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Hallo,
auf diese Tradition bin ich gerade erst gestoßen. Kennt das jemand?
Herzliche Grüße von
Leòn
auf diese Tradition bin ich gerade erst gestoßen. Kennt das jemand?
Herzliche Grüße von
Leòn
Judentum und VegetarismusJudentum und Vegetarismus
Der Vegetarismus war ursprünglich im Judentum genauso integriert wie in den anderen Weltreligionen: Hinduismus, Buddhismus und Urchristentum. Dieses soll nachstehend dargestellt werden.
Am Anfang des »Alten Testaments«, dessen Schriften bei den Juden als »Thor« bezeichnet werden, steht geschrieben, dass Gott dem Menschen eine rein pflanzliche (vegane) Ernährung bestimmt hat: »Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen« (Genesis 1,29). Bis zur Sintflut aßen die Menschen keine Tiere. Nach der Sintflut begann mit Noach die Tieresserei, wobei als Erklärung hierzu gern folgende Textstelle herangezogen wird, in der Gott zu Noach sprach: »Alles Lebendige, das sich regt, soll euch zur Nahrung dienen. Alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen. Nur Fleisch, in dem Blut ist, dürft ihr nicht essen« (Genesis 9,3,5). Der letzte Satz gilt im Judentum als Begründung für das Schächten, bei dem das Tier vor der Schlachtung vollkommen ausbluten muss.
Es ist jedoch nicht möglich, durch Ausbluten auch das Blut aus den feinen Kapillaren, den kleinsten Blutgefäßen, vollständig zu entfernen. Diese Tatsache sollte als Verbot des Fleischverzehrs angesehen werden. Um dieses Problem zu vermeiden, wird das Fleisch über einem Feuer erhitzt oder eine Stunde lang gesalzen. Dieses ist aber nur eine Umgehung des Gebotes, denn obwohl das Blut nicht mehr flüssig ist, ist es dennoch weiter vorhanden, wenn auch in fester Form. Außerdem wäre dieses kein vollkommener Gott, der nach vielen tausend Jahren sein eigenes ursprüngliches Gebot nicht nur aufhebt, sondern genau in das Gegenteil umkehrt.
Die erstmalig durch Abel und nach der Sintflut durch Noach eingeführten Tieropfer wurden von den meisten Propheten Israels entschieden abgelehnt: »Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern?«, spricht der Herr. Die Widder, die ihr als Opfer verbrennt, und das Fett eurer Rinder habe ich satt; das Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ist mir zuwider« (Jesaja 1,11). Das 6. Gebot: »Du sollst nicht töten« (Exodus 20,13) gilt absolut, also für Mensch und Tier.
Im alten Israel gab es innerhalb des Judentums drei Glaubensrichtungen: die Pharisäer, die Sadduzäer und die Essäer (oder Essener). Die Essäer lebten nach den jüdisch-vegetarischen Geboten. Über sie berichtet der jüdische Historiker Flavi-us Josephus (37-100 n. Chr.): »Die Essener leben auf dieselbe Weise wie die Pythagoräer unter den Griechen« (Jüdische Altertümer XV, 10, 4; zitiert nach Robert Springer, S. 272). »Opfer vollbrachten sie nicht« (Jüdische Altertümer XVIII, 1, 5: zitiert nach C.A. Skriver: »Die vergessenen Anfänge der Schöpfung und des Christentums«, 5.87). Die Pythagoräer lebten bekanntlich vegetarisch und alkoholabstinent. Und der Neuplatoniker Porphyrius (234-304 n. Chr.) erwähnt:
