Männer sind anders, Frauen auch...

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heißt der Titel eines Buches
Bücher von Amazon
ISBN: 344216107X
344216107X

Dass es Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein gibt, ist inzwischen wohl kein Thema mehr.
Wie Männlein und Weiblein mit diesen Unterschieden umgehen, ist immer noch ein wichtiges Thema.

Was ich mir für diesen THread wünsche: Keine Schuldzuweisungen, keine Forderungen, keine Frustberichte sondern
- eine Sammlung von festgestellten Unterschieden
- eine Sammlung vom Umgang mit eben diesen.
- Tests, Aufgaben in dieser Richtung

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Stärken und Schwächen im Test

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Der kleine Unterschied – spielt er sich wirklich im Gehirn ab? Denken Männer und Frauen unterschiedlich? In der Kognitionspsychologie gibt es dazu spezielle Tests, die möglichst viele Versuchspersonen unter denselben Bedingungen absolvieren. Meist geht es darum, innerhalb einer beschränkten Zeit Aufgaben zu lösen, die jeweils eine spezielle Fähigkeit testen: das räumliche Vorstellungsvermögen, sprachliche Gewandtheit, Konzentration, Einfallsreichtum oder Bearbeitungsgeschwindigkeit. Schon vor vielen Jahrzehnten fiel Wissenschaftlern auf, dass es bestimmte Typen von Aufgaben gibt, bei denen Frauen und Männer unterschiedlich abschneiden ....[/COLOR]
Quarks & Co - Frauen denken anders. Männer auch.

Grüsse,
Uta
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi,

nach einem kurzen Austausch über Geschlecht und Leistung in naturwissenschaftlichem Unterricht und in Mathematik, gestern im Chat, habe ich mir mal Studien zur Fragestellung "Lernen Mädchen anders?" angesehen.

TIMS - Studie:

• In den meisten Ländern erbrachten die Mädchen und
Jungen am Ende der achten Klasse annähernd die gleichen
Mathematikleistungen. Nur in knapp einem Fünftel der
Länder schnitten die Jungen signifikant besser ab.
• In der Sekundarstufe II zeigten in fast allen beteiligten
Ländern die Jungen signifikant bessere Leistungen in
Mathematik und in den Naturwissenschaften.

PISA - Studie:
• In den Naturwissenschaften zeigt sich weder im
Durchschnitt der OECD-Staaten noch innerhalb
Deutschlands ein signifikanter Leistungsunterschied
zwischen Jungen und Mädchen.

TIMSS Studie/ Schweiz

* Bei der Korrelation der einzelnen Faktoren stellte sich
heraus, dass SchülerInnen mit einem hohen Selbstvertrauen
und starker Zuschreibung von Mathematik
zum eigenen Geschlecht bessere Mathematikleistungen
erreichten.
• Der Faktor Geschlecht hat - wenn gleichzeitig der Faktor
Selbstvertrauen in die Analyse einbezogen wird - keinen
signifikanten Effekt auf die Leistung.
• Das Interesse an der Mathematik beeinflusst ebenfalls die
Mathematikleistungen, aber das Interesse hängt vom
Selbstvertrauen ab.



Offensichtlich gibt es aber unterschiedliche Erwartungen an das Lernen/ Lehren:

Jungwirth - Studie:

ZWEI GEGENSÄTZLICHE UNTERRICHTSKULTUREN:

Die Mehrheit der befragten Mädchen und ein Teil der Jungen ...
• wünschten sich sehr ausführliche Erklärungen. Es sollte
so lange erklärt werden, bis alle den Stoff verstanden
hatten;
• wünschten sich, dass sie so lange nachfragen durften, wie
sie wollten. Die Lehrperson sollte jede ihrer Fragen - auf
Wunsch auch im Einzelgespräch - beantworten;
• wollten möglichst lange bei einem Thema bleiben;
• lehnten jeglichen Zeitdruck ab.

Viele der befragten Mädchen und einige Jungen ...
• wollten im Mathematikunterricht intensiv üben und
wünschten sich die Möglichkeit, mit Hilfe von
zusätzlichem Übungs- und Erklärungsmaterial oder mit
Hilfe des Schulbuches über den Unterricht hinaus arbeiten
zu können;
• legten Wert auf die Kontrolle der Ergebnisse:
Hausaufgabenkontrolle, Aufgaben mit der Möglichkeit zur
Selbstkontrolle („bunte Hunde“), Lösungsblätter, Kontrolle
durch die Lehrperson;
• wünschten sich Schemata, Merksätze und Regeln;
• wollten sich gegenseitig den Unterrichtsstoff erklären.

Viele der befragten Mädchen wollten
• sich ganz sicher sein, dass sie den Unterrichtsstoff auch
„wirklich“ bzw. „richtig“ verstanden hatten;
• keine Fehler machen;
• keine Überraschungen.

Eine Teilgruppe der befragten Jungen ...
• störte das langsame Vorankommen im Unterricht;
• wünschte sich weniger ausführliche Erklärungen;
• wollte einen schnelleren Themenwechsel und nicht so
viele Übungsaufgaben vom gleichen Typ;
• wollte herausgefordert werden durch komplexere
Aufgaben.

Einige der befragten Jungen ...
• langweilten sich sehr schnell, wenn sie meinten, den
Unterrichtsstoff verstanden zu haben;
• langweilten sich erst recht, wenn sie den Stoff nicht
verstanden hatten und gingen davon aus, dass neue
Themen „leichter“ seien;
• wollen herausgefordert werden.

• Die Mädchen sind aktiv beteiligt am Konstruktionsprozess
des Bildes von „Weiblichkeit“ hinsichtlich
Mathematik.
• „Weiblichkeit“ scheint im Mathematikunterricht dadurch
hergestellt zu werden, dass die Mädchen sich so
verhalten, als seien sie leistungsschwach in Mathematik.

