Hallo Manno,
das freut mich, dass Du hier offen "Farbe" bekennst, auch wenn ich Deiner Argumentation nicht folge.
Ich finde es grundsätzlich gut, dass Menschen Selbstverantwortung übernehmen. Dass man Gefahrensituationen meidet ist sinnvoll und vernünftig. Dass man gleichzeitig versucht, Gefahrenmomente zu reduzieren, ihre Ursachen zu beheben und Gefährdungen dadurch auszuschließen, ist das andere sinnvolle und vernünftige Handeln.
Wir haben meiner Ansicht nach wieder einmal mehr das Spannungsfeld zwischen dem "Recht auf Spaß", also der individuellen Entfaltung des Einzelnen und dem Recht auf Unversehrtheit (also auch wieder das Recht auf individuelle Entfaltung). Das aufzulösen ist nicht immer einfach und manchmal geht es nicht.
Hier ist meines Erachtens eine Rechtsgüterabwägung geboten.
Ich würde die Verantwortung der "Opfer" sich selbst zu schützen nicht überbetonen, sondern vor allem die Verantwortung derer, die Spaß haben wollen, dies nicht auf Kosten anderer zu tun, in Betracht ziehen. Und da scheint es ja zu hapern. Im Übrigen klingt mir die Forderung, jeder solle sich doch einfach "anpassen" ein wenig pauschal. Natürlich bin ich für einen "Minderheitenschutz", wenn es um religiöse, traditionelle - also kulturelle Bräuche und Lebensweisen geht. Diesen Sachverhalt kann ich beim Herumballern einer Minorität (die sich dann für viele Menschen, empfindliche, gehandicapte, kranke oder Leute, die einfach keine Freude an solchem Krach haben und für Tiere, eher wie der Kriegslärm einer marodierenden Mehrheit anhört

) nicht erkennen.
Die Tradition, das neue Jahr mit Raketenfeuerwerk in größerem Stil zu begrüßen, verbreitete sich in Europa, ab dem vierzehnten Jahrhundert, sehr langsam über Italien und zwar als
Feuerwerkskunst zu spezifischen Anlässen, nicht als "Böllerei" in den Händen einzelner. Dieser sogenannte Brauch dürfte weitaus jünger sein.
Ich denke, dass Du da schon richtig liegst, wenn Du sagst, es gehe darum, "Dampf" abzulassen. Ein Ventil zu haben ist wichtig für alle Menschen. Manche treiben Sport, andere musizieren, schreiben Gedichte, häkeln Untersetzer oder Topflappen, pflanzen Gemüse im Garten an, halten sich Tiere und so weiter und so fort. Und für sie alle gilt meines Erachtens die Quintessenz des schönen Satzes von Rosa Luxemburg: die Freiheit des Einzelnen endet da, wo sie die Freiheit des anderen einschränkt.
Ich bin auch der Meinung. dass wir unseren Alltag nicht überregulieren sollten und ein Wust an Verboten und ein schier undurchdringlicher Paragraphendschungel erschreckt mich auch. Aber da wo die "Goldene Regel" nicht selbstverständlich umgesetzt wird, bleibt einer Gesellschaft wohl nichts anders übrig, als regulierend - per Gesetz einzugreifen.
Ich wünsche allen einen schönen Silvester-Tag und dass er für alle so verlaufen mag, wie sie/er es sich vorstellt.
Herzliche Grüße von
Leòn
P.S.1: Als ich vorgestern hörte, dass in der Silvesternacht 2008 allein in Deutschland 20.000 Personenunfälle, mit medizinischen Kosten und Folgekosten von 40 Millionen Euro, verzeichnet wurden (und da sind zahllose Brandfälle nicht mitgerechnet) da wurde ich doch sehr aufmerksam.
P,S. 2: Das Wissen um die Verflechtung von Feuerwerksproduzenten und Rüstungsindustrie macht mich auch nicht glücklich.