»Gewisse Arten von Fleisch sind allen, den Essäern ist das Fleisch überhaupt verboten« (De abstinentia IV, 3; zitiert nach C.A. Skriver: Die Lebensweise Jesu und der ersten Christen, 5.24). Von dem jüdischen Historiker Philo von Alexandrien (25 v. - 50 n.Chr.) ist folgende Aussage überliefert: »Lebende Wesen schlachteten sie nicht hin« (Quod omnis probus über §12; zitiert nach C.A Skriver: »Die vergessenen Anfänge der Schöpfung und des Christentums«, S.87). Die Essäer wollten mit ihrer vegetarischen Lebensweise zum einen das vegetarische Ur-Speisegebot aus der Schöpfungsordnung (Genesis 1,29) und zum anderen das 6. Gebot »Du sollst nicht töten« erfüllen. Sie hatten daher eine grundsätzliche Abscheu vor dem Töten von Tieren. Außerdem wollten die Essäer die Gesetze vollkommen erfüllen. So auch das Essverbot von Blut, dem Sitz der Seele. Eine Umgehung dieses Gesetzes durch das Schächten reichte ihnen nicht - auch deshalb entschieden sie sich für den Vegetarismus. Neben ihrer vegetarischen und alkoholabstinenten Lebensweise gab es bei ihnen keine Sklaverei, und die Gleichberechtigung von Mann und Frau war vorhanden. Essäertum ist wahres Judentum! Nach Flavius Josephus lebten damals in Israel einige tausend Essäer, welche beim Volk aufgrund ihrer reinen Lebensweise und wegen ihrer Gerechtigkeit äußerst beliebt waren. Zu erkennen waren sie durch ihre weißen Leinengewänder. Die Essäer dürfen jedoch nicht mit den Qumranern vom Toten Meer verwechselt werden. In den gefundenen Schriftrollen von Qumran ist weder die Enthaltung von tierlicher Nahrung noch die Alkoholabstinenz niedergeschrieben. Weder Philo von Alexandrien noch Flavius Josephus berichten in ihren Schriften über Qumran. Im Gegensatz zu den Essäern durften an den Tischgemeinschaften (Mahlzeiten) der Qumraner keine Frauen teilnehmen. Auch rituelle Waschungen und angebliche Ablehnung der Tieropfer macht sie nicht gleich zu Essäern. Der Name Essäer war den Qumranern ebenfalls nicht bekannt. Die in Qumran gefundene »Kriegsrolle« zeigt, dass es sich bei ihnen um jüdische Nationalisten und religiöse Fanatiker handelte, vermutlich ein Abzweig der Sadduzäer. Die Gesetze des Moses waren bestimmt, um das Fleischessen zu erschweren und um die Tiere vor menschlichen Grausamkeiten zu schützen. Von den jüdischen Speisegesetzen ist nur Tierfleisch betroffen, nicht jedoch Früchte, Gemüse oder Getreide. Im Judentum gibt es viele Dankgebete, aber keines für Fleischgerichte - ein Lebewesen, das geschlachtet wurde, kann nicht gesegnet werden. Es existieren z. B. Dankgebete für neue Kleider, nicht aber für Pelze oder andere Tierhäute. Bei den Feiertagen (Passahfest, Pfingsten, Laubhüttenfest) spielen Fleischspeisen keine Rolle. Am Passahfest ist das Andenken an das Passahlamm rein symbolisch; es existiert keinerlei Vorschrift, Passahlämmer zu verzehren, und jede Art von Symbol kann benutzt werden, um des Auszugs aus der Knechtschaft in Ägypten zu gedenken. Am feierlichen Tage der Versöhnung (Yom Kippur), wenn alle Juden fasten und das Mitleid Gottes erflehen, sollen keine Lederschuhe in der Synagoge getragen werden. Der Grund dafür ist, dass die Heuchelei vermieden werden soll. Auch lehrt das Judentum: »Was du nicht willst, das man dir tue, das tu einem anderen auch nicht« (Talmud, Shabbat 31 a u. Das Buch Tobit 4,16; zitiert nach Steven Rosen, S.129).
Einige Oberrabbiner im modernen Israel waren Vegetarier. Ein großer Anteil der Bevölkerung des heutigen Israels, vielleicht nach Indien der zweitgrößte der Welt, lebt vegetarisch. Aufgrund dieser Jahrtausende alten vegetarischen Tradition sind heutige Diskussionen und Auseinandersetzungen bezüglich des Schächtens eigentlich vollkommen überflüssig.