SOZIALE WELT DER MÄDCHEN

• Mädchen lernen vor allem enge, auf Gleichheit basierende
Beziehungen aufzubauen.
• „Dazu ist es erforderlich, sich intensiv mit den Gedanken
anderer auseinander zu setzen, zu kooperieren und sich im
Dialog ‚einen Reim auf die Dinge zu machen‘. Es ist auch
nötig, sich selbst genau zu überlegen, was man dem
Gegenüber sagt und was nicht; das heißt, nötig ist auch die
Entwicklung der Fähigkeit, Probleme allein für sich selbst
zu durchdenken“ (Jungwirth 1991, S. 52f).

SOZIALE WELT DER JUNGEN

• In der sozialen Welt der Jungen geht es vor allem um
Selbstdarstellung.
• Sie lernen eher, sich durch schnell eingeworfene Kommentare
im Gespräch bemerkbar zu machen. Da ihre
Äußerungen wiederum durch andere Jungen kommentiert
werden, müssen die Jungen - um sich im Gespräch behaupten
zu können - schnell und flexibel auf plötzliche Wendungen
des Gesprächs reagieren (Jungwirth 1991, S. 53)

https://www.physik-multimedial.de/papiere/2003/Jahnke-Klein.pdf

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Auch noch bemerkenswert, in diesem Zusammenhang, finde ich folgendes:

Forschungstätigkeit

Leitung: Prof. Dr. S. Richter

Unterschiede in den Schulleistungen von Jungen und Mädchen

In den letzten Jahren wird eine Benachteiligung von Mädchen in den mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Schulleistungen konstatiert, die auf mangelnde Berücksichtigung von Mädcheninteressen einerseits und auf die von Lehrpersonen akzeptierte Dominanz männlicher Schüler in diesen Bereichen andererseits zurückgeführt wird. Eine kritische Sichtung vorliegender Forschungsbefunde ergab, dass viele Untersuchungen wegen methodischer Mängel keine hinreichende Basis für die Annahme solcher Leistungsdifferenzen liefern. Als gesichert können Unterschiede nur in den Bereichen “Schriftsprache” und “Interessen/ Wertorientierungen” gelten. Bei den im Schriftsprachbereich gefundenen Unterschieden zugunsten der Mädchen gab es erhebliche Überschneidungen der Verteilungen, wie vor allem in Erhebungen (Schulanfang bis 5. Klasse) festgestellt werden konnte, die Teil des Projekts waren. Das Fazit war, dass Verursachungsannahmen in der hirnorganischen Andersartigkeit der Geschlechter zu kurz greifen. Erst von einer qualitativen Analyse der Leistungsunterschiede sind Ergebnisse über ihre Verursachung zu erwarten.
Forschungsbericht - Prof. Dr. Sigrun Richter
 
Die Diskussion über unerwünschte Nebenwirkungen des gemeinsamen Unterrichts von Buben und Mädchen begann bereits in den späten 80iger Jahren: Anlass dafür waren Untersuchungen an deutschen Universitäten über den Studienverlauf von Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Fächern. Diese verblüfften vor allem wegen eines Nebenergebnisses: Nicht der ermittelte (niedrige) Anteil der Frauen in diesen Studiengängen überraschte, sondern die Tatsache, dass ein relativ hoher Anteil der Studentinnen der naturwissenschaftlich-technischen Fächer aus Mädchenschulen kam. Daraus wurde sehr schnell die Schlussfolgerunggezogen: Mädchenschulen förderten bei ihren Schülerinnen ein breiteres Interessenspektrum.

Im Gegensatz dazu würde in den koedukativen Schulen der Unterricht in den Fächern Mathematik, Physik, Chemie und Informatik als Folge subtiler psychologischer Prozesse sehr bald eine Domäne der Buben. Für Mädchen würden sich daraus späte Benachteiligungen bei der Berufs- und Studien-wahl ergeben.Daraufhin gab es teilweise die gesellschaftliche Forderung, wieder verstärkt Mädchenschulen einzurichten, um solche Benachteiligungen für die Schülerinnen zu vermeiden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse „Trennen oder Nicht-Trennen“:
Es stellt sich hier die Frage, ob eine Rückkehr zu monoedukativen Schulen wirklich helfen würde, Geschlechterdifferenzen abzubauen oder gar zu nivellieren. Aufgrund der wenig einheitlichen Ergebnisse der Forschung auf diesem Gebiet, die sich vorwiegend mit dem Phänomen der „Mädchenschule“ befasste, kann hier keine abschließende Antwort gegeben werden. Mädchenschulen scheinen jedoch im Vergleich zu koedukativen Institutionen ein unterstützendes Umfeld bereitstellen zu können und das Selbstbe-wusstsein der Schülerinnen zu stärken.

