemüse enthält), bleibt diese lebensnotwendige Versorgungspumpe stehen, die Zelle verliert an Leistungsfähigkeit. Wie gesundheitsschädlich unser Kochsalz ist, können wir beobachten, wenn wir eine trockene Rettichscheibe mit Salz bestreuen. Die Rettichscheibe wässert dann sehr stark, ein Vorgang, der als Osmose bezeichnet wird. Derselbe Vorgang vollzieht sich in unseren Zellen, wenn wir salzreich essen, Zellen trocknen dann aus, werden welk und altern vorzeitig. Dass bestimmte Naturvölker, wie z. B. die Hunzas im Karakorum-Gebirge Pakistans oder die Menschen im Vilcabamba-Tal in den Anden ein so erstaunlich hohes Alter erreichen, liegt daran, dass sie sich mit naturbelassenen, wasserreichen Lebensmitteln ernähren, die extrem hohe Konzentrationen an Biostoffen enthalten. In diesen Regionen, aber auch im Kaukasus oder auf Okinawa, werden Menschen nicht selten über 110 oder 120 Jahre alt.

Schlanke Menschen bleiben länger jung

Eine besondere Rolle bei der Lipolyse (dem Fettabbau) und bei lebensverlängernden Kalorienrestriktionen spielen so genannte Sirtuin-Gene, die von Wissenschaftlern als Silence Information Regulators (kurz: sir) bezeichnet werden. Sie wirken auf telomerische Gensequenzen im Zellkern. Telomere sind Schutzkappen der Chromosomen, sie verkürzen sich bei Zellteilung und führen bei Fehlernährung, sowie bei Bewegungs-, Schlaf- und Sauerstoffmangel zu einem vorzeitigen Stillstand der Zelteilung bzw. auch zum Zelltod. Sir-Gene in Säugetieren, also auch in uns Menschen, werden mit Sir1 bis Sir7 bezeichnet. Eine nur geringfügige Überexpression von Sir2-Genen kann die Lebenserwartung um bis zu zehn Prozent verlängern.

Professor David A. Sinclair, vom Department for Genetics der weltberühmten Harvard Medical School in Boston (USA) gilt als renommierter Experte der internationalen Forschung an Sir2-Genen , die Körpergewicht abbauen und den Alterungsprozess verlangsamen. Sie werden als Longevity Regulators bezeichnet (Quelle: Sinclair, D.A., North, B.J.: The Intersection Between Aging and Cardiovascular Disease. Circulation Research, Harvard Medical School, 2012) . Selbst kleine Tiere wie z. B. Würmer schalten diese Gene ein, um ihre Zellen im täglichen Stress gegen Schäden zu panzern. Sie verändern auch ihre Stoffwechselrate, um dünner, fitter und gesünder zu werden. Schon seit 70 Jahren ist bekannt, dass Tiere durch Kalorienreduktion weniger rasch altern, somit länger jung bleiben.

Sir2-Gene codieren in jeder Minute für den Aufbau von Ribosomen, den winzigen Proteinwerkstätten der Zellen. Die Telomere, spezielle Nucleotidsequenzen, werden durch Langlebigkeitsgene aktiviert. Professor Sinclair: „Wie wir meinen, geschieht dies durch die Nahrung. Diese Moleküle verschaffen uns den Nutzen einer Schlankheitskur, ohne dass wir eine Diät eingehen müssen. Jetzt können wir ältere und kranke Menschen behandeln, die Probleme haben ihren Speiseplan zu ändern. Wenn wir beispielsweise Fruchtfliegen mit Resveratrol in roten Trauben füttern, leben sie länger. Wenn ihre Kalorienaufnahme zusätzlich gedrosselt wird, erhöht sich ihre Lebenserwartung noch weiter.“ Die moderne Genforschung eröffnet jetzt völlig neue Einsichten in die Grundlagen unserer Gesundheit und die biochemischen Zusammenhänge im Innersten unserer Zellkerne.

