Hallo Phil, Hallo Kim, hallo Ihr Alle

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wow!
Ja, ein wesentliches Schlüsselwort scheint auch mir die "Größe" zu sein. Je größer ein System wird, um so komplexer entwickelt es sich und um so anfälliger wird es für "Störungen", denke ich.
Oder anders gesagt: je größer ein soziales Gebilde, um so schwieriger sind "demokratische" Strukturen zu schaffen. Wobei ich gar nicht finde, dass "Demokratie" an sich die ultima ratio schlechthin ist. Auch nicht, wenn man es als "Herrschaft Aller" übersetzt. Denn "Herrschaft" führt meiner Meinung nach schlussendlich immer wieder zu Gewalt, Korruption und Ungerechtigkeit und vernächlässigt all die wunderbaren menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten wie Liebe, Nächstenliebe, Gemeinschaftssinn, konstruktive Kommunikation, Poesie, Harmoniefähigkeit und Phantasie – na, und so weiter

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Die Hinweise von Phil zu älteren Gesellschaftsformen und Strukturen sind in dieser Hinsicht, so finde ich, sehr interessant. Natürlich sollte man, meine ich, vergangene Strukturen nicht idealisieren, sondern deren Phänomene genau betrachten. Dennoch lassen sich meiner Ansicht nach sicher, aus der „Vergangenheit“, wie Kim das andeutet, Lehren ziehen und sich berücksichtigen. Und praktisches Wissen, gewisse „Werte“ und strukturelle Relikte, die Phil anspricht, sollten wie ich meine, schön bewahrt und entwickelt werden!
Nehmen wir das Beispiel der vor- und frühmittelalterlichen Rechtsformen in Mitteleuropa. Ich spreche hier von kaum christianisierten und vom römischen Recht weitgehend unbeleckten Rechtsstrukturen. Wir können davon ausgehen, dass die agraisch geprägte Dorfstruktur in „keltischen“ und „germanischen“ Stämmen eine geringe hierarchische Form hatte; die dörfliche „Herrschaft“ eher die Funktion von Rechtsprechung und Schutz hatte, es kein Privateigentum an der ökonomischen Ressource Grund und Boden gab. Selbst mit dem Aufkommen von neueren Herrschaftsstrukturen unter dem erstarkenden Einfluss des römischen Rechts, bis hin zu den feudalistischen Strukturen im Hochmittelalter und dem aufkommenden Fürsten- und Königtum und sich immer stärker manifestierenden patriarchalen Formen und Herrschaftsstrukturen, lassen sich in den dörflich-bäuerlichen Lebensformen immer noch Reste alter „gerechterer“ Grundprinzipien vermuten.
So überdauerte das alte Prinzip der „Friedel - Ehe“ noch relativ lange gegenüber der Mundehe, in der Bevölkerung (Friedelehe: die freiwillig geschlossene, partnerschaftliche Ehe zwischen Frau und Mann, Mundehe: der Übergang des Bestimmungsrechts vom Vater auf den Ehemann).
Ja und ich behaupte, dass in manchen Teilen noch selbst im 19. Jahrhundert deutliche Relikte älterer Organisationsformen in den alten „Kleinstaaten“ Europas erkennbar waren.
(Das waren natürlich längst keine an – archischen, also herrschaftsfreien oder herrschaftsarmen Gebilde mehr, deren Existenz und Art und Weise der Erscheinungsformen ohnehin eher vermutet als gewusst werden kann. Allerdings gab es, auch im zwanzigsten Jahrhindert, immer mal wieder Versuche, bestimmte Formen wieder zu erwecken
https://www.symptome.ch/threads/anarchie-in-der-praxis.13151/ )
Das voluminöse Aufblähen von künstlich geschaffenen Nationalstaaten in den letzten vierhundert Jahren ist zwar in jedem Einzelfall ein nachvollziehbarer Prozess, aber wie ich vermute, letztendlich auch nur ein temporäres Phänomen. (Ein Grund mehr, wie ich finde, sich von nationalstolzem Denken zu verabschieden
https://www.symptome.ch/threads/patriotismus.3807/ ).
Und wie es jemand neulich mal schrieb

: „die jetzige Weltordnung wird untergehen“, (wie jede andere vorher auch,). Leben ist Wandel. Und wenn ich an das kommende Wegbrechen der Ölressourcen denke, wird sich dieser Prozess vielleicht schneller vollziehen, als manche denken. Allein die Veränderung der globalen Mobilität kann – so mutmaße ich – zu einer erneuten „Verkleinerung“ der Welt und auf länge Sicht zu einer „Entglobalisierung“ führen. Die könnte, wie ich vermute, wieder zu einer völligen Umstrukturierung gesellschaftlicher Formen führen.
Ob’s dann besser oder schlechter wird? Keine Ahnung! Alles hat Vor- und Nachteile. Ich möchte jedenfalls ohne Panik und Angst mich auf das vorbereiten, worauf ich mich vorbereiten kann. Und der Rest liegt ohnehin nicht in der Hand von menschlichen Individuen.
Jedenfalls kann es nicht schaden, mal weiter dran zu üben, wie man zum Beispiel ohne Gasfeuerzeuge Feuer macht und Konflikte ohne Polizei und Verfassungsgerichte deeskalierend zu bewältigen sind!
Ich glaube, das war jetzt teilweise ziemlich off topic. Naja, teilweise.
Herzliche Grüße und einen schönen Tag von
Leòn
https://www.symptome.ch/threads/werte-wertvorstellungen.15611/
https://www.symptome.ch/threads/utopien-phantasie-und-realitaet.11099/
https://www.symptome.ch/threads/anarchie-in-der-praxis.13151/
https://www.symptome.ch/threads/patriotismus.3807/