Der Erfolg von Mädchenschulen hängt sicherlich davon ab, inwieweit eine gezielte Mädchenförderung gelingt: In ihrer jüngst veröffentlichten Studie zur „Schulkultur an Mädchenschulen“ kommt Frau Professor Herwartz-Emden u.a. zu dem Ergebnis,„dass es nicht ausreicht, einen Mädchenschulkontext auf Organisationsebene einzurichten, er muss inhaltlich gefüllt werden bzw. ein adäquates Modell der Geschlechtersozialisation und ein geschlech-tersensibler Verhaltenskodex sollten diesem Kontext zugrunde liegen.
“Es darf aber nicht vergessen werden, dass Koedukation Schülerinnen und Schülern soziale Erfahrungen ermöglicht, die für ihren späteren Werdegang äußerst nützlich sein können. Der koedukati-ve Unterricht hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Mädchen im Umgang mit Buben heutzutage in aller Regel mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen und unbefangener sind als früher.Ein weiterer häufig diskutierter Ansatz im Zuge der Forderung nach „reflexiver Koedukation“ ist der zeitweise geschlechterseparierte Unterricht für Mädchen und Buben in ausgewählten Fächern. Dass diese Form des Unterrichts – zum Teil in Verbindung mit einer mädchengerechten Ausrich-
tung der Inhalte – einen positiven Effekt für das Selbstkonzept und die Interessenentwicklung der Schülerinnen hat, ist in der deutschsprachigen Forschungsliteratur inzwischen relativ gut belegt. (Herwartz-Emden: Mädchenschulen zwischen Traditionalismus und Emanzipationsanspruch S. 344).Vor allem die mit den Geschlechterrollen verbundenen Zwänge kommen in getrennten Gruppen weniger zum Tragen.Allerdings ist hier nicht zu unterschätzen, dass Mädchenkurse schnell als nachrangig und qualitativ weniger wertvoll angesehen werden können: Getrennter Unterricht hat keineswegs nur positive Momente, sondern auch negative Rückwirkungen wie die Verstärkung von Vorurteilen. Bei einer zeitweiligen Geschlechtertrennung im Unterricht ist zu bedenken, dass es für die Entwicklung des Selbstbewusstseins der Mädchen wichtig ist, die eigenen Leistungen mit denen der Buben vergleichen zu können und so Sicherheit darüber zu ge-winnen, dass ein „Mädchenprogramm“ genausoanspruchsvoll ist, wie der koedukative Normalunterricht. Mädchen registrieren seismographisch empfindlich die mehr oder weniger subtilen Hinweise, die ihnen weniger Interesse, geringere Vorerfahrungen oder gar niedrigere Leistungsfähigkeit auf bestimmten Gebieten zuschreiben. Eine phasenweise Geschlechtertrennung im Unterricht bzw. in einigen Fächern) erscheint als nur dann sinnvoll und Erfolg versprechend, wenn sie über die organisatorische Sortierung der Kurse und Jugendlichen hinaus auch methodisch-didaktisch betreut wird. Die Initiative für einen zeitweise geschlechterseparierten Unterricht für Mädchen und Buben sollte aus dem Lehrerkollegium kommen; auf dem Verordnungsweg lässt sich ein solches Engagementnicht sicherstellen. Schulen können darüber eigenständig entscheiden, wobei die organisatorischen und stundenplantechnischen Herausforderungenbei der Umsetzung hier keineswegs zu unterschätzen sind.

Problemstellung im Schulalltag:
Trennen oder Nicht-Trennen ist eine systemischeFrage, die in ihrer Wirkung meist überschätzt wird. Im Schulalltag der koedukativen Schulen kommt es vielmehr auf den Umgang mit folgender Problemstellungen an:
•Wie steht es um die Beteiligung von Buben und Mädchen am Unterrichtsgeschehen?
• Sind die Interaktionen eher gleich verteilt, oder erhält die eine Gruppe mehr Aufmerksamkeit durch die Lehrkräfte als die andere?
• Wird die mündliche Beteiligung auch als Übungssituation für öffentliches Sprechen betrachtet? Werden Mädchen und Buben dabei gleichermaßen gefördert?
• Werden im Unterricht fach- und sachbezogene Interessensunterschiede von Buben und Mädchen manifest? Wenn ja, wie können Lehrkräfte darauf rea-gieren?
•Wie werden die Akzente im Schulleben gesetzt? Sind die Lasten der Gestaltung des Schullebens einigermaßen gleich verteilt? Die pädagogischen Handlungsfelder liegen also in erster Linie im Bereich der
o unterrichtlichen Interaktionen,
o in der Entwicklung von Selbstvertraueno sowie in der fachlichen Interessensbildungund der Gestaltung des Schullebens.

Im Folgenden werde ich auf diese Handlungsfeldernäher eingehen: Interaktionen.
Empirische Studien kommen – im Wesentlichen übereinstimmend – zu den Ergebnissen, dass Lehrkräfte Buben mehr Aufmerksamkeit schenken als Mädchen. Die stärkere Zuwendung zu den Buben beschränkt sich den Beobachtungen zufolge nicht nur auf das Aufrufverhalten der Lehrkräfte. Buben erhalten auch mehr Lob, mehr Tadel und mehr Ermahnungen wegen mangelnder Disziplin als Mädchen. Mädchen werden häufig gezielt zur Aufrechterhaltung der Disziplin eingesetzt, ohne dass ihnen dies als besondere Leistung angerechnet wird. Über ein unterschiedliches Verhalten von Lehrerinnen und Lehrern wird spekuliert; es gibt dafür aber keine sicheren Belege. Wie bei allen empirischen Befunden, die auf Durchschnittswerten ba-sieren, gilt auch hier, dass die individuellen Werte stark streuen und es dabei zu großen Überlappungsbereichen kommt. Klassen derselben Jahrgangsstufe mit ähnlichen Buben- bzw. Mädchenanteilen können durchaus unterschiedliche Interaktionsmuster aufweisen. Lehrkräften wird hier häufig empfohlen, bei stärkeren Unterschieden in der Unterrichtsbeteiligung von Buben und Mädchen im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit gegenzusteuern.Viele Erfahrungen zeigen jedoch, dass der Versuch einer „gewaltsamen Egalisierung unterschiedlicher Verhaltensweisen“ wenig sinnvoll ist:

Sowohl Schüler als auch Schülerinnen würden dieses Lehrerverhalten als ungerecht empfinden und auch der Lehrkraft Parteilichkeit vorwerfen. Bewusste Koedukation verlangt andererseits, dass das Erziehungsziel in „partnerschaftlichem Umgang der Geschlechter miteinander“ auch in demichtigen Bereich der unterrichtlichen Interaktionen angestrebt wird. Dies kann aber nicht schematisch mit einer Stoppuhr oder starren Regelungen erfolgen, sondern eher durch
o eine subtile Steuerung des Unterrichtsgesprächs,
o die ganzheitliche Vermittlung von Unterrichtsinhalten,
o die Thematisierung der Lebenssituationen von Männern und Frauen,
o die Thematisierung des geschlechtstypischen Rollenverständnisses,
o der Anknüpfung an die Lebenswirklichkeit von Buben und Mädchen,
o eine differenzierte Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und
o durch eine bewusste Gestaltung des Schullebens.