Die wichtigsten lipolytischen (Fett schmelzenden) und verjüngenden Vitalstoffe sind Vitamin C (in Obst und Gemüse), Folsäure, Zink (beide in Vollkornprodukten) sowie ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3- oder Alpha-Linolensäure in fettreicher pflanzlicher Nahrung wie Avocado, Oliven, Nüssen, Kernen, Keimen oder auch in Pflanzenölen. In Biokost sind diese Nährstoffe oft bis zu 20 Mal höher konzentriert als in Lebensmitteln aus konventionellem Anbau. Menschen, die in Alltag oder Beruf sehr unter Stress stehen, haben einen weitaus höheren Bedarf an Vitaminen, Eiweiß oder Mineralstoffen als solche, die vergleichsweise ruhigere Lebensbedingungen haben. Ihnen empfehlen Wissenschaftler: umsteigen von hellen Mehlprodukten (in Pasta, weißem Reis oder Weißbrot) auf Getreideprodukte (z. B. in Vollkornbrot, Naturreis, Dinkelnudeln). Ebenso ratsam: eine 30-Tage-Kur mit einem hochwertigen Nahrungsergänzungsmittel, das möglichst alle lebensnotwendigen Vitalstoffe enthält.

Warum Schlaf und Bewegung so wichtig sind

Um üppig und gut gepolstert zu sein, brauchen unsere Muskeln Glucose und Sauerstoff. Mein Tipp: Aufzüge und Rolltreppen grundsätzlich nur nach unten benutzen, jede Treppenstufe, die wir aus eigener Kraft erklimmen, ist Minitraining für die oft arg verkümmerten Muskeln. Ideal sind Spaziergänge auf feuchten Wiesen- oder Waldwegen mit ihrem hohen Sauerstoffgehalt. Muskeln, speziell der enorm kräftige Herzmuskel, verbrauchen dann zunächst bei der Energiegewinnung ihre Glucosedepots. Die werden aber – daheim angekommen –rasch wieder ersetzt, und es wird mehr Glucose in die Muskelfasern eingebaut (und zwar nicht nur in den Beinmuskeln). Weil jedes Glucose-Molekül drei Moleküle Wasser bindet, formen sich so kräftig-elastische Muskelpakete. Außerdem produzieren Zellen bei solchen Spaziergängen oder Wanderungen zusätzlich Mitochondrien, winzige Energiebrennkammern, in denen Glucose oder später auch Fett zu Energie verheizt werden. Je mehr wir uns bewegen, desto mehr solcher Mitochondrien bilden sich, und desto größer und leistungsfähiger werden sie. Mitochondrien saugen Sauerstoff an, wodurch das Gewebe besser durchblutet wird. Diese Sauerstoffatmung ist besonders für den Herzmuskel so außerordentlich wichtig.

„Schlaf ist ein Teil der Ernährung“, erklären uns Physiologen. Unter Stress regiert das sympathische Nervensystem, Gefäße verengen sich, der Blutdruck steigt, und die Nährstoffversorgung der Zellen ist gedrosselt. Im Schlaf oder in Ruhephasen hingegen dominiert das parasympathische vegetative autonome Nervensystem. Die Magen-Darmtätigkeit ist angeregt, Adern sind erweitert – so kommt es zu einem kräftigen Zustrom von Eiweiß, Fettsäuren, Vitaminen und anderen Biostoffen in die Zellen. Schlafdefizite führen zwangsläufig dazu, dass ein Teil der Nahrungsbestandteile nicht optimal im Stoffwechsel verwertet wird. Auch in diesem Punkt können wir Menschen von Tieren viel lernen. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit wird erst mal in Ruhe verdaut. Typisches Beispiel: der Löwe, der satt und träge in der Astgabel hängt.

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Klaus Oberbeil

- Medizinjournalist
- Autor von Gesundheitsbestsellern wie „Obst und Gemüse als Medizin“ oder „Die Zuckerfalle“
- Seine Bücher wurden in 19 Sprachen übersetzt und mehr als zwei Millionen Mal verkauft
- Bekannt als Studiogast in TV und Hörfunksendungen

Ein Kommentar in “Longevity: Jung bleiben, länger leben

Sonora April 8, 2014
Lieber Herr Oberbeil! Danke für den Artikel! Ich habe fast alle Ihre Bücher verschlungen und hole mir dieses sicher auch noch. Auch wenn ich zz. kein Obst und nur wenig frisches Gemüse essen kann, werden sicher auch für mich wieder einige Tipps dabei sein, die ich umsetzen kann. Vielleicht geht ja auch irgendwann wieder ordentlich lange gekochte Tomatensauce, die übrigens ein gaaanz heißer Tipp war :-) Viele Grüße Sonora

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