Es gibt begründete Vermutungen, dass die Mädchen bei sozialkommunikativen und kooperativen Lernformen, z. B. Partner- und Gruppenarbeit,besser zum Zuge kommen. Aber auch diese partnerschaftlichen Lernformen führen nicht automatisch zu einer ausgeglichenen Beteiligung. Die weniger lehrerzentrierten Unterrichtsformen können vielmehr nur dann ihre volle Wirksamkeit entfalten,wenn auch große Sorgfalt auf eine gute organisa-torische Vor- und Begleitarbeit gelegt wird. Dazu gehören vor allem die Zusammensetzung der Gruppen und die Art der Interaktion nach Beendigung einer solchen Phase kooperativen Lernens. Diese mit der Koedukation verbundenen pädagogischen Chancen lassen sich am besten realisieren, wenn bei der Klassenbildung das Geschlechterverhältnis einigermaßen ausgewogen ist.

Entwicklung von Selbstvertrauen:
Ein weiteres pädagogisches Handlungsfeld ist die Entwicklung von Selbstvertrauen:
Mädchen erleben die Phase der Adoleszenz im Vergleich zu Buben stärker als Destabilisierung wie Klaus Hurrelmann bereits 1991 aufzeigte: D.h. dass Mädchen viel stärker von psychosomatischen Beeinträchtigungen durch Alltagsstress betroffen sind als ihre männlichen Altersgenossen. Buben
ignorieren häufiger die Signale von Körper und Seele und registrieren später als Mädchen, wenn überhaupt, dass sie sich in einer Überforderungssituation befinden. Das Forscherteam um Hurrelmann bemerkte bei den Mädchen ein vergleichsweise geringeres Gefühl von Selbstwert und Selbstbewusstsein. Gerade dies kann möglicherweise der Hintergrund dafür sein, dass Mädchen vor allem in Anspannungssituationen Probleme in sich „(hinein)fressen“, während Buben viel stärker mit extrovertierten Handlungen nach außen reagieren. Buben gesteht man das entlastende Ausleben von Zorn und Wut eher zu; den Mädchen viel weniger.
Im schulischen Kontext spielt das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit eine wichtige Rolle. Dieses ist im Durchschnitt bei den Mädchen schwächer ausgeprägt als bei den Buben. Die Differenz zwischen Buben und Mädchen nimmt im Laufe der Schulzeit eher zu. Dabei sind gute Noten ein we-sentlicher Faktor für die Entwicklung von Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit. (Horstkem-per M.: Schule, Geschlecht und Selbstvertrauen, Weinheim, 1987) Buben scheinen jedoch Erfolg und Anerkennung inder Schule leichter und besser umzusetzen als Mädchen und lassen sich durch Misserfolge auch weniger schnell entmutigen. Nach Frau Professor Marianne Horstkemper erklärt sich dies so: “Die mit der weiblichen Geschlechtsrolle verbundenen Erlebnisse von Nachrangigkeit scheinen die positive Wirkung des Schulerfolgs zumindest teilweise zu unterlaufen. Dagegen können sich bei Jungen gute Leistungserfolge und positive gesellschaftliche Bewertungen der männlichen Rolle gleichgerichtet er-gänzen.“ (Horstkemper M.: Schule, Geschlecht und Selbstvertrauen, Weinheim, 1987) Für die unterschiedliche Entwicklung des Selbstvertrauens in die eigene schulische Leistungsfähigkeit gibt es aber auch eine andere Erklärung: Die Mädchen gelten tendenziell als fleißig und ordentlich und werden auch häufig dafür gelobt, seltener für fachliche Leistungen. Bei Versagen wird ihnen eher mangelndes Vermögen unterstellt („Du hast dich zwar angestrengt, aber es reicht nicht!“).Von den Buben wird vor allem in mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereichen mehr Leistung erwartet. Sie erhalten hier öfter eine positive Rückmeldung für eine gute fachliche Leistung. Bei Versagen wird dagegen eher Faulheit und mangelnder Wille unterstellt („Du könntest, wenn du nur wolltest!“).Mädchen gereicht manchmal zum Nachteil, dass sich aktives Leistungs- und Konkurrenzverhalten
im Unterricht schwer mit der traditionellen weiblichen Geschlechtsrollennorm vereinbaren lässt; Passivität und das Setzen auf erotische Ausstrahlung durch Weiblichkeit vertragen sich schlecht mit aktivem Lernverhalten und sprachlich-intellektueller Selbstdarstellung. Einzelbeobachtungen bestätigen immer wieder, dass intelligenteMädchen in einem als Bubendomäne angesehe-nen Fach wie Physik die eigene Leistung manchmal bewusst zurücknehmen, um nicht an Weiblichkeit zu verlieren.Die Befunde zur Entwicklung des Selbstvertrauens weisen auf starke außerschulische Einflüsse hin.
Dennoch hat die Schule für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen eine wichtige Verantwortung. Diese kann am besten durch eine sensible Selbstkontrolle der verbalen und non-verbalen Rückmeldungen an die Schülerinnen und Schüler realisiert werden. „Nehmt Euch ein Beispiel am Fleiß der Mädchen!“ ist eine möglicher-weise gut gemeinte Bemerkung; den Schülerinnen wird sie bei der Entwicklung des Selbstvertrauens in die eigene Leistungsfähigkeit aber kaum helfen. Hilfreich für die Entwicklung des Selbstvertrauens der jungen Menschen ist eine bewusste Förderung des „öffentlichen Sprechens“ im Fachunterricht:

die Fähigkeit:
o Standpunkte präzise zu formulieren,
o auf den „Punkt“ zu bringen,
o rhetorisch geschickt vorzutragen
o und in einer Diskussion argumentativ durch -zuhalten ist eine wichtige Voraussetzung für spätere Erfolge in Studium und Beruf sowie im Bereich der persönlichen Lebensführung. Diese Fähigkeiten erfordern ein kontinuierliches Training über viele Jahre hinweg. Die Schule sollte darauf achten, dass auch die zurückhaltenden Jugendlichen entsprechend gefördert werden.

Interessen
Interessenbildung ist eine zentrale Aufgabe schulischer Bildungsbemühungen. Interessenunterschiede zwischen den Geschlechtern entwickeln und vergrößern sich im Laufe der Schulzeit. Dies weist auf Einflüsse der Schule hin, welche dieSchülerinnen und Schüler mit einer Vielfalt von In-haltsbereichen erstmals konfrontiert oder vertrautmacht. Es stellt sich daher die Frage, inwieweitSchule in gleicher Weise Mädchen und Buben unterstützt und unterstützen kann, Interesse an den verschiedenen Fächern zu entwickeln.
Forschungsergebnisse in diesem Bereich besagen, dass Interessenunterschiede nicht entschei-dend durch das (biologische) Geschlecht determiniert sind. Sie können also pädagogisch beeinflusst werden, z. B. durch einen an den Interessen von Buben und Mädchen orientierten Unterricht. Ein solcher „interessensorientierter Unterricht“zeichnet sich wie folgt aus:
o er beachtet die Kontexte, in denen die Inhalte stehen,
o er richtet sich nach den (unterschiedlichen) Lebenszusammenhängen von Buben und Mädchen,
o er schafft Identifikationsmöglichkeiten durch die Präsentation geeigneter Vorbilder und
o er orientiert sich am Ideal der Ganzheitlichkeit, z. B. durch Bezüge zur Umwelt, zum menschlichen Körper und zu handelnden (lebenden oder historischen) Personen. Für den Bereich der „harten“ Naturwissenschaften hat der Didaktiker Martin Wagenschein formelhaft kurz festgestellt: „Wenn man sich nach den Mädchen richtet, dann ist es auch für die Jungen richtig, umgekehrt aber nicht.“

Nachdem die Berührung mit naturwissenschaftlichen Inhalten vorrangig über den schulischen Kontext verläuft, können die Bemühungen der Schule, die Naturwissenschaften den Mädchen „schmackhaft“ zu machen, durchaus erfolgversprechend sein.
Ungleich schwieriger verhält es sich zu den Lernbereichen, in denen Buben spezifischer Förderung bedürfen. Das gilt vor allem für die Lesekompetenz. Die mangelnde Bereitschaft zum Lesen, die weitreichende Konsequenzen für den Lernprozess in der Schule hat, ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, die nur zum Teil dem Einflussbereich der Schule unterliegen. Um die Lesebereitschaft zu fördern, wurde versucht, z,B. im Lehrplan der Hauptschule sowie der Realschule und des Gymnasiums durch die Aufnahmevon Sachbüchern und Abenteuerliteratur in die Lektüreempfehlung Ansätze für eine gezielte Leseförderung von Buben zu schaffen. Aufgrund der Bedeutung der bubenspezifischen Leseförderung wurde am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung aufgrund eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz ein Konzept für Deutsch (Lesen und Schreiben) als Aufgabe aller Fächer erstellt. Es geht darum, Beispiele für gute Praxis in den Kernbereichen der Leseförderung als Aufgabe aller Fächer zu sammeln, zu
sichten, zu überarbeiten, ggf. neu zu entwickelnund nach einem einheitlichen Muster zu publizieren. (Ab 2008 soll es in enger Zusammenarbeit mit anderen deutschen Ländern umgesetzt werden.) Lassen Sie mich noch einen Aspekt in diesem Zusammenhang aufgreifen. Für das „Versagen“ der Buben wird vielfach die Feminisierung der Pädagogik vom Kindergarten bis zur Schule als Ursache genannt: Der hohe Frauenanteil in vielen Lehrerkollegien vermittle eine zu einseitige Lebenswelt und berücksichtige die Interessen von Buben zuwenig. Zudem würden den Buben – nicht zuletzt aufgrund der geänderten Familienstrukturen (Zahlder Alleinerziehenden) die männlichen Vorbilder fehlen.In der Tat ist der Anteil der Frauen im Lehrberufseit 1960 bundesweit und über alle Schulartenhinweg von 38 % auf inzwischen 67% gestiegen(Grundschule 85%), jedoch ergibt nach Frau Pro-fessor Heinzels „die Forschung keinen Anlass, das unbestreitbare Schulversagen vieler Jungen als Feminisierung des Lehrberufs zu bestimmen.“(Heinzels, Vortrag Universität Würzburg, 2006) Lehrerausbildung/LehrerfortbildungDie Auseinandersetzung mitgeschlechtsspezifischen Aspekten des Unterrich-tens und Erziehens ist im übrigen sowohl in der Lehramtsprüfungsordnung I(LPO I) als auch in der Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Grundschulen und das Lehramt an Hauptschulen (ZALGH) verankert. Auch der Lehrplan der Fachakademien für Sozialpädagogik zurAusbildung von Erzieherinnen und Erziehern sieht solche Inhalte vor.
Typisch Jungen? – Typisch Mädchen? – Möglichkeiten und Grenzen eines ge- schlechtersensiblen Unterrichts


Nix Genaues weiß man nit denke ich mir, wenn ich diesen Text lese. Wahrscheinlich wird es immer wieder Pros und Kontras für die Koedukation bzw. die Nicht-Koedukatioin geben. Und die Schule ist ja nicht der einzige Faktor - wenn auch ein wichtiger - der eine Rolle spielt bei der Prägung und Förderung von Kindern.
Die Rolle des Elternhauses dürfte weiter von Anfang sehr, sehr wichtig sein. Die Frage ist, ob das Elternhaus heute noch fähig ist und es ihm möglich ist, diese Rolle auszufüllen?

Gruss,
Uta
 
hallo Uta,

diese Erkenntnisse könnte man ja durchaus als Argumentation für ein partielles monoedukatives Herangehen betrachten:

•Wie steht es um die Beteiligung von Buben und Mädchen am Unterrichtsgeschehen?
• Sind die Interaktionen eher gleich verteilt, oder erhält die eine Gruppe mehr Aufmerksamkeit durch die Lehrkräfte als die andere?
• Wird die mündliche Beteiligung auch als Übungssituation für öffentliches Sprechen betrachtet? Werden Mädchen und Buben dabei gleichermaßen gefördert?
• Werden im Unterricht fach- und sachbezogene Interessensunterschiede von Buben und Mädchen manifest? Wenn ja, wie können Lehrkräfte darauf rea-gieren?
•Wie werden die Akzente im Schulleben gesetzt? Sind die Lasten der Gestaltung des Schullebens einigermaßen gleich verteilt? Die pädagogischen Handlungsfelder liegen also in erster Linie im Bereich der
o unterrichtlichen Interaktionen,
o in der Entwicklung von Selbstvertraueno sowie in der fachlichen Interessensbildungund der Gestaltung des Schullebens.

Auch dies
Nachdem die Berührung mit naturwissenschaftlichen Inhalten vorrangig über den schulischen Kontext verläuft, können die Bemühungen der Schule, die Naturwissenschaften den Mädchen „schmackhaft“ zu machen, durchaus erfolgversprechend sein.
Ungleich schwieriger verhält es sich zu den Lernbereichen, in denen Buben spezifischer Förderung bedürfen. Das gilt vor allem für die Lesekompetenz.
sehe ich eher als Anregung zu partiellen Trennungen (monoedukatives Kurssystem in bestimmten Fächern) an.

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Also Uta und Leòn, die Idee zu dem Thread gefällt mir, er wurde aber in Windeseile sehr schullastig!

Wir haben kürzlich in einem Chat darüber gesprochen, dass nach einer jüngeren Untersuchung Frauen pro Tag 23.000 Worte sprechen, Männer aber mit 12.000 Worten auskommen (ich muss Angaben zu der Untersuchung neu heraussuchen, da ich sie leider nicht gespeichert hatte). Die Klischees scheinen also zu stimmen; endlose Gespräche mit Freundinnen, ob mit oder ohne Telefon, auf der einen, knapper Informationsfluß auf männlicher Seite.

Ich habe darüber viele, auch sich widersprechende Thesen gelesen. Eine, mir plausibel erscheinende sagt: Frauen bestätigen in Gesprächen den Stand ihrer jeweiligen Beziehungen. Deshalb müssen sie natürlich viel mehr reden. Männern ist der Beziehungsstand viel weniger wichtig, sie wollen Informationen austauschen, so sparen sie sich das Drumherum. Deshalb sind auch Beziehungsgespräche zwischen Mann und Frau so schwierig. Mit dem Eingehen einer Beziehung hat der Mann schon alles gesagt, während die Frau den Stand der Beziehung mittels Worten laufend überprüfen muss.
Was haltet ihr von der These?
Viele Grüße, Horaz
 
Hallo Leòn,
ja, für mich sehen diese Überlegungen und Studienergebnisse auch danach aus, daß eine teilweise Koedukation bzw. das Gegenteil davon sehr bekömmlich für Mädchen und Knaben sein könnte. Eben wirklich teilweise. Denn das unbefangene Miteinanderumgehen scheint mir auch sehr wichtig für das Zusammenleben zu sein.
Vielleicht wäre ein Lehrplan, der die eher starken Seiten von Mädchen mehr berücksichtigt als die der Jungen, auch sehr nützlich. Unsere Lehrpläne gehören meiner Meinung nach sowieso schon längst verändert und den jetzigen Lebensbedingungen angepasst. Ich würde z.B. Ernährungslehre, Kochen, Haushalt, "Hausmeister-Arbeiten", Gesundheits-Themen dazu nehmen und manch anderes streichen (wobei meine Schulzeit ja schon eine Weile vorbei ist).

Gruss,
Uta
 
Hallo Horaz,
in einer Besprechung zu dem oben genannten Buch von Gray steht:
Ein Mann behält seine Probleme so lange für sich bis er Hilfe braucht. Für einen Mann gilt es als Einladung für einen Ratschlag, wenn man anfängt über ein Problem zu reden. Ein Männergespräch würde sofort dazu führen, dass der Mann sich dem Problemfall eine Weile zuhörend widmet, um dann einen kostbaren Ratschlag zu erteilen. Deshalb bieten Männer instinktiv Lösungen an, wenn eine Frau nur nichtsahnend ihrem Ärger Luft macht oder über alltägliche Probleme nachdenkt - sie will keine Ratschläge und keine Lösung - sie will nur ihre Gefühle ausdrücken.

Frauen fühlen sich wohl, wenn sie liebe Freunde um sich haben, denen sie ihre Gefühle und Probleme mitteilen können. Männer fühlen sich wohl, wenn sie ihre Probleme alleine in der Höhle lösen können.
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Man sollte wie immer bei menschlichen Themen vorsichtig sein mit Verallgemeinerungen. Insofern gibt es sicher nicht den Mann und die Frau.
Trotzdem scheint mir das, was in dem Zitat oben ausgedrückt wird, in etwa den PUnkt zu treffen, allerdings nur, was emotionale Kommunikation angeht. Nicht, was sachlichen Austausch angeht oder Themen, die Männer als sachlichen Austausch ansehen.

Wie schon im Chat geschrieben: ich denke, daß Männer heutzutage genauso viel reden oder mehr als Frauen, aber eben vor allem im Beruf und auf der sachlichen Ebene. Auch Stammtischbrüder werden ihre Gespräche als "sachlich" bezeichnen, obwohl ich da nach dem 3. Bier meine Zweifel habe...

Es mag sein, daß Frauen, die nicht berufstätig sind und deshalb nicht automatisch tagsüber mit jemand sprechen können, mehr zum Telefon greifen, um sich mit jemand auszutauschen. Das ist für sie sicher wichtig, sonst sind die Erwartungen an den abends müde vom vielen Reden und Tun heimkehrenden Ehemann zu groß.

Grüsse,
Uta
 
Hallo Uta,

die von mir erwähnte Untersuchung stammt von der Diplompsychologin Constanze Fakih aus Berlin und ist in einer Welle von Interviews durch die Medien gegangen.
Nun muss diese Untersuchung nicht der Weisheit letzter Schluß sein, aber einfach vom Tisch wischen möchte ich sie auch nicht. Wenn du eine andere quantitative Untersuchung kennst, würde die mich sehr interessieren.
Du wolltest doch einfach Unterschiede zwischen den Geschlechtern herausarbeiten, ohne allzu persönlich durchwirkte Meinungen oder habe ich etwas mißverstanden?

Viele Grüße, Horaz
 
Hallo Horaz,
eines dieser Interviews hatte ich auf RTL gehört. Nun gehört RTL für mich nicht unbedingt zu den ganz zuverlässigen Quellen.... Ich frage mich, wie eine einzelne Psychotherapeutin eine solche Studie durchführt?
Konstanze Fakih - Psychologische Beratung

Doch, ich wollte die Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten der Geschlechter im Vordergrund sehen.
Aber ich denke, daß trotzdem persönliche Erfahrungen und Meinung da mit einfließen, weil doch jeder diese Thematik mit seinen eigenen Augen ansieht.

Gruss,
Uta
 
Zuletzt bearbeitet:
Weibliche und männliche Sprache im Deutschen
(vgl. David Crystal: Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache 1993 ISBN 3 7632 4180 9 S.21)

Es gibt keine grammatikalischen Formen, Wortschatzelemente oder Aussprachemuster, die nur von Sprechern des einen Geschlechts verwendet würden, doch sind gewisse Unterschiede in der Gebrauchshäufigkeit festzustellen. So finden sich unter den Wörtern und Ausdrücken, die Frauen angeblich häufiger verwenden, zum Beispiel solch expressive Adjektive wie super und süß, Ausrufe wie Meine Güte! und Ach du liebe Zeit! und Steigerungspartikeln wie so oder dermaßen (z. B. Es war so viel Betrieb!). Solche Steigerungspartikeln sind in verschiedenen Sprachen gebräuchlich, unter anderem im Englischen, Französischen und Russischen.

Größere Bedeutung haben die Strategien, die männliche und weibliche Sprecher in gemischt-geschlechtlichen Gesprächen anwenden. Man hat beobachtet, daß Frauen öfter Fragen stellen, häufigeren Gebrauch von empathischen und ermutigenden »Geräuschen« (wie etwa mhm) machen, eine größere Bandbreite von Intonationsmustern ausschöpfen, ihre Äußerungen stärker rhythmisch betonen und öfter die Pronomina Du / Sie und wir benutzen. Im Gegensatz dazu unterbrechen Männer ihre Gesprächspartner häufiger (manchen Studien zufolge mehr als dreimal so oft wie Frauen) und neigen dazu, das Gesagte in Frage zu stellen, es zu ignorieren oder unangemessen darauf zu reagieren. Auch führen sie häufiger neue Themen ins Gespräch ein und stellen Behauptungen auf.

Die meisten Erklärungsansätze für diese Unterschiede nehmen Bezug auf die gegensätzlichen sozialen Rollen der beiden Geschlechter in der modernen Gesellschaft. Insofern spiegeln Männer in ihrem dominanten Gesprächsverhalten die Macht wider, die ihnen traditionellerweise von der Gesellschaft zugeschrieben wird. In ähnlicher Weise erfüllen Frauen die Nebenrolle, die zu spielen ihnen beigebracht wurde - in diesem Falle, das Gespräch im Fluß zu halten und Männern Gelegenheit zu geben, ihre Machtposition zum Ausdruck zu bringen. Zweifellos ist die Situation noch viel komplexer als hier dargestellt, da weder Frauen noch Männer eine homogene Sprechergemeinschaft bilden und man bei der Untersuchung realer Situationen auf beträchtliche Unterschiede stößt. Auch besteht das Risiko, daß die Forschung im Zuge der Kritik an den alten Geschlechtsstereotypen neue erstehen läßt. (Crystal S.46)
Rhetorik (Lehrangebot UdK Berlin - GWK): methodischer Index

Nach diesem Artikel hier könnte es durchaus stimmen, daß Frauen mehr reden als Männer. Allerdings setzt das voraus, daß Frauen und Männer häufig zusammen sind, so daß die hier genannte "Aufgabe" der Frau, Männer im Gespräch den Weg zu ebnen und sie zu unterstützen, überhaupt ausgeführt werden kann. Es geht als meiner Meinung nach um ein eher konservatives Gesellschaftsverständnis.
Da es aber heute so viele Singles gibt, könnte das schon wieder ganz anders aussehen?

Gruss,
Uta
 
Hallo Uta,

apropos konservatives Gesellschaftsverständnis. Ich war ja schon öfter zu muslimischen Festen eingeladen. Auch bei eher "traditionell" geprägten Leuten. Da gibt es dann die Trennung in "Männerzimmer" und "Frauenzimmer". Zumindest formal.

Geschwatzt wird in beiden mit gleicher Intensität. (Natürlich habe ich die Worte nicht zählen und vergleichen können:D ). Sicher über unterschiedliche Dinge.

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hallo Leon,
bei uns gab es diese Trennung ja auch bis ins 20. Jh. hinein. In alten s-w-Filmen sieht man die Männer mit einer dicken Zigarre, die sich zum Kaffee ins "Herrenzimmer" zurückziehen, während die Frauen in einem anderen Raum bleiben.
In den Schulen war der Unterricht noch getrennt.
In den kath. Kirchen (ev. weiß ich nicht) saßen Buben und Mädchen schön getrennt auf beiden Seiten des Ganges, was ein fröhliches Hin- und Hergucken zur Folge hatte und heftige Einsätze des "Steckelmeisters"...

Gruss,
Uta
 
hallo Uta,

Größere Bedeutung haben die Strategien, die männliche und weibliche Sprecher in gemischt-geschlechtlichen Gesprächen anwenden. Man hat beobachtet, daß Frauen öfter Fragen stellen, häufigeren Gebrauch von empathischen und ermutigenden »Geräuschen« (wie etwa mhm) machen, eine größere Bandbreite von Intonationsmustern ausschöpfen, ihre Äußerungen stärker rhythmisch betonen und öfter die Pronomina Du / Sie und wir benutzen. Im Gegensatz dazu unterbrechen Männer ihre Gesprächspartner häufiger (manchen Studien zufolge mehr als dreimal so oft wie Frauen) und neigen dazu, das Gesagte in Frage zu stellen, es zu ignorieren oder unangemessen darauf zu reagieren. Auch führen sie häufiger neue Themen ins Gespräch ein und stellen Behauptungen auf.

Die meisten Erklärungsansätze für diese Unterschiede nehmen Bezug auf die gegensätzlichen sozialen Rollen der beiden Geschlechter in der modernen Gesellschaft. Insofern spiegeln Männer in ihrem dominanten Gesprächsverhalten die Macht wider, die ihnen traditionellerweise von der Gesellschaft zugeschrieben wird.

dies ist sicher auch eine Frage der Systeme/ Subsysteme, in denen man sich bewegt. Bzw. welche "Gesprächskultur" herrscht.

Aber all dies beschäftigt sich ja eher mit Rollen und Rollenzuschreibungen, weniger mit dem Sosein von Frauen und Männern. Oder?

Bzw. meine Frage: gibt es eigentlich wirkliche Unterschiede oder sind die rollenbezogen und somit tradiert/ erlernt. Und wenn ja, welche sind das?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Also, ich frage mich auch immer wieder, ob es WIRKLICHE Unterschiede gibt, jedenfalls im Bezug auf das Gesprächsverhalten.
Von mir aus gesehen sind diese Unterschiede auf individuelle Veranlagungen / Prägungen zurückzuführen, nicht explizit auf das Geschlecht.
Ich selber überlege mir zweimal, ob ich ein bestimmtes Thema ansprechen will, denn mir sind nichtssagende Gespräche, nur um des Gespräches willen zuwider.
Andererseits kenne ich männliche " Labberbacken ", die sich mit Genuss über völlig alltägliche Kleinigkeiten auslassen können.
Unterdessen habe ich mich für mich selber entschieden, mich etwas der Mitte anzunähern, da dies für alltägliche Kontakte doch ganz hilfreich ist.
So gesehen kann sich das Gesprächsverhalten eines Menschen auch verändern, ohne eine Geschlechtsumwandlung notwendig zu machen :D
Liebe Grüsse, Sine
 
Ich weiß es schlicht und einfach nicht, ob es kulturelle und soziale Unterschiede sind, die Männer und Frauen unterscheiden oder tieferliegende.

Silke hat sicher recht: man kann sein Verhalten auch in Bezug auf Gespräche ändern.

Ob das auch für andere Verhaltensweisen von Männern und Frauen gilt?

Uta
 
Andererseits kenne ich männliche " Labberbacken ", die sich mit Genuss über völlig alltägliche Kleinigkeiten auslassen können.

Kennen wir uns ??? Ich bin neugierig, manchmal geschwätzig, ein richtiger Kaffeeklatschtyp. Hängt aber von meiner Tagesform ab . . . manchmal bin ich auch ne trübe Tasse, vor allem, wenn ich gesundheitlich angeschlagen bin (wie momentan).

Bodo :D
 
Ich weiß es schlicht und einfach nicht, ob es kulturelle und soziale Unterschiede sind, die Männer und Frauen unterscheiden oder tieferliegende.

Silke hat sicher recht: man kann sein Verhalten auch in Bezug auf Gespräche ändern.

Ob das auch für andere Verhaltensweisen von Männern und Frauen gilt?

Uta

Silke ( gerne auch Sine genannt ) hört das ganz gerne, dass sie sicher recht hat ;)
Ist das jetzt typisch weiblich?...
Mann und Frau ändern doch ihre Verhaltensweisen ab und zu. Man wird älter, macht Erfahrungen, lernt daraus und zieht seine Konsequenzen.

@ Bodo: An dich hatte ich jetzt nicht konkret gedacht, aber schön, dass du dich angesprochen gefühlt hast!
Was auch immer dich plagt, ich wünsche dir gute Besserung!
Sine
 
100 x schreiben: sine, sine, sine, sine, sine, sine, sine ........ :) .

Grüsse,
Uta
 
"Wirkliche" Unterschiede zwischen Frauen und Männern basieren auf ihren unterschiedlichen Körpern mit ihren unterschiedlichen körperlichen Funktionen, die wiederum zu unterschiedlichem Verhalten führen. Man wird um diese Banalität nicht herumkommen, wenn man/frau sich mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzen wollen.

Frauen haben einen körperlichen Rythmus, Männer nicht.
Männer sind körperlich größer und stärker als Frauen (zumindestens im allgemeinen).
Frauen bekommen Kinder, Männer sind manchmal nur überrascht davon.
Frauen bauen deshalb Nester und pflegen es, Männer tragen sogar den Müll ungern herunter.
Frauen nähren, Männer essen.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Die sozialen und kulturellen Folgen sind in aller Regel ein Ergebnis dieser Unterschiede. Selbstverständlich sind auch die individuellen Unterschiede erheblich, wie Sine (Silke oder manchmal auch Sinne :eek:)) vorhin bemerkte. Es gibt schwatzende Männer, wie wir von Bodo wissen und wortkarge Frauen (wenn auch selten).
Unterschiedliche Kulturen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen beim Leben dieser Unterschiede. In einer Kultur wird der Körper der Frau betont, in einer anderen verhüllt. Dahinter steht die gleiche männliche Einschätzung über die attraktive Wirkung des weiblichen Körpers.
Meistens müssen wir nur wenig suchen, um für unterschiedliche Verhaltensweisen die entsprechenden Gründe zu erkennen.

Viele Grüße, Horaz
 
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